Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





Foto

FEDORA (Billy Wilder/F, BRD 1978)



"I guess no gentleman would bring up an old affair, but I'm no gentleman."

Fedora ~ F/BRD 1978
Directed By: Billy Wilder

Der erfolglose Hollywood-Produzent Barry Detweiler (William Holden) hat die Chance, ein "Anna Karenina"-Script zu verfilmen, wenn er die zurückgezogen lebende Schauspielerin Fedora (Marthe Keller) für die Titelrolle gewinnt. Dereinst hatte Detweiler mit dem mittlerweile 67-jährigen, jedoch um keinen Tag gealtert scheinenden Superstar einen One-Night-Stand, daher verspricht er sich, ihr trotz ihrer abgeschiedenen Existenz auf einer Privatinsel for Korfu, die einer Gräfin Sobryanski (Hildegard Knef) gehört, sein Angebot vorbringen zu können. Nach einer handfesten Auseinandersetzung mit dem Chauffeur (Gottfried John) des Hauses fällt Detweiler in eine einwöchige Bewusstlosigkeit. Wieder daraus erwacht erfährt er von Fedoras Selbstmord - doch war es wirklich die große Diva, die da durch eigene Hand das Zeitliche gesegnet haben soll?

"Fedora" hätte sich gut als Wilders Finalwerk geeignet, besser jedenfalls als das vergleichsweise unelegante Remake "Buddy Buddy". Der erste Verzicht auf Breitwand seit fast zwanzig Jahren und acht Filmen, eine bittere Abrechnung mit Hollywood fern von Hollywood entstanden, basierend auf einem Treatment des Schauspielers Tom Tryon und gestützt von deutschen und französischen Geldgebern. Für den ehernen emigrierten Filmemacher nach vorherigen Liebäugeleien mit Europa in Form von "The Private Life Of Sherlock Holmes" und "Avanti!" (mit dem "Fedora" einige Ähnlichkeit aufweist) ein damals zumindest halbwegs erwartbarer Schritt. Mit seinem alten Mitstreiter William Holden gewann er dennoch den perfekten Hauptdarsteller, ist "Fedora" doch gewissermaßen auch eine Reprise von "Sunset Boulevard" unter etwas veränderten Vorzeichen. Wie Norma Desmond führt auch Fedora ein Leben in Lüge, nur dass in ihrem Falle die Aufrecherhaltung der Illusion von Jugend und Popularität keiner Zwanghaftigkeit bedarf, sondern der eigenen Tochter. In der erwachsenen Antonia (Marthe Keller) findet sich ein nahezu perfektes Abbild der gefeierten Aktrice, die im Alter selbst durch ominöse Therapien verkrüppelt und entstellt ist und sich der Öffentlichkeit nicht mehr preisgeben mag. Niemand jedoch denkt an das psychische Gleichgewicht Antonias, das aufgrund der von ihr erwarteten Rollenausfüllung völlig aus der Bahn gerät und in ihren Suizid mündet. Wenngleich Holden diesmal die Aufdeckung jener Untiefen nicht selbst mit dem Leben bezahlen muss, so bleibt er doch als hilfloser, am Ende vielleicht um eine unerwünschte Erkenntnis reicherer Beobachter zurück.
Wilders Hassliebe zur eigenen Profession und deren Entwicklung in den vorvergangen Jahrzehnten wird diverse Male im Film deutlich. Wenn Fedora wehmütig vom Untergang des einstmaligen Glamour spricht und mit sarkastischem Impetus "schäbige", modische Kulturerscheinungen wie das 'Cinéma verité' (eine etwas unglückliche Subsummierung, die mutmaßlich auch nouvelle vague und New Hollywood beinhaltet) verdammt, dann schimmert da auch ein wenig von Wilder selbst durch, der sich bereits zu dieser Zeit offenbar kaum mehr zurechtfand in seiner künstlerischen Domäne.
Einer der traurigsten Filme, die ich in diesem Jahr gesehen habe.

8/10

Billy Wilder Hollywood Griechenland Frankreich Korfu



Zitat

Wenn Fedora wehmütig vom Untergang des einstmaligen Glamour spricht und mit sarkastischem Impetus "schäbige", modische Kulturerscheinungen wie das 'Cinéma verité' (eine etwas unglückliche Subsummierung, die mutmaßlich auch nouvelle vague und New Hollywood beinhaltet) verdammt, dann schimmert da auch ein wenig von Wilder selbst durch, der sich bereits zu dieser Zeit offenbar kaum mehr zurechtfand in seiner künstlerischen Domäne.

Wilder selbst sagte ja auch, dass in diesem Hollywood kein Platz mehr für ihn wäre, "jetzt, wo die Männer mit den Bärten, das Sagen haben."

Schöner Text übrigens zu einem würdigen Schlusswerk eines Meisters. Sein "Buddy Buddy" wäre vermutlich auch wirklich besser geworden, hätte er Clint Eastwood für die Rolle des Killers bekommen aber das ist immer gemutmaßt. :)
  • Melden
Danke dir :cheers:
  • Melden

Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare