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Poverty Row - Filmforen.de - Seite 4

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Poverty Row


112 Antworten in diesem Thema

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    a dick

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Geschrieben 19. Juli 2007, 15:32

Rambo: First Blood Part II (George P. Cosmatos, 1985)

"Sir, do we get to win this time?" - "This time it's up to you!"

In der - sich vom ersten "Teil" doch stark unterscheidenden - Fortsetzung wird Rambo also nach Vietnam geschickt, um Fotos von P.O.W.s zu machen, die es nach offizieller Lesart eigentlich gar nicht geben soll. Der Plot ergibt keinen wirklichen Sinn - warum für eine Mission, die doch scheitern soll, einen fanatisch-patriotischen Elite-Krieger wie den guten alten Johnny schicken? - Jedenfalls entfaltet sich ein hübsches Actionfeuerwerk, in dem Rambo, der den Krieg immer noch im Herzen trägt, mal eben im Alleingang eine kleine Revision des Vietnam-Debakels vornehmen darf. Auf jegliche kritische Sicht, die in First Blood zumindest in Ansätzen noch vorhanden war, wird hier verzichtet: Das primitive gut/böse-Schema entstammt den Propaganda-Comics der 40er (Beispiele siehe hier), der ganze Film ist überhaupt mehr Comic als alles andere: Ein Testosteron-Superman metzelt sich durch die Reihen der verhassten Gooks - allerdings genügen diese dem Bild satisfaktionsfähiger Bösewichte wohl nicht ausreichend, so dass noch eine Bande herrenmenschlich auftretender sowjetischer Kommunistennazis eingeführt wird (die "Achse des Bösen" der Reagan-Ära). Doch Feindbild ist nicht nur der Kommunismus, sondern auch der windelweiche Sesselfurzer, der sich weigert seine patriotischen Pflichten mit Blut zu bezahlen und sich unter dem Deckmäntelchen der Diplomatie an den Feind verkauft. Überhaupt wird alles, was Vernunft und Fortschritt repräsentieren könnte, unverhohlen verunglimpft: Als erstes entledigt sich Rambo aller modernen Ausrüstungsgegenstände (obwohl er sich laut Missionsbriefing doch gerade auf die Technik verlassen soll), die blinkenden Computerbänke werden vom Duo Trautman/Rambo misstrauisch beäugt und am Ende in blanker Raserei zerballert. Was zählt, ist allein der patriotisch gestählte Wille, der in Form der übermenschlichen Physis des Helden und seinem gewaltigen Penis Messer glorifiziert wird. - Eigentlich ein schlimmer Film aus dem Regal übler Rightwing-Phantasien, glücklicherweise aber so dämlich, dass er gleichzeitig auch die Parodie seiner selbst ist. - Bottom line: "The war may have been wrong, but damnit don't hate your country for it."


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    a dick

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Geschrieben 25. Juli 2007, 19:36

Hercules Against the Moon Men (Giacomo Gentilomo, 1964)
Maciste e la regina di Samar

Die Königin von Samar paktiert mit Invasoren vom Mond. Die Seleniten verlangen nach frischen Menschenopfern, um die (warum auch immer) scheintote Mondkönigin Selena wiederzubeleben. Klar, dass nur ein Mann die Antike retten kann: Maciste (Alan Steel = Sergio Ciani). Nach einigen Rangeleien mit Banditen, einem Monster und den Soldaten der Königin sowie überstandenem Zerquetschungsversuch zwischen zwei riesigen Nagelbrettern kommt es schließlich zum Showdown im Todesberg, wo die Mondmenschen ihre Basis haben: Es gibt einen maskierten Mondmann, ganz in Gold, einen pulsierenden Gehirnasteroiden, die schlafende Mondkönigin, einen Trupp von Felsmonstern und am Ende einen simplen, aber hübschen "Spezialeffekt", in dem sich der giftgrün leuchtende Mond bedrohlich der Erde nähert, was Fluten und Vulkanausbrüche auslöst. - Insgesamt ist das hier zwar schon zweite oder dritte Wahl aus der Maciste-Reihe der 60er, allerdings so katastrophal schlecht wie die IMDb-Wertung (1,9) andeutet, ist der Film auch wieder nicht. Harmloser campiger Spaß.


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    a dick

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Geschrieben 27. Juli 2007, 20:07

Eingefügtes Bild


The Bat (Crane Wilbur, 1959)

Die erfolgreiche Krimiautorin Cornelia van Gorder (Agnes Moorehead) mietet das Landhaus "The Oaks", das durch die Mordserie eines Killers namens "The Bat" Berühmtheit erlangt hat. Spezialitäten dieses Killers sind das Herausreißen der Kehlen seiner Opfer sowie das Fehlen eines Gesichts. - Gleichzeitig mit Ankunft der Autorin verschwindet aus dem Tresor der örtlichen Bank eine Million Pfund. Schuld ist der Bankdirektor, der sich sich zur Zeit auf Jagdausflug mit dem Arzt und Fledermausforscher Dr. Wells (Vincent Price) befindet. Wells wird unfreiwillig in den Fluchtplan des Direktors einbezogen und soll bei der Leichenbeschaffung zur Verwischung seiner Fährte assistieren. Dies kann Wells aber abwehren und tötet den Direktor seinerseits. Die Beute befindet sich immer noch in "The Oaks", wo sich nach dieser Exposition nun der eigentliche Plot des Films abspielt. - Im Stil der gerne in nächtlichen Spukhäusern spielenden Gruselkrimis der 30er und 40er ist auch The Bat inszeniert. Schon anno '59 war diese Art Genrefilm eigentlich schon etwas veraltet (der Film basiert auf einem Broadway-Stück von 1920, das auch schon zweimal zuvor verfilmt wurde). Die Besetzung mit Moorehead und Price ist aber klasse, beide spielen mit viel Verve und nicht ohne Ironie (bei Vincent Price ist die Schwelle zur Selbstparodie ja sowieso nie fern). Übrigens ist Price - das kann man ohne zu spoilern verraten - nicht "The Bat", denn dazu macht er sich einfach zu verdächtig. - Schön altmodisches Genrekino, das (mir) auch heute noch Spaß macht!


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Geschrieben 29. Juli 2007, 12:22

The Beast of Hollow Mountain (Edward Nassour/Ismael Rodríguez, 1956)

In Mexiko erzählt man sich die Legende, dass in einem hohlen Berg inmitten eines Sumpfes eine prähistorische Kreatur haust. Als eine Viehherde verschwindet, machen sich deren Besitzer - der Mexikaner Felipe und sein Partner Jimmy - auf die Suche, finden aber nichts. In der nächsten Stunde des Films passiert dann leider nichts Aufregendes: Die beiden Viehzüchter werden von der ortsansässigen Konkurrenz angefeindet, Jimmy flirtet mit der Verlobten des rivalisierenden Viehbarons, der kleine Panchito verliert seinen Vater. Und endlich, nach einer geschlagenen Stunde taucht dann der Star des Films auf: ein sowohl per stop motion als auch der noch aufwändigeren replacement animation zum Leben erweckter fleischfressender Dinosaurier. - Das Drehbuch basiert auf einer Story von Animations-Pionier Willis O'Brien (der an der Ausführung leider nicht mehr beteiligt war) und ist eine Mischung aus The Lost World und The Beast from 20,000 Fathoms - in einem Western-Setting. Die Animationen des Sauriers gehen zwar in Ordnung, erreichen aber längst nicht die Qualität der Arbeiten von O'Brien oder dessen Schülers Harryhausen (letzterer griff die Idee eines Dino-Westerns in The Valley of Gwangi später wieder auf.) Das Finale ist aber recht gelungen und einigermaßen packend inszeniert (wenn man mal von den lächerlichen lebensgroßen Gummifüßen, die in einigen Szenen verwendet werden, und der skurrilen Animation der Dino-Zunge absieht). - Insgesamt scheitert der Film aber an seiner Dramaturgie: Zuwenig Monster, zuviel lahmes Melodram (das am Ende nichtmal zufriedenstellend aufgelöst wird). Mein Tipp wäre, gleich zu den finalen zwanzig Minuten vorzuspulen.


