Kitanos Regenschirme
#91
Geschrieben 30. August 2007, 10:13
Da ich kein fanatischer Fan von Herrn T. bin, hab ich mir mit dem Besuch des Lichtspielhauses etwas Zeit gelassen. Und wurde umso positiver überrascht. Nach und nach stieg meine Laune, mehrfach mußte ich laut lachen (komisch: nur ich hatte gelacht...sonst niemand), bis sich die wachsende Begeisterung nach der Hälfte etwa in beinahe infantile Begeisterung hineingesteigert hatte. Fast hätte ich mit den Beinen gestrampelt. Und danach: war ich einfach nur glücklich.
Ein herrlicher Abend. Wahnsinn, wie er das macht: Dialoge inszeniert er wie kein anderer. Und darum geht's erstmal. Reden, quasseln, alles auf höchstem Niveau. Dazu die exploitative Kamera, die Darstellerinnen, die endlich mal nicht anorektisch sind, die tolle Musik. Und Kurt Russell ist sowieso der Hammer. Und wer sich noch für die filmhistorischen Bezüge, Zitate,usw. interessiert, bekommt auch noch einen ordentlichen Mehrwert.
Amusement auf höchstem Niveau.
8/10
#92
Geschrieben 30. August 2007, 19:26
Formal-ästhetisch wie inhaltlich völlig überzeugender Mega-Klassiker.
Jef Costello (Alain Delon) der Killer macht bei der Durchführung eines Auftrags einen Fehler und wird deswegen von allen Seiten gejagt: von der Polizei und von den Auftraggebern.
Das Thema des Films ist jedoch die Einsamkeit des Killers, was Melville auf formaler durch eine äußerst kalte und reduzierte Inszenierung realisiert. Die Sets sind sehr karg, und es wird sehr wenig gesprochen. Costello spricht quasi fast nie. Ich hab auf den Counter geschaut, es vergehen am Anfang 9 min 30 sek, ohne daß eine Person etwas gesagt hätte. Auch der wunderbare Score wird sehr spartanisch, dafür umso effektiver, eingesetzt.
Dieser Film ist ein prächtiges Beispiel dafür, daß weniger mehr sein kann.
9/10
Vom Gefühl her müßte man jetzt Coppolas Conversation hinterherschieben.
Bearbeitet von deadpointer, 30. August 2007, 19:29.
#93
Geschrieben 01. September 2007, 08:46
In einem nicht mehr kontrollierbaren Anfall von Kinolust hab ich mir spontan diesen Film ausgesucht.
Und es war auch ein sehr schönes Kinoerlebnis. Es war sehr leer, niemand hat etwas gegessen. Der Film war auch sehr eindrücklich, vor allem die Blues-Szenen. Und ich mag keinen Blues. Aber wenn Samuel L. Jackson zur Gitarre greift, dann singt das schwarze unterdrückte Volk sein Leid heraus. Zumindest tut er so.
Nach etwas mehr Reflektion allerdings, wird der Film problematisch. Er will einfach zu viele Genres bedienen und zu viele Themen bündeln. Pulp- und Sexploitation, Gesellschaftssatire und Liebesdrama, Kriegsdrama und Adoleszenzgeschichte, Mißbrauch, Sklaverei, Fremdenfeindlichkeit, Musikfilm und Südstaatenepos. Vergessen hab ich noch...
Und wenn der große schwarze Mann die kleine Blonde in Ketten legt und damit die Machtverhältnisse verkehrt, dann könnte das wie eine schrecklich moralische Kritik daherkommen. Tut es aber nicht, denn da bekommt der Film einen leisen humorvollen Ton; Jackson tut das nämlich ausschließlich aus Selbstschutz vor der rasenden Nympho-Lolita. Solche Kleinigkeiten tragen dazu bei, daß der Film letztendlich doch funktioniert, auch wenn er oft genug kippen könnte. Ich mein, wer Justin Timberlake besetzt, hat Nerven. Aber der ist ganz gut als zerrütteter All-American-Boy.
Vielleicht kein großer Wurf, aber dennoch zu beachten.
6/10
#94
Geschrieben 01. September 2007, 17:45
Das Remake des Bruce Lee-Klassikers löst überall Stürme der Begeisterung aus. Nur nicht bei mir.
