"Typical American town..."
The Gypsy Moths (Die den Hals riskieren) ~ USA 1969
Directed By: John Frankenheimer
Die drei Fallschirmspringer Mike Rettig (Burt Lancaster), Joe Browdy (Gene Hackman) und Malcolm Webson (Scott Wilson) ziehen durch die Provinz und führen ihre waghalsigen Kunststückchen sensationsgierigen Kleinstädtern vor. Als das Trio Halt in jenem Nest in Kansas macht, in der Malcolm aufgewachsen ist, findet man häusliches Obdach bei dessen Adoptiveltern, John (William Windon) und Elizabeth Brandon (Deborah Kerr). Dabei beginnt die Partner-Gemeinschaft bereits zu bröckeln: Während für Joe nach wie vor Geld und Erfolg zählen, sehnt sich der latent todessehnsüchtige Mike nach einer dauerhaften Beziehung und Malcolm ahnt insgeheim, dass seine Zukunft nicht in seinem gegenwärtigen, selbstmörderischen Gewerbe stattfinden wird. Als Mike, der sich Hals über Kopf in Elizabeth verliebt, von dieser abgewiesen wird, kommt es zur Katastrophe.
Frankenheimers letzte von fünf Kollaborationen mit Burt Lancaster, ein sehr intim gestaltetes Porträt einer Dreiergemeinschaft völlig unterschiedlicher Charaktere, passt thematisch hervorragend zu dem von mir kurz zuvor geschauten "All Fall Down": Dort wie hier geht es um die Vater-Sohn-Ersatzbeziehung zwischen einem jüngeren (Wilson) und einem älteren Mann (Lancaster), wobei der ältere einen Hang nachvielen zerstörerischen Lebenserfahrungen längst dem Tode näher steht als dem Leben, der jüngere ihn jedoch völlig gegenteilig einschätzt und sogar anhimmelt, nur, um im Nachhinein eines Besseren belehrt zu werden und sich selbst infolge eines radikalen Initialerlebnisses für das Leben zu entscheiden. Wo in "All Fall Down" Karl Malden als eine Art zur Passivität verdammter Mittlerfigur auftrat, übernimmt in "The Gypsy Moths" Gene Hackman diesen Part, als einziger, der zwar ebenfalls mit seiner Einsamkeit hadert, der jedoch narzisstisch genug ist, um seinen Weg langfristig auch allein zu bewältigen.
Auch die zweite, eher subtil geführte Ebene des Films begeistert: Die Sezierung der Sensationssucht des Durchschnittsamerikaners. Nachdem Rettig den öffentlichen Freitod wählt, indem er bewusst darauf verzichtet, die Reißleine zu ziehen und sich zu Tode stürzt, beraumt Browdy gleich für den nächsten Tag, dem 4. Juli einen von Malcolm praktizierten Tributsprung unter denselben Bedingungen an, um Geld für Rettigs Beerdigung zu sammeln. Der die Parade zum Nationalfeiertag anführende Kappellmeister (Thom Conroy) staunt indes nicht schlecht: Die sonst mit Menschen gesäumten Straßen der Stadt sind wie leergefegt, weil sämtliche Einwohner Malcolm beim Springen zuschauen (und natürlich insgeheim auf einen weiteren Unfall hoffen).
Ein stiller, trister Film über zersetzende Lebenslügen und die Einsamkeit inmitten von Vielen ist Frankenheimer da geglückt, eines seiner vielen Meisterwerke.
9/10
John Frankenheimer Kansas Freundschaft amour fou
The Gypsy Moths (Die den Hals riskieren) ~ USA 1969
Directed By: John Frankenheimer
Die drei Fallschirmspringer Mike Rettig (Burt Lancaster), Joe Browdy (Gene Hackman) und Malcolm Webson (Scott Wilson) ziehen durch die Provinz und führen ihre waghalsigen Kunststückchen sensationsgierigen Kleinstädtern vor. Als das Trio Halt in jenem Nest in Kansas macht, in der Malcolm aufgewachsen ist, findet man häusliches Obdach bei dessen Adoptiveltern, John (William Windon) und Elizabeth Brandon (Deborah Kerr). Dabei beginnt die Partner-Gemeinschaft bereits zu bröckeln: Während für Joe nach wie vor Geld und Erfolg zählen, sehnt sich der latent todessehnsüchtige Mike nach einer dauerhaften Beziehung und Malcolm ahnt insgeheim, dass seine Zukunft nicht in seinem gegenwärtigen, selbstmörderischen Gewerbe stattfinden wird. Als Mike, der sich Hals über Kopf in Elizabeth verliebt, von dieser abgewiesen wird, kommt es zur Katastrophe.
Frankenheimers letzte von fünf Kollaborationen mit Burt Lancaster, ein sehr intim gestaltetes Porträt einer Dreiergemeinschaft völlig unterschiedlicher Charaktere, passt thematisch hervorragend zu dem von mir kurz zuvor geschauten "All Fall Down": Dort wie hier geht es um die Vater-Sohn-Ersatzbeziehung zwischen einem jüngeren (Wilson) und einem älteren Mann (Lancaster), wobei der ältere einen Hang nachvielen zerstörerischen Lebenserfahrungen längst dem Tode näher steht als dem Leben, der jüngere ihn jedoch völlig gegenteilig einschätzt und sogar anhimmelt, nur, um im Nachhinein eines Besseren belehrt zu werden und sich selbst infolge eines radikalen Initialerlebnisses für das Leben zu entscheiden. Wo in "All Fall Down" Karl Malden als eine Art zur Passivität verdammter Mittlerfigur auftrat, übernimmt in "The Gypsy Moths" Gene Hackman diesen Part, als einziger, der zwar ebenfalls mit seiner Einsamkeit hadert, der jedoch narzisstisch genug ist, um seinen Weg langfristig auch allein zu bewältigen.
Auch die zweite, eher subtil geführte Ebene des Films begeistert: Die Sezierung der Sensationssucht des Durchschnittsamerikaners. Nachdem Rettig den öffentlichen Freitod wählt, indem er bewusst darauf verzichtet, die Reißleine zu ziehen und sich zu Tode stürzt, beraumt Browdy gleich für den nächsten Tag, dem 4. Juli einen von Malcolm praktizierten Tributsprung unter denselben Bedingungen an, um Geld für Rettigs Beerdigung zu sammeln. Der die Parade zum Nationalfeiertag anführende Kappellmeister (Thom Conroy) staunt indes nicht schlecht: Die sonst mit Menschen gesäumten Straßen der Stadt sind wie leergefegt, weil sämtliche Einwohner Malcolm beim Springen zuschauen (und natürlich insgeheim auf einen weiteren Unfall hoffen).
Ein stiller, trister Film über zersetzende Lebenslügen und die Einsamkeit inmitten von Vielen ist Frankenheimer da geglückt, eines seiner vielen Meisterwerke.
9/10
John Frankenheimer Kansas Freundschaft amour fou