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Geschrieben 31. Juli 2007, 17:41

Planet Outlaws (Harry Revier, 1953)

Zusammenschnitt aus dem Buck Rogers-Serial von 1939: Bei einem Zeppelin-Unfall am Nordpol werden Buck (Larry "Buster" Crabbe) und sein Sidekick Buddy tiefgefroren und fünfhundert Jahre später wieder aufgetaut. Zwar hat sich die Welt in eine futuristische Wunderwelt verwandelt, doch der erste Schein trügt: Es herrscht der fiese Mobster "Killer Kane", gegen den sich die Rebellen aus der "Hidden City" nur schwer behaupten können. Sein forsches Auftreten macht Buck Rogers aber gleich zur Führungspersönlichkeit in der Rebellion und er wird mit diversen Missionen betraut. Am wichtigsten ist ein Flug zum Planeten Saturn, der hier erstaunlicherweise nicht nur aus festem Gestein besteht, sondern auch von Saturnianern bewohnt ist. Diese sollen mit den Erdrebellen eine Allianz gegen Killer Kane bilden. - Buck Rogers war schon '39 ein Aufguss der diversen Flash Gordon-Serials. Die Ausstattung ist hier billiger, außerdem fehlt ein charismatischer Antagonist wie Imperator Ming. Als Zusammenschnitt funktioniert so ein Serial auch grundsätzlich nicht mehr, denn ohne die episodenhafte Erzählweise und den Antrieb durch immer neue Cliffhanger bleibt nur die konfuse Aneinanderreihung von Action-Szenen, der eigentliche Reiz der reißerischen Kurzform ist perdu. - Wenn also auch nicht mehr wirklich unterhaltend, bleibt aber immerhin noch ein ganz interessanter Blick in popkulturelle Vergangenheit.


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Geschrieben 01. August 2007, 15:16

The Black Cat (Edgar G. Ulmer, 1934)

Psychiater Dr. Vitus Werdegast (Bela Lugosi) hat eine Rechnung mit dem Architekten Hjalmar Poelzig (einfach nur "Karloff") offen: 15 Jahre saß er im russischen Gulag, Schuld daran ist Poelzig, der als Kommandant im Weltkrieg seine Truppen verriet. In regnerischer Nacht kommt es zum Showdown im futuristischen Anwesen, das Poelzig auf den Grundmauern der damals umkämpften Festung erbaut hat. Die beiden Männer sind durch den Krieg zu Gefangenen der Vergangenheit geworden, beide nur noch Zerrbilder ihrer selbst. Poelzig ein nekrophiler Satanist, Werdegast unter Rachedurst und unerklärlicher Katzenphobie leidend. In dieses Duell der Exzentriker gerät durch Zufall ein amerikanisches Ehepaar, die beiden werden buchstäblich zu Figuren einer tödlichen Schachpartie. - Originellerweise ist hier nicht das gothische Spukschloss Ort der Handlung, sondern eine hypermoderne, klinisch-sterile Villa, die genretypischen Kerker im Keller sind hier Kriegsbunker aus Stahl und Beton. Ulmers Inszenierung setzt voll auf das morbide Setup und wirft alles an Horriblem in den Ring, was damals gerade noch so erlaubt war, alles ist hier ein einziger irrationaler Albtraum. - Ganz großes Gruselkino, absolut essentiell.


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Geschrieben 02. August 2007, 12:58

Warning from Space (Koji Shima, 1956)
Uchûjin Tôkyô ni arawaru

Ufosichtungen über Tokyo geben den Astronomen Rätsel auf. Gleichzeitig werden mysteriöse Monstren in ganz Japan gesichtet. Tatsächlich sind die Außerirdischen den Menschen aber keineswegs feindlich gesonnen, wollen vielmehr die Welt retten. Es nähert sich nämlich ein fremder Planet aus einer anderen Galaxis und befindet sich auf Kollisionskurs mit der Erde. - Gleich zum augenfälligsten Problem: Die Kostüme der Aliens! Die sind einfach grauenhaft, sehen aus wie der Winterstrampelanzug von Maggie Simpson, also Marke "bunter Seestern aus Stoff". Mit einem großen Auge in der Mitte... Kommt man über die Alienkostümierung aber hinweg, zeigt sich der Film als einigermaßen ambitionierte SciFi auf dem Stand der Mitt-50er. Die Außerirdischen sind eine fortschrittliche Rasse vom Schwesterplaneten der Erde namens Paira, der sich auf der gleichen Sonnenumlaufbahn befindet, nur eben genau gegenüberliegend, so dass er von der Erde aus unsichtbar ist und daher unentdeckt blieb (astronomisch ist das aber Unfug, schließlich wurden Neptun und Pluto auch entdeckt, ohne dass man sie dazu hätte sehen müssen). - Hauptmotiv ist hier also der Kontakt mit hilfreichen Aliens, die der Menschheit in der Entwicklung voraus ist und eine Warnung aussprechen (SciFi-Standardplot Nr. 3b). Wie so oft geht es dabei auch um die Gefahren der Aufrüstung: Hier hat ein japanischer Professor einen neuen Sprengstoff entwickelt, der noch tödlicher als die Wasserstoffbombe ist. Gleichzeitig aber ermahnen die Aliens die Welt zum Einsatz ihrer Atomwaffen gegen den drohenden Planeten. Als die Atomwaffen der Weltgemeinschaft jedoch versagen kann die drohende Kollision nur noch der Wundersprengstoff des Professors abwenden. - Die Signale, die der Film in punkto Massenvernichtungswaffen aussendet, sind etwas ambivalent. Im folgenden Katastrophenszenario, das der herannahende Planet auslöst, scheinen auch noch Traumata aus der Bombardierung Japans im Zweiten Weltkrieg verarbeitet zu werden. Insgesamt verwurstet der Film diverse SciFi- und Katastrophenfilmklischees, krankt dabei aber vor allem an einer seltsam mäandernden Erzählweise. Die Hälfte des Films ist beispielsweise schon vergangen, bevor die Aliens ihre Botschaft klar artikulieren. Dabei gehen sie für eine fortschrittliche Rasse bemerkenswert dämlich vor: Eine Agentin wird von ihrer natürlichen Seestern- in menschliche Form umgemodelt und dann in einem See treibend ausgesetzt, aus dem sie dann von einem ruderbootfahrenden Liebespärchen herausgefischt wird. Derartiger Blödsinn verleiht dem Film stellenweise eine zwar durchaus trashig-unterhaltsame Note, was aber sicher nicht der Intention der Macher entsprochen haben dürfte. Als kleine SciFi-Kuriosität ist der Film aber durchaus goutierbar.


#98 evoken

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Geschrieben 02. August 2007, 18:55

Escape From New York (John Carpenter, 1981)

Wenn das Lager das eigentliche Paradigma des Abendlands ist, dann ist Carpenter hier die geniale filmische Metapher gelungen. Entworfen wird eine gewissermaßen invertierte Gegenwart als Zukunft: Der Zivilisationsmoloch, das globale Finanzzentrum New York (repräsentiert vor allem durch die inzwischen gestürzten Türme des World Trade Centers) ist zur Exklave umdefiniert, der Ausnahmezustand nach Anstieg der nationalen Kriminalitätsrate um sagenhafte vierhundert Prozent zur Normalität geworden. Insofern lag es politisch nahe, dasjenige auszuschließen, das nicht mehr eingeschlossen werden kann. In dieser satirisch zugespitzten Polarität von Innen und Außen bewegt sich dann auch die Dynamik des ganzen Films. Folgerichtig ist es Außenseiter "Snake" Plissken (Kurt Russell), der sich als einziger zwischen Innen- und Außenwelt bewegen kann. Kaum eingebrochen, muss schon der Ausbruch geplant werden, die Infiltration muss gelingen, um - buchstäblich - den eigenen Hals zu retten. Die Polarität der ganzen Konzeption spiegelt sich in der Person Plisskens wieder: Einerseits Kriegsheld, andererseits auch Held der Unterwelt, taugt er als Idol für beide Seiten, wobei Innen und Außen aber eigentlich auch austauschbar sind. Wenn im Finale der Präsident der USA (Donald Pleasence) den Fürsten von New York (Isaac Hayes) von der hohen Gefängnismauer aus niederballert, dann wird die satirische Zuspitzung am deutlichsten: Egal, ob Innen oder Außen, Schurke bleibt Schurke. Das weiß Plissken, der Wanderer zwischen den Welten, am besten, wenn er dieser zynischen Utopie am Ende Sand ins Getriebe streut. - Überhaupt ist es eine Welt, die nur noch durch den auf Kassette gesprochenen "Telekolleg Kernfusion" gerettet werden kann, wohl auch nicht mehr wert, gerettet zu werden. Dann lieber die Apocalypse zum Bandstand Boogie!

