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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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LORD OF THE FLIES (Peter Brook/UK 1963)



"What if... we are the beast?"

Lord Of The Flies (Herr der Fliegen) ~ UK 1963
Directed By: Peter Brook

Nachdem ein englisches Flugzeug über einer nordpazifischen Insel abgestürzt ist, kann sich eine größere Gruppe von Schuljungen auf das Eiland retten. Schon bald kristallisieren sich erste Grabenkämpfe zwischen dem besonnenen Ralph (James Aubrey) und dem herrischen, gewaltbereiten Jack (Tom Chapin) heraus. Während Ralph versucht, Erziehung und Zivilisiertheit unter den Übrigen aufrecht zu erhalten, ziehen Jacks Argumente deutlich nachhaltiger: Er verspricht, den anderen Fleisch zu beschaffen und sie vor einem obskuren "Monster", das auf der Insel gesehen worden sein soll, zu beschützen. Nachdem immer mehr von Ralphs Anhängern zu Jacks Gruppe überwechseln, sieht sich Ralph bald einer sich bedrohlich steigernden Aggression gegenüber.

William Goldings Allegorie auf Machtstrukturen, Machtmissbrauch und die gesellschaftliche Grundlegung für Diktaturen in erster Verfilmung des Bühnenregisseurs Peter Brook. Im zum Schulkanon gehörenden Roman noch im inhaltlichen Rahmen eines Atomkriegs "evakuiert", landen bei Brook in einem etwas realitätsangebundeneren Kontext (angesichts der damals noch aktuellen Kuba-Krise wäre auch das Weltkriegsszenario überaus passend gewesen) die Jungen eher unfällig (zumindest suggeriert der Film nichts anderes) auf ihrer einsamen Insel, durch ihre unerschöpflichen Ressourcen und klimatischen Verhältnisse zunächst zu einem Paradies avanciert. Bis die klerikal geprägten "Jäger" des körperlich am weitesten entwickelten Jack demonstrieren, dass sie durch rigorose Urinstinktaktivierung und bereitwilligen Rückfall in atavistische Verhaltensweisen den anderen in dieser "Überlebenssituation" überlegen sind. Ralphs und vor allem die Versuche seines schwächlichen Freundes Piggy (Hugh Edwards), schon seit jeher ein 'Opferkind', Raison walten zu lassen, werden mit Ausschluss und bald mit offener Gewalt beantwortet, derweil Jacks Untergebene sich die Zeit mit immer blutrünstiger werdenden Jagdspielen, irrsinnigen "Festen" und Körperbemalung vertreiben. Die Möglichkeit, je wieder gerettet und in die (erwachsene) Zivilisation zurückkehren zu können, bildet für sie keine Option mehr.
Die Hölle, das sind die anderen? Nicht bei Goldman. Wie der Autor mit seiner im Grunde simplen Parabel den Zustand von Welt und Menschheit auf die beschleunigte Staatsbildung einer Gruppe kleiner Jungen herunterbricht und überträgt, ist noch heute ebenso beeindruckend wie mustergültig. Nicht minder gilt dies für Brooks naturalistisch gehaltenen, nüchternen Film: Der mit dem rücksichtslosesten Wesen, der größten Klappe und den härtesten Muskeln übernimmt die Führung, nachdrücklich, aber doch mit Volkes Gunst. Die Intelligenzia mit ihrem ewigen, salonhaften Sinnieren nach Konsequenzen und Zukunft verliert derweil. Das Gesellschaftsgros indes ist mit der Möglichkeit der Demokratie langfristig überfordert, es verlangt nach Usurpatoren, um die übermächtige Sinneslust seines Es zu befriedigen.

9/10

Peter Brook William Golding Insel Kinder Parabel Dystopie



Filmtagebuch von...

Funxton

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