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Jener Sommer, das ruhigste Meer

Noruberutos zusammengewürfelte Bemerkungen zum Film und die damit zusammenhängenden Gegenstände

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YAMAMOTO ISOROKU...


Rengō Kantai Shirei Chōkan: Yamamoto Isoroku –Taiheiyō Sensō Nanajūnenme no Shinjitsu //
聯合艦隊司令長官 山本五十六 -太平洋戦争70年目の真実 // NARUSHIMA Izuru, J 2011

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Epische Darstellung des Zweiten Weltkriegs in Fernost, ganz zentriert um den legendären, kultisch verehrten Admiral Isoroku Yamamoto. Portrait eines widersprüchlichen Charakters: Yamamoto, der eigentlich den Krieg mit den USA verhindern wollte und ihn dann doch mitbegonnen hat. Der Sowohl für große Erfolge, als auch bittere Niederlagen verantwortlich zeichnete. Der charismatische Führer, der in beständigem Konflikt mit anderen militärischen Größen Japans stand. Der schließlich das Ende des Großen Krieges, die atomare Katastrophe, nicht mehr miterlebte (sein Flugzeug 1943, auf dem Weg zu einer Truppeninspektion, über einer Pazifikinsel abgeschossen).

Die Inzenierung konzentriert sich vollständig auf die Sicht des Zweiten Weltkriegs aus japanischer Perspektive. Zwar kommt der Dreimächtepakt der Achse Berlin-Rom-Tokyo in den Blick, und eine Radioansprache Roosevelts erklingt aus dem Äther. Die filmische Darstellung selbst ist aber ganz geprägt von den japanischen Unternehmungen im Pazifikkrieg - die feindlichen Amerikaner bleiben ein unpersönlicher Feind und kommen außer in den computergenerierten Luft- und Seeschlachten nicht vor.

Neben den strategischen und taktischen (Fehl)entscheidungen des großen Yamamoto, den breit angelegten Schlachten im Pazifik, vom Angriff auf Pearl Harbour über die Schlacht um Midway bis zu Guadalcanal und langen Besprechungen des Generalstabs kommt auch die japanische Zivilgesellschaft zur Darstellung: Journalisten, die zwischen wahrheitsgetreuer Berichterstattung und devotem Hurrapatriotismus gefangen sind (im Epilog wird die Geschichte schließlich von einem jungen Journalisten zu Ende erzählt). Die Familie des Admirals und das gemeinsame Mittagessen, der unerkannte Besuch in einem kleinen Lokal. Epische CGI-Schlachten und ruhige, schauspielerisch tragende Szenen halten sich in etwa die Waage.

Besonders interessant die Darstellung des großen, aber nicht unfehlbaren Admirals: Wie die persönlichen Verluste seiner Untergebenen immer größer werden, und er selbst seelenruhig japanisches Schach mit seinen Offizieren spielt. Sich aber selbst durchaus der Gefahr aussetzt: auf hoher See auf dem Schiff während der großen Pazifikschlacht, und schließlich im Flugzeug, welches durch eine unachtsame Meldung, die vom Feind abgehört und dechiffriert werden konnte, abgeschossen wird. Insgesamt natürlich eine Erzählung voll Pathos, aber einen besseren Darsteller als Koji Yakusho in der Rolle des Admiral Yamamoto hätte man wohl nicht finden können.

Zweiter Weltkrieg Pearl Harbour Yakusho Koji Yamamoto Isoroku Narushima Izuru


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RUNNING OUT OF TIME


暗戰 // AM ZIN // Johnnie TO // HK 1999
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Ein genialer Verwandlungskünstler liefert sich mit einem nicht minder smarten Hongkonger Polizisten und Verhandlungsspezialisten ein wahnwitziges Katz-und-Maus-Spiel, als er einen vermeintlichen Überfall bzw. Diamantendeal zur persönlichen Vergeltung an einer Triadengang nutzt. Dieses Motiv ist dem Cop aber zunächst unklar, genauso wie die Tatsache, dass sein Kontrahent unheilbar krank ist und von seinem Arzt nur mehr ein paar Wochen prognostiziert bekommen hat.