Bearbeitet von evoken, 02. August 2007, 19:02.


#99 evoken

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Geschrieben 05. August 2007, 18:30

Alien (Ridley Scott, 1979)

Der erste Teil ist und bleibt der beste. "Ich bewundere die konzeptionelle Reinheit" sagt Ash über den Xenomorphen - und das passt als Meta-Dialogzeile auch auf den ganzen Film: Es geht um Körperlichkeit, um die im biologischen Detail abstoßenden Aspekte von Geschlecht und Fortpflanzung. Der aggressive Reproduktions- und Lebenstrieb des Aliens treibt die ganze Geschichte an. Zunächst wird die Alienbiologie aus männlicher Perspektive gesehen: Ovulation und Penetration in Gestalt von Alien-Ei und Facehugger stehen für das dem Mann Fremdartige der weiblichen Biologie. M. Gruteser in Filmgenres · Science Fiction (Reclam): "Kane durchdringt das Hymen des blauen Lichts, das schützend über den Alieneiern liegt, und der Facehugger durchdringt das Hymen seines Helms, das Glasvisier". Die später erfolgende tödliche Eruption des Chestbursters aus dem "schwangeren" Kane ist nichts anderes als die Albtraumversion einer Geburt: Kane windet sich in immer stärkeren Wehen, in Rückenlage gebiert er dann das Alien-Baby. - An dieser Stelle wechselt dann auch der Blick von der männlichen auf die weibliche Perspektive: Der neugeborene Chestburster hat eine unverkennbar phallische Körperform, die er auch im ausgewachsenen Stadium beibehält. Die langgezogene Schädelform und die zur tödlichen Penetration quasi "erigierende" Kieferzunge sind deutlich genug. (In Alien: Resurrection wird übrigens diese Symbolik parodiert: Ripley 8 "kastriert" ein totes Alien und präsentiert die herausgerissene Kieferzunge wie einen schlaffen Penis.) Seinen phallischen Formen entsprechend dominant und aggressiv verhält sich natürlich dann das ausgewachsene Alien. - Für Hauptfigur Ripley repräsentiert das Alien zudem noch den (allerdings hier mit der erwähnten phallischen Animus-Figur kontaminierten) Schattenarchetypus, also denjenigen Charaktertypen, der dem eigenen diametral entgegen steht. Ripley ist der rationale Denktypus, sie folgt nicht Gefühl oder Intuition, sondern ihrem Verstand (Schema wahr/falsch). In der diesbezüglichen Schlüsselszene verweigert sie dem infizierten Kane die Rückkehr ins Schiff, weil ansonsten die gesamte Crew in Gefahr geriete (was sich ja auch bewahrheitet). Die vom Zuschauer vielleicht erwartete weibliche Empathie mit den Ausgesperrten kommt von Ripley jedenfalls nicht. Im Gegensatz dazu steht das rein triebhaft-instinktiv handelnde und verstandlose Alien (Schema Lust/Unlust), das aus seiner Funktion als psychischer Widerpart zu Ripley gerade zusätzliche Dynamik gewinnt. - Vielleicht sollte man den ganzen Film überhaupt mehr als Blick in Ripleys neurotische Psychosexualität sehen. Muss man aber nicht, toll ist er in jedem Fall!

Bearbeitet von evoken, 05. August 2007, 19:51.


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Geschrieben 05. August 2007, 18:53

Aliens [Director's Cut] (James Cameron, 1986)

Sieht man die Filme direkt hintereinander, fällt besonders auf, dass Aliens fast als Remake des ersten Films gesehen werden kann: Fast identisch ist der bedächtige und sorgfältige Spannungsaufbau, erst nach relativ langer Spieldauer wird die Bedrohung klar, die ganze Dramaturgie ist sehr ähnlich: Vom Schiff des Space Jockeys aus folgt Infektion und Kontamination, danach Dezimierung der Gruppe, Flucht, schließlich Aktivierung eines Selbstzerstörungsmechanismus. Im Finale wird wie schon im Original das Alien durch die Luftschleuse ins All gepustet. Auch die von Scott entwickelte Bildsprache führt Cameron fort: Der erste Kontakt erfolgt in verrauschten Videobildern, die Sets sind in der gleichen gammeligen Techno-Ästhetik gehalten, viele Bilder aus dem Vorgänger werden zitiert: der piepende Bewegungsmelder mit den blauen Punkten, die hektische Stroboskop-Beleuchtung, der milchig blutende Androide, die "Schneewittchen"-Einstellung ganz zum Schluss etc. - Cameron hält sich einerseits an die Vorgaben des Vorgängers, entwickelt aber vieles sinnvoll und konsequent weiter. Weyland Yutani steht nicht mehr nur für eine angedeutete Verschwörungstheorie, sondern ist ein tatsächlicher Megakonzern, der das Weltall kolonisiert, Arbeitgeber ist und vom Dreirad bis zum Atmosphärenumwandler alles produziert. Auf ein einzelnes Alien folgen logischerweise ganze Legionen. - Die psychologische Dimension verflacht im Spektakel zwar etwas, zwei ganz interessante Aspekte sind aber doch vorhanden: Zunächst die Rückkehr Ripleys zwecks Traumabewältigung, außerdem ihre Rolle als Mutter. Nach Verlust der eigenen Tochter nimmt sie sich der verwaisten Newt an. Das Motiv der Mutterschaft hat seinen Gegenpol in der Übermutter der Alienkolonie, der Queen. Und am Ende, nachdem die Männer auf der Strecke geblieben sind, heißt es im vielleicht besten Actionfilmfinale aller Zeiten: Mutter gegen Mutter!

Bearbeitet von evoken, 05. August 2007, 18:56.


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Geschrieben 05. August 2007, 18:59

Alien³ (David Fincher, 1992)

The bitch is back... und zwar direkt aus development hell, muss man wohl ergänzen. Das Endprodukt ist zwar mit einigem Abstand betrachtet (und deutlich relativierter Erwartungshaltung) gar nicht mal so wahnsinnig schlecht, aber eben auch alles andere als beeindruckend. Zunächst mal fällt, wenn man sich die drei Filme direkt hintereinander ansieht, der schäbige Umgang mit den Figuren des Vorgängers auf: Newt und Hicks werden sang- und klanglos gekillt. Bishop landet buchstäblich auf dem Müll, sein sabberndes Wrack wird nur für eine kurze Szene reaktiviert (es hat übrigens feinen zynischen Witz, wenn dieser Torso sagt: "my legs hurt"). Nach Entledigung dieser offenbar lästigen Überbleibsel aus dem Vorgänger widmet sich der Film dann seiner eigenen Geschichte, die aber nicht wirklich mitreißt: Ripley gerät in einen religiösen Kult von Schwerverbrechern, die als Arbeiter in einer ehemaligen Weyland Yutani-Strafkolonie übrig geblieben sind. Ripleys kleine Romanze mit dem Arzt ist eher langweilig, der Doc hat eine düstere Vergangenheit (Drogen, Alkohol, Kunstfehler, gähn), bleibt deswegen bloß stereotype Figur. Auch das Drehbuch kann mit ihm nichts anfangen, weshalb er früh Alien-Futter wird, ohne dass das Konsequenzen für die weitere Handlung hätte. Apropos Alien: Das hat im Film recht wenig Screentime, was aber auch gut ist, da man sich erstmals dazu entschied, in den Totalaufnahmen von Suits und Modellen auf Computeranimationen umzustellen. Anstelle der von Cameron zur Perfektion betrieben konventionellen Tricktechnik gibt es also halbgare Bilder aus dem Computer. Die sehen nicht nur unbefriedigend aus, sondern stören auch das künstlerische Gesamtbild: Der Unterschied zwischen Suit, dem für Großaufnahmen gefertigen "attack skull" und dem Full-CGI-Alien ist einfach zu groß, ein schlüssiges Gesamtbild ergibt sich nicht. Das war schon anno '92 nicht state-of-the-art und überzeugt fünfzehn Jahre später erst recht nicht mehr. Das können auch Finchers fixe Schnitte nicht hinreichend kaschieren. Unschön sind auch die vielen POV-Shots, die sonst eigentlich Markenzeichen billigerer Monsterflicks sind. Dieser Perspektivwechsel passt auch nicht zur bisherigen Bildsprache der Alien-Reihe. An allgemeiner Unübersichtlichkeit scheitert schließlich das finale Herumgerenne in den Schächten der Strafkolonie: Wer nun wo ist und wo das Alien ist, weiß man als Zuschauer zu keinem Zeitpunkt. Gegenüber den dramatischen Höhepunkten der Vorgänger stinkt dieser Showdown mit dem Alien gewaltig ab. - Insgesamt kann man sich schon fragen, was eigentlich die Vision hinter Alien³ gewesen sein soll: Vom Spektakel in Aliens kehrt man wieder zu einem einzigen Alien zurück. Allerdings kennt der Zuschauer dieses Monster inzwischen ganz genau, dieselbe Wirkung wie im ersten Teil kann der dritte Film nicht mehr haben (zumal sich auch Genre und Zuschauer in der Zwischenzeit weiterentwickelt haben). Die einzige wirkliche Weiterentwicklung liegt in der Aufnahme Ripleys in die Alien-"Familie". Aus diesem an sich sehr interessanten Plot-Punkt entsteht hier nur leider nichts Interessantes. - Ripleys Tod hat nach der ernüchternden Erfahrung dieses Films dann auch nicht mehr den beabsichtigten emotionalen Impact, erscheint nur noch als konsequenter Schlusstrich unter einen Franchise, dem leider die Energie ausgegangen ist.


