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A Real Hero


DRIVE (USA, 2011)


https://www.youtube....h?v=BHgYtKkSEDA


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100%


Nur etwas mehr als eine Handvoll gibt es davon für mich, nur alle paar Jahre erscheint einer: Der vollkommene Film.

Bittersüße Lovestory, blutiges Gemetzel.
Urbaner Rambo in Lost In Translation.

Auf beste Art angereichert mit interpretatorischen Bezügen, die bei jeder Sichtung zur erneuten Entdeckungsreise einladen.
Und so wunderschön: Bildsprache, Soundtrack, Story - absolute Perfektion.

Carey Mulligan mit ihrem Lächeln hat mich dazu gebracht, bei Amazon einen neuen Bestand an zu sichtenden DVDs zu kaufen.

Ich spare an Worten und wiederhole stattdessen einfach nur, was für sich selbst spricht:


100%


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Kleine Morde unter Freunden


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American Psycho (2000) + Hangover (2009) + Je ne sais quoi =

Very Bad Things (1998)


Der Titel ist Programm. Die simple Additionsformel zur Beschreibung der Genremixtur untertreibt zwar, trifft aber zumindest den Nagel eines Reklameschildes auf den Kopf. Lachen darf wunderbar schrecklich, herrlich blutig und fröhlich boshaft sein.

Man muss nicht immer Namen für alles finden, und ich kann auch wenig mit der Definition von "Komödie" anfangen. Wer ernsthaft versucht, den subjektiven Begriff "Humor" allgemeingültig zu erklären, klebt fest im Brei aus methodischer Eitelkeit und darf gerne weiter philosophisch vor sich hin deduzieren. Tumor ist wenn man trotzdem lacht.

Staplerfahrer Klaus, Private Parts und Very Bad Things sind meine drei Lieblinge des komischen Filmes - ich kann es nicht ändern und verteidige mich hiermit präventiv. Falls ich schreiben könnte und Zeit und Muse hätte, so käme jedenfalls eine ähnliche Erzählung wie Very Bad Things heraus. Und: Dasjenige, was dem Zuschauer schon seit Jahrzehnten immer wieder mit der Überschrift "Komödie" angeboten wird, läßt mich in der überwältigenden Mehrheit vollkommen kalt, ich finde es einfach nicht lustig.

Ohne zu spoilern vielleicht noch zwei Anmerkungen: Eine Schlußsequenz hat es selten geschafft, noch derartig "einen drauf zu setzen". Außerdem ist 1998 mit Very Bad Things und Verrückt nach Mary das letzte Jahr, in dem ich Cameron Diaz mochte - sie screwballt in diesem Film, dass es eine wahnsinnig böse Freude ist.

95%


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οἶδα οὐκ εἰδώς, oîda ouk eidōs


1993: Groundhog Day
1995: Twelve Monkeys, Seven
1999: Existenz, The Sixth Sense
2000: Final Destination, Memento
2001: Donnie Darko
2004: Eternal Sunshine Of The Spotless Mind

2004: Butterfly Effect

Es gibt Filme, die zwar mit jeder Sichtung besser werden, bei denen man sich jedoch die 100% - Bewertung irgendwie immer zurückbehält, aber sich zugleich sicher ist, dass man diese beim nächsten Mal ziehen wird.

Meine größten Probleme mit Butterfly Effect bleiben weiterhin bestehen: Für einen skeptischen Realisten wirkt erstens der Grundansatz – das Konzept der aktiv herbeigeführten mentalen Zeitreise - einfach zu hanebüchen. So verlieren an und für sich ziemlich makellose Streifen wie etwa auch Eternal Sunshine of the Spotless Mind für meinen Geschmack gleich mal 20% vorweg, weil sie Fantasie und Tolerierung des Surrealen zu sehr strapazieren und sich unangemessen in Absurdität bewegen. Zweitens bereitet mir die Krampfhaftigkeit der Bezugnahme auf die Chaostheorie Schmerzen, besonders wenn der Holzhammer derart plump zuschlägt und dem Zuschauer die Möglichkeit elementarer Eigeninterpretation vorenthält – in diesem Sinne zu sehr Mainstream, der einen durchaus wohlschmeckenden, global gleichgeschalteten Burger zielgruppenorientiert serviert.

