SCREAM
(dt. Titel: SCREAM - SCHREI)
USA, 1996
Dimension Films / Woods Entertainment
Regie: Wes Craven
Produktion: Cary Woods, Cathy Konrad
Buch: Kevin Williamson
Kamera: Mark Irwin
Schnitt: Patrick Lussier
Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Neve Campbell, David Arquette, Courteney Cox, Skeet Ulrich, Rose McGowan, Matthew Lillard, Jamie Kennedy
Premiere: 18. Dezember 1996
Inhalt: Das Städchen Woodsboro wird von einer grausamen Mordserie geschockt. Scheinbar werden die Bluttaten von einem durchgeknallten Horrorfilmfanatiker durchgeführt, beginnt er sein teuflisches Spiel doch mit Anrufen, die Horrorquizfragen beinhalten. Als Mittelpunkt der Serie stellt sich Sidney Prescott (Neve Cambell) heraus, deren Mutter ein Jahr zuvor ebenfalls grausam getötet wurde. Immer mehr Jugendliche beißen ins Gras und die Polizei steht vor einem Rätsel. Da stört dann die rücksichtslose Starreporterin Gail Weathers (Courteney Cox) zunächst nur.
SCREAM ist schon ein zweischneidiges Schwert (oder besser Jagdmesser?). Einerseits muss man ihm neidlos anerkennen, dass er dem Horrorgenre tatsächlich so etwas wie neues Leben einhauchte, rückte er das verpönte Sujet wieder in ein besseres Licht, musste man sich nicht mehr mit rotem Kopf zugeben, dass man so etwas gerne sieht. Andererseits löste er eine unsägliche Teenie-Slasherwelle aus, die zwar zum Glück abgeebt ist, aber uns immer noch mit unerträglichen Elaboraten überhäuft. Aber kann man ihn dafür böse sein? Dann müsste man so konsequent sein und HALLOWEEN mindestens ebenso verdammen, sorgte er zu Beginn er Achtziger für einen Output erbärmlicher Imitaten.
Dabei ist SCREAM selber auch nur leidlich gut gelungen (aber noch Lichtjahre über seine unzähligen Nachahmungstäter). Das Drehbuch von Kevin Williamson, dass dieser bei einem Abendschulkurs fürs Drehbuchschreiben entwickelte - was man diesem auch anmerkt - löste ein Wettbieten unter den Studios aus, bei dem Dimension am Ende sich die Hände reiben konnte. Williamsons Script ist gleichzeitig Rückgrat als auch Schwachpunkt des Films. Für Genreneulinge und Teenies mag es ja originell wirken, aber so subtil, wie es so oft vorgebetet wird, ist es beileibe nicht. Das ständige Zitieren von Genreklassikern ist bereits nach kurzer Laufzeit bis zum Erbrechen überansprucht, zieht es aber bis zum Ende durch. Postmoderne für Grobmotoriker sozusagen.
Mit den Klischees und Versatzstücken spielt er nur bedingt geglückt, fährt er sich doch selbst zu sehr fest, an den Vorgaben, die er aufzudecken vorgibt (wobei er nur längst bekannte "offene Geheimnisse" preisgibt). Zurecht ist Williamson heute wieder in der Bedeutungslosigkeit versunken, aus der er kam. Die armseligen Drehbücher zu SCREAM 2, FACULTY und HALLOWEEN H20 waren dann doch die einfallslosen Nägel zu seinem Sarg. Auch seine einzige Regiearbeit TEACHING MRS. TINGLE ist heute schon wieder so gut wie vergessen.
Das SCREAM trotzdem was taugt, ist Wes Craven zu verdanken, der zwar hier das gelackteste Produkt (Mainstream halt) seiner Karriere abliefert, aber einiges an Spannung und Atmosphäre bietet, dass den Film sehenswert macht. Die gelungene Mischung aus "who-dun-it" und "how-dun-it" lässt ihn auch in der Wiederholung noch gut dastehen.
Wenn nur nicht - und das hat er all diesen Teenhorrorheulbojen gemeinsam - diese nervtötenden Jungdarsteller wären. Neve Campbell kommt sehr unsympathisch rüber, macht ihre Sache darstellerisch aber noch gut. Tiefpunkte sind die unerträglich ätzenden Matthew Lillard, Jamie Kennedy und Heather Graham, die man am liebsten erschießen möchte. Für Spaß und Lichtblicke sorgen dagegen die Auftritte von David Arquette (der seine spätere Ehefrau Courteney Cox während der arbeiten kennen und lieben lernte) und der Cameo von Henry Winkler, der einstigen Kultfigur "Fonzy" aus dem TV-Hit HAPPY DAYS, dem eine größere Karriere leider immer versagt blieb.
Etwas Würze in den Kindergrusel bringt die Unrated-Fassung, die man sich in seligen Zeiten noch über Umwege als Japan-Laserdisc besorgen musste oder sich schon wie ein Schneekönig freuen konnte, wenn man bereits eine schlechte VHS-Kopie davon besaß. Aber ein großes Lob an Kinowelt, die den Schneid besaßen, die Neuauflage der deutschen DVD mit eben dieser Unrated-Fassung in erstklassiger Bildqualität zu versehen. Womit wir den Amis tatsächlich etwas voraus haben.
Allerdings führen sie auch zu einem weiteren Kritikpunkt an SCREAM. Bei den blutigen Gewaltszenen schwingt so etwas wie eine verlogene Doppelmoral mit, sind sie doch eindeutig dazu da, sich an ihnen zu ergötzen und gleichzeitig wird der Zielgruppe, dem gemeinen Movie-Buff, vor den Kopf gestoßen, in dem gerade sie als kranke Psychopathen (oder zumindest als völlige Loser) dargestellt werden. Aber das werden wohl die wenigsten von ihnen bemerkt haben.
Es macht doch immer wieder Spaß, sich mit dem Phänomen SCREAM ausgiebig zu beschäftigen und es war mal wieder schön ihn wiederzusehen.