"It's just the way I see things."
Once Upon A Time In America (Es war einmal in Amerika) ~ USA/I 1984
Directed By: Sergio Leone
Um 1920 bilden die jüdischstämmigen Freunde Noodles (Scott Tiler), Max (Rusty Jacobs), Patsy (Brian Bloom), Cockeye (Adrian Curran) und Dominic (Noah Moazezi) eine eingeschworene Truppe in der Lower East Side. Mit kleinen Gaunereien verdienen sie sich hier und da einen Dollar, was dem etwas älteren Gangboss Bugsy (James Russo), der im Viertel die Karten in der Hand hält, nicht passt. Als Bugsy den kleinen Dominic erschießt, tötet Noodles ihn im Gegenzug und wandert dafür ins Gefängnis. Rund zwölf Jahre später wird Noodles als Erwachsener (Robert De Niro) entlassen. Max (James Woods), Patsy (James Hayden) und Cockeye (William Forsythe) sind unterdessen groß ins Alkoholgeschäft eingestiegen und betreiben unterhalb des Cafés ihres Kumpels Moe (Larry Rapp) einen ebenso frivolen wie gutgehenden Club mit Schnaps- und Champagnerausschank. Max schweben derweil noch weit höhere Ziele vor: Er liebäugelt mit der Politik und knüpft im Hintergrund sowohl Kontakte zu größeren Gangsterbossen wie Frankie Manoldi (Joe Pesci) als auch zum Gewerkschaftsführer Jimmy Conway (Treat Williams). Als seine Pläne sich auf einen potenziell selbstmörderischen Bankeinbruch konzentrieren, sieht Noodles seine letzten Chance, Max' Leben zu retten, im Verrat: Bei einer nächtlichen Schmuggelaktion, die Noodles an die Polizei verrät, werden Max, Patsy und Cockeye getötet. Das gemeinsam angesparte Vermögen ist spurlos verschwunden. Voller Schuldgefühle verlässt Noodles New York Richtung Buffalo - und kehrt rund fünfunddreißig Jahre später zurück, als er eine Nachricht erhält, die besagt, dass der alte jüdische Gemeindefriedhof aufgelöst und die Gräber verlegt werden. Noodles findet ein feudales Mausoleum für seine alten Freunde auf einem Privatfriedhof sowie das seinerzeit verschwundene Geld. Dann flattert dem zunehmend Verwirrten eine Einladung zu einer Party des unter öffentlicher Kritik stehenden, korrupten Staatssekretärs Bailey zu, der mit Noodles' alter Liebe Deborah (Elizabeth McGovern) ist und einen Sohn (Rusty Jacobs) hat...
Eine etwas gewagtes Thesenkonstrukt, das ich bereits seit vielen Jahren unausgegoren verfolge, mir jedoch heute wieder ganz präsent ist: Erst mit "Once Upon A Time In America" hat Sergio Leone zur eigentlichen künstlerischen Vollendung gefunden. Ich mag und liebe zumindest teilweise jeden seiner vorhergehenden Filme, in denen er seinen individuellen, elegischen Stil mehr und mehr perfektionierte. Beginnend bereits mit "Per Qualche Dollaro In Più" entwickeltte er seinen Hang zur großen inszenatorischen Pose und zur Bildgewalt, die in Kombination mit Ennio Morricones operesker Musik Dialoge zum Beiwerk degradierte und eine vorrangig visuelle Publikumskommunikation präferierte. Allerdings empfinde ich - Majestätsbeleidigung hin oder her - das Westernmilieu für Leones Arbeit als kleinen Bremsklotz, der stets einen letzten Rest latenter Vulgarität nicht verleugnen konnte, welcher Landsmännern wie Visconti oder Bertolucci, die ihre Epik mit originärer Landesgeschichte verknüpften, erspart blieb. Zwar sorgten seine Western für Leones nachhaltige internationale Popularität und ebneten den Weg zum Höhepunkt, dennoch halte ich den Genrefilm bezogen auf Authentizität und wesentliches Verständnis seitens seiner Wesenhaftigkeit und seiner schlussendlichen Inszenierung für eine strikt amerikanische Domäne. Mit "Giù La Testa" beginnt dann gewissermaßen Leones Emanzipation von der Gattung; das bereits in "Il Buono, Il Brutto, Il