Die dünne Story ermöglicht den Rahmen für allerlei Kämpfe, die anscheinend sowas von state of the art sind, daß man's kaum glauben kann. Nee nee. Ich fand's zu schnell. Die Zeitraffer-Scheiße find ich total beknackt. Und die Demonstration der Ultrahärte des japanischen Kämpfers einfach nur superkindisch: Kino für 12-jährige.
Ansonsten geht natürlich die Post ab: viel action, wenig Hirn. Zum Glück ist die Schauspielerleistung akzeptabel. Der latente Patriotismus ging mir auch übelst auf das unter der Gürtellinie.
Wenn das der beste Jet Li ist,....und was ist das schon wieder für ein Scheiß Englisch im Titel?
3/10
Bearbeitet von deadpointer, 01. September 2007, 17:47.
#95
Geschrieben 01. September 2007, 22:01
Wer einmal Nacht des Jägers gesehen hat, dem mag es schwer fallen, sich Robert Mitchum als good guy vorzustellen.
Ein Kindheitstrauma bricht sich immer wieder Bahn, und das Gefühl, nie am richtigen Ort zu sein und ständig verfolgt zu werden, läßt ihn nicht zur Ruhe kommen. Zudem scheint er das Unglück permanent anzuziehen, und als Besitz und Liebe noch anfangen eine Rolle zu spielen, da macht er sich viele Feinde, auch in der eigenen Familie.
Wunderbar erzählt in s/w, mit vielen sehr dunklen Sets erinnert er an den Film Noir, aber ebenso an die Filme John Fords, an den man ja eigentlich denkt, wenn das Monument Valley ins Bild gerückt wird. Und diese Erzählkunst Walshs läßt einen dann auch die eine oder andere kleinere unbefriedigende seichte Stelle des Films übersehen, schließlich haben wir es auch mit einem Film von 47 zu tun. So erklärt sich dann wohl auch das versöhnliche Ende.
Spannend und schön.
7/10
#96
Geschrieben 02. September 2007, 16:56
Ein wahnsinns Actionfilm! Bei der ersten Sichtung fand ich den solala, jetzt aber hat er mich voll überzeugt. Nicht wegen der überdrehten Kletterszenen, bei der Sly jeden Griff anspringt, oder des etwas komischen Plots mit den Flugzeugen und den Gangstern und dem Geld. Sondern: wegen der Ökonomie. Dieser Film gibt nach gut 20 Minuten so richtig schön Gas, und hält das Tempo bis zum Schluß. Daß der Film zwei Stunden geht, das merkz man gar nicht! Und das Drehbuch erzählt halt auch nur diese Geschichte, und versucht nicht noch 20 andere Zielgruppen anzusteuern.
Die herben Stunts machte der deutsche Sportkletterer Wolfgang Güllich (RIP), der diese seilfreien Solos als ein "paar unbedeutende Gymnastikübungen" bezeichnete. Und er war nie ein Aufschneider! Zusammen mit Ron Kauk war er für die Kletterszenen verantwortlich, und sie waren wesentlich daran beteiligt, daß diese Szenen (außer der ersten, die ist reality) nicht noch überdrehter gestaltet wurden (der Absturz des Mädchens ist hanebüchener Quatsch, wenn man etwas von Equipment versteht - Das sei gesagt: es ist aber nicht so beknackt, wie die Szenen in Descent... Da stimmt überhaupt nix). Die Idee zum Film stammt von John Long, Kletterlegende aus dem Yosemite, der in dieser Phase seines Lebens jeden Dollar brauchte, da er jahrelang wie ein Vagabund im Camp 4 gelebt hatte um sich ausschließlich der Kletterei (und den Mädels) zu widmen.
Ein guter Actioner, der allzuviel Bombast vermeidet und durchgehend spannend ist.
7/10
#97
Geschrieben 03. September 2007, 09:39
Herrlicher Jugendfilm, der voll mein Wehmutszentrum trifft.
Ein Schriftsteller erinnert sich an seine Jugend, als er mit seinen drei Freunden aufbrach, um die Leiche eines toten Jungen oben in den Wäldern, am Ende der Eisenbahnlinie zu sehen. Rob Reiner nutzt diese Ausgangssituation für ein Portrait der Ängste und Nöte der Jungen, um eine Freundschaftsgeschichte zu erzählen. Das Skandalon "toter Junge" tritt dabei ganz in den Hintergrund.