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Geschrieben 09. August 2007, 17:41

Blade Runner [Director's Cut] (Ridley Scott, 1982)

Nach langer Zeit mal wieder gesehen und wow! was ein Film. Diese tolle Neo(n) Noir-Atmosphäre, dieses irgendwie an die 40er angelehnte Chinatown-Ambiente, diese goldene Techno-Pyramide usw. usf., das sind Bilder, die man so schnell nicht vergisst. Erstmals ist mir aber noch was anderes aufgefallen, nämlich die Struktur des Films als ödipales Drama: Es gibt diese übermächtige, fast gottgleiche Vaterfigur Tyrell, der in dieser futuristischen Tempelanlage sitzt («god of biomechanics»). Sein Attribut ist die Eule (Weisheit), selbst seine Augen sind durch die Brille ins eulenhafte vergrößert usw. Er hat die Macht, Leben nach seinem Willen zu schaffen, seine Kinder, die Replikanten, rebellieren jedoch gegen den Vater. Die Kreatur wendet sich gegen ihren Schöpfer, das alte Thema. Dahinter steckt aber noch ein viel älteres, der Ödipuskomplex, nach Freud die Quelle allen Schuldbewusstseins der Menschheit (aus der sich letztlich überhaupt Religion und Sittlichkeit speisen). Das Schicksal des Vaters (Tyrell) ist dabei ebenso unausweichlich wie das des Ödipus: Aus Angst vor der übermenschlichen Perfektion der eigenen Schöpfung limitiert Tyrell ihre Lebensdauer, was aber wiederum genau der Grund ist, warum sie zu ihm zurückkehrt und ihn vernichtet. Roy tötet Tyrell. (Dieses Schicksal wird im Film schon vorher angedeutet in der implantierten Kindheitserinnerung Zhoras an die Spinne, die von ihrer Brut verschlungen wird.) - Zum Drama des Ödipus gehört neben dem Todeswunsch gegen den Vater auch der Bruch des Inzesttabus. Aufgrund des Fehlens einer Mutterfigur (die Biomechanik braucht keine Mütter mehr) muss das inzestuöse Begehren hier notwendigerweise auf Geschwister übertragen sein. Hier kommen Deckard und Zhora ins Spiel. Vorausgesetzt, man kann Deckard und Zhora als Bruder und Schwester sehen, was wiederum zur Voraussetzung hat, dass Deckard ebenfalls ein «Sohn» Tyrells, also ein Replikant ist. Jedenfalls der Director's Cut lässt insoweit kaum Zweifel: Der schweigsame Gaff kennt Deckards Traum vom Einhorn (Hinweis auf Manipulation an Deckards Hirn) und lässt ein Origami-Einhorn vor seiner Wohnung zurück. Als Deckard das Einhorn findet, versteht er und flieht mit Zhora. Die Enthüllung, dass Deckard ein Replikant ist, passt auch zum Topos der Intrige aus dem Noir-Genre (Zhora ist ja nicht zufällig frisiert und gekleidet im Stil der 40er-Jahre). Deckard findet also heraus, dass er ist, was er jagt. Er jagt sich also quasi selbst, was abstrahiert bedeutet, dass er und Roy ein und dieselbe Person sind (daher kann auch keiner den anderen töten). Deckard ist Ödipus. - Übrigens passt diese Sichtweise auch zu dem allgegenwärtigen Augen-Motiv des Films: In der Sage bestraft sich Ödipus selbst durch Blendung, Roys Schlussmonolog dreht sich um das verlöschende Augenlicht.


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    a dick

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Geschrieben 10. August 2007, 00:20

Bride of the Monster (Edward D. Wood Jr., 1956)

Ein kunterbunter Blumenstrauß des Blödsinns, den der legendäre Ed Wood hier auf die Augäpfel pflanzt. Aus seinem Heimatland Absurdistan vertrieben forscht der wahnsinnige Dr. Eric Vornoff (Sir Bela Lugosi) an der Erschaffung einer Rasse atomarer Supermenschen, und hinterlässt dabei eine Spur der Verwüstung durch die ganze Welt. Das Loch Ness-Monster ist seine Schöpfung, ebenso die berühmten Monster von London und Paris. Schließlich treibt er in den Sümpfen Floridas sein Unwesen, sein einziger Gehilfe ist der stumme Koloss Lobo (Tor Johnson), den er aus Tibet mitgebracht hat. Die Polizei wie auch eine hübsche Reporterin sind Vornoff jedoch auf den Fersen. - Zunächst mal sieht der Film gar nicht mal so übel aus, überhaupt kein Vergleich zu dem legendär unprofessionellen Plan 9 From Outer Space. Im Gegensatz dazu ist Bride tatsächlich auf relativ solidem Poverty Row-Niveau der 40er, erinnert ein bisschen an den "Klassiker" The Corpse Vanishes. Allerdings ist der ganzes Schmonses hier schon in vielerlei Hinsicht herrlich dilettantisch: Un-Schauspieler Tor Johnson albert sich durch wackelnde Pappkulissen, das stock footage-Material fügt sich in keinster Weise in den Rest des Films ein, der für den Dreh stiebitzte Gummi-Oktopus ist völlig unbeweglich, die Darsteller müssen sich die Tentakeln selbst um den Hals wickeln. Und als sich Vornoff im Finale selbst in einen Atomsupermann verwandelt, wird er durch einen Stuntman ersetzt, der wirklich keinerlei Ähnlichkeit mit Lugosi hat und deshalb die ganze Zeit die Arme vors Gesicht halten muss (getoppt wird diese Dreistigkeit nur noch in Plan 9, wo der Lugosi-Imitator ja bekanntlich den ganzen Film durch ein Cape vor der Fresse hat). - Dass 1956 die Zeit für diese Art Film eigentlich schon vorbei war, dürfte den Beteiligten mehr oder weniger klar gewesen sein. Lugosi spielt hier am Karriereende völlig enthemmt, die Grimassen und Hypnose-Gesten sind die pure Selbstironie (oder auch der Morphiumentzug). In eine Szene legt Schmierenkomödiant Lugosi aber dann doch einiges an Herz, nämlich in den berühmten Monolog «Home? I have no home...». Da schlägt die Tragik seiner eigenen Person durch, es scheint weniger Vornoff als Lugosi selbst zu sprechen.