Der Film, der einigermaßen realistisch startet, sich aber im Verlauf der Handlung zu immer unwahrscheinlicheren Ereignisketten hin entwickelt, zeichnet Cop und Verbrecher zunächst als Antagonisten. Dieses Muster wird jedoch schon bald aufgebrochen, als die beiden erkennen, dass sie sich eigentlich ziemlich ähnlich sind: beide sind mit geradezu unglaublicher Auffassungsgabe und der Fähigkeit, Menschen und Dinge um sie herum blitzschnell richtig zu erfassen und dies für sich auszunutzen, gesegnet. Dafür ist ihr Umfeld fast schon übertrieben tollpatschig-mittelmäßig gezeichnet, was dem Realismus der Geschichte nicht unbedingt gut tut. Durch die Handlung ziehen sich des weiteren einige running gags, welche das Ganze entgültig in Richtung actionreiche (Tragik)komödie abdriften lassen.

Zugute kommt dem Film auf jeden Fall eine tadellose Inszenierung, die ganz auf die beiden stars Andy Lau und Lau Ching-Wan zugeschnitten ist. Wie gesagt wird im Lauf der Zeit alles immer unwahrscheinlicher, das tut dem Gesamteindruck allerdings keinen Abbruch. Zwar darf man sich weder ausufernde Zeitlupen-shootouts noch eine tiefere Charakterzeichnung erwarten - aufgrund der sympathischen Hauptdarsteller ist Running Out of Time dennoch als gelungen zu bezeichnen. Allein wie sich die Dinge um den angeblich millionenschweren Edelstein-MacGuffin entwickeln, ist ziemlich genial.

Ein Film, der einem den einen oder anderen Lacher beschert und gleichzeitig nachdenklich stimmt (aber ohne wirklich in die Tiefe zu gehen).

Johnnie To Andy Lau Sean Lau Hongkong heist


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The Swordsman


Meister des Schwertes // 笑傲江湖 // King Hu, Tsui Hark, Ching Siu Tung u.a. // HK, 1990
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Aus der verbotenen Stadt wird eine geheimnisvolle Schriftrolle gestohlen, die besonders machtvolle Kampfkünste beschreiben soll. Sofort sind eine ganze Menge unterschiedlicher Gruppierungen, darunter kaiserliche Beauftrage, diverse Kampfschulen, Geheimsekten usw. auf der Suche nach dem wertvollen Dokument. Es entwickelt sich ein Verwirrspiel, wer denn nun was über die Schriftrolle weiß - schließlich wird sie auch noch mit etwas ganz anderem verwechselt, genauso wie die Protagonisten untereinander.

Der absolut verwirrende Plot soll hier gar nicht weiter beschrieben werden. Ohnehin ist man hier ganz mit der typischen Präsentation des späten 80er / frühen 90er Jahre Hongkong Kampfkunst / Fantasyfilms beschäftigt. Es ist ein einziges Herumwirbeln durch die Lüfte in vernebelten Landschaften und durch in blaues Licht getauchte Kulissen, rasanter Schwertkampf gemischt mit durch schiere Mentalkraft zerberstender Mauern und explodierender Bäume, schlangenschleudernder mysteriöser Schönheiten, grotesken Gesangseinlagen und sonstigem HK-Slapstick, die sich eigentümlich neben blutrünstigen Kämpfen findet.

