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Jener Sommer, das ruhigste Meer

Noruberutos zusammengewürfelte Bemerkungen zum Film und die damit zusammenhängenden Gegenstände

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Wie eine Welle, wie die Gezeiten


Hiermit möchte ich dieses FTB schließen (bzw. nicht mehr aktualisieren).

Es ist an der Zeit, etwas Neues zu beginnen.

Wenn sich Perspektiven ändern, so ändern sich wohl auch Herangehensweisen.Gerade bei der Auseinandersetzung mit dem Medium Film.

Was es ist, was es sein wird? Wer weiß. Vielleicht ein Blog, vielleicht ein anderes FTB? Oder eine ganz andere Möglichkeit?

Einige Kollegen von hier sind ja auch auf Letterboxed aktiv. So habe auch ich mich entschlossen, dort meine Gedanken zum Film zu teilen. Aber auch mit dieser Plattform bin ich nicht wirklich zufrieden.

Was es also sein wird, wird sich erst zeigen. Allgemein kann man sagen, dass mir die Notwendigkeit einer qualitativen Auseinandersetzung mit Film vor einem rein quantitativen Konsum immer stärker klar geworden ist.

Lieber nur einen Film im Monat schauen, und sich mit diesem wirklich auseinandersetzen, als ein sogenanntes "binge-viewing" aka Komaglotzen (das größte Problem des Mediums Serie), wo man zwar in kurzer Zeit viel sieht, aber dabei kaum in die Tiefe gehen kann.

Film ist zu wichtig, um ein bloßes Konsumgut zu sein.

Den FF bleibe ich aber gewogen, keine Frage. Die Mischung aus Expertise, Herzblut, Ideenreichtum, Verschrobenheit und Spielerein mit Online-Identitäten ist wohl einzigartig in dieser Form für das Medium Film.

Besonders das Projekt MHTwill ich nicht ganz aus den Augen verlieren, hier ist wohl als nächstes wieder mal mit einem Beitrag meinerseits zu rechnen...

In diesem Sinne, man liest sich

lg
Norbert


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Magical History Tour: Moj Stan - Zvonimir BERKOVIC, YU 1963


Ein quasi-Stummfilm über die schöne neue Wohnwelt einer kroatischen Familie. Die Erzählung wird lakonisch-trocken von der Tochter, die gerade eine Hausübung über den Umzug schreibt, kommentiert. Eine Reihe einfacher, teils recht absurder Einfälle zeichnen dieses Kleinod aus. Immer wieder interessant, wie viel Inhalt ein guter Kurzfilm komprimiert darstellen kann.




Zvonimir Berkovic Apartment begrenzter Raum Magical History Tour


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Trudno byt' bogom - Aleksei GERMAN, RUS 2013


Diese Verfilmung des Romans Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein von Arkadi und Boris Strugatzki dürfte dem durchschnittlichen Seher noch mehr Kopfzerbrechen bzw. Irritationen bereiten als etwa Stalker von Tarkowski. Erklärt wird (bis auf eine kurze Einleitung am Anfang) nichts, es ist die reine Präsentation eines fernen Planeten, einer mittelalterlichen Welt aus Schlamm, Fäkalien und Blut, die in ihrer geschichtlichen Entwicklung steckengeblieben ist.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern von der Erde versucht, sich total in diese archaische Welt integrierend, dieser zum Fortschritt (was immer darunter zu verstehen ist) zu verhelfen, ohne jedoch mit Gewalt in die Geschehnisse eingreifen zu dürfen. Die Inszenierung ist mit wenigen Ausnahmen immer ganz nah dran an den dreckigen, geschundenen und schindenden Menschen. Ständig huscht irgendeine groteske Gestalt durchs Bild. Mit den Bilderwelten von Bosch oder Breughel ist der Film verglichen worden, und das trifft es ziemlich gut (auch wenn es keine Totalen gibt).

Eine sehr anstrengende Filmerfahrung, aber durchaus lohnenswert.

Gesehen auf der Viennale, ein kleiner Festivalrückblick folgt nächstes Wochenende.

Aleksei German Leonid Yarmolnik Strugatzki begrenzter Raum Viennale


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MHT: Die 1000 Augen des Dr. Mabuse - Fritz LANG, D 1960


Nach drei Jahrzehnten Pause ist der Geist Mabuses nach wie vor am Werk.

Die Horrorelemente der beiden klassischen Vorgänger weichen einer exploitativ angehauchten Kriminalstory.

Die Aufarbeitung der Nazivergangenheit wird mit einem Satz abgehandelt, da wäre doch mehr drin gewesen.

Trotzdem fein: Howard Vernon spricht, jedenfalls viel mehr als etwa in Alphaville.

