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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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MARLEY (Kevin Macdonald/USA, UK 2012)



"Sister, I'm taking the ghetto uptown."

Marley ~ USA/UK 2012
Directed By: Kevin Macdonald

Eine Dokumentation über das Leben Robert Nesta Marleys muss und kann auch zwangsläufig nur zur Heldenverehrung ausarten. Der ohnehin befangene Zuschauer derweil bleibt nach knapp zweieinhalb Stunden des Staunens, in denen er das wechselvolle Leben dieses Jahrhundertmusikers in komprimierter Form nahegebracht bekam, mit viel Liebe und etwas Wehmut in der Brust zurück.
Die Biographie der mit 36 Jahren - so alt bin ich selbst momentan - verstorbenen Ikone liest sich in Teilen wie die Kopfgeburten eines Kitschromanciers: Geboren auf Jamaica als Sohn eines weißen Försters und einer einheimischen, armen Dorfbewohnerin wurden dem nach seinem unehelichen Vater benannten Robert, den seine Freunde und Kollegen später Robbie, Bobbie oder eben Bob nennen sollten, jedwede Anbindung an seine weißen Wurzeln versagt. Als stets misstrauisch bleibender Mensch wächst Bob im Slum Trenchtown in Kingston auf und findet sich bald mit Bunny Wailer und Peter Tosh zusammen, mit denen er die Wailers gründet. Nach einigen Jahren führen erste internationale musikalische Erfolge und eine Tour nach England zu einem Vertrag mit Jim Blackwell, dem Gründer von Island Records, auf denen Bob Marley And The Wailers zu Lebzeiten des Sängers acht legendäre Alben veröffentlichen - darunter den Überklassiker "Exodus". Im Mai 81 stirbt Marley an dem bereits fünf Jahre zuvor bei ihm diagnostizierten Hautkrebs. Die frühere Ignoranz des unter einem Zehnagel entdeckten Melanoms rächt sich nun und kann selbst durch Spezialistenhände nicht mehr aufgefangen werden. Als eine Art universeller Friedenbotschafter gibt Marley noch in den Jahren zuvor unter teils unzumutbaren Bedingungen einige legendäre Konzerte, die unter anderem die Autonomie Simbabwes unterstützen oder dazu führen, dass sich während eines Gigs auf Jamaica die beiden erbitterten politischen Gegner Edward Seaga und Michael Manley unter dem Jubel ihrer jeweilis nicht minder aufgeheizten Anhänger die Hände schütteln. Signale, die die Welt ein wenig besser machten.
Macdonald holt sich für sein engagiertes Porträt, dass in der ohnehin formidablen Tradition der großen Musikerbios der letzten Jahre steht, einen beachtlichen Korso von Weggefährten und Zeitzeugen vor die Kamera; sogar Marleys bayrische Krankenschwester Waltraud Ullrich kommt zu Wort. Am Ende bleibt die Flexion, inwieweit ein früher Tod eine Legende erst komplementär ausstaffieren zu vermag. Märtyrertum im Zeichen von Kultur und Weltschmerz, vielleicht sind das erst die Faktoren, die die musikalischen Monolithen des letzten Jahrhunderts zu dem machen, was sie heute für uns repräsentieren. Jeder, der ein bisschen ehrlich ist, kann vermutlich gut darauf verzichten, einen 67-jährigen Bob Marley seine alten Standards trällern zu hören. Oder einen 69-jährigen Jim Morrison. Oder einen 77-jährigen Elvis. Oder ich bin einfach nur ein Zyniker. Darauf einen

10/10

Musik Reggae Bob Marley Ska Jamaica Karibik Biopic Kevin Macdonald Krebs



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Funxton

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