Die Kamera findet herrliche Bilder und oft werden ganz banale Sachen gezeigt: wie sie gemeinsam schwimmen, am Feuer liegem, wie große Männer eine Zigarette rauchen, sich auf einem Schrottplatz herumtreiben.
Für mich eine Herzensangelegenheit.
9/10
#98
Geschrieben 03. September 2007, 12:48
Im Stil der US-Aufklärungsfilme (50er? 60er?) arrangierte Zombiepersiflage, die anhand der amerikanischen Familie Henderson ("the Hendersons") zeigt, wie man sich in einem Zombie-Ernstfall verhalten solle. Alle Bemerkungen zum Inhalt muß ich mir leider verkneifen, da ich unweigerlich spoilern müsste... Ich kann nur sagen: sehr intelligent und lustig gemacht. Besonders, daß der Zombie-Virus von den Kommunisten erfunden und dann via Rakete von Rußland abgeschickt über Amerikkka versprüht wurde. Sehr ironisch, sehr unterhaltsam, und nimmt viele Zombie-Film-Standards gekonnt aufs Korn. Leider nur 14 min.
9/10
#99
Geschrieben 07. September 2007, 15:13
Scarface (1983) von Brian de Palma hat es mir wieder mal voll eingeschenkt. Die Geschichte vom Aufstieg und Fall des kleinen Ganoven Tony Montana ist mir ähnlich ans Herz gewachsen wie die des Serpico. Besonders das letzte Drittel, in dem sehr eindrücklich gezeigt wird, daß Reichtum und Macht schnell zum Fluch werden können. Der Druck auf Montana und damit einhergehend seine Vereinsamung und zunehmende Verrohung gehören zum besten, was Al Pacino auf der Leinwand geboten hat. Großes Gangsterepos. 9/10
#100
Geschrieben 08. September 2007, 10:29
Anschließend ging's noch weiter zurück: Slacker (1991). Das Prinzip ist ähnlich: die Kamera folgt über 24 Stunden hinweg den unterschiedlichsten Personen ("Herumtreibern"/ "Generation X"), die alle irgendwie miteinander in Kontakt kamen. An den Knotenpunkten schlägt sie immer einen neuen Weg ein, und zeigt so immer einen anderen Ausschnitt der "Realität" von Austin/Texas, Linklaters Heimatstadt. Er nimmt hier keine Rücksicht auf dramaturgische Aspekte, oft gennug wünscht man sich, daß sie doch bei dieser oder jener Person länger verweilen möge, doch meist schon nach kurzer Zeit, über eine neue Begegnung, driftet die Kamera weiter. Linklater erreicht so ein pseudo-dokumentarisches Portrait einer Jugend, in dieser Stadt, an diesem Tag, zu genau dieser Zeit. Ein Film ohne Handlungsbogen, aber deutlich werden hier schon die Sujets des Linklaterschen Kosmos, die auch in seinen späteren Filmen eine Rolle spielen werden. So erscheint sein filmisches Schaffen sehr konsistent. 8/10
#101
Geschrieben 10. September 2007, 19:07
Eastwood alias Terry McCaleb jagt einen Serienkiller. Bei einer Hetzjagd bricht er zusammen, weil zu alt. 2 Jahre später erholt sich von einer Herztransplantation, die ihm "neues Leben" geschenkt hat, doch nun muß er feststellen, daß seine Blutanalyse zu einem weiteren Mord führt. Über mehrere Plottwists hinweg steigern sich die ungeheuerlichen Zusammenhänge, bis....
Etwas überstrapaziert-verschlungene Konstruktion, möcht ich mal sagen. Dennoch weitgehend sehr fesselnd. Der Showdown ist leider etwas zu gewöhnlich, aber dieser Film will ja auch kein "Meister***k" sein, sondern nur ein kleiner harter Thriller. Und das gelingt ihm durchaus.