So zerfahren die Geschichte selbst ist, so uneinheitlich bietet sich auch die Inszenierung dar. Das ist wohl dem Umstand zuzuschreiben, dass Regielegende King Hu sich leider mit den Produzenten des Films überworfen und verärgert das Handtuch geworfen hat. Der Film wurde dann kurzerhand von einem improvisierten Regiekollektiv, darunter Tsui Hark, Ching Siu Tung und Ann Hui, fertiggestellt. Rein formal gesehen ist Swordsman dadurch auch sehr viel stärker vom "neuen Stil" einer atemlosen Inszenierung á la Chinese Ghost Story geprägt als durch den bedächtigeren Stil Hus, wie etwa in Come, Drink with Me oder Dragon Gate Inn.

Trotz dieser Mängel ist Swordsman selbst schon ein Klassiker des 90-er HK Films gewordern, allerdings im Vergleich zu Chinese Ghost Story eben mit deutlichen Abstrichen.

Wuxia Hongkong King Hu Tsui Hark Sam Hui Jacky Cheung


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Sukeban Deka


スケバン刑事 // TANAKA Hideo // J, 1987
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Als zwei Schüler von einem seltsamen Internat auf einer Insel in der Bucht vor Tokyo fliehen, kommt Asayami Saki, ihres Zeichens Schulmädchen-Polizistin, mit einem tödlichen Yo-Yo ausgestattet, zum Zug. Auf besagter Insel werden die Schüler zu einem paramilitärischen Training gezwungen, der durchgeknallte Direktor plant doch glatt einen Staatsstreich. Als Saki die Polizei bzw. ihre Geheimdiensteinheit darauf aufmerksam macht, sieht sie sich ziemlich auf sich allein gestellt. So trommelt sie eine Schar von Mitschülerinnen-Agentinnen an, um den Machenschaften auf der Internatisinsel ein Ende zu bereiten.

Wie so oft bei japanischen Mangaverfilmungen (in diesem Fall gab es auch eine Fernsehserie) ist die allererste Regel: vergesst Realismus und Logik. So ist man auch bei diesem Film gut beraten, nicht nachzudenken, was denn nun eigentlich passiert. Da wird dann gerne schon mal ein Hubschrauber per Yo-Yo zur Explosion gebracht, und die offiziellen Stellen fühlen sich, auch ob eines drohenden Staatsstreiches, nicht zuständig und überlassen die Drecksarbeit einem Haufen minderjähriger Schulmädchen-Agenten inklusive ihrer tödlichen Yo-Yos und Murmeln. Die echte Yo-Yo Action satisfaction gibt es dann auch erst gegen Ende dieses reichlich hirnrissigen Streifens zu sehen - leider ziemlich schlecht inszeniert.

Tatsächlich schaffen es die Girls am Ende, die Bad Guys und sogar den Direktor-Terminator zu besiegen. Und auch die Verstrickungen des geplanten Putsches im Staatsapparat lösen sich sozusagen von eigener Hand auf. So hat die Polizei einen riesen Erfolg zu vermelden, obwohl sie eigentlich selbst nicht allzu viel dazu beigetragen hat. Ein weiteres großes Minus: Die Charakterisierung der Schülerinnentruppe ist mehr als dünn. So kommt auch keine wirkliche Sympathie für die handelnden Protagonisten auf.

Tanaka hat tatsächlich noch eine Fortsetzung gedreht, und es existiert sogar eine Neuverfilmung von Kenta Fukasaku, Sohn der Regielegende Kinji Fukasaku. Dieser versucht, die 80er Jahre Ästhetik ins 21. Internet-Jahrhundert zu transportieren, scheitert aber ziemlich eindeutig. Alles in allem ein ziemlicher Käse.

Tanaka Hideo Yo-Yo Manga-Verfilmung


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Dracula contra Frankenstein


Jesús Franco Manera

POR/ESP/FL 1972


Dracula geht wieder mal um - Dr. Seward gelingt es, ihn (in Gestalt einer Fledermaus) temporär zu beseitigen. Doch er hat nicht mit dem wahnsinnigen Dr. Frankenstein gerechnet, der mithilfe des durch Nachtclubtänzerinnenblut reanimierten Vampirgrafen gedenkt, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Als dann auch noch -völlig unvermitelt - ein Wolfsmensch die Szenerie betritt, wird klar: wir haben es mit einer herrlichen Franco-Collage zu tun, die so ziemlich alle Horror-Klassiker von Nosferatu über Universal und Hammer mehr oder weniger gelungen zitiert.