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Geschrieben 10. August 2007, 14:55

Fog Island (Terry Morse, 1945)

Auf eine Insel hat sich Leo Grainger (George Zucco) nach fünfjähriger Haft zurückgezogen und schmiedet nun einen Racheplan gegen seine ehemaligen Geschäftspartner, die ihn nicht nur hintergangen und unschuldig in den Knast gebracht, sondern auch noch seine Frau umgebracht haben. Da die Gangster denken, dass Grainger noch im Besitz des angeblich unterschlagenen Firmenvermögens ist, lassen sie sich auf die Insel locken, wo dann die Falle zuschnappt. - Tja, hätte an sich ein schönes Kriminal-/Mystery-Filmchen werden könne, wenn nicht die Story so unglaublich konstruiert wäre, die Figuren so blasse Stereotypen, die Dialoge so hölzern. Immerhin sind hier gute Typen des B-Films am Start: Zuccos Gegner ist Lionel Atwill, ebenfalls ein Veteran dutzender Horrorfilme und Thriller (unvergesslich als Inspektor Krogh in Son of Frankenstein). Nur leider kommt Fog Island zu keinem Zeitpunkt so richtig in die Gänge, bis auf das makabre Finale herrscht ziemliche Langeweile.


#105 evoken

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Geschrieben 11. August 2007, 18:28

Syriana (Stephen Gaghan, 2005)

Interessanter Film, tendenziell auch ganz richtig und wichtig. Zunächst mal hat es mich gefreut, dass die Inszenierung auf die gewohnten Thriller-Klischees fast vollständig verzichtet und sich erzählerisch komplex seinem ebenfalls komplexen Thema nähert. Es geht um den Krieg um das Öl, der auf diversen politischen, juristischen, ökonomischen und vor allem auch geheimdienstlichen Ebenen geführt wird. Für jede dieser Ebenen steht ein Handlungsstrang und eine jeweils zentrale Figur: Es gibt den Wirtschaftsberater (Matt Damon), den für die Mergers & Acquisitions-Abteilung einer großen Law Firm zuständigen Anwalt (Jeffrey Wright), einen Prinzen aus den Arabischen Emiraten (Alexander Siddig), einen CIA-Agenten mit Mordauftrag (George Clooney), sowie natürlich dutzende Nebenfiguren. Die Wege einiger dieser Figuren überschneiden sich zu gewissen Zeitpunkten, ebenso wie die Fäden der internationalen Transaktionen zusammenlaufen. Eine chronologische Wiedergabe der Ereignisse würde schwerfallen, es setzt sich mehr mosaikartig ein Gesamtbild zusammen. Das Konzept ist die Darstellung von Zusammenhängen, nicht die übliche Zeichnung von Figuren und deren Geschichten. - Einige Punkte sind aber weniger gelungen: Es gibt einen parallelen Handlungsstrang um pakistanische Gastarbeiter in den Emiraten, die dort ausgebeutet und überhaupt schlecht behandelt werden, und sich daher irgendwann einer radikalen Koranschule anschließen, wo sie zu Selbstmordattentätern gemacht werden. Dieser Teil des Films ist leider nicht so elaboriert wie der Rest: Die beiden Pakistani sind zwar durchaus sympathisch gezeichnet und in keiner Weise irgendwie propagandistisch verzerrt, nur leider wird ihre Wandlung von einfachen Arbeitern zu islamistischen Gotteskriegern nicht wirklich plausibel gemacht. - Ein weiterer Punkt ist der mir etwas naiv erscheinende Grundkonflikt des Films: Es gibt den reformwilligen Prinzen Nasir, der, um Gutes (Aufbau einer Volkswirtschaft, sogar Gleichberechtigung der Frau) für sein Land zu tun, sich als Emir von den USA abwenden würde. Daher wird Druck auf den alten Emir ausgeübt, dass er seinen anderen, US-treuen (und natürlich dümmeren) Sohn zum Nachfolger bestimmt. Prinz Nasir wird dann schließlich per Knopfdruck von der CIA mit einer Cruise Missile getötet (diese spezielle Szene hätte besser in irgendeinen Tom Clancy-Bullshit mit Harrison Ford gepasst). - Insgesamt ist die Ambition des Films allerdings unbedingt lobenswert und bereitet hoffentlich den Weg für weitere systemkritische Politthriller wie es sie in den 70ern gab. An möglichen Themen mangelt es nicht.


#106 evoken

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Geschrieben 13. August 2007, 12:17

The People That Time Forgot (Kevin Connor, 1977)

Fortsetzung von The Land That Time Forgot und dritte der Amicus-Produktionen nach Vorlagen von Edgar Rice Burroughs. Im Vorgänger strandete Troy, pardon Doug McClure während des Ersten Weltkriegs am Südpol, wo er auf eine prähistorische Welt namens Caprona mit Gummidinosauriern, Höhlenmenschen und allem Pipapo stieß. Im zweiten Teil soll er nun gerettet werden: Vom Schiff aus wird ein Flugzeug gestartet und nach Doug gesucht. Das Flugzeug wird kurz nach Überflug einer Bergkette von einem Flugsaurier angegriffen und muss notlanden. Danach werden dann die üblichen Abenteuer in der Urzeitwelt abgezogen. - Die Spezialeffekte sind hier deutlich gelungener als in den beiden Amicus-Vorgängern. Die Rückprojektionen sind viel besser als der Murks in At the Earth's Core und die Außenaufnahmen diesmal auf der Kanareninsel La Palma gedreht, was sehr viel ansehnlicher ist als die läppischen, bloß mit ein paar Palmen dekorierten britischen Freiluft-Sets in Land. Die Dinosaurier sehen zwar immer noch nicht toll aus, stehen aber auch hier nicht mehr so im Mittelpunkt des Interesses. Vielmehr spielt sich in der zweiten Hälfte ein ziemlicher kruder Fantasy-Plot ab. Die Expedition wird gefangen von einem in japanische Rüstungen gekleideten Kriegervolk, das seine Opfer in 'nen Vulkan schmeißt. Man befreit sich, rennt durch einige Höhlen usw. usf. Die erste Filmhälfte ist aber die spannendere, im Finale ersetzt Action die Phantasie, die letzten fünfzehn Minuten des Films bestehen fast ausschließlich aus Pyrotechnik. (Warum bricht eigentlich bei solchen Lost World-Filmen im dritten Akt immer der Vulkan aus? Das war ja selbst bei dem neueren Congo so - steht wohl in irgendeinem Handbuch für Drehbuchautoren.) - Insgesamt also ganz nett, wenn auch nicht der beste Teil aus dieser Amicus-Reihe. Für den reinen Trash-Gehalt (und Caroline Munro) würde ich At the Earth's Core vorziehen, für die bessere Monster-Action Warlords of Atlantis (übrigens keine Amicus-Produktion mehr). Ach so, das obligatorische sexy Höhlenmädchen gibt hier Dana Gillespie.


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Geschrieben 13. August 2007, 18:18

Eingefügtes Bild
(Elias, Über den Prozess der Zivilisation Bd. 2, Suhrkamp, S. 387)


Les Fantômes du chapelier (Claude Chabrol, 1982)

Hutmacher Labbé (Michel Serrault) erdrosselt seine seit Jahren sieche Frau in einem Wutanfall und täuscht danach ihr Weiterleben vor. Erleichtert wird dies durch die Tatsache, dass Madame ihr Zimmer seit fünfzehn Jahren nicht mehr verlassen hat, sich nur noch per Klopfzeichen bemerkbar macht (diese imitiert Labbé aus dem Erdgeschoss des Hutmacherladens mit einem selbstgebauten Seilzugmechanismus). Da jedoch ihr Geburtstag und damit der Besuch alter Schulfreundinnen ansteht, droht die Charade aufzufliegen. Labbé konstruiert also einen weiteren Plot, erfindet einen "Würger", der die Polizei per Brief mit Ankündigungen seiner Taten foppt, und mordet dann die alten Freundinnen seiner Frau. Die Polizei tappt im Dunkel, erkennt keinen Zusammenhang zwischen den Opfern, jedoch einer kennt den Täter, nämlich der lungenkranke armenische Schneider Kachoudas (Charles Aznavour). Dieses gramgebeugte Männlein folgt Labbé wie ein Schatten bei den abendlichen Kneipenbesuchen, traut sich jedoch aus Angst um seine soziale Stellung im Ort nicht, diese Anschuldigung öffentlich zu machen. Irgendwie entsteht eine fast symbiotische Beziehung zwischen den beiden Männern, sie verbringen ihre Tage in ihren Geschäften auf gegenüberliegenden Straßenseiten und gehen dann abends gemeinsam, gleichzeitig aber doch getrennt, in die Kneipe. Labbé nimmt an der kartenspielenden Männergesellschaft teil, während Kachoudas alleine am Tresen trinkt. Diese Geschichte wird nicht chronologisch erzählt, sondern schält sich gewissermaßen aus der kleinbürgerlichen Atmosphäre des französischen Dorfs der späten 50er erst langsam heraus. Zunehmend entlarvt sich der Hutmacher - unter immer mühsamer werdender Aufrechterhaltung seiner gesellschaftlichen Persona - dem Zuschauer als Psychopath, bis er schließlich, nachdem die eigentliche Serie "notwendiger" Morde vollendet ist, vom Morden aber nicht mehr ablassen kann. Nachdem das in Kachoudas personifiziertes Gewissen (quasi sein Über-Ich) stirbt, gibt es für Labbés Triebe kein Halten mehr, er wird schließlich von der Polizei neben der erdrosselten Dorfhure schlafend vorgefunden. Der satirische Spaß besteht hier in der systematischen Dekonstruktion des kleinbürgerlichen Spießers, im Nachklang ist das schon ein sehr komischer Film, auch wenn es eigentlich wenig zu lachen gibt.

Bearbeitet von evoken, 13. August 2007, 18:26.


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Geschrieben 16. August 2007, 17:59

2010: The Year We Make Contact (Peter Hyams, 1984)

Nach dem bahnbrechenden 2001 ist 2010 zwar ein Rückschritt in konventionelleres Genrekino, aber das schmälert, wie ich finde, nicht unbedingt die Qualitäten des Films. Die Inszenierung ist sorgfältig genug und, obwohl sie nicht das ästhetische Gesamtkonzept des Vorängers weiterführt, ist das hier immer noch ein seltener Beitrag zur "harten" SciFi - wenn auch im Tonfall weit weniger gravitätisch als Kubricks Film. Vieles ist aber, wie gesagt, konventioneller: Die Handlung ist mehr in der Gegenwart verankert, auf der Erde tobt der kalte Krieg zwischen der Sowjetunion und den USA, das ganze Setting sieht viel mehr nach der damaligen Gegenwart der 80er aus als nach einer Vision der Zukunft. In 2001 gab es Raumstationen, den Flug zur Mondkolonie im Space Shuttle, das war alles viel futuristischer und visionärer als die paar Elektroautos, die in 2010 die Zukunft repräsentieren. Auf längere Weltraumflug-Sequenzen, Raumstationen, Bilder der Schwerelosigkeit etc. verzichtet Hyams fast vollständig. Überhaupt wird die wissenschaftlichere Herangehensweise teilweise (vermutlich im Hinblick auf die Zuschauererwartung) relativiert: Raumschiffe müssen auch im luftleeren Raum ein sonores Brummen von sich geben und Triebwerke gewaltig donnern - die Totenstille aus Kubricks Weltraumszenen dagegen war gerade das Erschreckende, da konnte man die Kälte des Raums fast spüren. - Davon abgesehen kommt aber auch hier noch ganz hübsche SciFi-Stimmung auf. Die Bilder von Jupiter und seinen Monden sind gelungen, man fühlt sich wirklich an einen fremden Ort des Sonnensystems versetzt, wo der Mensch eigentlich nichts zu suchen hat. Eine eindrucksvolle Sequenz ist der Flug zweier Astronauten von der Leonov zur Discovery, die vor der Kulisse des Jupitermonds Io im Raum rotiert. In keinem anderen mir bekannten Film ist ein kosmisches Vertigo so eindringlich eingefangen. - Insgesamt, und darüber muss man leider hinwegsehen, bewirkt der Film aber auch eine rückwirkende Banalisierung des Vorgängers: Die Erklärung, die beispielsweise für HALs mörderisches Wesen gegeben wird, wirkt doch recht trivial, ebenso die Friedensbotschaft am Ende des Films. Man merkt klar, dass hinter dem Mythos 2001 weniger die Idee Clarkes, sondern vielmehr die Vision Kubricks stand. Besonders auffällig ist deren Fehlen in Szenen, die Motive des Vorgängers wiederholen, wie beispielsweise die HAL-Reaktivierungsszene oder der große Zeitsprung (der hier vom Prolog in den Epilog versetzt ist). Hyams ist eben leider kein Kubrick. Dennoch ist 2010 aber für sich betrachtet ein ordentlicher SciFi-Film, der immer wieder gern gesehen ist.


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Geschrieben 18. August 2007, 15:48

The Quiet Earth (Geoff Murphy, 1985)

Ein ganz wunderbares Kleinod des SciFi-Genres, das seine Wirkung auch bei wiederholtem Sehen keineswegs verliert! Beginnend mit einem Last Man On Earth-Szenario und äußerst effektivem Einsatz eines kleinen Budgets wird nichts Geringeres als die Apokalypse selbst inszeniert. Wissenschaftler Zac (Bruno Lawrence) scheint der letzte Überlebende der durch ein globales Experiment ausgelöschten Menschheit zu sein. Wie sich herausstellt hat ihm ausgerechnet die Tatsache das Leben gerettet, dass er sich genau in dem Zeitpunkt das Leben nahm, in dem der durch das Experiment unfreiwillig ausgelöste, kosmische "Effekt" eintrat. Nach Durchleben von Schuld und Sühne in der ausgestorbenen Welt (dem neben dem Ende eindrücklichsten Teil des Films) trifft er jedoch auf zwei weitere Überlebende: die junge Frau Joanne und den neuseeländischen Ureinwohner Api. Es entspinnt sich ein eigentlich typisch melodramatisches Dreiecksverhältnis, das allerdings mit zusätzlicher Bedeutung aufgeladen ist, da jede Figur ein andere Weltsicht/Funktion repräsentiert (ratio/Spiritualität, weiß/schwarz, oben/unten usw.). Letztlich steht "Ω-Mann" Zac (wohl kein Zufall, dass sein Name mit dem letzten Buchstaben des Alphabets beginnt) wohl vor allem für eine eingekapselte idealistisch-solipsistische Weltsicht: Halb im Scherz leugnet er die Existenz seiner beiden Gefährten, am Ende ist er dann tatsächlich allein mit sich in seiner eigenen surrealen Welt. Ob das nun Himmel oder Hölle sei, bleibt offen. Auf einer mehr politischen Ebene enthält der Film natürlich auch eine Kritik der menschlichen Hybris und der prometheischen Schuld des Fortschritts. - Jedenfalls ein einzigartiger, großer Film!


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Geschrieben 25. August 2007, 16:13

Stardust Memories (Woody Allen, 1980)

Gehört für mich zu den allerbesten Allens: Ein Festival-Wochenende wird zum Selbsterfahrungstrip für Allens wegen seiner Komödien gefeierten Alter Ego Sandy Bates, das nicht mehr witzig sein will (Interiors?). Surrealistischer war Allen nie, großartig ist beispielsweise der Auftritt bei der eigenen posthumen Ehrung: Zuerst als Schatten auf der Leinwand, dann zum Trophäenempfang auf die Bühne tretend während im Hintergrund höllische Lavaströme fließen. Immer wieder vermischen sich die Erzählebenen von Erinnerung, Halluzination und Wirklichkeit, Schauspieler verlassen ihre Rollen, Produzenten, Kritiker und Fans kommentieren das Gesehene, der narrative Kurzschluss ist quasi Programm. Am Ende verlässt der Filmemacher allein den leeren Kinosaal, bevor das Licht erlischt. Auf die zwar mit leichter Hand gestellten, aber doch erdrückenden Existenzfragen gibt es aber doch das Angebot einer Antwort: Nach Niederstreckung à la John Lennon erinnert sich Bates an den einen perfekten Augenblick an einem Frühlingstag mit seiner damaligen Geliebten Dorrie (Charlotte Rampling). Vielleicht kann man tatsächlich nicht mehr verlangen oder auch nur erwarten, mit anderen Worten: »die einzige Transzendenz unserer individuellen Einsamkeit, die wir erfahren können, entsteht durch die konsensuelle Realität, die wir mit anderen schaffen, d. h. durch die Liebe zueinander« (Maturana).