6.5/10
#102
Geschrieben 12. September 2007, 10:10
Zu Zeiten der Tang-Dynastie, China im 10. Jahrhundert: das Chong Yang (Chrysanthemen)-Festival steht an. Doch im Herrschaftspalast stehen die Uhren keineswegs auf Party. Die Herrscherin (Gong Li) unterhält seit geraumer Zeit eine erotische Beziehung zu ihrem ältesten Zieh-Sohn, dem offiziellen Thronfolger, dessen schlechtes Gewisswen sich rührt. Ihre eigenen beiden Söhne haben auch ihr Päckchen zu tragen: der ältere ist ein Kriegsheld, der vom Vater aber hintenan gestellt wird, der jüngste ist auf alles eifersüchtig, da er sich prinzipiell benachteiligt sieht und sich nicht für voll genommen fühlt. Die Situation eskaliert langsam, als die Herrscherin erfährt, daß in der ihr verabreichten Medizin, die sie seit langem gezwungen wird einzunehmen, ein giftiger Pilz beigemischt wird. Der Herrscher betreibt ihre zunehmende Vergiftung... Nun versucht sie sich dagegen aufzulehnen.
Dieser Film ist ein fulminantes Historien-Epos, das sowohl in Dramaturgie, Spannung, Ausstattung (sowieso), action und Darstellerleistungen vollkommen überzeugt. Chow Yun-Fat und Gong Li gehören ja eh zur allerersten Garde, aber auch die Nebendarsteller sind sehr gut. Wer natürlich auf viel Martial Arts hofft, der wird evtl. enttäuscht sein. Alle anderen sollten dieser shakespearesken Tragödie eine Chance geben, die weniger pathetisch ist als House of Flying Daggers.
8/10
#103
Geschrieben 17. September 2007, 13:20
Alien von Ridley Scott ist tatsächlich von 1979. Das muß man sich mal klarmachen... Vor allem da der Film in fast keinem Moment angestaubt wirkt. Abgesehen von Ripleys Flash Dance-Frisur und den Chucksähnlichen Schuhen sieht man dem Film sein Alter überhaupt nicht an. Die paar Schockmomente kennt man jetzt nun ja auch schon, man kann sich also ganz auf die herausragendste Qualität des Films einlassen: die Atmosphäre. Und in diesem Punkt ist dieser Film Weltklasse. Etwas billig wird's dann doch in dem einen Moment, wenn die Kamera Ripleys knappes "Höschen" ins Visir nimmt, und kurz darauf schon von unten das halbdurchsitige Leibchen, unter dem sich ihr wißt schon abzeichnet (Die Szene in der sie in den Raumanzug steigt, bevor sie den Alienpenis ins All bläst). So gesehen ist diese Aufladung vielleicht sogar geglückt. Evtl. könnte die Perspektive sogar die des sich versteckenden Aliens sein, dann wäre das natürlich super. [ein authentischer Gedankengang...] Jedenfalls: werde ich sicher noch xmal anschaun in meinem Leben. 9/10
Der Pate von Herrn Coppola ist noch älter: 1972. Und für mich immer noch der Beste Mafia-Film ever. Man denke an die toll inszenierte Hochzeit, den Tod des Don in den Tomatenstauden, oder meine Lieblingspassage: Michael (Pacino) in Sizilien. Der Film hat eine epische Wucht sondersgleichen, und bleibt dennoch ganz bei seinen Figuren. Herrjeh! 10/10
#104
Geschrieben 18. September 2007, 13:13
Mario Puzo's The Godfather Part II F.F. Coppola, USA 1974
Teil 2 ist eine sehr gelungene Fortsetzung des Epos; einerseits wird die Story um Michael Corleone (Pacino) weiterentwickelt, andererseits aber Vitos Geschichte (ehemals Brando, jetzt DeNiro) in Rückblenden nacherzählt. Diese Rückgriffe finde ich auch sehr gelungen, besonders die erste: Vito als kleiner Junge an der Hand seiner Mutter sprechen bei Don Cicci vor, der nicht nur seinen Vater, sondern seinen Bruder ermordet hat. Was für ein absurde Situation! Seine Mutter bittet den Don, Vito, den einzigen Jungen der ihr jetzt noch bleibt, zu verschonen. Doch Don Cicci schlägt ihr die Bitte ab, er fürchtet die Rache Vitos, wenn dieser zum Mann geworden ist. Von da ab ist Vitos Leben, der alles mit großen Augen betrachtet, keinen Pfifferling mehr wert. Die Mutter weiß das auch und greift Cicci an, ein Scherge bläst sie mit der Flinte in die Büsche, und Vito rennt um sein Leben. Coppola verdeutlicht auch sehr gut, daß Cicci die zukünftige Rache nicht persönlich nimmt, sondern es als ein Gesetz, beinah als Naturgesetz, akzeptiert. Der Sizilianer muß so handeln. Sehr stark ist auch die Kamera, die Location, das Licht. Wie die Mutter mit dem Kind den langen Weg entlang geht, ist ein wunderschöner Moment.