Fritz Lang Mabuse Gert Fröbe Howard Vernon begrenzter Raum Magical History Tour


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MHT: Nobi (Fires on the Plain) - ICHIKAWA Kon, J 1959


Die Geschichte eines japanischen Soldaten, der Ende des zweiten Weltkrieges auf einer philippinischen Insel in recht extreme Situationen gerät. Schon bald wird klar, dass sich die japanischen Truppen auf verlorenem Posten befinden. Als aufrichtiger Soldat macht der Protagonist zunächst dessen ungeachtet das, was von ihm erwartet wird, entscheidet sich schließlich aber doch anders. Versprengte Grüppchen der japanischen Soldaten versuchen zwischen den ankommenden amerikanischen Truppen und den "primitiven" Eingeborenen der Insel irgendwie zu überleben, einen Weg nach Hause zu finden. Manchen scheint dabei jedes Mittel bzw. jede Nahrungsquelle recht...

In einem Wechsel von Nahaufnamen im Dschungel, besonders prägend dabei das lethargische Gesicht des Protagonisten, von dem man, auch angesichts seiner Aktionen, nie gewiss ist, wie es um seinen Geisteszustand bestellt ist, und Panoramen, in denen sich die toten Soldaten wie ganz natürlich in die Landschaft fügen, wird hier eine Geschichte präsentiert, welche die eigentliche politische Dimension der Endphase des zweiten Weltkrieges im asiatischen Raum ausblendet und stattdessen eine existentielle Frage aufwirft: Wie weit kann man gehen, um das eigene Überleben zu sichern? Der Protagonist wird diese Frage auf seine Art beantworten: Was beudeutet "Zivilisation" eigentlich?

Ichikawa Kon Funakoshi Eiji Mickey Curtis Zweiter Weltkrieg Magical History Tour


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Magical History Tour: Nishi Ginza Station - IMAMURA Shohei, J 1958


Absurde Komödie über den kriegstraumatisierten Mann einer erfolgreichen Unternehmerin, die eine Apotheke leitet. Als diese mit den gemeinsamen Kindern für ein paar Tage wegfährt, steigert er sich, angestichelt durch seinen einstigen Kameraden, der jetzt als Veterinärmediziner arbeitet, immer weiter in erinnerte Phantasien um eine polynesische Eingeborene, genannt Sally, hinein. Sein einstiger Kamerad gibt ihm den Ratschlag, es doch mit einer Affäre zu versuchen, um von seinen Tagträumen loszukommen. Als er auf die Angestellte des Schreibwarengeschäftes gegenüber der Apotheke seiner Frau aufmerksam wird, scheint es sich zu verwirklichen, aber es kommt schließlich alles anders...

Herrlich unbeschwerter früher Imamura, seiner Zeit weit voraus. Besonders beeindruckend ist die geradezu postmodern anmutende Erzählweise, in welcher der Zuschauer direkt von dem Erzähler, der im Film mehrere Rollen verkörpert und durch die Geschichte moderiert, angesprochen wird. Wenn man sich etwa fragt, wo die Wurzeln von den Musical-Ambitionen eines Takashi Miike liegen, wird man hier fündig. Überhaupt wirkt diese Nikkatsu-Produktion wie ein Prototyp für zahlreiche japanische Filme, die nach dem Zusammenbruch des klassischen Studiosystems enstanden sind. Im Werk Imamuras selbst setzt sich Nishi Ginza Station stilistisch aber deutlich von seinen späteren Werken ab.

Imamura Frank Nagai Pharmazie Phantasie Magical History Tour


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The Killing of a Chinese Bookie - John CASSAVETES, USA 1976


Endlich mal gesehen. Dem Titel nach immer schon einer der bekannten Filme, der aber bisher nie Vorrang hatte auf der Liste.

Cassavetes geht extrem subjektiv vor, die Kamera klebt geradezu an den Akteuren, ihren Gesichtern, allen voran an dem Protagonisten (kaum eine Szene, in der er nicht vorkommt), dem unglücklichen Nachtklubbesitzer, der ob seiner Schulden zum Auftragsmörder wird. Die Allerweltsgesichter der Gangster, mit denen er es zu tun hat, durchaus schon mit parodistischem Blick, hat wohl keiner so genial eingefangen wie Cassavetes hier, wie später Jarmusch´ Ghost Dog.

Die kranke Atmosphäre des Nachtclubs, mit drittklassigen Revuen, die Stadt, die spröde Action. Alles sehr nonchalant inszeniert, konsequent eine "normale" Erzählstrategie verweigernd. Aber der Blick immer auf die "kleinen" Menschen, die alle ganz einfach ihre Rollen spielen, und gegen Ende hin (es ist wohl auch das Ende des Protagonisten) der wohlwollende Blick, trotz des Fatalismus.

