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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0



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L'UMANOIDE (Aldo Lado/I 1979)


"Golob go. Bar-bra... my friend." - "Now I know there's hope."

L'Umanoide (Kampf um die 5. Galaxis) ~ I 1979
Directed By: Aldo Lado

In ferner Zukunft: Der böse Lord Graal (Ivan Rassimov) befreit sich aus seinem Weltraum-Gefängnis und nimmt Kurs zur Erde, die in Äonen den Namen 'Metropolis' trägt. Dort regiert Graals Bruder (Massimo Serato) mit gütiger und gerechter Hand; etwas, was der Lord auf den Tod nicht erträgt. Darum will er Metropolis erobern. Ihm zur Seite stehen die laszive Lady Agatha (Barbara Bach) und der diabolische Dr. Kraspin (Arthur Kennedy). Letzterer hat eine Maschine erfunden, mit der man Menschen zu willenlosen, dafür jedoch superstarken und unbesiegbaren Zombies - Humanoiden - umformen kann. Erstes Opfer jener Maschine wird der freundliche, aber riesige Raumfahrer Golob (Richard Kiel). Die hübsche Barbara Gibson (Corinne Clery), ihr kleiner, geheimnisvoller Schüler Tom Tom (Marco Yeh) und der tapfere Nick (Leonard Mann) erreichen es jedoch, Golob zu überreden, ein nettes Monster zu werden und ihnen beim Kampf gegen Graal zu helfen.

Yikes! Hier haben die Italos sich in ihrem liebenswerten Plagiierungswahn, der zur Zeit der Spätsiebziger bekanntlich in schönster Blüte stand, nach Luigi Cozzis "Starcrash" gleich nochmal vorgeknommen, den Lucas zu hauen und entsprechend halluzinogenes Wurstbrät aus dem Wolf gezogen. Man muss sich das einmal vergegenwärtigen: Eine mit heißester Nadel gestrickte, gnadenlos zusammengeklaute SciFi-Geschichte, teils peinlichst geklöppelte Plastikminiatureffekte, gleich drei Stars aus den letzten beiden (nebenbei supererfolgreichen) Bond-Filmen, ein abgeschobener, tattriger Hollywood-Suff-Senior, dazu die Italo-Grandseigneurs Rassimov und Serato; ein obskurer, chinesischstämmiger Kinderdarsteller im Judodress als heimlicher Superheld (der bei Bedarf zwei Lichtpfeile abschießende Mumienengel aus dem Orkus herbeirufen kann) und Kip, der Robohund. Richard Kiel als Titelheld, die Wüste Negev als Außendrehort. Hinter der Kamera unter anderem Lado, Castellari, Margheriti, De Rossi und Morricone mit seinem mutmaßlich miesesten Film-Score. Dass all das in Kombination nichts anderes als hinhauen muss, steht außer Frage. "L'Umanoide" ist ein buchstäblich unglaublicher Streifen, der in seinem kompromisslosen Selbstverständnis vortrefflich dazu taugt, Zeitgenossen, die glauben, sie könnte nichts mehr erschüttern, mit offenem Mund zurückzulassen. Als Kind habe ich Lados Film geliebt und jetzt weiß ich auch wieder, warum: Es bedarf eines allem aufgeschlossenen, kindlichen Weltverständnisses ohne die ewigen, misstrauischen Hinterfragungszwänge des Wachstums und vor allem gesegnet mit der unwiederbringlichen Fähigkeit, alles widerspruchslos hinzunehmen. In dessen güldenem Besitz kann man sich in "L'Umanoide" noch bedingungslos hineinfallen lassen oder es als Erwachsener zumindest gerinfgfügig reaktivieren. Gestern habe ich mich manchmal wieder gefühlt wie ein Sechsjähriger. Dass da ein paar italienische Schlitzohren versuchten, mit lauwarmer Käsepizza 'ne schnelle Lira zu machen, war mir indes egal.
Ein dreifach' Hoch auf Golob, Kip und Tom Tom!

6/10

Aldo Lado Enzo G. Castellari Antonio Margheriti Zukunft Trash Europloitation mad scientist


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THE BAY (Barry Levinson/USA 2012)


"We're all gonna die."

