

SERGEANT RUTLEDGE (John Ford/USA 1960)
von Funxton ·
14 Januar 2012
Kategorie:
Western
Aufrufe: 1.528
"Lady, you don't know how hard I'm trying to stay alive."
Sergeant Rutledge (Der schwarze Sergeant) ~ USA 1960
Directed By: John Ford
Der farbige Kavallerie-Sergeant Brax Rutledge (Woody Strode) vom berühmten 9. Kavallerie-Regiment, einer der "Buffalo-Soldier"-Abteilungen, steht vor Gericht. Er wird angeklagt, seinen Vorgesetzten ermordet und dessen Tochter (Toby Michaels) brutal vergewaltigt und ermordet zu haben. Durch einen Fluchtversuch hat Rutledge sich noch zusätzlich verdächtig gemacht. Doch Rutledges Freund und Lieutenant Cantrell (Jeffrey Hunter) glaubt, die Wahrheit zu kennen. Er steht zu ihm und verteidigt ihn vor Gericht gegen den rassistischen Ankläger (Carleton Young) und gegen den zu einem Schauprozess zu verkommen drohenden Verhandlungsablauf.
1960 war das antirassistische, liberale Gedankengut nicht nur in Hollywood, sondern gar im ureigenen amerikanischen Filmgenre des Western angekommen und dessen Großmeister bemächtigte sich des Themas, um ein weiteres formvollendetes Spätwerk zu schaffen. Woody Strode, der soeben im Begriff war, zum wahrscheinlich ersten dunkelhäutigen Genrestar Hollywoods aufzusteigen, setzte sich mit dem Porträt des Sergeant Rutledge selbst ein ewiges Denkmal. Strodes würdevolles, fast hochherrschaftliches Antlitz erweist sich als geradezu geschaffen dafür, die Bürde und den Stolz von Generationen von Geknechteten in sich widerzuspiegeln und einen faktisch aussichtslosen Kampf um "weiße" Gerechtigkeit zu führen. Ford macht Leid und Unterdrückung der ersten farbigen Soldaten regelrecht erfahrbar: Kaum der Sklaverei entkommen, galt es nach jedem Strohhalm es zu greifen und trotzdem einen zuverlässigen Job zu tun. Dass ein perfekter Kommisskopf wie Sergeant Rutledge dafür auch noch bestraft werden soll, ist selbst in der wohlfeil geordneten Welt eines alten Filmpiraten wie John Ford unverzeihlich. Insofern glaubt man ihm, der in "Sergeant Rutledge" dennoch mit Rassismen nicht spart (Zielobjekte andersfarbiger Aggression sind dafür die Indianer, denen Ford ja fast immer mit einigem Misstrauen zu begegnen pflegte). Diese durchaus kritikwürdige Ambivalenz ändert jedoch nichts daran, dass "Sergeant Rutledge" einer von Fords schönsten Filmen ist, dem bis heute leider nicht die Aufmerksamkeit zuteil wurde, die ihm eigentlich gebührte.
9/10
John Ford Courtroom Kavallerie Militär Rassismus
Sergeant Rutledge (Der schwarze Sergeant) ~ USA 1960
Directed By: John Ford
Der farbige Kavallerie-Sergeant Brax Rutledge (Woody Strode) vom berühmten 9. Kavallerie-Regiment, einer der "Buffalo-Soldier"-Abteilungen, steht vor Gericht. Er wird angeklagt, seinen Vorgesetzten ermordet und dessen Tochter (Toby Michaels) brutal vergewaltigt und ermordet zu haben. Durch einen Fluchtversuch hat Rutledge sich noch zusätzlich verdächtig gemacht. Doch Rutledges Freund und Lieutenant Cantrell (Jeffrey Hunter) glaubt, die Wahrheit zu kennen. Er steht zu ihm und verteidigt ihn vor Gericht gegen den rassistischen Ankläger (Carleton Young) und gegen den zu einem Schauprozess zu verkommen drohenden Verhandlungsablauf.