Im "aktuellen" Erzählstrang nimmt Michael die Fäden in die Hand und muß sich gegen alle möglichen Anfeindungen durchsetzen, wobei unter dem ständigen Druck auch seine Familie zu zerbrechen droht. Außerdem muß er einen Spion in den eigenen Reihen entlarven. Am tollsten fand ich dabei, wie es erreicht wird, daß Michael zwar zum mächtigsten Mann aufsteigt, aber gleichzeitig immer um seine Autorität kämpfen muß. Ihm fehlt noch die Grandezza des Don Vito, die persönliche Aura. Zudem vereinsamt er immer mehr, je mächtiger er wird.
Ein Prozeß, der auch in Scarface zu bemerken ist: Tony Montana wird in seiner Macht immer einsamer und gefährdeter. Wem kann man in so einer Position noch trauen? Herrscher und die Probleme der Machterhaltung: Machiavelli, Macbeth, Richard II, Tony Montana, Michael Corleone, Anthony Soprano.
Trotz der tollen Fortführung hat der Film nicht die Wucht und Eleganz des ersten Teils.
8/10
#105
Geschrieben 20. September 2007, 23:02
Harada (ein Polizeibeamter) lebt in Tokyo mit seiner Schwester in einer kleinen Wohnung nah den Bahnschienen. Die Kinder vom Lande, früh verlassen von den Eltern, mußten sich selbst durchschlagen; umso erfreulicher, daß sie es nun aus eigener Kraft zu bescheidenen Verhältnissen geschafft haben. Jeden Morgen fahren sie gemeinsam in die Stadt. Er geht ins Präsidium, Noriko in die Schneiderschule. Fröhlich winkt er ihr zum Abschied, wie er sich Richtung Stadtzentrum wendet, sie lächelt zurück. Auf der obersten Stufe jedoch wendet sie sich um, geht zurück, und streunt den Rest des Tages durch die Megalopolis. Die Kamera findet tolle Bilder der Menschenmassen, und wie sich nach und nach das Schicksal dieser beiden herausschält, da ist deutlich, daß hier noch tausende Geschichten erzählt werden könnten. Noriko also läßt sich mit zwei üblen Typen ein, und ihr Bruder kommt zufällig dahinter. Als er ihr den Umgang mit ihnen verbieten will, zeigt sie sich uneinsichtig. Alles Zureden hilft nichts. Er beginnt, ihr heimlich zu folgen. Hinein in ein Liebeshotel etwa, wo sie sich zum Schäferstündchen mit dem schleimigen Nakagawa trifft. Im weiteren Verlauf spitzt sich die Handlung zu, bis plötzlich der Liebhaber tot am Boden liegt: und Noriko scheint schuldig zu sein. Die Beziehung der beiden Geschwister steht vor einer harten Prüfung.
Für das Drehbuch war Großmeister Kaneto Shindo (Edo Porn, Battle of Okinawa, Onibaba) verantwortlich, und -ganz im Ernst: was hier Hideki Takahashi (Irezumi ichidai und Elegy of Violence, Seijun Suzuki; Friendly Killer, Teruo Ishii) als Harada abliefert ist ganz großes Darstellerkino. Der Mann hat eine Präsenz, der füllt den ganzen Film damit. Und daß aus dem Großstadt-Darstellerkino ein kleiner feiner Thriller wird, das hat der Spannung auch nicht geschadet.