The Bay ~ USA 2012
Directed By: Barry Levinson

Die in der Chesapeake Bay gelegene Kleinstadt Claridge lebt vornehmlich von zwei Hauptwirtschaftspfeilern: Dem Tourismus und der Hühnerzucht. Als die Nachwuchsreporterin Donna Thompson (Kether Donohue) zum 4. Juli ein kleines Feature zu den üblichen Nationaltagsfeierlichkeiten anfertigen will, ahnt sich nicht, welches Grauen Claridge an diesem Tag bevorsteht: Die mit den Tonnen von Hühnerkot ins Meer abgeleiteten Steroide haben nämlich eine winzige Seeassel-Art zu einem aggressiven Räuber mutieren lassen, der seine Opfer als Larve befällt und sie dann binnen Stunden innerlich aushölt. Nach Abertausenden von Fischen in der Bucht nehmen sich die kleinen Parasiten nun die Menschen von Claridge vor...

Und zum Abschluss nochmal Unerwartetes von Barry Levinson - leider jedoch unerwartet Submediokres, das nicht eben dazu angetan ist, seinen doch eher positiv konnotierten Ruf zu zementieren. "The Bay" macht sich das formale Mittel des 'embedded filming' zunutze, indem er eine sich aus unterschiedlichen Materialquellen speisende Mockumentary über die Ereignisse in Claridge am und nach dem 4. Juli vorstellt. Im Zentrum stehen dabei die Erlebnisse der Journalisten Donna Thompson, die gefühlt nahezu jedes ihrer fiktiven Interview-Schnipsel mit einem Satz Marke "If I just had known before what awaited me there..." einleitet. Leider vermag sich Levinson nicht recht zu entscheiden, ob er nun eher einen "ernstzunehmenden" Katastrophen- und Seuchenthriller in der Tradition von "The Crazies" oder "Outbreak" vorzulegen wünscht oder doch eher campig angehauchten creature horror (ein Ansatz, der den Film womöglich hätte retten können). Dann scheint es jedoch immer wieder, als besönne sich Levinson auf seine Wurzeln als "Qualitätskinomacher", dessen Renommee ein allzu ausgewalzter blutiger Wahnsinn dann vielleicht doch eher nicht gut bekäme. In diesen Momenten, die die wenigen wirklich mitreißenden quantitativ hoffnungslos überragen, merkt man Levinson einerseits an, dass er schlichtweg Schiss hatte, konsequenter zu werke zu gehen und dass er andererseits einfach nicht der richtige Mann ist für diese Art Film, s. auch "Sphere". Möge er sie künftig der Einfachheit halber doch bitte anderen überlassen.

4/10

Barry Levinson embedded filming Mockumentary Kleinstadt Maryland Monster Seuche Tierhorror Parasiten


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INTERSTELLAR (Christopher Nolan/USA, UK, CA 2014)


"Mankind was born on Earth. It was never meant to die here."

Interstellar ~ USA/UK/CA 2014
Directed By: Christopher Nolan

Die Zukunft: Der Planet Erde wendet sich schlussendlich gegen seinen todbringenden Virus - die Menschheit. Die Nahrungsmittel werden zusehends knapper, nur noch besonders resistente Feldfrüchte wie Mais können überhaupt angebaut werden und etliche Jugendliche werden zu Farmern zwangsausgebildet. Dennoch sorgen Dürre und Sandstürme immer wieder und überall für verheerende Ernteeinbußen. Durch einen augenscheinlichen Zufall stoßen der Ex-Ingenieur Cooper (Matthew McConnaughey) und seine aufgeweckte Tochter Murph (Mackenzie Foy) auf einen Hinweis, der sie in die Wüste führt. Dort stoßen sie auf ein im Geheimen operierendes NASA-Team unter dem Astrophysiker Brand (Michael Caine), das bereits seit Jahren an Plänen zur Evakuierung der Menschheit gen Weltall arbeitet. Kurzerhand wird Cooper auserkoren, mit drei Crewmitgliedern und einem Roboter einen Raumflug zu begehen, der sie durch ein Wurmloch in der Nähe des Saturn in eine andere Galaxie führt, wo es lebensfreundliche Welten geben soll. Die entsprechenden Daten hätten frühere Pioniere wie der Astronaut Mann (Matt Damon) bereits vor längerer Zeit übersandt. Um seine Kinder retten zu können, nimmt Cooper den Auftrag an - im Wissen, dass die Zeit im All für ihn und seine Crew sehr viel langsamer vergehen wird als auf der Erde.