Cattivo." gestriffene, revolutionäre Sujet liefert ihm, dem Bauchregisseur, die verhältnismäßig späte Möglichkeit, abseits von Pomp undäußerer Perfektion auch persönliches Herzblut einfließen zu lassen. Obwohl Leone noch immer nicht zu seinen nationalen Wurzeln findet, nach Mexikanern und Iren mit "Once Upon A Time In America" schließlich die jüdische Ethnie in den Blick nimmt, scheint er hier als Meisterregisseur endgültig zu sich selbst gefunden zu haben: die vormalige Dichotomie von Form und Inhalt ist aufgehoben; beide Größen erhalten eine schlussendlich gleichrangige Importanz und dienen einander, statt sich wie bisher zu hierarchisieren. Das handelnde Personal besteht nun nicht mehr aus Archetypen, sondern aus Individuen, die chronologische Verschachtelung wirkt nicht selbstzweckhaft, sondern, speziell angesichts der letzten Einstellung, als unvermeidbar für eine schlüssige Schilderung der Ereignisse. Schließlich finde ich in "Once Upon A Time In America", einem meiner liebsten Filme überhaupt (den ich mir jedoch mittlerweile nurmehr selten anschaue, weil er mich emotional so stark involviert), noch zweierlei: Die filmgeschichtlich bislang dichteste Annäherung zwischen europäischem (italienischem) und amerikanischem Kino sowie den letzten großen Seufzer des klassischen Kinos, der schon zu seiner Uraufführungszeit wie eine finale Zäsur dastand. Danach dann nur noch: Postmodernismus.
10*/10
Sergio Leone ethnics period piece New York Freundschaft
Once Upon A Time In America (Es war einmal in Amerika) ~ USA/I 1984
Directed By: Sergio Leone
Um 1920 bilden die jüdischstämmigen Freunde Noodles (Scott Tiler), Max (Rusty Jacobs), Patsy (Brian Bloom), Cockeye (Adrian Curran) und Dominic (Noah Moazezi) eine eingeschworene Truppe in der Lower East Side. Mit kleinen Gaunereien verdienen sie sich hier und da einen Dollar, was dem etwas älteren Gangboss Bugsy (James Russo), der im Viertel die Karten in der Hand hält, nicht passt. Als Bugsy den kleinen Dominic erschießt, tötet Noodles ihn im Gegenzug und wandert dafür ins Gefängnis. Rund zwölf Jahre später wird Noodles als Erwachsener (Robert De Niro) entlassen. Max (James Woods), Patsy (James Hayden) und Cockeye (William Forsythe) sind unterdessen groß ins Alkoholgeschäft eingestiegen und betreiben unterhalb des Cafés ihres Kumpels Moe (Larry Rapp) einen ebenso frivolen wie gutgehenden Club mit Schnaps- und Champagnerausschank. Max schweben derweil noch weit höhere Ziele vor: Er liebäugelt mit der Politik und knüpft im Hintergrund sowohl Kontakte zu größeren Gangsterbossen wie Frankie Manoldi (Joe Pesci) als auch zum Gewerkschaftsführer Jimmy Conway (Treat Williams). Als seine Pläne sich auf einen potenziell selbstmörderischen Bankeinbruch konzentrieren, sieht Noodles seine letzten Chance, Max' Leben zu retten, im Verrat: Bei einer nächtlichen Schmuggelaktion, die Noodles an die Polizei verrät, werden Max, Patsy und Cockeye getötet. Das gemeinsam angesparte Vermögen ist spurlos verschwunden. Voller Schuldgefühle verlässt Noodles New York Richtung Buffalo - und kehrt rund fünfunddreißig Jahre später zurück, als er eine Nachricht erhält, die besagt, dass der alte jüdische Gemeindefriedhof aufgelöst und die Gräber verlegt werden. Noodles findet ein feudales Mausoleum für seine alten Freunde auf einem Privatfriedhof sowie das seinerzeit verschwundene Geld. Dann flattert dem zunehmend Verwirrten eine Einladung zu einer Party des unter öffentlicher Kritik stehenden, korrupten Staatssekretärs Bailey zu, der mit Noodles' alter Liebe Deborah (Elizabeth McGovern) ist und einen Sohn (Rusty Jacobs) hat...