7/10
#106
Geschrieben 21. September 2007, 10:57
Takezo (Toshiro Mifune) und Matahachi, zwei jugendliche Grünschnäbel, wären ach so gerne richtige Samurai und rennen begeistert in den Krieg. Man will sein Mannsein beweisen und gerät unverblümt in die bekannteste spätmittelalterliche Schlacht Japans: in den Kampf von Sekigahara (1600). Diese markiert historisch den Wendepunkt von der chaotischen Sengoku-Zeit hin zur (gewalttätig) befriedeten Tokugawa-Periode. Mehr tot als lebendig überleben sie das Gemetzel, und eines müßte selbst ihnen klar sein: zum Samurai ist es ein weiter Weg. Hier wiederholt sich Mifunes Begehr, denn im bekannteren 7 Samurai von Kurosawa -entstanden im selben Jahr!- spielt er die ganz ähnliche Rolle eines Bauernlümmels, der so gern ein Samurai wär. Er tollt herum, schreit, grimassiert, strampelt mit den O-Beinen und holt die Laute ganz tief hinten aus der Kehle heraus. Denn er wird gejagt und verfolgt. Takezo rennt. Nur einmal, da baumelt er an einem Baum 15 Meter über dem Boden: der weise Mönch Takuan hat ihn gefangen, und will ihn zum "echten" Samurai erziehen, und dazu ist erstmal die mentale Einstellung wichtig, wie wir wissen. Takezo sieht das allerdings anders, und wird zu seinem eigenen besten für drei Jahre in einen Raum gesperrt, in dem sich nur Bücher befinden. Eigentlich eine schöne Vorstellung. Doch das Schwert juckt, und die Zeit wird auch zur harten Prüfung, da Akemi ein zartes Pflänzchen der Liebe in sein Herz gepflanzt hat. Am Ende wird er als gereifter Samurai aus dem Schloß entlassen, um sich Ruhm und Ehre auf seinen Wanderungen zu verdienen.
Fantastisch gefilmt, tolle Naturaufnahmen in schöner kräftiger Farbe wechseln mit etlichen Kämpfen, bei denen Takezo häufig gegen eine Übermacht an Gegnern bestehen muß. Verknüpft ist alles mit einer sehr melodramtischen Liebesgeschichte, die sich um mehrere Ecken windet, bis sich die richtigen finden. Der Film ist bisweilen sentimental und auch altbacken, aber auf eine schöne Art und Weise; man denke an Doktor Schiwago. Und dann kommen ja noch zwei Teile...
7/10
#107
Geschrieben 23. September 2007, 18:30
"Ich komm aus Kreuzberg, du Muschi!"
Drei Freundinnen aus Kreuzberg werden portraitiert. 15 Jahre alt, die Väter haben sich längst aus dem Staub gemacht, und was zählt ist ne freche Klappe, der Typ aus der Dönerbude, Saufen, Jungs generell. Skandalös! Unsere Jugend! könnte man denken, bevor man diesen Film gesehen hat. Daß das alles längst nicht so schwarz/weiß ist, stellt sich recht schnell heraus. So ist es der Regisseurin hoch anzurechnen, eben KEINE aufgeblasene Frontal 21/Spiegel TV- Nummer gemacht zu haben, sondern eine an und für sich sensationslose und ihren Protagonistinnen scheinbar "gerecht" werdende Doku. Mit zunehmender Spielzeit stellte sich der Gedanke ein, daß hier die Mädels oft viel erwachsener sind, als ihre Eltern. Der Großteil der Klöpse kommt nämlich von ihnen; und dafür wursteln sie sich eigentlich gut durch!
7/10
#108
Geschrieben 24. September 2007, 18:41
Das Sequel zu Musashi Miyamoto zeichnet sich vor allem durch einen hohen Bodycount aus; mittlerweile ist Takezos Ruhm gewachsen, alle kennen den ihm vorauseilenden Ruf eines meisterhaften Swordmans, und die Neider und jungen Sturm und Dränger wollen natürlich ihre Kräfte messen. Dafür liegen sie bald mit dem Gesicht unten im Dreck. Musashi jedoch ist keine Heldengestalt. Der Zuschauer sieht nämlich hinter die Fassade; von verschiedenen Seiten wird ihm gesagt, daß ihm das Zeug zum richtigen Samurai abgehe. Er sei zwar unglaublich stark, aber geistige Größe habe er nicht, er könne z.B. nicht vergeben. Zudem streiten sich zwei Frauen um seine Zuneigung; Otsu aus Teil 1, und jetzt auch Akemi. Musashi jedoch liebt sein Schwert. Im Zentrum der Handlung steht die Auseinandersetzung mit dem Yoshioka-Clan, mit dem es am titelgebenden Tempel erst ein Gemetzel, dann ein Duell mit deren sensei Seijuro Yoshioka geben wird. Außerdem wird die Person des Kojiro Sasaki eingeführt, einem weiteren Schwertmeister, der sich mit Musashi messen will. Dieser scheint ein wahrhaftiger Gegner zu sein, doch bis die Zeit reif für das Duell ist (ich vermute im Teil 3), vergewaltigt er erstmal Akemi.
