"I always knew you'd be the death of us."
Mary Reilly ~ USA 1996
Directed By: Stephen Frears
Im London der 1880er Jahre erhält die als Kind schwer misshandelte und somit stark traumatisierte Mary Reilly (Julia Roberts) eine Anstellung als Hausmädchen bei dem renommierten Arzt Dr. Jekyll (John Malkovich). Die ebenso liebenswerte wie linkische Art des seltsamen Medziners fasziniert Mary und alsbald entsteht ein wechselseitiges, zartes Vertrauensverhältnis, das der Rest des Gesindes, allen voran der misstrauische Poole (George Cole), eher kritisch beäugt und das auf eine zusätzlich harte Probe gestellt wird, als Jekylls neuer Assistent, ein gewisser Mr. Hyde (John Malkovich), im Hause zu verkehren beginnt...
Nachdem bereits "Dracula" und "Frankenstein" durch Coppola und Brannagh zu Beginn respektive gegen Mitte der Dekade zeitgemäß konstruierte Neuinterpretationen im Kino erfahren hatten, kam mit dem vordergründig unscheinbar betitelten "Mary Reilly" auch die klassische Mär von Dr. Jekyll und Mr. Hyde zu aufgefrischten Ehren, allerdings in einer bereits literarisch umstrukturierten Variation, die ich allerdings stets sehr mochte. Hierin wechselt die Erzählperspektive zugunsten des von der Autorin Valerie Martin eigens neu eingeführten Hausmädchens Mary Reilly, eines ebenso verhuschten wie zartfühlenden Geschöpfes, das, ebenso wie der Hausherr, höchst abseitige libidinöse Untiefen beherbergt. Anders als im altbekannten Kontext, demzufolge Jekyll seine animalische Seite zu befreien trachtet und deshalb Mr. Hyde freisetzt, deutet Martin das Bedürfnis des Doktors nach innerer Befreiung als Resultat einer schweren Depression gekoppelt mit bleierner Todessehnsucht. Hyde ist hierin also eher die Entsprechung eines selbstzerstörerischen Geistes. Auch die Titelfigur ist ein Musterexempel für freudianische Analysierorgien; offenbar hat die einstmalige Misshandlung durch ihren versoffenen Vater (James Gambon) eine leichte Note masochistischer Unterwürfigkeit bei ihr hinterlassen, die sich in einer ihr selbst unerklärlichen Schwäche für Mr. Hyde manifestiert und sie in Verbindung mit ihren rational erklärbaren Gefühlen für Dr. Jekyll zu einer vollständigen Liebenden macht. Leider findet dieses im Grunde ideale Paar nicht zusammen, denn die Geschichte endet, wie sie eben endet - jedoch deutlich romantischer als gewohnt.
8/10
Stephen Frears Jekyll und Hyde London amour fou Victorian Age Serienmord period piece Madness mad scientist
Mary Reilly ~ USA 1996
Directed By: Stephen Frears
Im London der 1880er Jahre erhält die als Kind schwer misshandelte und somit stark traumatisierte Mary Reilly (Julia Roberts) eine Anstellung als Hausmädchen bei dem renommierten Arzt Dr. Jekyll (John Malkovich). Die ebenso liebenswerte wie linkische Art des seltsamen Medziners fasziniert Mary und alsbald entsteht ein wechselseitiges, zartes Vertrauensverhältnis, das der Rest des Gesindes, allen voran der misstrauische Poole (George Cole), eher kritisch beäugt und das auf eine zusätzlich harte Probe gestellt wird, als Jekylls neuer Assistent, ein gewisser Mr. Hyde (John Malkovich), im Hause zu verkehren beginnt...
Nachdem bereits "Dracula" und "Frankenstein" durch Coppola und Brannagh zu Beginn respektive gegen Mitte der Dekade zeitgemäß konstruierte Neuinterpretationen im Kino erfahren hatten, kam mit dem vordergründig unscheinbar betitelten "Mary Reilly" auch die klassische Mär von Dr. Jekyll und Mr. Hyde zu aufgefrischten Ehren, allerdings in einer bereits literarisch umstrukturierten Variation, die ich allerdings stets sehr mochte. Hierin wechselt die Erzählperspektive zugunsten des von der Autorin Valerie Martin eigens neu eingeführten Hausmädchens Mary Reilly, eines ebenso verhuschten wie zartfühlenden Geschöpfes, das, ebenso wie der Hausherr, höchst abseitige libidinöse Untiefen beherbergt. Anders als im altbekannten Kontext, demzufolge Jekyll seine animalische Seite zu befreien trachtet und deshalb Mr. Hyde freisetzt, deutet Martin das Bedürfnis des Doktors nach innerer Befreiung als Resultat einer schweren Depression gekoppelt mit bleierner Todessehnsucht. Hyde ist hierin also eher die Entsprechung eines selbstzerstörerischen Geistes. Auch die Titelfigur ist ein Musterexempel für freudianische Analysierorgien; offenbar hat die einstmalige Misshandlung durch ihren versoffenen Vater (James Gambon) eine leichte Note masochistischer Unterwürfigkeit bei ihr hinterlassen, die sich in einer ihr selbst unerklärlichen Schwäche für Mr. Hyde manifestiert und sie in Verbindung mit ihren rational erklärbaren Gefühlen für Dr. Jekyll zu einer vollständigen Liebenden macht. Leider findet dieses im Grunde ideale Paar nicht zusammen, denn die Geschichte endet, wie sie eben endet - jedoch deutlich romantischer als gewohnt.
8/10
Stephen Frears Jekyll und Hyde London amour fou Victorian Age Serienmord period piece Madness mad scientist