1960 war das antirassistische, liberale Gedankengut nicht nur in Hollywood, sondern gar im ureigenen amerikanischen Filmgenre des Western angekommen und dessen Großmeister bemächtigte sich des Themas, um ein weiteres formvollendetes Spätwerk zu schaffen. Woody Strode, der soeben im Begriff war, zum wahrscheinlich ersten dunkelhäutigen Genrestar Hollywoods aufzusteigen, setzte sich mit dem Porträt des Sergeant Rutledge selbst ein ewiges Denkmal. Strodes würdevolles, fast hochherrschaftliches Antlitz erweist sich als geradezu geschaffen dafür, die Bürde und den Stolz von Generationen von Geknechteten in sich widerzuspiegeln und einen faktisch aussichtslosen Kampf um "weiße" Gerechtigkeit zu führen. Ford macht Leid und Unterdrückung der ersten farbigen Soldaten regelrecht erfahrbar: Kaum der Sklaverei entkommen, galt es nach jedem Strohhalm es zu greifen und trotzdem einen zuverlässigen Job zu tun. Dass ein perfekter Kommisskopf wie Sergeant Rutledge dafür auch noch bestraft werden soll, ist selbst in der wohlfeil geordneten Welt eines alten Filmpiraten wie John Ford unverzeihlich. Insofern glaubt man ihm, der in "Sergeant Rutledge" dennoch mit Rassismen nicht spart (Zielobjekte andersfarbiger Aggression sind dafür die Indianer, denen Ford ja fast immer mit einigem Misstrauen zu begegnen pflegte). Diese durchaus kritikwürdige Ambivalenz ändert jedoch nichts daran, dass "Sergeant Rutledge" einer von Fords schönsten Filmen ist, dem bis heute leider nicht die Aufmerksamkeit zuteil wurde, die ihm eigentlich gebührte.
9/10
John Ford Courtroom Kavallerie Militär Rassismus
Jede Form von Ungerechtigkeit wird doch bei Ford permanent ausgeglichen. Sein Symmetrieprinzip verbietet ja geradezu ein Ungleichgewicht.
"Insofern glaubt man ihm, der in "Sergeant Rutledge" dennoch mit Rassismen nicht spart (Zielobjekte andersfarbiger Aggression sind dafür die Indianer, denen Ford ja fast immer mit einigem Misstrauen zu begegnen pflegte)."
Diese oft in Kritiken behauptete Negativ-Darstellung der Indianer ist die schlimmste Chimäre, die man Ford nur antun konnte. Er nutzt die Indianer oft als Antagonist, aber nie, auch nicht einmal, um sie zu desavouieren. In DAS EISERNE PFERD nutzt Ford beim Angriff der Indianer auf die Eisenbahn einen Empathy-Shot im Griffith-Stil, jedoch nicht für unsere Helden, sondern für einen der angreifenden Indianer. Als dieser vom Pferd geschossen wurde, gibt es einen Close-Up und sein Hund läuft zu ihm und betrauert ihn. Auch macht Ford deutlich, ähnlich wie in TROMMELN AM MOHAWK, dass die indianische Aggression durch das Aufhetzen anderer Weißer verursacht wird, die ihre weißen Konkurrenten aus dem Wege schlagen wollen und dafür die Indianer "benutzen". Der in DAS EISERNE PFERD gesuchte Indianer, der Weiße killt, ist tatsächlich selbst Weißer. Als in DER TEUFELSHAUPTMANN die Indianer ihre weißen Zulieferer von Schnaps und Alkohol töten, zeigt Ford Reaction-Shots von Wayne, die ihn gänzlich desinteressiert zeigen und der auch keinerlei Rachebedürfnis hat. Eher äußert er sich negativ über die weißen Händler, die es gar nicht anders verdient hätten, wenn sie die eigentlich ruhigen Indianer aufgrund von Geschäftemacherei mit Alkohol und Gewehren aufhetzen. "Schlechten Gewehren" auch noch, wie Wayne sich in BIS ZUM LETZTEN MANN äußert, wo Indianer zum ersten Mal in der Filmgeschichte einen Sieg gegen die Weißen erringen, der als absolut berechtigt gezeigt wird.
Fords Bildsprache differenziert viel von dem, was ihm fälschlicherweise vorgeworfen wird. Ich gehörte früher auch zu den Leuten, die ihm Indianerhass vorgeworfen haben, aber Ford hat über Jahre hinweg mit den Indianer gelebt. Die Navajo haben ihm einen Indianernamen gegeben, Jahrzehnte bevor die kleinen weißen Vorstadtkids in den 60er Jahren in die Reservate gelaufen kamen. Er hat sich als einziger dafür eingesetzt, dass die vielen echten Indianer seiner Filme genauso bezahlt wurden wie weiße Darsteller (das war ein Kampf mit den Produzenten und gegen deren Rassismus) und er hat ganze Stämme durchgebracht und Reservate unterstützt (er brach mal die Dreharbeiten ab, weil eine indianische Frau schwanger war und schickte noch 1000-Dollar Geburtstagsgeld). Ford kannte sich mit der Lebensart von Indianern aus, bevor diese auch nur in einem amerikanischen Geschichtsbuch beschrieben wurde und nicht wenige Indianer, die Ford ehrfurchtsvolll den "Großen Weißen Krieger" nannten, glaubten, er wäre wohl selbst gerne einer gewesen.