Wenn ein neuer Nolan angekündigt wird, sinkt die globale Filmgemeinde ja bereits vorab ehrfürchtig zur Anbetung auf die Knie. Wer mich kennt, weiß, dass ich den Mann nicht nur überaus unsympathisch finde, sondern seinen Filmen auch mit steter Skepsis begegne, die sich dann im Nachhinein doch immer halbwegs relativiert, weil Nolans Filme hinter all ihrer Egozentrik und dem penetranten Autogewichse ihres Meisters eigentlich ganz okay sind. Im Falle "Interstellar" muss ich sogar sagen: deutlich besser als ich angenommen hatte und bei aller üblichen Behaftung mit den mir unangenehmen Facetten, ohne die ein Kino-Abgott Nolan eben längst nicht mehr kann, ein patenter SciFi-Film. In audiovisueller Hinsicht ist "Interstellar" zunächst einmal über jeden Zweifel erhaben. Die grandiosen Weltraum-Impressionen drücken einen in den Sitz, hier und da kommt etwas Spannung auf und die ausgedehnte Erzählspanne erlaubt diverse Wendungen und Plotkniffe, die besonders dann ihre Wirkung entfalten, wenn man sich vorab möglichst wenig über den Film informiert hat. Doch auch etliche Schwächen machen sich breit, etwa hinsichtlich der laut und dick vor- und aufgetragenen Message des Films: Liebe und nichts als Liebe kann die Menschheit vor ihrem selbst herbeigeführten Ende retten! Wenn ein furztrockener Technokrat wie Nolan, der Film gern mit Mathematik verwechselt, so etwas behauptet, dann wird es albern. Überhaupt die sich unmissverständlich als warnender Zeigefinger gerierende, pralle Öko-Message des Films: viele andere hätten sie effektvoll vermitteln mögen, mit seiner gezielt unbeteiligten, resignierten Inszenierung des nahenden Endes bleibt sie in "Interstellar" bloß Behauptung: die Erde ist am Arsch, die Menschheit zum baldigen Hungertod verdammt, es ist zu spät. So what? Selbst schuld. Und gut. Ein bisschen wenig "shocking", n'est-ce pas?
Dann der mittlerweile notorische Matthew McConnaughey. Okay, der Typ ist derzeit der heißeste Scheiß am Platze, aber wäre nicht gerade das ein Grund, mal auf ihn zu verzichten? Vielleicht beim nächsten Mal. Schließlich die Ambition des Films: Er will mit allen Mitteln große space opera sein, die dereinst mit den Großen des Genres in einem Atemzug genannt werden soll: "2001: A Space Odyssey", weder das bescheidenste, noch das unoffensichtlichste Vorbild, schimmert aus allen Winkeln, Nischen, Ecken, Lücken. Dass soviel unverhohlene Anbiederung eigentlich das Gegenteil bewirken sollte, scheint die Nolan-Gemeinde noch nicht gewahr worden zu sein. Aber gut. Von all den kleinen und großen Fettnäpfchen, bei denen Christopher Nolan gar nicht anders kann, als mitten rein zu treten, weil er eben Christopher Nolan ist und sie für sich persönlich gepachtet zu haben scheint, abgesehen, bietet "Interstellar", dies sei nochmals betont, wirklich ordentliches Genre-Entertainment. Die Welt jedoch wird er - obgleich er es so gern würde - auch nicht retten.

8/10

Christopher Nolan Zukunft Dystopie Familie Vater & Tochter Raumfahrt Aliens


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SPACE RAGE (Conrad E. Palmisano/USA 1985)


"You are banished from earth... forever." - "Fuck you."

Space Rage (Proxima Centauri 3 - Revolte im All) ~ USA 1985
Directed By: Conrad E. Palmisano

In der Zukunft werden Schwerverbrecher kurzerhand auf außerirdische Strafkolonien versetzt, von denen so gut wie keine Flucht möglich ist. So auch der gewalttätige Übeltäter Grange (Michael Paré), der nach New Botany Bay verbannt wird. Grange jedoch fackelt vor Ort nicht lang und schart eine Gruppe ausbruchsbereiter Genossen um sich, um eine Raumfähre zu kapern. Dafür muss er jedoch erst an dem Colonel (Richard Farnsworth) vorbei, einem eigentlich retirierten Cop, der noch ein ganz persönliches Trauma zu verarbeiten hat...