Andererseits: Natürlich gibt es Dinge, Situationen und Menschen, bei denen man ohne nennenswerte Mühe über so manch Störendes hinwegsehen kann, wenn andere positive Faktoren einem ungleich stärker ausgeprägt vorkommen, extrem überwiegen und man schließlich gar nicht mehr weiß, wie man all diese geschätzten und gemochten Eigenschaften angemessen würdigen kann. Butterfly Effect verdient sich jedenfalls von Alpha bis Omega eine solch enorme Quantität an Superlativen zu seiner über weite Strecken virtuosen Qualität, dass ich an dieser Stelle unzählige Seiten damit füllen könnte. Ich erspare es uns.

Regelkreis, trial and error, zyklische Gruppe, SSD - Memory, Schleife, Möbiusband, Fraktal, Paradoxon. Für Logistiker übrigens zeichnen sich gute Prozessnetze trotz hoher Komplexität, fein abgestimmter Präzision und bei aller verspielter Eitelkeit aus durch Solidität, Klarheit, und Unauffälligkeit.

Davon abgesehen gelingt strukturell und narrativ auch noch der besondere Kunstgriff, die Gesamtfärbung des Filmes durch alternative Enden zu verändern, wobei bei beiden im Kern ein Selbstopfer steht. Die ursprüngliche Schlusssequenz des Director's Cuts ist angefüllt mit auswegloser Verzweiflung, die Selbstauslöschung ist pessimistisches Eingeständnis und Resignation am Nullpunkt, am Urknall des Seins - erinnert mich außerdem entfernt an christliches Märtyrertum. Kalt und düster ist dieses Sich-Ergeben-Müssen, diese Machtlosigkeit gegenüber zwingendem Schicksal, das trotz ehrlicher Anstrengung, uneigennütziger Unterwerfung und guten Handelns stets final in eine vorgezeichnete Katastrophe münden muss.

Hingegen ist die zweite Variante für mich die bessere, optimistischere, sie lässt zukünftige Optionen als unbestimmte Ereignisse in der Raumzeit zu, Wünsche können in Erfüllung gehen, freie Wahl bei freiem Willen. In diesem Indeterminismus liegt trostvolle Zuversicht. Das menschliche Streben ist nicht Irrung, sondern Chance. Der Verzicht, das Opfer, führt zur Belohnung in Form neuer sich ergebender Möglichkeiten, des edle Individuum kann durchaus aktiv durch Wahl bestimmter Weggabelungen mitbestimmen. Davon abgesehen besitzt diese Variante meiner Meinung nach viel mehr filmische Kraft: Zeitlupe, Nahaufnahmen und das perfekt stimmige "Stop crying your heart out“ von Oasis - wirklich sehr gelungen und schön.

Für den physikalischen Urknall gilt die Unschärferelation, an der der Mensch mit seinen natürlich designten Kausalitätsverschaltungen versagen muss. Fast so, als ob jemand etwas versteckt und jeglicher Einsicht entzieht. Abiogenese, genetische Codierung und Evolution lassen die Hintertür des zielgerichteten Kreationismus einen großen Spalt offen, und es gibt da tatsächlich diese kleine, feine und sehr verdächtige Asymmetrie in der Annihilation. Interdependenz, Quantenschaum, Wahrscheinlichkeit, Optionalität, Multiversum, Stringdimensionen – eine wahre Freude, wie das vereinfachte, konsumentenfreundliche Dominospiel in Butterfly Effect zu so viel mehr führen kann, und noch weit darüber hinaus.

Wer weniger Metaebene mag oder sieht, findet dennoch eine reichhaltige Gedankenwelt: Die Eigenbetrachtung als Person, die sich auf Durchgangsbahnhöfen des Lebens befindet. Welche Züge führten und führen wohin? Welches Gleis, welche Weiche, wo ist der scheiß Fahrplan? Wäre man damals nicht besser in einen anderen Zug eingestiegen? Wo ist die aktuelle Zielstation, gibt es die überhaupt, und wie oft muss man noch umsteigen oder Verzögerungen hinnehmen auf dem Weg dorthin?

Ich bin mir eigentlich sicher, dass ich beim nächsten Mal die Höchstnote für Butterfly Effect ziehen werde.

90%.


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Hold up
Hold on
Don't be scared
You'll never change what's been and gone
May your smile (may your smile)
Shine on (shine on)
Don't be scared (don't be scared)
Your destiny may keep you warm

Cause all of the stars
Are fading away
Just try not to worry
You'll see them some day
Take what you need
and be on your way
and stop crying your heart out

Get up (get up)
Come on (come on)
Why're you scared? (I'm not scared)
You'll never change what's been and gone

Cause all of the stars
Are fading away
Just try not to worry
You'll see them some day
Take what you need
and be on your way
and stop crying your heart out

Cause all of the stars
Are fading away
Just try not to worry
You'll see them some day
Just take what you need
and be on your way
and stop crying your heart out

We're all of us stars
We're fading away
Just try not to worry
You'll see us some day
Just take what you need
and be on your way
and stop crying your heart out

Stop crying your heart out (x3)


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It's better to burn out than to fade away.


It's better to burn out than to fade away. Drei DVDs, die ein, zwei Jahre in Ihrer Verpackung ungeöffnet im Regal zubrachten, waren gestern endlich befreit und bereit zur Sichtung. Die Filme entstammen und handeln in der gleichen „Epoche“ und nehmen im Prinzip das gleiche Sujet auf, ihr Kontext ist ein spezifisches Lebensgefühl.

Erscheinungsjahr 1992: Singles
Erscheinungsjahr 1994: Reality Bites
Erscheinungsjahr 1996: Beautiful Girls

Generation X an der Schwelle zum Digital Native auf der Suche nach (dem) Platz im Leben

Alle drei Filme werden durch jeweils durch Freundschaft und/oder Liebesbeziehung verknüpfte Gruppen getragen, die Figuren sind alle im Alter von etwa 20 bis 30 Jahren.

Ich selbst bin Baujahr 1978.


***


Was war das für ein Lebensgefühl, was war mein erlebtes Lebensgefühl, und aus welcher Perspektive betrachte ich diese drei Filme? Was muss eine kunstvolle Erzählung in bewegten Bildern, die Soziokultur und die Suche des Individuums nach der eigenen Rolle bei wachsendem Erkenntnishorizont abbildet, liefern?

Von einer solchen Collage erwarte ich, dass sie tatsächlich als Mosaik funktioniert und mir ein schlüssiges, nachvollziehbares Gesamtbild liefert. Was bewegt das Denken und Fühlen der Figuren? Welche Gruppennorm findet Anwendung, und warum? Welche Plakate hängen an Wänden, welche Musik kommt aus dem Radio? Wie sah ein Büro aus, welche Autos fuhren auf den Straßen? Welche Sorte Weltschmerz gab es, was waren Hoffnungen und Perspektiven? Wie roch es in Supermärkten? Wo und wie lernten sich Paare kennen? Welche Farben hatten Müllautos? Was wurde an Schulen und Unis gelehrt und geleert, was war der Stand der Technik und des Wissens? Wie funktionierte damals die Blackbox Mensch, was waren spezifische Schlüsselreize, welche Verschaltungen waren gesellschaftlich vorprogrammiert? Was war warum für wen welcher Dresscode und/oder sonstiges expressionistisches Medium? Wer war auf der Titelseite von Zeitungen und Magazinen? Wer war im Kino zu sehen und welche Bücher standen in den Bestsellerlisten? Was kostete ein Burger? Welche populären Personen starben? Welcher Äther umgab die Menschen? Welche Nebensächlichkeiten waren wichtig? Wie war das Kollektivbewusstsein strukturiert?

Nevermind von Nirvana (in meinen Top 5) erscheint Ende 1991 und läutet das Grunge-Zeitalter ein, die europäische Einigung schreitet voran, Saddam überfällt Kuwait. Cobain wird 1994 erschossen aufgefunden. Tim Berners-Lee macht am CERN im August 1991 das WWW verfügbar. Mobiltelefone können als Schlagstock verwendet werden, ein Pentium P75 ist 1995 High End, Schreibmaschinen und Karteikarten verschwinden und Yuppies fahren gepimpte Golf's und BMW's.

Die Neue Deutsche Welle versandet endgültig am Strand der Neomoderne, auf dem die Loveparade tanzt. MTV und Baywatch wird zum Hintergrundprogramm während der Hausaufgaben. David Hasselhoff pilotiert sein Wunderauto durch den Vorabend. 21 Jump Street, California Clan, Beverly Hills 90210. HIV, Homosexualität, Hysterie. Sexuelle Evolution. Emanzipationsbewegung, Riot Grrl!, Post-Punk. Popkultur, knallbunte Leuchtreklamen, Fernsehwerbung. Konsum, Kommerz und Materialismus als liberalistische Dogmen verdrängen offenbar Ethik und Humanismus. Gott verschwindet, Bulle und Bär nehmen seinen Platz ein. Manfred Krug macht Fernsehwerbung für die Volksaktie. Das menschliche Genom wird verstanden. In den USA wird Rodney King 1991 zusammengeknüppelt, in L.A. ist der Teufel los. Sanyika Shakur veröffentlicht 1993 seine Biografie Monster: The Autobiography of an L.A. Gang Member. Die 68-er etablieren sich im Bundestag. Nelson Mandela wird 1994 mit dem Ende der Apartheid Präsident. Kohl hat uns 16 Jahre lang irgendwie beruhigt. 1995 wird man zum ersten Male auf die Wachowskis aufmerksam, sie schreiben das Drehbuch zu Assassins. 1991 werden mit Terminator 2 neue Maßstäbe gesetzt. 1993 fasziniert Jurassic Park. 1991/1992 strahlte RTL die Serie Twin Peaks aus. Lady Diana Frances Spencer stirbt 1997. Bei meiner ersten Bundestagswahl mache ich tatsächlich ein Kreuz bei der FDP - wahrscheinlich war ich vorher saufen, eine andere Entschuldigung habe ich nicht.

Viel Gelaber: Aber ich will einfach genau diese Schwingungen registrieren, wenn ich mir einen Film mit solcher Bezugnahme auf konkreten zeitlichen Kontext anschaue. Die kleinen oder großen wellenartigen Auswirkungen ausgehend von Realereignissen zur Echtzeit, und was sie für Individuen und Sozialgebilde bedeuten.

An der Stelle bereits hat einer der drei Filme kolossal versagt, weil es an allen Ecken und Enden fehlt. Lieblos, kaum Details, ohne echte Bezüge, ohne Identitäten und ohne Persönlichkeit: Beautiful Girls. Oberflächlich wäre ein Kompliment, profillos ein Euphemismus. Der Film berührt mich nicht, er zeigt mir nichts, verbleibt ohne die Einladung zum Nachvollziehen und Hineinversetzen. Im Bilderrahmen lediglich eine weiße Leinwand mit verwischten Strichmännchen. Belanglos.

Positiv zu beeindrucken vermag hingegen Singles. Es ist tatsächlich alles so, wie man es sich wünscht. In den Wohnungen hängen Plakate und Poster, die vermitteln und Aussagen treffen. In den Straßen und Clubs sieht es aus, wie man es vermutet. Jede Figur passt visuell, man kann erkennen und verstehen. Und mal ehrlich: Ein Film, der bereits in den ersten Minuten Alice In Chains auf der Bühne spielen lässt, hat eigentlich schon ab diesem Zeitpunkt gewonnen. Jepp - genau das ist wohl Seattle, Grunge, das ist eine fühlbare Subkultur. Der Soundtrack übrigens ist mit das Beste, was wohl jemals abgeliefert wurde, denn da sind neben AIC auch noch solch prägende Bands wie Soundgarden, Pearl Jam, Mudhoney und The Smashing Pumpkins vertreten. Grandios!

Reality Bites erfüllt die Anforderungen in diesem Zusammenhang in durchschnittlicher, solider Weise. Ich erkenne und vollziehe nach, wo und wann die Geschichte angesiedelt ist, und ich kann so manchen Einfluss des allgemeinen Kontextes auf die Figuren entdecken. Aber mehr ist da nicht. Ein atmosphärischer Handlungshintergrund entsteht nicht, da fehlt einfach noch eine Portion Seele.

In meinen Jugendjahren ging es intensiv, umtriebig, abwechslungsreich und manchmal katastrophal zu. Wir haben versucht, soviel wie möglich vom Leben mitzunehmen und die notwendigen Fehler zu machen. Tiefen, Höhen, dazwischen Pulsieren einer Sinuskurve. E = h * f. Rendezvous mit Liebe und Tod. Seltsame Bekleidung, seltsame Frisuren. Wir fühlten uns seltsam, benahmen uns seltsam und um uns herum war es seltsam. Erfahrenes ist dasjenige, was den Nährboden für Reflexion düngt, und somit auch die Auseinandersetzung mit Film beeinflusst. Es sind individuelle Ereignisse und Stationen, die Menschen formen. Kleine oder große Niederlagen, Schmerz und manchmal Siege. Es sind Erfahrungen und Denkmuster, die Charaktere ausmachen. Erst das verleiht Figuren Substanz und macht ihre Interaktion verständlich, erfühlbar, mitdenkbar. So werden Protagonisten mit Leben gefüllt.

Voll das Leben – Reality Bites. Trifft es ziemlich genau auf den Kopf. Ein paar flüchtige Happen gibt es wirklich, das kann man nicht leugnen. Immerhin genug, um zumindest eine Skizzierung zu generieren. Aber der Anspruch des Films selbst war sicher ein anderer. Hat aber meiner Meinung nach nicht geklappt. Als Folgeerkrankung leiden die Handlungsstränge, die Beziehungen und Verbindungen der Figuren untereinander verbleiben im Seichten.

Schlimmer sieht es bei Beautiful Girls aus. Man fragt sich die ganze Zeit über: Was machen die da überhaupt? Warum? Wer sind die eigentlich? Woher, wohin? Für mich sieht das nach krampfhaft zusammengebastelten, eindimensionalen, unerfahrbaren Figuren in angestrengt konstruierten Konstellationen aus. Das liegt nicht nur an Drehbuch und Regie, da stimmen noch ganz andere Faktoren überhaupt nicht. Fast bin ich geneigt, selbst GZSZ mehr Tiefe als diesem Film zu bescheinigen.

Über weite Strecken überzeugen kann hierbei Singles. Zwar verliert sich die Charakterzeichnung manchmal in klischeehaften Abziehbildern und auch Unzulänglichkeiten in der interpersonellen Darstellung sind nicht von der Hand zu weisen, aber immerhin: Der Zuschauer gewinnt durchaus einen umfassenden Eindruck von den Figuren und wird sehr wohl in die Lage versetzt, konkrete Empathie zu erlangen und Sympathie zu entwickeln. Der berühmte Funke will aber nicht so ganz überspringen.

Es geht darum, was uns antreibt, wie uns das beeinflusst, zu bestimmten Handlungsweisen führt, und wie dies von Lebensphase zu Lebensphase wechselt. Es geht in den drei Filmen darum, in einer bestimmten Phase des noch jungen Lebens die Ist-Situation zu analysieren, den weiteren Weg vorzuzeichnen und zu gehen, seinen Platz zu finden, Bindungen einzugehen oder zu lösen und sich im Zeitverlauf zu stabilisieren. Es geht um Zwänge im Jetzt und um Perspektive für Zukunft, um Angst, Druck, Freude, Liebe, Trauer. Es geht um Individualität wie auch um Kollektivität, um die Einzelperson auf der Theaterbühne der Welt und zugleich um Zugehörigkeit, um Gruppenzusammenhalt - als Anker und als Begleitung über Umwege, durch Irrgärten und auf Odysee durch Hochs und Tiefs.

Wie bereits zu erwarten war, finde ich auch hier wieder Beautiful Girls mies. Ich verstehe nicht, was die Figuren sich da abhalten, was sie wollen und was nicht, was sie erfreut, beängstigt, abschreckt oder ermutigt. Es interessiert mich bei diesem Film eigentlich auch überhaupt nicht. Das Abfilmen von farblosen Pappaufstellern hätte für mich zum gleichen Resultat geführt. Vollkommen redundant.

Innere individuelle Konflikte, gruppeninterne Konflikte, massive Ungleichgewichte und multipolare Verteilung zwischen und von Charakteren, Schwanken zwischen Optionen, Verfolgen von unrealistischen Wunschträumen, Furcht vor Konsequenzen der eigenen Handlungen und mangelnder Mut, Entscheidungen tatsächlich nachdrücklich zu realisieren, Dinge durchzuziehen. Unsicherheit auf der einen Seite und wachsende Selbstsicherheit auf der anderen. Erwartungen, Anforderungen und Wege, selbige zu erfüllen, aber auch Überforderung und schmerzhafte Selbsteingeständnisse. Verantwortung, Bekenntnis, aber auch Ignoranz, Feigheit und Verschenken von Potential und Chancen. Und natürlich immer wieder die Dualität der Geschlechter. Unüberbrückbarkeit, distanzlose Nähe, Leid, Leidenschaft.

Das alles filmisch zu stemmen und dabei auch noch die Zielgruppe im Auge zu haben, ist wahrhaftig schwierig. Ansatzweise und akzeptabel gelingt dies Reality Bites, etwas besser funktioniert es in Singles. Man muss diese beiden Filme nehmen als sympathische Unterhaltung mit Identifikationspotential, die menschlich tangieren zu vermag, nicht jedoch wie ein sezierendes Lehrstück mit zentraler moralischer Ambition und philosophischer Untiefe.


***


Singles: 65-70%
Geht in jedem Falle durch als Fotografie und Zeitdokument mit künstlerischem Anspruch sowie unaufdringlichem Humor; alleine der Soundtrack überwiegt schon so manche Schwäche. Werde ich mir bei Gelegenheit wieder anschauen, es gibt noch was zu entdecken.

Reality Bites: 50 %
Kultstatus kann ich nicht nachvollziehen; ein gutes Portrait einer Generation muss einfach mehr liefern.

Beautiful Girls: 20%
20% noch, weil man sich ja Bewertungsspielraum nach unten lassen muss.




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