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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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QUELQU'UN DERRIÈRE LA PORTE (Nicolas Gessner/F 1971)



"Why would you want to help me?" - "Because I'm your doctor."

Quelqu'Un Derrière La Porte (Der Mörder hinter der Tür) ~ F 1971
Directed By: Nicolas Gessner

Der Gehirnchirurg Laurence Jeffries (Anthony Perkins) ist besessen von seiner Arbeit und vernachlässigt seine Frau Frances (Jill Ireland), die sich demzufolhe auf der anderen Kanalseite einen französischen Liebhaber (Henri Garcin) hält, mit dem sie sich unter Vorwänden regelmäßig trifft. Jeffries weiß davon, vermag jedoch nicht, gegen Frances aufzubegehren. Als eines Abends ein amnesischer Patient (Charles Bronson) in seine Klinik eingeliefert wird, fasst Jeffries kurzerhand einen teuflischen Plan: Er dichtet dem Mann, den er mit zu sich nach Hause nimmt, seine eigene Vergangenheit an, erzählt ihm, Frances wäre seine Ehefrau und würde Ihm Hörner aufsetzen. Der labile Fremde nimmt Jeffries seine Geschichte tatsächlich ab und identifiziert sich mit seiner aufoktroyierten Rolle. Doch der sich so brillant wähnende Arzt ahnt nicht, um wen es sich bei seinem Hausgast wirklich handelt...

Mit "Qulqu'Un Derrière La Porte" näherte sich Bronsons Euro-Engagement langsam aber sicher seinem Schwanengesang. Eine schleichende Übergangsphase erfolgte nun, die den gemeißelten Mimen nach ein paar internationalen Coproduktionen mit Richard Fleischers "Mr. Majestyk" engültig in die USA zurück führte. In Gessners beeindruckendem Kammerspiel, dass sich aufgrund seiner räumlichen Verdichtung im Übrigen exzellent als Bühnenstück adaptieren ließe, spielt Bronson vielleicht eine seiner ehrlichsten Rollen: Als entflohener Geisteskranker, Vergewaltiger und Mörder ohne Gedächtnis ist er trotz all der Jahre späteren Vigilantentums noch immer grandios vorstellbar. Auch darstellerisch straft er hierin so manchen inkompetenten Kritiker Lügen. Sein häufig verwirrtes, fragendes Gesicht mitsamt traurigem Augenpaar, dessen Unterbewusstsein natürlich all seine Schandtaten gespeichert hat, zeugt von einer Spielqualität, die später leider redundant wurde und damit zwangsläufig brachzuliegen hatte. Und sein herzzereißender Suizid am Ende, als er sich, vielleicht doch noch ein letztes Mal Herr aller seiner Sinne, der neuerlich drohenden Gefangennahme sowie der quälenden Gewissheit auf die einzig denkbare Art entzieht.

8/10

Nicolas Gessner England Norfolk Amnesie Madness



Zitat

Und sein herzzereißender Suizid am Ende, als er sich, vielleicht doch noch ein letztes Mal Herr aller seiner Sinne, der neuerlich drohenden Gefangennahme sowie der quälenden Gewissheit auf die einzig denkbare Art entzieht.

Habe ich immer genau umgekehrt interpretiert. Er rennt verpeilt, mit der Wumme in der Hand, in sein Verderben, also Gefangennahme oder mögliche Erschießung durch die Bullen. Da wir keinen Schuss hören, ist ja eigentlich nicht klar was er macht.
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Das ist aber doch noch gar nicht der endgültige Abschluss. Es endet damit, dasser, als er die Polizeisirenen herannahen hört, ins Meer läuft, um sich dort zu ertränken...