Seltsam, aber ziemlich stark.

John Cassavetes Ben Gazzara Gangster Nachtclub begrenzter Raum


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Magical History Tour: Hokusai -TESHIGAHARA Hiroshi, J 1953




Früher Dokumentarfilm Teshigaharas.

Neben den bekannten Landschaftsdarstellungen der 36 Ansichten des Berges Fuji legt er einen Schwerpunkt auf weniger bekannte, aber nicht unwesentlichere Arbeiten Hokusais etwa über die Handwerker, oder seine auch für die Entwicklung des Manga wichtigen, genialen Karikaturen. Das für den japanischen Farbholzschnitt so zentrale Element eben der Farbe kommt in der Darstellung in Schwarz-Weiß logischerweise nicht in den Blick. Dafür werden Struktur, Perspektive und Proportion um so eingehender herausgestellt.

Mit minimalen filmischen Mitteln wird hier Leben und Werk des genialen Meisters des japanischen Holzschnittes sowohl einführend dargestellt als auch interpretiert. Wie hier der Bildausschnitt sich auf Details konzentriert, um diese dann durch einen einfachen Schnitt, eine Bewegung oder einen kleinen Zoom in den Kontext des Gesamtbildes zu setzen, gibt auch einen Hinweis auf Teshigaharas eigenen Stil, Filme zu machen.

Teshigahara Hokusai nishiki-e Kunst Dokumentarfilm Magical History Tour


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Magical History Tour: Neighbours - Norman MCLAREN, CAN 1952


Zwei Nachbarn: zwei Häuser, zwei Gärten, zwei Liegestühle, zwei Zeitungen, zwei Tabakspfeifen.

Ein mal Feuer, bitte, danke.

Idylle.

Ein Ereignis: Eine B L U M E.

Wunderschön anzuschauen, herrlich duftend, erhebend...

Problem: So schön, dass teilen unmöglich erscheint. Besitzstreben, Konflikt, jäher Umsturz. Alles Schöne geht verloren, kehrt aber am Ende unvermittelt wieder.

Die Moral von der Geschichte: eigentlich wäre alles so einfach. Aber...

Der ewig gleiche Menschheitskonflikt, komprimiert in ein abstraktes Trickstück. Gleichzeitig ein großer Spaß, Katharsis und ernüchternde Bestandsaufnahme der conditio humana.

Norman Mc Laren Kurzfilm Pixilation abstrakter Raum Magical History Tour


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Kozure Okami: Das Schwert der Rache - MISUMI Kenji, J 1972


子連れ狼 子を貸し腕貸しつかまつる // Kozure Ōkami: Ko wo Kashi Ude Kashi tsukamatsuru

Auftakt der sechsteiligen Verfilmung eines legendären Mangas über den Rachefeldzug des ehemaligen, einer Clan-Intrige zum Opfer gefallenen Henker-Beamten Ogami Itto, der nach der Ermordung seiner Frau hinfort mit seinem kleinen Sohn und einem Kinderwagen, der alle Stücke spielt, als Auftragsmörder durch die Lande zieht und stoisch an seinem Vergeltungsplan werkt.

Die schauspielerische Leistung von Tomisaburo Wakayama ist schwer zu beurteilen. In Gestik und Mimik auf ein Minimum reduziert, über jede sichtbare Gefühlsregung erhaben, sich über jede moralische und rechtliche Gesetzgebung stellend, nur seinen Racheplan vor Augen, gibt er hier einen archetypischen Anti-Helden ab.

Das ästhetisch Bestechende an Kozure Okami besteht aus der Verbindung von äußerst blutig inszenierten Kämpfen (ob Akira Kurosawa wohl ahnen konnte,was er mit dem genial inszenierten Endkampf in Sanjuro auslösen würde? ) und distanzierten, schrägen Kameraperspektiven, in der Naturbetrachtung (oft aus Perspektive des Kindes gezeigt) eine große Rolle spielt. Die Tonspur in den Rückblenden und den Kämpfen ist eigentümlich unrealistisch, mit schmatzenden Schwerthieben und verstärkten bzw. teilweise oder ganz ausgeblendeten Geräuschen, etwa von Regen oder Wind, gestaltet. Ein Gestaltungselement, welches leider in den nachfolgenden Filmen fast zur Gänze fallengelassen wird. Dafür werden einige andere Elemente (wie auch der body count) in den Nachfolgern noch verstärkt.

Klassische 1970er Exploitation, welche ganz von ihrer Bildästhetik lebt und in der jegliches Fragen nach Realismus grundsätzlich fehl am Platz ist.

Misumi Kenji Wakayama Tomisaburo Chanbara begrenzter Raum