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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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BRAZIL (Terry Gilliam/UK 1985)



"An empty desk is an efficient desk."

Brazil ~ UK 1985
Directed By: Terry Gilliam


In einem nicht näher bezeichneten totalitären Staat des vergangenen Jahrhunderts, der allerdings frappierend einem dystopischen England gleicht, entdeckt der unbedeutende Büroangestellte Sam Lowry (Jonathan Pryce) die Fehleranfälligkeit des Systems, für das er buckelt. Statt eines freischärlenden, des Terrorismus verdächtigten Heizungsingenieurs (Robert De Niro) wird ein braver Familienvater in die grausamen Verhörmühlen des Großen Bruders Mr. Helpmann (Peter Vaughan) gezwängt. Zusammen mit der sich rebellisch gebenden Jill (Kim Greist) begehrt Sam zugleich gegen die ihn umfangenden systemischen und matriarchalischen Diktaturen auf - und scheitert jeweils kläglich.

Gilliams Meisterwerk, ein ungeheuer vielschichtiges, monströses, zugleich enthusiastisches und grausiges Horrorszenario über die Macht der Träume und das, was einem letztlich niemand stehlen kann: Das tief verborgene, innere Selbst. "Brazil", entstanden im Orwell-Jahr 1984, führt in zugleich satirischer und höchst glaubwürdiger Weise die Schrecken eines absoluten Überwachungsstaats vor Augen, in dem die menschliche Population nicht mehr zu leben, sondern nur noch zu funktionieren hat. Die emotionale Wahrheit hat hier längst jeglichen Wert verwirkt, alles verkommt zu verlogener Hörigkeit einer grotesken Obrigkeitsidee. Gut hat es hier nur, wer "jemanden kennt", so wie Sams fürchterliche Mutter (Katherine Helmond), ein Vorzeigeprodukt der unter überreifen Damen hochaktuellen Verjüngungschirurgie. Allein durch ihren Einfluss, respektive den von Sams bereits verstorbenem Vater, fällt der kleine kafkaeske Held die Treppe des innersystemischen "Erfolges" herauf bis ins "Ministerium für Informationenwieder-beschaffung". Ein paar Etagen höher findet sich hier auch Sams alter Freund Jack Lint (Michael Palin), oberster Verhörspezialist und Folterknecht von Mr. Helpmann, der, innerlich und äußerlich blutbesudelt und -berauscht, seine eigene Familie nicht mehr identifizieren kann. Dem armen Sam ist schlussendlich immerhin eine romantische Liebesnacht mit seiner Jill vergönnt, bevor er selbst auf Lints Stuhl sitzt und ihm nur noch die Flucht in die (Un-)Tiefen seiner eigenen Traumwelt bleibt, so tief hinab freilich, dass ein Wiederhervorkommen unmöglich ist. "He's got away from us", bleibt es Mr. Helpmann, dem heimlichen (und unheimlichen) obersten Kopf des vielgliederigen Bürokratiestaats, da nur noch mit höhnischem Bedauern zu konstatieren. Der bittere Sieg des kleinen Mannes.

10*/10

Zukunft Parabel Farce Traum Dystopie Terry Gilliam Satire Terrorismus



Filmtagebuch von...

Funxton

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