Oder hast du nachher die Schlussszene gar nicht gesehen? :eek:
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Also ich kenne nur eine Fassung, wo er, nachdem er rausgeworfen wurde, mit der Waffe in der Hand verplant am Strand umherläuft und die Polizeisirenen ertönen. Er bewegt sich dann zwar Richtung Meer, aber das ist so weit von ihm entfernt, dass ich es nicht als Suizid interpretiert habe, sondern dass er tatsächlich in seiner Verwirrtheit Jeffries Anweisung folgt, er solle seine Frau weiter am Strand suchen. Hängt auch damit zusammen, dass für mich die psychologische Zeichnung dieser Figur keinen Selbstmord hergibt, eher den eines Befehlsempfängers und deshalb sah ich es so, wie die Szene aufgelöst wird, dass er auf ewig im Vergessen bzw. Nicht-Erinnern umherwandert, was mir auch passender zur Grundstimmung der Hoffnungslosigkeit passt. Ein Selbstmord würde ihm nach meinem Empfinden schon wieder zu viel Eigenständigkeit geben, die er eben nie besaß. Aber natürlich ist das Zugehen auf Strand und Meer auch so zu interpretieren, vor allem durch die inszenierten Überlegungsgewalten, die der Close-Up und Bronsons Minenspiel zeigen. Er hätte es dann eben doch tatsächlich einmal geschafft, wenn's auch nur in den Tod führt. Aber diese Möglichketen zur Interpretation machen den Film ja nur noch komplexer. Danach kommt dann die Szene zwischen Jeffries und seiner Frau und dann ist der Film zu Ende. Sollte es tatsächlich noch eine Szene danach geben, die das Schicksal des Fremden eindeutig klärt, dann ist sie in meiner Fassung nicht enthalten. ich kenne den Film von der VHS-Veröffentlichung und der deutschen DVD.
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Nein, dann meinen wir doch dasselbe Ende. Es las sich oben so, als habest du nurmehr gesehen, wie Bronson aus Jeffries' Haus geworfen wird. Die nächste Szene zeigt für mich aber ziemlich unzweideutig seinen Freitod. Er läuft ja eben nicht mehr kopflos umher, sondern bewegt sich zielstrebig auf den Atlantik zu, derweil die Sirenen im Hintergrund lauter werden. Auch das ist natürlich hypothetisch, aber womöglich hat er sich mittlerweile mit seiner wahren Identität vertraut gemacht, sich irgendwie erinnert, oder ist auch nur aufgrund seines letzten Mordes Ein anderer Ausweg bleibt ihm ja in jedem Falle kaum. Außerdem zieht es ihn zum "Verschwinden" dorthin, wo er zu Beginn der Geschichte auch "aufgetaucht" ist - eine Art Leviathan, zurück in die Wellen.
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Ob er aus den Wellen kommt wissen wir ja nicht. Das ist ja nur eine Vermutung, die durch Jeffries aufgestellt wurde. Da er vermutlich der Entlaufene aus der Nervenheilanstalt ist - wir wissen ja nicht, ob es sich um ein und dieselbe Person handelt, da wir nie ein Foto des Entlaufenen sehen - habe ich immer mehr den Strand als seine Herkunft erachtet, da er dort auch aufgegriffen wurde.

Aber solch eine Diskussion ist müßig, da wir ja keinen ideologischen Disput haben, sondern komplexe Eigeninterpretationen gegenüberstellen. Ich kann Deine Lesart genauso im Film widerfinden wie meine und finde den Film dadurch nur noch interessanter. Wenn Du die Eindeutigkeit wünschst, ich kann sie Dir leider nicht geben. Und ich denke, wenn es Gessner wirklich darum gegangen wäre eindeutig aufzuzeigen, dass der Fremde in den Freitod geht - wie gesagt, eine Möglichkeit ist es - hätte er die Szene anders aufgelöst.
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Ich beanspruche da überhaupt keine Deutungshoheit, wie könnte ich auch auch?
Zu deinem letzten Satz aber noch: Diese Lösung wäre von Gessner doch, meine Interpretation als zutreffend vorausgesetzt, wunderbar elegant gewählt. Einen Sprung in die Wellen hätte ich da deutlich mythologieentledigt gefunden. Aber gut :)
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Funxton

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