Der fast vollkommen ohne Text auskommende Film könnte schon fast als Stummfilm durchgehen (dafür gibt es reichlich irre Monologe, panische Schreie und diverse Tierlaute) und borgt sich ganz einfach mal die klassische Filmmusik aus dem einige Jahre zuvor entstandenen El Conde Drácula. Wurde dieser noch als beinah werkgetreue Umsetzung des Romans von Bram Stoker gefeiert, so ist es in diesem Fall das genaue Gegenteil. Zudem wurde dann noch die gesamte Schauspielerriege samt Bauten aus dem wohl zeitgleich entstandenen Streifen La maldición de Frankenstein übernommen. Und so ist es einfach nur trashiger Kult, den schon ziemlich gezeichneten Dennis Price erneut in seinem Pappkartonlabor mit blinkenden Lichtern herumhantieren zu sehen.

Und während Dr. Seward noch mit einer Pferdestärke unterwegs ist, fährt Dr. Frankenstein zusammen mit dem frisch wiederbelebten Dracula schon mal im schwarzen Mercedes vor. Der Graf - ein herrlich desorientierter Howard Vernon - sieht dabei ständig so aus, als hätte er furchtbare Zahnschmerzen. Besonders seine Performance ist dann auch die unfreiwillig Komischeste (Franco liefert sozusagen die eigene Parodie seines "seriösen" Draculafilms mit Christopher Lee).

Stellenweise schafft es der Film tatsächlich, Nosferatu-Atmosphäre zu erzeugen, Und auch seine berühmte Zoomlinse (vor und zürück) kommt reichlich zum Einsatz. Alles in allem nicht ganz so durchgeknallt wie der Frankensteinfilm, aber immer noch reichlich absurd-kurzweilig. Tja, solche Filme werden wohl heutzutag nicht mehr gemacht.

Jess Franco Dracula Frankenstein Howard Vernon Dennis Price Zoomlinse


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Rewind The Film


Hiermit sei eine neue Serie in diesem FTB begonnen, welche sich herausragenden, beachtlichen, wirkungsmächtigen oder einfach nur interessanten Beispielen aus der Welt der ins Bild gesetzten Musik im Allgemeinen und dem video-clip (welch archaisch Wort) im Besonderen widmet.

Dabei sollen gar nicht so viele Worte verloren werden - die Bilder sollen für sich sprechen (wie es Musik ja allzumeist tut oder jedenfalls tun sollte).





Ein tragisches Miniaturepos in nicht einmal sieben Minuten.

Film/Musik Manic Street Preachers Verfall Erinnerung Wales


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Magical History Tour: Der letzte Mann


Friedrich Wilhelm Murnau, D 1924

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Der alternde Portier (Emil Jannings) des Hotels Atlantic in Berlin geht ganz in seinem Job auf; seine Uniform gibt ihm, der in ärmlichem Umfeld lebt, Prestige und Anerkennung. Eines Tages jedoch, es regnet in Strömen, hat er einen schweren Koffer zu transportieren. Das übersteigt seine Kräfte etwas, er muss sich ausruhen. Diese Schwäche bleibt dem Geschäftsführer des Hotels natürlich nicht verborgen. So kommt es, wie es kommen muss: Über Nacht (Zuhause wird gerade die Hochzeit seiner Tochter vorbereitet) wird er durch einen jüngeren, kräftigeren Portier ersetzt. Er selbst erhält den Job eines Toilettenmanns, der hinfort im Kellerabteil des Hotels für die "kleinen Geschäfte" der betuchten Hotelgäste Sorge tragen soll.

