Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





Foto

THE CRYING GAME (Neil Jordan/UK, J 1992)



"I'm tired and emotional."

The Crying Game ~ UK/J 1992
Directed By: Neil Jordan

Ausgerechnet sein jüngstes Entführungsopfer, der britische Soldat Jody (Forest Whitaker) weckt die verloren geglaubte Menschlichkeit im Herzen des IRA-Soldaten Fergus (Stephen Rea) zu neuem Leben. So bringt er es auch nicht übers Herz, Jody wie beauftragt zu erschießen - stattdessen wird er bei seiner Flucht von einem Panzer seiner eigenen Leute überfahren und getötet. Zuvor hat Jody Fergus noch das Versprechen abgenommen, sich in London um seine Freundin Dil (Jaye Davidson) zu kümmern. Fergus, betrübt von der Entwicklung der Ereignisse, schließt mit seiner Vergangenheit ab und geht nach London, wo er Dil kennenlernt und gleich von ihr verzaubert ist. Umso größer sein Schock, als er feststellen muss, dass Dil in Wahrheit gar keine Frau ist, sondern ein transsexueller Mann ist. Trotz allen Widerwillens kann er sein Beschützerethos jedoch nicht beilegen: Als seine ehemaligen Gesinnungsgenossen wieder bei ihm auftauchen und Dil bedrängen, wird es Zeit für die Offenlegung ein paar unbequemer Wahrheiten...

Wohl dem, der einst das Glück hatte, die Offenbarung des "maskulinen" Geheimnisses von Jaye Davidson nicht vorauszuahnen und vor dem nichtsahnend eine vermeintlich herkömmliche erotische Szene implodierte. Ich ahnte damals tatsächlich nichts von jener Enthüllung und war bis zu diesem Augenblick der Meinung, einem der gewohnten, von mir stets sehr geschätzten IRA-Dramen beizuwohnen. Mit 16 kann man von einem Film kaum mehr aus den Schuhen gekloppt werden und ich kann mich noch heute an den Faustschlag erinnern, den mir der Anblick von Jaye Davidson Gemächt in mein eigenes versetzte.
Später genoss ich dann die Reaktionen ebenso "jungfräulicher" Mitseher bei heimischen VHS-Vorführungen. Immer wieder ein formidabler Spaß. Bis heute dürfte dieser Knalleffekt wohl weithin verflogen sein, schon "Hot Shots! Part Deux" spoilerte ihn ja seinerzeit mit lustigem Vergnügen. In Kenntnis ebenjener Entwicklung ändert sich auch das diskursive Gewicht des Films; es lässt sich über eine latente Homosexualität seitens Fergus' spekulieren, die bei all seinem IRA-Wahnsinn nie zur Auslebung gekommen und deren Aktivierung sozusagen ein Abschiedsgeschenk Jodys ist. Möglicherweise empfindet Fergus auch tatsächlich nur das Mitleid für den Hinterbliebenen, indem er Dil am Ende vor dem Gefängnis bewahrt. Leider verliert der Beginn des Films durch den Einschlag in der zweiten Hälfte und die Entwicklungen im letzten Akt etwas an Intensität. Gerade die bizarre, aus terroristischer Willkür heraus entstehende Freundschaft zwischen Fergus und Jody, von Rea und besonders Whitaker mit grandioser Intensität dargeboten, verleiht "The Crying Game" seine besondere emotionale Zugkraft. Diese verflüchtigt sich gegen Ende unglücklicherweise etwas.

8/10

IRA Nordirland London Neil Jordan Independent Homosexualität Kidnapping Terrorismus



Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare