"Geht doch gut."
Sein letztes Rennen ~ D 2013
Directed By: Kilian Riedhof
Nachdem seine Frau Margot (Tatja Seibt) mehrfach binnen kürzester Zeit zusammengeklappt ist, legt man Paul Averhoff (Dieter Hallervorden) und ihr nahe, doch ins Seniorenheim zu gehen. Dort nimmt sich vornehmlich die junge, einsame Therapeutin Müller (Katharina Lorenz) der alten Menschen an und strukturiert ihr Programm gerade so einfallslos, wie die Konvention es gestattet. Paul, ehemals ein weltberühmter Läufer, weigert sich, seinen Alltag in solch trister Weise zu begehen und nimmt sich stattdessen vor, sich selbst und den anderen ein letztes Mal zu zeigen, was er kann und den Berlin-Marathon zu laufen. Was zunächst mit ungläubgem Staunen und Kopfschütteln quittiert wird, entwickelt sich bald zum festen Lebensziel, wenngleich es unter schweren Verlusten angegangen werden muss.
"Man ist so alt, wie man sich fühlt". Oder sich gibt, sich präsentiert. Dem Interview mit Dieter Hallervorden auf der Blu-Ray nach zu urteilen ist der Mann, der da zum Gespräch gebeten wurde, jener Weisheit zufolge vielleicht halb so alt, wie es in seinem Ausweis steht. Unglaublich, dass ein Mann dieser - nummerischen - Jahre und Lebenserfahrung noch so unverbraucht und unverkrampft aus dem Nähkästchen plaudert. Wenn alt werden
so aussieht, dann möchte ich das auch. Paul Averhoff, der Mann, dem Hallervorden in "Sein letztes Rennen" mit stiller Hingabe und wenig Worten eine ganze Biographie einhaucht, ist deutlich älter als der ihn darstellende Schauspieler, so viel ist sicher. Hier und da ein wenig kauzig, allerlei Tütteligkeiten und Sperenzchen pflegend, weiß er, dass er sich im (von Riedhof auch filmisch wunderhübsch illustrierten) Herbst seines Lebens befindet, leugnet ein wenig, dass es seiner Margot täglich schlechter geht und vielleicht auch, dass er tatsächlich selbst zum "Alten Eisen" zählt. Was ihm letztlich den entscheidenden Auftrieb gibt, ist die Tatsache, dass er sich aller Erwartungen und Rollenkonventionen zum Trotz schlichterdings nicht damit abfindet. Averhoff geht bzw. läuft unverdrossen seinen Weg und wird dafür belohnt, mit Freundschaft, Ehrerbietung und neuem Familienglück - ganz unsentimental, ganz realistisch. Und Regisseur KIlian Riedhof ist ein großer Film über das Altwerden in Würde gelungen, mit einem Hallervorden, der im Kino vielleicht noch nie so gut war.
8/10
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