Zunächst gelingt es ihm, seinen schmachvollen Abstieg zu verbergen, aber seine Frau kommt ihm am Tag nach der Hochzeit (die Nacht hat er, mehr aus Verzweiflung denn aus Freude über die Hochzeit der Tochter, heftigst trinkend verbracht) ein kleines Katerfrühstück, doch zu ihrem Entsetzen entdeckt sie die Wahrheit über die Arbeitssituation ihres Mannes. Das bleibt auch nicht der Verwandschaft und den Nachbarn verborgen, und schon bald ist der ehemalig angesehene Portier nur noch Spott der Leute, selbst von seiner Familie wird er verachtet. Fast schon erscheint es, als ergebe er sich seinem Schicksal, seine Tage hinfort als Toilettenmann zu verbringen, als ein glücklicher Zufall ihm die Wende seines Lebens einbringt: die Erbschaft eines mexikanischen Millionärs, der in der Toilette des Hotels verstirbt und ihm sein gesamtes Vermögen vermacht.

Murnaus Der letzte Mann ist vor allem für seine (für die damalige Zeit) ungewöhnliche Kameraarbeit (von Karl Freund) gewürdigt worden. Das beginnt schon in der Eröffnungssequenz, als der Beobachter mit dem Lift die Hotellobby hinabfährt, um dann dem Ausgang zuzustreben. Allerdings gibt es noch weitaus beeindruckendere Bildgestaltungen zu bewundern, darunter eine Reihe von "subjektiven" Einblicken. So etwa die Szene, als der Portier in das Büro der Geschäftsführung bestellt wird, wo ihm seine "Degradierung" schriftlich mitgeteilt wird: Zunächst befindet sich die Kamera und damit der Zuschauer vor der Glaswand, welche die Hotellobby vom Büro trennt. Plötzlich schreitet der Blick hindurch, direkt auf den Portier zu, als er das ihm ausgehändigte Schreiben liest. Als er den Grund seiner Versetzung liest ("Ihre Altersschwäche"), verschwimmt sein Blick und damit der Blick des Zuschauers. Die Traumsequenz, die er nach der Hochzeitsfeier schwerst betrunken durchlebt, wird ebenso mit dem Stilmittel einer verschwommenen Linse dargestellt. In diesem Traum sieht er sich wieder jung und stark, als ob er problemlos auch das schwerste Gepäcksstück tragen könnte. Auch einige Überblendungen und Zooms (wohl für den damaligen Zuschauer etwas wirklich Ungewöhnliches, Neues) sind hervorzuheben.

Ein weiterer beachtenswerter Punkt ist die Raumgestaltung des Films, und hier vor allem die Trennung des filmischen Raumes in Innen und Außen. Die Verbindung des Hotelinneren mit der lauten Hauptstraße ist die sich beständig drehende Drehtür, der einstige Arbeitsplatz des ehemaligen Portiers. Von dem Hotel selbst sind nur die Halle, das Büro des Direktors, einige verwinkelte Gänge, das Restaurant, und schließlich die Toilette im Keller zu sehen. Die eigentlichen Hotelzimmer, die sich weiter oben befinden, kommen nicht in den Blick. Die Wohnung des Portiers befindet sich in einem ärmlichen Bau, das auf einen finsteren Hof blickt. Hier ist der Portier mit seiner shiny Uniform etwas Besonderes. Um so bitterer ist sein plötzlicher sozialer Abstieg, der ihm nur noch Verachtung entgegenbringt. Zwischen dem Waschraum und der prächtigen Hotelhalle befinden sich die Gänge, durch die der Nachtwächter schleicht (ein weiterer Höhepunkt der Bildästhetik - hier scheinen sich zahllose nachfolgende Darstellungen von dunklen Hotelgängen ihr Beispiel genommen zu haben). Ihm wird der Toilettenmann, der durch glückliche Umstände zum plötzlichen Reichtum gelangt, seine Reverenz erweisen, genauso wie seinem Nachfolger im Waschraum.