Kurzer und knackiger Space-Western, in dem der Strafplanet New Botany Bay (entweder war hier Gevatter Zufall Ideen-Schirmherr oder die Autoren haben aufmerksam "Star Trek II: The Wrath Of Khan" geschaut) praktischerweise aussieht wie Ostkalifornien. Überaus ordentlich und vor allem in Relation zur billigen Produktion des Films prominent besetzt entpuppt sich "Space Rage" mit seinem merkwürdigen deutschen Titel ohne jeglichen Filmbezug vorrangig als Hommage für den liebenswerten Ex-Stuntman Richard Farnsworth, der mit seinen damals 65 Jahren locker aussieht wie 85. Dennoch schwenkt die Story nach einer etwas lahmarschigen Exposition alsbald von dem zunächst als Schurkengegner angelegten Walker (John Laughlin), der seine von Grange ermordete Frau rächen will, zu dem Colonel (Farnsworth) um. Jener übernimmt Walkers Privatvendetta, zumal er damit sein Privattrauma, das ihm nach Jahren noch immer schweißnasse Albträume beschert, tilgen kann. Der Showdown in einer Containerstadt nebst angrenzender Fabrik glänzt schließlich mit einigen harten Szenen und entpuppt sich als luprenreiner Neo-Western. Leider entfaltet der Film dann auch erst in diesem letzten Drittel sein eigentliches Potenzial, nachdem zuvor über weite Strecken wenig bis nichts passiert und man sich erst mühselig über die Runden schlagen muss, um die 77 Erzählminuten überhaupt zu befüllen. Jener knackige letzte Akt jedoch macht "Space Rage" allemal hinreichend sehenswert.

6/10

Conrad E. Palmisano Zukunft Dystopie Rache Gefängnis


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SPHERE (Barry Levinson/USA 1998)


"No, Jerry. Don't do that."

Sphere ~ USA 1998
Directed By: Barry Levinson

Vier Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen, der Psychologe Norman Goodman (Dustin Hoffman), die Biologin Beth Halperin (Sharon Stone), der Mathematiker Harry Adams (Samuel L. Jackson) und der Astrophysiker Ted Fielding 8Liev Schreiber) werden zu einem streng geheimen Stützpunkt im Pazifik geflogen, ohne ihre Aufgaben zu kennen. Am Zielort angekommen, erfahren sie, warum man sie hergebracht hat: In rund 300 Metern Tiefe befindet sich ein riesiges Raumschiff, das dort offenbar bereits seit über zwei Jahrhunderten schlummert, von dessen Bord jedoch noch immer Signaltätigkeiten gemessen werden. Nach einem Tauchgang zu einem unterseeischen Forschungslabor, dem 'Habitat', betreten die Angereisten das Schiff und stellen fest, dass es irdischer Herkunft ist, aus der Zukunft stammt und in der Zeit zurückgereist ist. Zudem befindet sich ein außerirdisches Artefakt an Bord, eine große, golden schimmernde Kugel mit durchlässiger, flüssiger Außenhülle. Nachdem jeder der Forscher nach und nach Kontakt mit dem Gebilde hatte, beginnt es mit ihnen zu kommunizieren: Es handelt sich um eine extraterrestrische Entität, die Menschen ermöglicht, ihre Geistesphantasien Form annehmen zu lassen. Die Ängste der Wissenschaftler manifestieren sich und werden für alle Beteiligten zur tödlichen Gefahr...