Trotz der neuen Personen und zahlreichen Kämpfe dümpelt der 2. Teil etwas vor sich hin. So richtig Zug ist da nicht dahinter; postiver ausgedrückt: relaxt aber mit Gewaltspitzen.
5/10
#109
Geschrieben 24. September 2007, 23:13
Der dritte Teil ist vielleicht der beste, weil ausgeklügelste. Dennoch hab ich mich öfter gelangweilt. Hier finden alle Themen zusammen: Inagaki findet eine tolle Balance zwischen action Swordfight und Liebesmelodram; die offenen Fäden werden zusammengeführt und ausformuliert, und trotzdem... war er irgendwie...langweilig, teilweise. Mifune alias Takezo alias Musashi Miyamoto findet zu erhabener Samurai-Größe, der nichts mehr beweisen muß. Er spielt ihn mit einer Würde und Reife, da kann man sich kaum vorstellen, wie er noch im 1. Teil ein wildes Pferd war. Koji Tsuruta (als Kojiro Sasaki) ebenso: gut. Der Geck, der Faun und Karrierist im Samurai-Pelz gefällt als Opponent und teils zwielichtig-abstoßende, teils eitle Verführergestalt. Plötzlich taucht Takashi Shimura auf, wie aus dem nichts, und ebenso verschwindet er wieder...wie schade. Otsu (Kaoru Yachigusa) leidet wieder unglaublich unter den Komplexen Musashis, dem sie doch schon längst vergeben hat. Zwischendurch wird noch ein 7 Samurai-ähnlicher Plot eingefügt, der die beiden zusammenfinden läßt, und zeigt, wie relaxt Musashi geworden ist. Bauer sein ist auch schön! Und außerdem kann man so den Film auf über 1,5 Stunden aufblasen. Nu ja, schlecht ist er beileibe nicht, aber da fehlt etwas die Leidenschaft des Filmemachers, dem vor Begeisterung die Gäule durchgehen. Das ist irgendwie zu ordentlich strukturiert, und nimmt dem Film gerade dadurch die Kraft. Anders kann ich mir meine (relative) Enttäuschung nicht erklären...
Ach ja, der Schlußkampf -Mifune vor der aufgehenden Sonne am Meer- ist schlicht geil.
5/10
Bearbeitet von deadpointer, 24. September 2007, 23:15.
#110
Geschrieben 25. September 2007, 11:10
Nach einem Arztbesuch heut früh, der mir einen Virus in meinem Magen attestiert hat (diese Krämpfe! bitte schieß mir in den Kopf!), da war es mir nach Virusfilm. Und diesem Schlachtfest wollte ich sowieso noch eine zweite Chance einräumen. Ich - kein Romero-Purist, war von dem Film damals nicht so getollschockt wie viele meiner Freunde, die sich in ihren Heiligenschrein gepinkelt ähh...fühlten. Der Film hat auch Gutes: da wäre Sarah Polley und der starke Anfang, und dann eben ein ziemlicher brachialer Actionrest hintendran mit vielen unnötigen, aber schönen Gewalteruptionen. Man mag ja die lethargischen Wanker lieben, aber diese fiesen Schnellrenner freaken mich voll aus, das hat auch schon 28 Days Later gut geschafft. Die Kulturkritik beschränkt sich natürlich auf ein paar arschlahme Platitüden, "Ihr bekommt euren eigenen Fernseher!". Und das geborene Zombiekind ist fast genauso schlecht wie der Ju-On (2) Kopf, der wie ein Fußball über den Asphalt rollt. Und dann mal im Ernst jetzt: daß hier das Rad neu erfunden wird, das hatte doch damals sowieso keiner geglaubt.
5/10
#111
Geschrieben 25. September 2007, 15:40
Die beiden Lovebirds Neal und Madeline wollen auf auf Haiti heiraten, wohin sie Plantagenbesitzer Beaumont eingeladen hat. Das nicht ohne Hintergedanken, ist dieser doch scharf auf die Braut. Mit Hilfe des zwielichtigen Murder Legendre (Bela Lugosi), der in seiner Mühle Zombies arbeiten läßt, heckt Beaumont einen teuflischen Plan aus...
