"These two guys were the greatest salesman of their era!"
Electric Boogaloo: The Wild, Untold Story Of Cannon Films ~ AU/USA/IL/UK 2014
Directed By: Mark Hartley
Nach den bunten Kinoauswüchsen, die Australien und die Philippinen in den siebziger und achtziger Jahren getrieben haben, widmet sich Mark Hartley in seinem jüngsten Projekt der von den beiden israelische Vettern Menahem Golan und Yoram Globus gegründeten Independent Verleih- und Produktionsfirma "Cannon Films", deren Entwicklung sich in synoptischer Form freilich selbst ausnimmt, wie ein Filmmärchen. Ungeachtet der wahrhaft illustren Vielzahl von Interviewpartnern, die Hartley für seine Dokumentation auftreiben konnte, muss ich "Electric Boogaloo" leider attestieren, die Sujetliebe, die beim Autoren noch in seinen beiden "Pazifik-Film-Choniken" zu spüren war, diesmal zu vernachlässigen. Sicherlich hat eine Dokumentation nicht die zwingende Aufgabe, reine fanbase widerzuspiegeln oder sich tendenziös auszunehmen; sie sollte jedoch ebensowenig sardonisches Naserümpfen und Häme transportieren. Für mich und viele andere Menschen meiner Generation als buchstäbliche Kinder der Achtziger hat die Cannon eine Vielzahl der schönsten, mit denkbar warmherzigen Erinnerungen verbundenen Kino- und Video (kurz: Film-)erlebnisse hervorgebracht und wenn der wirtschaftliche Niedergang des Betriebes mit seinen drei spektakulär verkalkulierten Megaflops
"Over The Top",
"Masters Of The Universe" und "Superman IV: The Quest For Peace" belegt wird, da hämmerte es empört in mir: "Gottverdammt, ich habe damals meine Schuldigkeit und mir alle drei im Kino angeschaut - "Over The Top" sogar gleich zweimal!"
Hartley gefällt sich vor allem darin, Golan und Globus immer wieder altklug der Lächerlichkeit preiszugeben und Zeitgenossen zu interviewen, die mit den beiden rückblickend gnadenlos abrechnen (oder zumindest die Montage entsprechend wirken zu lassen). Vor allem die befragten Damen - Bo Derek, Laurene Landon, Martine Beswick und einige mehr, allesamt sichtlich verwelkt - ereifern sich durchweg, auf das teils Unangenehmste ausgebeutet worden zu sein, doch auch Autoren und Regisseure beklagen die oftmals unprofessionelle Schnellschuss-Atmosphäre hinter den Kulissen. Wahnsinnszeug wie "The Apple", "America 3000" oder "The Forbidden Dance" wird zur Unterstreichung der immer wieder suggerierten These, die Cannon habe ausschließlich shlock fabriziert, herangezogen; die "künstlerische Erweckungsphase", welche immerhin veritable Meisterwerke wie "Love Streams" oder
"Barfly" hervorgebracht hat, wird (mit Ausnahme von "Runaway Train") als eine Art unfälliger Wurmfortsatz des zusehends anwachsenden Kontrollverlusts der beiden Herren abgestempelt. Ganz so einfach war's dann wohl doch nicht. Zugegeben: die Anekdote, in der Golan dem knapp gebuchten Film-Orang-Utan Clyde das Exposé von "Going Bananas" erklärt, ist schon sehr witzig. Immerhin lobt der rührend gebrechliche Franco Zeffirelli, der von Golan und Globus seinen "Otello" beschirmen ließ und diesen für sein absolutes Meisterwerk hält, die Vettern über den grünen Klee. Das brauchte "Electric Boogaloo" dann auch dringend!
Am Schluss setzt Hartley dann noch etwas höhnisch und implizit nach, dass Golan und Globus sich selbst nur deshalb nicht selbst geäußert hätten, weil sie seine Idee gestohlen haben und nun selbst dabei seien, mit "The Go-Go Boys" eine Dokumentation über Cannon in die Wege zu leiten. Das erklärt Manches.
Abgesehen allerdings von meiner zugegebenermaßen recht persönlich gefärbten Pikiertheit fand ich das Teil aber nicht übel.
7/10
Mark Hartley Brett Ratner Cannon Menahem Golan Tobe Hooper Albert Pyun Gary Goddard Franco Zeffirelli Pete Walker Just Jaeckin Film Kino Michael Armstrong