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Jener Sommer, das ruhigste Meer

Noruberutos zusammengewürfelte Bemerkungen zum Film und die damit zusammenhängenden Gegenstände




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Charisma - KUROSAWA Kiyoshi, J 2000



カリスマ

Bei einer Geiselnahme erhält ein Tokyoter Polizist eine seltsame Nachricht: "Stellen Sie die Weltordnung wieder her!". Der Einsatz scheitert, sowohl Geiselnehmer als auch Geisel (ein "Minister") sterben. Der Polizist wird vom Dienst suspendiert und macht sich auf in eine bergwaldige Wildnis, um Abstand zu gewinnen. In der Gegend, in die es ihn verschlägt, gibt es einen seltsamen Baum, genannt Charisma, in dessen Umfeld alle Vegetation abzusterben scheint. Eine Reihe von seltsamen Menschen lebt in dem Landstrich, alle haben ihre scheinbar bestimmte Meinung zu dem Baum.

Der Polizist gerät zwischen die Fronten und wird von den handelnden Personen (einer Gruppe von Umweltschützern / Bodenkundlern, einem eremitischen jungen Mann, der den Baum beschützt, einer Biologieprofessorin und ihrer scheinbar schwachsinnigen Schwester) zu einer Entscheidung gedrängt, auf welcher Seite er denn nun stehe: Ist es der Baum, der schützenswert ist, und gegenüber dem Wald eine Sonderstellung einnimmt, oder ist der Wald das eigentlich Wichtige und der sonderbare Baum der Störfaktor? Es zeigt sich, dass die unterschiedlichen Meinungen dem Baum gegenüber nicht ein für alle mal feststehen, die Handlung nimmt im Fortschreiten eine Reihe von surrealen Wendungen, und am Ende sieht sich der Polizist einer Situation ganz ähnlich wie am Beginn gegenüber...

Dies ist einer jener verrätselten Filme Kurosawas, die weder etwas mit seinen frühen Yakuzafilmen, noch mit seinen eigenwilligen J-Horror Variationen zu tun haben. In einer ganz eigentümlichen, elliptisch inszenierten Weise wird hier eine Art Allegorie auf das Verhältnis Individuum vs. Gemeinschaft, Natur vs. Kultur, bzw. Subjektives vs. Objektives gegeben. Wollte der Protagonist am Anfang des Films allen Beteiligten helfen, blieb aber passiv, so findet er am Ende zu einer Entscheidung, die allerdings auch nicht eindeutig ist. Die Handlung des Films erklärt dabei nichts, es gibt einfach eine Abfolge von Ereignissen, oft aus distanzierter Perspektive und mit spärlicher Kamerabewegung. Von den dargestellten Räumen (abstrakte Wald / Berglandschaft, verfallene Gebäude) erinnert manches gar an die kinematographischen Bilder Tarkowskijs.

Ein Film, der einem zunächst eine relativ einfache Intepretation geradezu aufdrängt, die dann aber doch als allzu einfache Antwort wieder zu verwerfen ist. Ein Film auch abseits des Genrekinos und vielleicht deswegen auch nicht leicht konsumierbar. Aber eben vielleicht gerade deswegen eine lohnende Sache.

Allegorie Dialektik Wald Natur-Kultur Kurosawa K



Very interesting! Gleich mal besorgen! THX!!!
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