Eine etwas gewagtes Thesenkonstrukt, das ich bereits seit vielen Jahren unausgegoren verfolge, mir jedoch heute wieder ganz präsent ist: Erst mit "Once Upon A Time In America" hat Sergio Leone zur eigentlichen künstlerischen Vollendung gefunden. Ich mag und liebe zumindest teilweise jeden seiner vorhergehenden Filme, in denen er seinen individuellen, elegischen Stil mehr und mehr perfektionierte. Beginnend bereits mit "Per Qualche Dollaro In Più" entwickeltte er seinen Hang zur großen inszenatorischen Pose und zur Bildgewalt, die in Kombination mit Ennio Morricones operesker Musik Dialoge zum Beiwerk degradierte und eine vorrangig visuelle Publikumskommunikation präferierte. Allerdings empfinde ich - Majestätsbeleidigung hin oder her - das Westernmilieu für Leones Arbeit als kleinen Bremsklotz, der stets einen letzten Rest latenter Vulgarität nicht verleugnen konnte, welcher Landsmännern wie Visconti oder Bertolucci, die ihre Epik mit originärer Landesgeschichte verknüpften, erspart blieb. Zwar sorgten seine Western für Leones nachhaltige internationale Popularität und ebneten den Weg zum Höhepunkt, dennoch halte ich den Genrefilm bezogen auf Authentizität und wesentliches Verständnis seitens seiner Wesenhaftigkeit und seiner schlussendlichen Inszenierung für eine strikt amerikanische Domäne. Mit "Giù La Testa" beginnt dann gewissermaßen Leones Emanzipation von der Gattung; das bereits in "Il Buono, Il Brutto, Il Cattivo." gestriffene, revolutionäre Sujet liefert ihm, dem Bauchregisseur, die verhältnismäßig späte Möglichkeit, abseits von Pomp undäußerer Perfektion auch persönliches Herzblut einfließen zu lassen. Obwohl Leone noch immer nicht zu seinen nationalen Wurzeln findet, nach Mexikanern und Iren mit "Once Upon A Time In America" schließlich die jüdische Ethnie in den Blick nimmt, scheint er hier als Meisterregisseur endgültig zu sich selbst gefunden zu haben: die vormalige Dichotomie von Form und Inhalt ist aufgehoben; beide Größen erhalten eine schlussendlich gleichrangige Importanz und dienen einander, statt sich wie bisher zu hierarchisieren. Das handelnde Personal besteht nun nicht mehr aus Archetypen, sondern aus Individuen, die chronologische Verschachtelung wirkt nicht selbstzweckhaft, sondern, speziell angesichts der letzten Einstellung, als unvermeidbar für eine schlüssige Schilderung der Ereignisse. Schließlich finde ich in "Once Upon A Time In America", einem meiner liebsten Filme überhaupt (den ich mir jedoch mittlerweile nurmehr selten anschaue, weil er mich emotional so stark involviert), noch zweierlei: Die filmgeschichtlich bislang dichteste Annäherung zwischen europäischem (italienischem) und amerikanischem Kino sowie den letzten großen Seufzer des klassischen Kinos, der schon zu seiner Uraufführungszeit wie eine finale Zäsur dastand. Danach dann nur noch: Postmodernismus.
10*/10
Sergio Leone ethnics period piece New York Freundschaft
Giganten wie Leone und Kurosawa waren wirklich so etwas wie die letzten Erzähler '"großer Geschichten". Ein wesentlicher Kapitel der Geschichte des Films scheint entgültig abgehakt. Im Zeitalter der postmodernden (Selbst)referenzialität sind es Dinosaurier, die ob der gegenwärtigen Filmproduktiion nur verwirrt den Kopf schütteln würden. Sie wären schlichtweg überfordert - zu viel Zitat, zu vieles gleichzeitig, zu viel von Allem.
Sei´s drum, die Geschichte geht weiter.