Ein später Nachklapp zu der Unterwasser-Genrefilmwelle der Spätachtziger und bereits Barry Levinsons zweite Crichton-Adaption nach "Disclosure" und für einige Zeit sein erster echter Genrefilm. Dass im Falle "Sphere" aus einmal gemachten Fehlern keine fruchtbaren Rückschlüsse für eine progressive Weiterarbeit gezogen wurden, erweist sich als das Augenfälligste am letztlich freigegebenen Resultat. Wie im "Vorgänger" überschreitet Levinson häufig und dabei scheinbar blindlings die Grenzen zur Albernheit, was sich speziell in den Szenen äußert, wenn das Alien Kontakt zu den menschlichen Besuchern aufnimmt und der Film sich nie gänzlich entscheiden kann, ob er der Wesenheit in ihrem kindlich-naiven Gestus Sympathie entgegenbringen oder es als handfeste Bedrohung ausmachen soll.
Die Chance, speziell im Hinblick auf den limitierten Handlungsort eine wirklich klaustrophobische Atmosphäre zu erzeugen verpasst der Film; was sich da alles wie und warum in physische Gegenwärtigkeit und Gefahr verwandelt, wird nicht immer ganz schlüssig aufgelöst und bedient häufig eher den rein oberflächlichen Affekt - so etwa die Sache mit den Jules-Verne-Büchern, die ab Seite 87 leer sind. Im Prinzip gerät "Sphere" spätestens nach der Laborbrand-Sequenz, die die Wissenschaftler zum neurotischen Trio dezimiert, in jene Bredouille der Hilflosigkeit, die den weiteren Verlauf der Geschichte immer wieder in beachtliche Trash-Nähe rückt. Das Ende, das die drei Überlebenden erkennen lässt, dass sie nunmehr allmächtig sind und sie dann kurzerhand ihre Fähigkeiten zwecks einer selbstgewählten Vollamnesie gebrauchen lässt, markiert schließlich den Gipfel der Zugeständnisse an Wasauchimmer.
Man liest, dass während der bereits laufenden Produktion das Budget stark gekürzt wurde - ob speziell dieses Faktum sich nachteilig auf Levinsons Film auswirkte, kann ich nur mutmaßen. In jedem Fall fand ich es ärgerlich, dass bei so vil ohnehin vorhandener Liebäugelei mit Camp und B-Movie nicht wenigstens noch der Riesenkrake zu sehen ist.

5/10

Barry Levinson Michael Crichton Kurt Wimmer Aliens Ozean Zeitreise


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ONCE UPON A SPY (Ivan Nagy/USA 1980)


"No more outer missions, please."

Once Upon A Spy (Agent wider Willen) ~ USA 1980
Directed By: Ivan Nagy

Der eher biedere IT-Spezialist Jack Chenault (Ted Danson) wird vom Geheimdienst für eine Außenmission rekrutiert, weil ein Supercomputer auf unerklärliche Weise verschwunden ist. Zusammen mit seiner Kollegin Paige Tannehill (Mary Louise Weller) stößt Chenault bald auf die Ursache: Der Multimillonär Jack Valorium (Christopher Lee) hat eine Methode gefunden, jedwedes beliebige Objekt zu miniaturisieren. Um seine größenwahnsinnigen Pläne, die die gesamte Welt in vorübergehendes Chaos stürzen sollen, in die Tat umzusetzen, benötigt Valorium den entwendeten Computer, denn nur mit dessen Hilfe kann er von seinem geheimen Stützpunkt aus agieren. Chenault und Tannehill jedoch setzen Valoriums sinistrem Tun ein Ende.

Fraglos als Pilot für eine nie realisierte TV-Serie kreiert, ist "Once Upon A Spy" der ebenso niedliche wie nachgerade völlig zum Scheitern verurteilte Versuch, eine verspätete amerikanische Bond-Version zu kreieren. Nagys Film veranschaulicht geradezu überdeutlich, was das ursprüngliche Bond-Universum so unikal und begehrenswert gestaltet, indem er ebenjene Werte wahlweise ins Gegenteil verkehrt oder sie zu einer billigen Kirmesshow degradiert: Der Held wird als nerdiger Sonderling und Angsthase eingeführt, zeigt sich aber bald jeder noch so riskanten Situation als todesmutig gewachsen - warum, wieso und woher diese urplötzliche Wendung seines Charakters rührt, das erfährt man nicht. Exotische Schauplätze gibt es nicht, da man sich - vermutlich budgetbedingt - mit US-Drehorten begnügen musste und die exaltierten, teuren set designs eines Ken Adam weichen hier mäßig einfallsreichen Pappkonstruktionen. Die Story schließlich entpuppt sich als mehr oder minder lupenreines Plagiat von der aus "The Pink Panther Strikes Again". Einzig Christopher Lee, der seine Rolle als Francisco Scaramanga aus "The Man With The Golden Gun" reanimiert, indem er wiederum einen steinreichen Superbösewicht gibt, der mit Laserstrahlen herumspielt, verleiht "Once Upon A Spy" ein wenig authentische Grandezza. Ich finde den Film trotz allem recht liebenswert, weil ich warme Kindheitserinnerungen an ihn hege. Das spendiert ihm wie so häufig einen ordentlichen Nostalgiebonus meinerseits, macht ihn aber deshalb freilich nicht besser als er ist.