Die letzte Viertelstunde des Films, in dem die Ereignisse diese für den Abgestiegenen eine so glückliche Wendung nehmen, wirken schon arg auf ein versöhnliches "happy end" hingezimmert. Die unbedingte Stärke von Murnaus Film liegt jedoch ohnehin, wie beschrieben, in der expressionistischen und höchst innovativen Bildgestaltung, welche den Letzten Mann zu einem ganz großen Klassiker der Stummfilmära macht.

Schließlich sei noch bemerkt, welchen Unterschied die jeweils verwendete Filmmusik zu diesem (wie wohl jedem) Stummfilm macht.



Murnau Stummfilm Hotel subjektive Kamera Expressionismus filmischer Raum


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Sword of Doom


Daibosatsu Toge // 大菩薩峠 // OKAMOTO Kihachi // J, 1965
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Der von seiner Schwertkampfschule ausgestoßene Tsukue Ryunosuke (Tetsuya Nakadai in seiner besten Rolle) tötet scheinbar willkürlich einen alten Pilger auf dem Daibosatsu-Pass in den Bergen. Wenig später findet ein Schaukampf seiner ehemaligen Schule statt. Der Bitte Ohamas, der Frau seines Kontrahenten, bei diesem Kampf doch absichtlich zu verlieren, um ihrem Mann die Nachfolge der Schulleitung zu ermöglichen, kommt er gegen eine für Ohama unehrenhafte Gegenleistung nach. Doch es kommt alles anders, nachdem der Kampf schon fast als unentschieden abgebrochen wurde, tötet Tsukue seinen Gegner, der seinerseits ihn töten wollte, nachdem er der unehrenhaften Aktion seiner Frau auf die Schliche gekommen ist. Als ihm daraufhin einige Schüler der Kogen Itto Schule auflauern und er diese mühelos beseitigt, beginnt sein Leben als rastloser Wanderer, der seine genialen Schwertkampffähigkeiten in den Dienst unterschiedlicher Herren stellt.

Zwei Erzählstränge werden zunächst nebeneinander erzählt und verflechten sich gegen Ende miteinander: einerseits die Geschichte von Omatsu, der Enkeltochter des getöteten Pilgers, andererseits die des Bruders des bei dem Schaukampf getöteten Samurai. Dieser sinnt auf Rache und sucht Hilfe bei einer anderen Schwertkampfschule, die von Shimada Toranosuke (ein grimmiger Toshiro Mifune) geleitet wird. Shimada erkennt bald die Meisterschaft, aber auch die abgrundtiefe nihilistische Seele Tsukues, als dieser die Schule aufsucht. Die Worte Shimadas, wonach das Schwert die Seele sei, und ein böses Schwert von einer bösen Seele geführt werde, wird Tsukue noch bis zum Ende begleiten. Was folgt, ist eine fatalistische Reise, in der Tsukue immer wieder aufs Neue seine Meisterschaft unter Beweis stellt, dabei aber nach und nach sein Schicksal erkennt, offenbar gar nicht anders zu können, als immer weiter zu töten, zu intrigieren und zu zerstören. Der wahnsinnige Blick des Schwertmeisters, den die Geister der Vergangenheit einholen... und ganz am Ende ein frenetisches Massaker in einem der wohl immer noch intensivsten Endkämpfe des Chanbara-Films, fast schon minimalistisch inszeniert.