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Geschrieben 04. September 2007, 18:20

The Plague of the Zombies (John Gilling, 1966)

Im Zuge der Hammerschen Wiederbelebung der klassischen Horrorfilme der 30er und 40er durfte natürlich irgendwann auch der Zombie nicht mehr fehlen. Die Idee des aristokratischen Zombie-Hexers stammt wohl aus Halperins White Zombie, der Plot ist hier aber von Haiti ins viktorianische England verlegt. Der Film ist auch noch ganz in der herkömmlichen Horrortradition verwurzelt. Es gibt einen villain, der für das Böse verantwortlich ist. Schrecken löst immer noch der Austausch von Körperflüssigkeiten aus, die Substanz zur Kontrolle ist nämlich Blut, das der Hexenmeister seinen Opfern (mit einem gaaanz raffinierten Trick) stiebitzt. Das sexuelle Erwachen der Frau wird misstrauisch beäugt: Zentral ist die Friedhofsszene mit der Exhumierung der Doktorsgattin, die sich vor den Augen der entsetzten Herrschaften in einen Zombie verwandelt - analog zu Lucys Erwachen in der Gruft, das in keiner Dracula-Verfilmung fehlen darf. Was will dieses neue Wesen, was ist das für ein lüsterner Blick? Adäquate Reaktion ist die symbolträchtige Enthauptung. - Im Finale wird dann endlich das eigentlich zentrale Motiv der versklavten Zombies aus White Zombie genutzt: Der böse Aristokrat lässt seine Opfer wie einst Hexenmeister Legendre für sich schuften, anstelle einer Mühle ist es hier nur ein Bergbau. Die expressionistische Kraft des Vorbilds erreicht Plague zwar nicht, glänzt dafür aber mit hammertypisch farbenfroher und sorgfältiger Ausstattung, guten Darstellern, tollen Makeup-Effekten und gediegenem Spannungsaufbau.


The Curse of the Werewolf (Terence Fisher, 1961)

Kaum ein anderer Werwolf- oder Gruselfilm nimmt sich wohl mehr Zeit, um die - im wahrsten Sinne - Geburt des Monsters zu inszenieren. Die ausführliche Vorgeschichte mit all ihren Verwicklungen und bösen Vorzeichen gibt dem Film ein Fundament für die Tragödie, die sich abspielen wird. Eine besonders schöne Szene ist die Taufe des Werwolfs: Im Taufbecken beginnt es zu brodeln, eine steinerne Fratze spiegelt sich im Wasser, während es draußen blitzt und donnert. Hier ist alles angelegt, kein bloßer Zufall reißt einen modernen Menschen in den Abgrund, das Böse ist quasi Erbsünde. Im Unterschied zu den anderen "klassischen" Filmmonstren ist der Werwolf die tragischste Figur (die Tränen im Vorspann!), das Grauen kommt aus dem eigenen Selbst, aus unkontrollierbaren Trieben. Zwar ließe sich argumentieren, dass auch Vampir oder Zombie bloß Projektionen innerer Zustände sind, aber beim Werwolf ist dieser Aspekt gewissermaßen morphologisch besonders zugespitzt: das Monster als psychischer und physischer Teil des Selbst. - Kurioserweise stand ja die Produktion des Films ebenfalls unter einem schlechten Stern, schließlich floppte der Film (auch durch Schuld der Zensoren) und Hammer schmiss das Werwolf-Thema für immer. Schade, denn ein Hammer-Remake von Frankenstein Meets the Wolf Man hätte ich zu gerne gesehen.


The Brides of Dracula (Terence Fisher, 1960)

Der Titel ergibt schonmal keinen rechten Sinn, denn einen echten Dracula gibt es im Film nicht, und auch keine echte Braut (nur eine Verlobte) - aber egal. Jedenfalls ist Brides die erste Fortsetzung zum 58er Dracula, zwar ohne Christopher Lee, dafür wieder mit Peter Cushing als Van Helsing. Der erste Akt des Films gefällt mir eigentlich am besten, der hat eine fast traumhafte Unwirklichkeit an sich, wirkt mehr wie ein Märchen: Die französische (= scharfe) Internatslehrerin muss dank der abergläubischen transsylvanischen Landbevölkerung die Nacht im Schloss der Baronin von Meinster verbringen, wo sie einen angeketteten Jüngling* vorfindet, der sie um Befreiung bittet. Diese Paar, das einander sofort zugetan ist, darf aber nicht zueinander finden, mit der Befreiung nimmt also das Grauen seinen Lauf. - Van Helsing gibt wieder den strammen Gotteskrieger, der mit dem Kruzifix bewaffnet in direkter Linie des Großinquisitors Torquemada zu stehen scheint: Die Reinheit des Blutes muss bewahrt werden! Und wie stark muss Van Helsings Glaube sein, wenn in seinen Händen sogar der Schatten einer Windmühle im Mondschein zur tödlichen Waffe wird! - Wäre es übertrieben zu sagen, dass letztlich die Kirche die Verbindung zweier Liebender verhindert hat? (Die Fußfessel am Jüngling als Symbol unterdrückter Sexualität des Mädchens bedarf wohl keiner weiteren Erörterung; ebensowenig die Bewertung der Tatsache, dass die Lockerung der Fessel/Moral hier nur Böses zur Folge haben soll.) - Abgesehen vom sittenstrengen Unterbau (oder vielleicht gerade deswegen?) ist das aber klar einer der besten Vampirflicks der Hammer Studios.

*) Lustigerweise war "Teenage Dracula" David Peel fast 40.

Bearbeitet von evoken, 04. September 2007, 20:02.


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Geschrieben 09. September 2007, 17:19

The Abominable Snowman (Val Guest, 1957)

Eigentlich ist der Film eine Utopie: Der bessere Mensch ist möglich, nur ist es nicht der homo sapiens selbst, sondern sein entfernter Verwandter. Bis zum Aussterben der Menschheit und dem Anbruch des neuen Zeitalters hält sich dieser Verwandte in den eisigen Höhen des Himalaya versteckt und wartet. Einzig der weise Lama im tibetanischen Kloster scheint das Geheimnis zu kennen, während die Expedition, die in die Welt der Yetis eindringt, feststellen muss, dass manches Geheimnis besser ungelüftet bleibt. - Wie schon bei den beiden schwarz-weißen Quatermass-Filmen stammen Idee und Skript von Nigel Kneale, die Regie führt Val Guest. Wieder wird der Mensch in einen größeren Zusammenhang gestellt und schrumpft in kosmischer Perspektive (nicht unähnlich der Vorgehensweise Lovecrafts) in die Bedeutungslosigkeit. Der humanistisch eingestellte Forscher (Peter Cushing) kann seine schießwütigen Begleiter nicht zur Raison bringen, ihre Gier treibt sie ins Verderben. Ähnlich wie in Lovecrafts Geschichte At the Mountains of Madness bleibt der Schrecken unsichtbar, kündigt sich nur durch ein unmenschliches Heulen im Wind an. Am Ende lautet die Moral aber: Das einzige Monster dort oben war der Mensch. - Das mag nun etwas abgeschmackt klingen, der Punkt wird aber glücklicherweise ohne großes Pathos gemacht. Auch der Mystizismus des Stücks bleibt nur angedeutet, beispielsweise befindet sich der Lama in einer eigentlich fast nebensächlichen Szene in einem unansprechbaren, tranceartigen Zustand. Die folgende Einstellung zeigt einen Flug über verschneite Berggipfel. Dieser ansonsten bloße establishing shot wird so mit dem zusätzlichem Bedeutungsgehalt der extrakorporalen Perspektive des Meditierenden versehen - ein Beispiel für die subtile Inszenierung des Films. Schön.


