THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE
(dt. Titel: MICHAEL BAY'S TEXAS CHAINSAW MASSACRE)
USA, 2003
New Line Cinema / Focus Features / Radar Pictures / Platinum Dunes / Next Entertainment / Chainsaw Productions Inc.
Regie: Marcus Nispel
Produktion: Michael Bay, Mike Fleiss
Buch: Scott Kosar, nach dem Originaldrehbuch von Kim Henkel und Tobe Hooper
Kamera: Daniel Pearl
Schnitt: Glen Scantlebury
Musik: Steve Jablonsky
Darsteller: Jessica Biel, Jonathan Tucker, Erica Leerhsen, Mike Vogel, Eric Balfour, Andrew Bryniarski, R. Lee Ermey
Starttermin: 17. Oktober 2003
Inhalt: Mitten in Texas nehmen fünf Kids auf der Durchreise ein verstörtes Mädchen (Lauren German) in ihren Van, als diese plötzliche eine Knarre rausholt und sich die Birne wegpustet. Die geschockten Jugendlichen alarmieren den örtlichen Sheriff. Doch damit fängt der Ärger erst an. Der Sheriff (R. Lee Ermey) entpuppt sich Psychopath vor dem Herrn und ein kettensägenschwingender Irrer (Andrew Bryniarski) trachtet den Teenagern nach dem Leben. Doch nicht mit Erin (Jessica Biel), die sich das nicht so leicht gefallen lässt.
2002/2003 war das alte Backwoodhorrorgenre wieder kräftig am Boomen. WRONG TURN, CABIN FEVER, HOUSE OF 1000 CORPSES... alles Filme, die im Grunde genommen nur eins tun: den '74er THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE neu zu interpretieren.
Da ist es doch nur naheliegend, konsequent und wenigstens ehrlich, ein nominelles Remake des Streifens hinterherzuschicken. Ausgerechnet Popcornfilmer Michael Bay ergatterte die Namensrechte und dementsprechend sieht das Ganze auch irgendwie aus. Mehr mit dem Hooper-Original als die eingangs erwähnten "Hommagen(?)" hat dieser hier auch nicht gemein. Es waren Szenen wie die durch Mark und Bein gehende Knochenraum-Sequenz oder das abschließende Festbankett die THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE von 1974 zum Klassiker über die Genregrenzen hinaus werden ließ und dem Klassischen Horrorfilm den entgültigen Todesstoß versetzte.
Solche Momente gehen der Neuproduktion völlig ab. Es gibt zwar gelegentlich zarte Anflüge von nacktem Terror, diese werden jedoch von dem äußerst schlechten Drehbuch und der Berserkerregie des unter maßloser Selbstüberschützung leidenden Videoclip-Regisseurs Marcus Nispel gnadenlos zugrunde gerichtet.
Hooper schaffte es mit wenigen Worten, viel zu sagen. TCM 2003 ist ungleich redseliger, dabei noch viel flacher und bietet keinen Raum für Subtext. Dafür einen R. Lee Ermey, der so agiert, dass man ihm den "Psychopathen" sofort schon an der Nasenspitze ansehen kann. Es gibt dumme Erklärungen auf Fragen, die Hooper klugerweise unbeantwortet ließ. Es gibt eine unsympathische Jessica Biel, die durch eine lächerlich unnötige Szene mit einem Wassersprenkler zur Miss Wet T-Shirt gemacht wird. Und es gibt einen kleinen Jungen mit schlechtsitzenden Gruselgebiss, der doch tatsächlich die einzige eigenständige Idee des Films darstellt. Armselig.
Müssig zu erwähnen ist, dass diejenige, die schon in der Eingangssequenz sowohl den Drogenkonsum als auch den vorehelichen Sex ablehnte, die einzig überlebende sein wird. Nein, sie wird auch noch zur Heldin, die ein unschuldiges Kind rettet, nachdem sie dem Kettensägenhünen mit einem winzigen Hackebeil vom Arm trennte. Ja, weil auch. Da hält sich das Mitleid natürlich in Grenzen.
Eine penetrante Missachtung der Intelligenz des Zuschauers ist schon die erste Einstellung. Eine Einblendung sagt uns: "18. August 2003" und wir sehen einen Van mit Kids, die "Sweet Home Alabama" mitgrölen und auf dem Weg zu einem Lynyrd Skynyrd-Konzert sind. Nur dumm, dass "Sweet Home Alabama" zu dem Zeitpunkt noch längst nicht erschienen war und erst im April 1974 auf LP und schließlich im August desselben Jahres auf Single erschien. Das Debüt-Album der Band war am 18. August 1973 gerade einmal fünf Tage auf dem Markt und für eine solche Band macht man eine halbe Weltreise? Auch der Sheriff kannte Skynyrd schon, hat sich also blitzschnell auch schon in die tiefste Provinz rumgesprochen. Nennt mich kleinlich, aber wenn ein Film schon so haarsträubend fehlerhaft beginnt, kann er keine Authentizität mehr vermitteln.
Leider war THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE 2003 so erfolgreich, dass er an der Spitze steht einer Welle von übeflüssigen Remakes großer Genreklassiker. Ein böses Omen (Apropos Omen, wurde auch schon neuaufgelegt). Nispel selbst dreht demnächst doch tatsächlich den Neuaufguss von FRIDAY THE 13TH! Könnte jetzt schon kotzen.