Zwar könnte man die Geschichte auch als Historienfilm und Portrait des Endes einer Epoche lesen, wie bei so vielen anderen Filmen des jidai-geki. Eindeutig im Vordergrund steht jedoch eine distanzierte psychologische Betrachtung eines Antihelden im besten Sinn. Zwar ist auch Shimada ein Meisterkämpfer und tötet scheinbar vollkommen ohne Mühe seine Gegner in einem genial inszenierten Kampf im Schnee, und doch sind die beiden Charaktere (Mifune bleibt übrigens, vielleicht auch weil er nur eine Nebenrolle hat, neben Nakadai eigentümlich farblos) grundverschieden. Die geniale Inszenierung, welche den Beobachter einerseits ganz nah ans Geschehen heranrückt, gleichzeitig aber immer auch in einer unbeteiligten Distanz hält, macht Daibosatsu Toge / Sword of Doom zu einem der besten Chanbara überhaupt. Ein geniales Meisterwerk, das einerseits noch ganz dem klassischen Schwertkampffilm verpflichtet ist, andererseits jedoch schon deutliche Akzente setzt, die in den folgenden Jahren zahlreichen Exploitation-Actionern als Vorlage dienen wird.

Okamoto Chanbara Nakadai Mifune Fatalismus


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The American


Anton Corbijn // USA 2010
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Auf dem Land im tiefwinterlichen Schweden erschießt der Auftragsmörder Edward, der auch den Namen Jack benutzt, mehrere Attentäter und seine anscheinend vollkommen unbeteiligte Freundin. Daraufhin flüchtet er mit der Bahn via München nach Rom, um sich mit seinem derzeitigen Auftraggeber zu treffen. Der schlägt ihm vor, für eine Weile in einer abgelegenen Gegend in den Abruzzen unterzutauchen. Edward nimmt einerseits an, widersetzt sich jedoch andererseits den zwielichtigen Vorschlägen seines Auftraggebers. Sein Mißtrauen besteht nicht zu unrecht, wie die Geschichte zeigen wird.

In dem pittoresken Ort Castel del Monte gibt er sich als Landschaftsfotograf aus, während er einen neuen Auftrag annimmt, bei dem er, so sein Auftraggeber, "nicht einmal selbst den Abzug drücken muss". Der Auftrag beinhaltet die Anfertigung eines Präzisionsgewehrs, dessen Bauteile der Untergetauchte nach und nach sammelt. Die Waffe soll dann einer Auftragskillerin ausgehändigt werden - wer das Ziel ihres Auftrags ist, wird sowohl dem Zuschauer wie natürlich Edward relativ schnell klar. Seine Tarnung ist eigentlich ausreichend, aber zwei Personen durchschauen ihn von Anfang an: Zum einen die Prostituierte Clara, in die er sich verliebt, zum anderen ein alter katholischer Priester. Fast scheint es, als könne er seine Vergangenheit aufarbeiten und hinter sich lassen, doch das Ganze endet tragisch.

Ein ziemlich unamerikanischer Film, dem man jeder Einstellung anmerkt, von einem Meisterfotografen dirigiert worden zu sein. Karge Landschaften, die engen Gassen uralter italienischer Ortschaften, die ruhige Erzählweise, wohldosierte Action, ganz schnörkellos ohne jegliche Effekte gedreht. Die Beständige Atmosphäre der Verunsicherung und des Mistrauens, in der von Anfang an das Ende eigentlich klar ist und die Protagonisten sich stoisch ihrem Schicksal ergeben. Wie der Killer seelenruhig an der Anfertigung der Waffe arbeitet, die ihn selbst beseitigen soll, und die Sache dennoch durchzieht. Die Schuldfrage: warum hat er in Schweden eine Unschuldige getötet, und warum beseitigt er nun in Italien seine potentielle Mörderin nicht ebenso skrupellos (die Gelegenheit wird sich ergeben - eine der intensivsten Momente des Films)?