Captain Kronos - Vampire Hunter (Brian Clemens, 1972)

Was mir an den Hammer-Gruselstücken immer am besten gefallen hat, ist die überbordene, künstliche und "plüschige" Atmosphäre. Nichts will real wirken, die Farben sind viel zu satt, das Blut ist zu rot, die vernebelten Kulissen deutlich als solche erkennbar, die Dialoge theatralisch, die Darsteller eigentlich zu kultiviert für simplen Grusel. In diesem ästhetischen Milieu haben die besten Hammer-Regisseure (vor allem Terence Fisher) auch aus den ältesten Gruselkamellen immer straff erzählte, spannende Filme gemacht. Das alles wirft die Neukonzeption des Vampirfilms über Bord: Der neue Vampirjäger ist kein sittenstrenger Puritaner mehr, sondern eine Art Superheld mit buckligem Sidekick und niedlichem Betthäschen. Anstelle von Studiokulissen gibt es hauptsächlich Außenaufnahmen, größtenteils auch noch im hellen Tageslicht. Die aus ihrem natürlichen Habitat in ein nüchternes Wald- und Wiesenambiente verpflanzten Grusel-Elemente verlieren dadurch allerdings drastisch an Wirkung - beispielsweise wirkt ein Angriff der guten alten Hammerschen Gummifledermaus am hellichten Tag eher albern. Nun wäre es ja durchaus legitim gewesen, die mangelnde Atmosphäre durch rasante Nonstop-Action zu ersetzen. Aber auch das ist leider nicht der Fall: Der dünne Plot plätschert so vor sich hin, größere Höhepunkte gibt es bis zum Finale keine zu verzeichnen. Das wirkt alles tatsächlich mehr wie der Pilotfilm für die geplante (aber natürlich nie realisierte) Kronos-TV-Serie.


Frankenstein Created Woman (Terence Fisher, 1967)

Diesmal hat Frankenstein es geschafft: Flugs die Seele innerhalb einer Stunde nach dem Ableben eingefangen, den Körper repariert und die Seele zurück-transplantiert - und der Tod ist bezwungen! Es lässt sich sogar eine gefangene Seele in einem Kraftfeld konservieren und in einen neuen Körper verpflanzen. Und nicht nur das, es lässt sich sogar eine körperlose Seele quasi parasitär einem schon beseelten Körper beigeben. - Mal die philosophischen Implikationen für die alte Leib-Seele-Problematik beseite gelassen, führt die muntere Gott-ins-Handwerk-Pfuscherei natürlich wiedermal nur zu Verdruss. Die rachsüchtige Seele des unschuldig guillotinierten Hans wird in den Körper der entstellten Geliebten gepflanzt, die angesichts der Vollstreckung des krassen Fehlurteils den Freitod im Wasser wählte. Die nunmehr zwar körperlich Geheilte ist durch die Zweitseele aber leider schizophren geworden und nutzt die psychotischen Schübe zur Meuchelung der wahren Mörder. - Diese Frankenstein-Variation ist schon ganz interessant, weil sie von der rein organischen zu einer eher spirituellen Manipulation übergeht. Anstelle des zu transplantierenden Gehirns als organisch-eklige Substanz tritt eine geheimnisvoll leuchtende Sphäre, die keine physische Präsenz mehr hat. Auch das gender switching ist hier Thema, immerhin nutzt die während der Racheaktionen dominante männliche Seele ganz bewusst die weiblichen Reize seines/ihres Körpers und bandelt erotisch mit den männlichen Opfern an. - Diese diversen Konzepte sind allerdings theoretisch interessanter als der Film selbst, den ich doch eher zu den schwächeren Teilen der Frankenstein-Reihe zählen würde. Frankenstein selbst ist hier mehr Nebenfigur in einer recht konstruiert wirkenden Rache-aus-dem-Grab-Geschichte.


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Geschrieben 13. September 2007, 18:03

Unknown World (Terry O'Morse, 1951)

Aus Angst vor der Vernichtung durch den nuklearen Holocaust wird eine wissenschaftliche Gesellschaft gegründet, die sich der Aufgabe verschreibt, innerhalb der Erde nach einem sicheren Ort für das Überleben der Menschheit zu suchen. Mit einem Bohrgerät gräbt man sich also in immer tiefere Felsschichten bis man schließlich nach einigen Abenteuern auf eine riesige Höhle stößt, wo es Wasser und Licht gibt. Doch leider erweist sich die Hohlwelt als steril, aus irgendeinem Grund würde die Fortpflanzung in dieser Umgebung nicht funktionieren, so dass sich die Hoffnung auf Überleben unter der Erde zerschlägt. Kurz nach dieser Erkenntnis greift wieder die unumstößliche Genrekonstante: Der Vulkan bricht aus. Mit Glück schaffen es die Überlebenden der Expedition aber wieder an die Oberwelt, ein Downer-Ende wie in dem ebenfalls äußerst moralinsauren (Pseudo-)SciFi Rocketship X-M bleibt dem Zuschauer also netterweise erspart. Die Intention ist aber auch hier eine Warnung vor der atomaren Vernichtung. An die Stelle des abschreckenden Beispiels der Marsianer (die in Rocketship X-M auf Steinzeitniveau zurückfallen) tritt hier die Unmöglichkeit eines Überlebens unter der Erde. Die Grundidee ist sogar gar nicht mal so übel: Die Hoffnung auf Überleben in einer Höhle könnte man als gewünschte Rückkehr in den Mutterleib deuten. Dieser Regress in infantile Verantwortungslosigkeit ist aber natürlich keine wirkliche Problemlösung, was durch die Sterilität dieses Quasi-Uterus unter der Erde versinnbildlicht wird. - Leider sind die kleinen Abenteuer der Expedition aber doch eher fad geraten, außerdem fehlt der eigentliche Hauptteil des Stücks, nämlich die Erforschung der Unknown World. Dieser Teil ist ja bei Jules Vernes Vorlage und auch den meisten Filmversionen von Hohlwelt-Fantasy das eigentliche Kernstück, und ohne diesen Part wirkt der Film irgendwie unvollständig.


The Horror of Frankenstein (Jimmy Sangster, 1970)

Der einzige Hammer-Frankenstein ohne Peter Cushing in der Hauptrolle. Ihn ersetzt aber ein fabelhafter Ralph Bates: Dieser verjüngte Frankenstein ist skrupellos, arrogant und charmant, und noch wesentlich mordlustiger als jemals zuvor. Sangster macht aus der mittlerweile etwas alt gewordenen Frankenstein-Routine kein ernstes Gruselstück mehr, sondern inszeniert eine rabenschwarze Komödie. Mit der Shelly-Vorlage wird auch frei umgesprungen: Frankenstein ist beispielsweise überhaupt nicht an Elizabeth interessiert; nachdem sie verarmt und vaterlos geworden ist (Victor brauchte sein Hirn), bietet er ihr eine Stelle als Haushälterin an. Sangster, der schon zuvor Drehbücher für die Frankenstein-Reihe schrieb, zeigt sich als souverän mit dem Frankenstein-Stoff vertraut: Am Ende gibt es als Pointe des Films die Umkehrung der berühmten Szene aus dem Whale-Film, in dem die Kreatur ein kleines Mädchen in den See wirft und dadurch versehentlich umbringt. Hier ist es ein kleines Mädchen, dass ohne es zu wissen die Kreatur in einem Säurebad zerstört. - Insgesamt eine nette Abwechslung zu den Fisher/Cushing-Frankensteinen und ein sehr unterhaltsamer Film!


Dracula - Prince of Darkness (Terence Fisher, 1965)

Zweite Fortsetzung zum 58er Dracula, diesmal mit dem echten Dracula (Christopher Lee), dafür ohne Van Helsing (Peter Cushing). Die Rolle des Vampirkillers übernimmt allerdings ein gut aufgelegter Andrew Keir (Quatermass and the Pit), der einem Mönchsorden angehört, der mit dem Beseitigen von Vampiren offenbar bestens vertraut ist. Im ersten Teil des Films geraten zwei reisende Ehepaare trotz Warnung in die Fänge des zu dem Zeitpunkt noch staubförmigen Grafen, der jedoch dann von seinem Diener Klove in einer sehr effektvollen Szene wiederbelebt wird. Danach spielen sich wieder Motive aus Stokers Roman ab, es wird sogar eine kleine Ergänzung zum ersten Film vorgenommen, es taucht nämlich eine entomophage Renfield-Figur auf (Thorley Walters, Frankensteins Kollaborateur in Frankenstein Created Woman). Am Ende wird Dracula vom Mönch im Eis gefangen (und in der Fortsetzung Dracula Has Risen From the Grave ironischerweise von einem Priester wieder befreit). - Sehr schöne Fortsetzung dank der, wie immer, stilsicheren Inszenierung durch Hammers Nr. 1 Terence Fisher.






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