"l'm not anti-Christ or anti-religion, l just think it's encouraging that people are leaving the Church and going back to God."
Lenny ~ USA 1974
Directed By: Bob Fosse
In Rückblenden und via Interviews mit seiner Ex-Frau Honey (Valerie Perrine), seine Agenten Artie Silver (Stanley Beck) und seiner Mutter (Jan Miner) wird die kurze und wechselhafte Karriere des Stand-Up-Komikers Lenny Bruce (Dustin Hoffman) nachgezeichnet: Von seinen ersten bescheidenen Erfolgen als braver Schmalspurkomödiant über seine weitere Karriere als enfant terrible der Jazz- und Nachtclubs, das mit obszönen Worthülsen Zensur und Staat zu puterroten Zornesausbrüchen trieb bis hin zu Auftrittsverboten und der unvermeidlichen Überdosis Heroin, die sein Leben traurig besiegelte.
In meisterhaftem Schwarzweiß photographiert präsentierte sich "Lenny" seiner Zeit selbst für New-Hollywood-Verhältnisse als recht unbequemes Biopic. Immerhin ist sein Impact bis heute spürbar; spätere "Nachzügler" von Formans "Larry Flynt" bis Mangolds "Walk The Line" zeigten sich von seiner Spezifik, die Vita einer betont unbequemen Persönlichkeit mit seinen Höhen und Tiefen zu skizzieren, beeinflusst - wenngleich die Idee mit dem fiktiven Interviewer zunächst Fosse respektive dem Autor Julian Barry vorbehalten blieb. Im Falle Lenny Bruce war jene Biographisierung im Film jedoch ohnehin nicht bloß wichtig, sondern für sein kulturelles Ambiente nahezu obligatorisch. Der altehrwürdigen, oftmals jüdischstämmigen Komikerkaste rund um Henny Youngman und Milton Berle bedeutete Lenny Bruce Zäsur: Er brachte gefürchtete Vierbuchstaben-Wörter nicht nur bewusst in seinem Repertoire unter, sondern strickte ganze Shows um sie herum; bei ihm ging es bereits um 'tits' und 'cocksucking', als der prüde US-Puritaner solcherlei Vokabular noch nichtmal unter Androhung der Todesstrafe in den mund genommen hätte, freilich stets unter unsubtiler Verweisung darauf, dass die wahre humane Perversion in Rassismus, Bigotterie und Militärintervention zu suchen sei. Sein unermüdlicher Kampf gegen das Establishment kostete ihn schließlich seine Karriere und, über sich anschließende Pfade, auch sein Leben, nicht ohne Nachfahren wie Richard Pryor oder George Carlin ein reich- und nachhaltiges Erbe hinterlassen zu haben. Dustin Hoffman macht seine Interpretation dieses diffizilen Charakters zu einem darstellerischen Kraftakt, der eine seiner großartigsten Leistungen bereithält. Ebenso wie "Lenny" vielleicht Bob Fosses größter Film ist.
10/10
Bob Fosse Stand-Up-Comedian Biopic period piece Drogen Heroin Ehe Scheidung based on play New Hollywood Courtroom Jazz
Lenny ~ USA 1974
Directed By: Bob Fosse
In Rückblenden und via Interviews mit seiner Ex-Frau Honey (Valerie Perrine), seine Agenten Artie Silver (Stanley Beck) und seiner Mutter (Jan Miner) wird die kurze und wechselhafte Karriere des Stand-Up-Komikers Lenny Bruce (Dustin Hoffman) nachgezeichnet: Von seinen ersten bescheidenen Erfolgen als braver Schmalspurkomödiant über seine weitere Karriere als enfant terrible der Jazz- und Nachtclubs, das mit obszönen Worthülsen Zensur und Staat zu puterroten Zornesausbrüchen trieb bis hin zu Auftrittsverboten und der unvermeidlichen Überdosis Heroin, die sein Leben traurig besiegelte.
In meisterhaftem Schwarzweiß photographiert präsentierte sich "Lenny" seiner Zeit selbst für New-Hollywood-Verhältnisse als recht unbequemes Biopic. Immerhin ist sein Impact bis heute spürbar; spätere "Nachzügler" von Formans "Larry Flynt" bis Mangolds "Walk The Line" zeigten sich von seiner Spezifik, die Vita einer betont unbequemen Persönlichkeit mit seinen Höhen und Tiefen zu skizzieren, beeinflusst - wenngleich die Idee mit dem fiktiven Interviewer zunächst Fosse respektive dem Autor Julian Barry vorbehalten blieb. Im Falle Lenny Bruce war jene Biographisierung im Film jedoch ohnehin nicht bloß wichtig, sondern für sein kulturelles Ambiente nahezu obligatorisch. Der altehrwürdigen, oftmals jüdischstämmigen Komikerkaste rund um Henny Youngman und Milton Berle bedeutete Lenny Bruce Zäsur: Er brachte gefürchtete Vierbuchstaben-Wörter nicht nur bewusst in seinem Repertoire unter, sondern strickte ganze Shows um sie herum; bei ihm ging es bereits um 'tits' und 'cocksucking', als der prüde US-Puritaner solcherlei Vokabular noch nichtmal unter Androhung der Todesstrafe in den mund genommen hätte, freilich stets unter unsubtiler Verweisung darauf, dass die wahre humane Perversion in Rassismus, Bigotterie und Militärintervention zu suchen sei. Sein unermüdlicher Kampf gegen das Establishment kostete ihn schließlich seine Karriere und, über sich anschließende Pfade, auch sein Leben, nicht ohne Nachfahren wie Richard Pryor oder George Carlin ein reich- und nachhaltiges Erbe hinterlassen zu haben. Dustin Hoffman macht seine Interpretation dieses diffizilen Charakters zu einem darstellerischen Kraftakt, der eine seiner großartigsten Leistungen bereithält. Ebenso wie "Lenny" vielleicht Bob Fosses größter Film ist.
10/10
Bob Fosse Stand-Up-Comedian Biopic period piece Drogen Heroin Ehe Scheidung based on play New Hollywood Courtroom Jazz