Genial einfache Stilelemente, fast schon klassisch zu nennen: Der Auftragskiller hämmert im Takt der Kirchenglocke an den Waffenteilen. In einem Café wird die Tür just in dem Moment zugeschlagen, als ein entscheidender Schuss in der Fernsehübertragung von Leones Cera una volta il west fällt. Schmetterlinge als Symbol durchziehen die Handlung. Die Bildersprache und Ästhetik von Corbijn ist unverkennbar, jeden moment erwartet man, Depeche Mode auf der Vespa vorbeifahren zu sehen. Was natürlich nicht passiert - die Musik ist von Grönemeyer, was im ersten Augenblick als ziemliche Unmöglichkeit erscheinen mag. Doch die von ihm komponierte Filmmusik ergänzt die Bilder auf nahezu perfekte Weise.

Ein ziemlich altmodischer, genialer, schnörkelloser, wohlkomponierter Film.

Killer Italien Schuld Schmetterling Corbijn Clooney


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Violent Cop


その男、凶暴につき // Sono otoko, kyōbō ni tsuki // KITANO Takeshi // J 1989
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Erster Regiestreich des genialen japanischen Comedians. Der kaputte, unkonventionelle Polizist Azuma (Kitano himself) versucht einem Drogendealer auf die Spur zu kommen. Natürlich gibt es Connections zur Polizei (Fukasaku Reminiszenz). Nebenbei "kümmert" er sich um seine mental beeinträchtigte Schwester. Als ein Kollege, der in den Fall recht tief verwickelt ist, ums Leben kommt, eskalieren die Ereignisse. Berufliches und Privates vermischen sich auf tragische Art und Weise, und am Ende räumt der kaputte Cop entgültig (und in einer wirkich recht fragwürdigen Manier) auf, es ist auch sein Ende. Aber die Welt dreht sich weiter - Nachfolger auf beiden "Seiten" des Gesetzes rücken auf, und es werden weiterin gute Geschäfte gemacht.

Dass Azuma kein braver Cop ist wird schon in der genialen Eröffnungssequenz deutlich: Der Polizist beobachtet unerkannt, wie eine Gruppe Jugendlicher einen Obdachlosen drangsalieren, unabsichtlich töten und dann, als wäre nichts gewesen, nachhause radeln. Anstatt das auf dem offiziellen Weg zu regeln, folgt Azuma einem der Jugendlichen nach Hause, stellt ihn zu Rede und verabreicht ihm eine gehörige Tracht Prügel. Tatsächlich stellen sich die Jugendlichen am nächsten Tag der Polizei, wie von Azuma gewünscht. In einer anderen Szene sind freche Schulkinder zu sehen, die auf einer Brücke leere Dosen auf ein Frachtschiff werfen und den Fahrer beschimpfen. Insgesamt sind diese für die eigentliche Handlung des Films unwesentlichen Szenen ein jedenfalls pessimistisches, aber auch zynisches Statement: offensichtlich kommt "nichts besseres nach", und die Zukunft der Gesellschaft erscheint alles andere als rosig.

Einerseits finden sich im Debut Kitanos schon die für all seine Filme typischen Elemente eruptiver Gewalt und minimalistischer Kameraarbeit. Andererseits muss man den für spätere Arbeiten lakonischen bzw. absurden Humor hier mit der Lupe suchen (Spuren davon sind in der Verfolgungsjagd-Squenz zu finden). Als Lesart drängt sich einem eine Art Fukasaku-Hommage geradezu auf. Gestalterisch bemerkenswert ist die Filmmusik, welche einerseits direkt eines der bekanntesten Stücke des Komponisten Eric Satie covert, andererseits dessen Thema aufgreift und weiter verarbeitet. Ein weiteres Kuriosum: die für die frühen Filme (in etwa bis Sonatine) grassierende Schleichwerbung diverser Zigarettenmarken und Getränkehersteller, die offensichtlich einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Finanzierung der Produktion beigetragen haben...

Alles in allem ein starkes Debut, das aber rückblickend fast schon antiquiert wirkt (die Polizeibüros!) - die späten 80er sind den (japanischen) 60ern und 70ern näher, als etwa ein "postmodernes" Outrage.

Kitano Yakuza Satie