6/10

Ivan Nagy Bond-Spoof Madness TV-Film Computer Miniaturisierung Mad Scientist Jimmy Sangster


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HONEYMOON (Leigh Janiak/USA 2014)


"But you're different. You're different."

Honeymoon ~ USA 2014
Directed By: Leigh Janiak

Frisch verheiratet begeben sich Bea (Rose Leslie) und Paul (Harry Treadaway) für ihre Flitterwochen in das Cottage von Beas Eltern, das an einem idyllischen Waldsee liegt. Eines Nachts läuft Bea in den Wald und Paul findet sie dort ohne ihr Nachthemd und wie hypnotisiert. In den nächsten Tagen meint er, immer schwerwiegendere Veränderungen an ihr vorzufinden: Bea kann sich nicht an bestimmte Begebenheiten oder Wörter in ihrer gemeinsamen Vergangenheit erinnern, probt ganze Sätze vor dem Spiegel, wenn sie sich allein wähnt und vermeidet Körperlichkeiten. Ihr Nachthemd findet Paul zerrissen und mit Schleimspuren daran im Wald. Irgend etwas muss mit Bea in der betreffenden Nacht geschehen sein - und zwar nicht bloß somnambules Umhergetappse.

Die Ehe, die große Unbekannte. Man kann sich ja noch so gut kennen, aber erst der Ringtausch scheint eine Lizenz zu beinhalten, sein Inneres vor dem Anderen nach außen zu kehren und diverse Dinge fallen einem nach und nach auf, die vielleicht zuvor in dieser Form undenkbar gewesen wären. "Honeymoon" lässt sich recht umweglos als metaphorisches Konstrukt bezüglich dieser Phänmenologie lesen - das geliebte Wesen verwandelt sich mittelbar nach der Hochzeit in etwas, das man gar nicht mehr so wie vorher lieben kann, geschweige denn möchte. An Zulawskis "Possession", der ja auch eheliche Entfremdung zum Thema hat, erinnert "Honeymoon" hier und da: Auch diesmal gibt es Schleim und Monströses anstelle von besiegelter Zweisamkeit, allerdings in verhaltenerer und etwas weniger mehrdeutiger Form. Einer wirklichen conclusio enthält sich Janiaks Film, wenngleich sich recht gezielte Vermutungen anstellen lassen. Vielmehr geht es ihm um das sachte Anwachsen des Unbehagens, den höchst privaten Schrecken, der einen befällt, wenn das vertraut Geglaubte sich plötzlich als Mysterium erweist.

8/10

Leigh Janiak Ehe Wald Flitterwochen


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GRINDHOUSE (Robert Rodriguez, Quentin Tarantino/USA 2007)


"I never miss."

Grindhouse ~ USA 2007
Directed By: Robert Rodriguez/Quentin Tarantino

Aus Robert Rodriguez' und Quentin Tarantinos dereinst recht vollmundig angekündigtem "Grindhouse"-Projekt, das eine Hommage an das bereits im Titel postulierte "Kleinkunstkino" der siebziger Jahre darstellte, wurden zunächst die beiden Einzelsegmente "Planet Terror" und "Death Proof" destilliert und als eigenständige Arbeit des jeweiligen Regisseurs vermarktet. Gewinnmaximierung, ganz im Sinne jener liebevoll hofierter und karikierter Schmuddelreißer aus besseren Kinotagen. Die beiden solitär genossenen "Hauptfilme" (deren Reihenfolge innerhalb von "Grindhouse" selbst in umgekehrter Provenienz vielleicht etwas geschickter gewesen wäre, aber achronologische Durchmengung gehört ja zu Tarantinos kleinen Spezialitäten), die in ihren Einzelversionen jeweils mit einigen Szenen angereichert und gestreckt wurden, ergeben in ihrer Kompilation mitsamt all den hübschen Trailern ein deutlich passgenaueres Vergnügen. Diverse Darsteller, ja, sogar Charaktere wie der stets gern gesehene, vom zerknirschten Michael Parks gegebene Sheriff Earl McGraw, tauchen ja in beiden Filmen auf, was dem eigentlich intendierten venue sehr zuspricht. Einerseits muss man somit zwar auf Wohlgelittenes wie etwa den Lap Dance von Vanessa Ferlito verzichten, es bleibt einem jedoch auch geflissentlich störender Füllstoff erspart. Die Sinnfälligkeit des Ganzen, insbesondere die von Form und Präsentation jedenfalls erschließt sich zur Gänze erst im Double Feature, das ich den beiden Einzelbeiträgen stets vorziehen würde.

9/10

Robert Rodriguez Quentin Tarantino Texas Hommage Splatter Zombies Virus car chase Freundschaft Exploitation


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TEMMINK: THE ULTIMATE FIGHT (Boris Paval Conen/NL 1998)


Zitat entfällt.

Temmink: The Ultimate Fight ~ NL 1998
Directed By: Boris Paval Conen

In nicht allzu ferner Zukunft erhalten Schwerststraftäter in den Niederlanden die Möglichkeit, sich als Alternative zu einer anderen Strafe als Gladiator zu betätigen: Von der Umwelt isoliert werden sie in einen abgelegenen, abgeschotteten Komplex verfrachtet und müssen sich in regelmäßigen Duellen vor anwesendem und Fernsehpublikum solange prügeln, bis einer von ihnen am Boden liegt. Das Publikum entscheidet dann per Mehrheitsvotum, ob der Sieger den Verlierer zu Tode würgen soll. Auch der irre Soziopath Temmink (Jack Wouterse) landet, nachdem er im Park einen vorbeikommenden Inline-Skater (Martijn Nieuwerf) aus nichtigen Gründen erschlagen hat, in der "Arena". Nachdem sein einziger wirklicher Freund David (Jacob Derwig) dort seinen letzten Kampf verloren hat, kommen Temmink Zweifel an der Endgültigkeit seiner Situation: Will er wirklich eines Tages hier sterben, als Unterhaltungshäppchen für den Pöbel? Oder lohnt es sich vielleicht doch, ein Zeichen zu setzen gegen die neue Barbarei des Systems?

Ein feiner, kleiner Film aus unerem Nachbarland, der einerseits die Genretraditionen von Filmen wie "Das Millionenspiel", "Le Prix Du Danger" und "The Running Man" pflegt und geschickt sein realistisch dargestelltes Ansinnen einer pervertierten Unterhaltungsdystopie mit mitreißenden Kampfszenen koppelt, andererseits jedoch sein angekratztes "Helden"-Bild sorgsam bis zum Ende aufrecht erhält. Über die Titelfigur erfährt man nur das Nötigste: Temmink ist ein dicker, hässlicher Mittdreißiger; psychisch wie geistig offenbar angeschlagen, nachdem ihm - soviel lässt sich zumindest spekulieren - im Leben schwer mitgespielt wurde; zu exzessiver Gewaltanwendung neigend. Ein Typ, dem man persönlich lieber nirgendwo begegnen würde. Dass auch ein Rohkopf wie er empfänglich ist für freundschaftliche Gefühle, Zärtlichkeit und Liebe, passt schonmal nicht recht zum üblichen medial evozierten Image derartiger Individuen. Dass er zudem im Laufe seines Werdegangs innerhalb der Arena noch einen Gesinnungswandel durchlebt, der offenlässt, ob er sich hernach gesellschaftlich reintegrieren könnte, hinterlässt noch manch weiteren Zwiespalt beim Zuschauer.
Temmink passt sich den Gepflogenheiten an und überlässt zwischenzeitlich seinem Publikum die Option. Nachdem er einen Kampf gegen den knüppelharten Goliath (Joe Montana) bereitwillig verliert, ist er bereit, zu sterben, doch zum ersten Mal entscheiden sich die Leute dafür, dass ein Gladiator am Leben bleiben soll. Vielleicht taugt er, anders als seine muskelbepackten, martialischen Leidensgenossen, einfach besser als Identifikationsfigur für den Jedermann. Insofern ist "Temmink" durchaus eine Art Antithese gegen den Blutdurst eines sich außerhalb der Kampfkäfige sicher wähnenden Publikums, gegen Strafvollzüge und Urteile, gegen Rechtssysteme und gegen mediale Trends. So lang der kämpfende, schwitzende, blutende Derwisch hinter seinen Acrylfenstern bleibt, ist zumindest alles in bester Ordnung. Doch wehe, wenn er losgelassen...

8/10

Niederlande Boris Paval Conen Zukunft Fernsehen Dystopie Madness Faustkampf Independent





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Funxton

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