Der Film erinnert in seiner expressionistischen Ästhetik stark an einen Stummfilm. Die düstere Atmosphäre der umtosten Insel wird gelungen eingefangen. Häufig werden (heutige) Horror-Standards wie das Schloß auf den Klippen bemüht (etabliert), oder der Sarg der Halb-Toten in der Gruft. Nun ja, mäßig spannend nur war es zudem. Für Liebhaber des Genres, die sollten auch mal die deutsche Synchro anschalten. Da gruselt es einen dann wirklich wie mit einem ethno-synthie Soundtrack das Voodoo-Fieber musikalisch evoziert, und der Film dabei entstellt wird.
6/10
#112
Geschrieben 26. September 2007, 11:24
Der Doc kommt aus dem Gefängnis und will den schon lange geplanten Supercoup -einen Diamantenraub- durchführen. Hierfür braucht er mehrere Helfershelfer, unter anderem den zwielichtigen Buchmacher Cobby, den Einbrecher und Schläger Dix (Sterling Hayden), oder den Anwalt Emmerich, der als Geldgeber fungieren soll. Ziel der Aktion ist für einige der Beteiligten "für immer ausgesorgt zu haben", und man ahnt, daß sich da noch das eine oder andere Problem in den Weg stellen wird.
Eine Variation des "perfekten Verbrechen"-Films, die sich nicht nur dadurch auszeichnet, daß eigentlich nur die Welt der Ganoven dargestellt wird, sondern auch durch hervorragende Schauspieler, Tempo, Spannung, gebrochene Charaktere und eine teils bedrückende Film-Noir Stimmung. Ich glaube, in der gesamten Einbruchsszene wird so gut wie kein Wort gesprochen. Huston, THE man.
9/10
#113
Geschrieben 26. September 2007, 14:34
Die Schwestern Esther und Anna, sowie deren Sohn Johan, reisen mit dem Zug durch ein nicht genanntes Land. Es scheint kurz vor einem ausbrechenden Krieg zu stehen. Esther, eine Übersetzerin, ist schwerkrank, und man unterbricht die Reise, quartiert sich in einem mondänen Hotel in einer nicht genannten Stadt ein (in Polen?), und hofft auf Besserung Annas. Die beiden Schwestern sind sehr unterschiedlich: Esther ist die rational-intellektuelle, Anna die emotional-freizügige. Kommunikation findet kaum statt, ihr Schweigen hat etwas latent Aggressives. Obwohl Esther gewohnt ist, mit Worten umzugehen, kann sie nicht die richtigen für ein Gespräch mit Anna finden. Diese reißt aus ins nahe Kaffeehaus. Die zurückgebliebenen nähern sich über die Liebe zu Anna an, lernen sich besser kennen. Johan schweift durchs Hotel und begegnet einer Karnevals-Zwergen-Truppe. Anna bringt einen Mann ins Hotel und verschärft die eh schon angespannte Situation.
Intensives Kunstkino. Geile Kamera, tolle Darsteller, die mit einem Zucken der Mundwinkel mehr sagen als mit Worten. Annas zunächst unterkühlte erotische Ausstrahlung ist sehr faszinierend. Der Kontrast aus Schweigen, Kälte, Kommunikationslosigkeit, passiver Gewalt und Erotik fesselt ungemein. Ach ja, obwohl netto wenig passiert, bleibt der Film ständig spannend.
8/10
#114
Geschrieben 01. Oktober 2007, 20:54
Schlammige HBO-Western-Serie, die noch zu Westwärts!/Goldrush-Zeiten spielt, inhaltlich aber Spätwestern ist. Durchweg spannend und knackig gespielt, geht sie mir aber nicht richtig emotional tief rein. Auf jeden Fall aber sehenswert.
6-7/10
#115
Geschrieben 03. Oktober 2007, 15:17
Auf diesen Film hab ich mich sehr gefreut, hatte mich Requiem, und zuvor 23 doch zutiefst beeindruckt.
Er spielt an der deutsch-polnischen Grenze, Frankfurt/Oder, und in 5 Erzählsträngen werden altmanesk die Geschichten und Schicksale der Figuren ausgebreitet. Etwa des Paars aus Kiew mit dem kleinen Kind, das über die Grenze geschleppt werden will, über einen Russen, der sein Glück in Berlin machen will, über einen jungen Architekten (August Diehl), der sein erstes Projekt in Polen realisiert, oder über einen Matratzenverkäufer (Devid Striesow), der Pleite geht. Allesamt Geschichten über Wendepunkte im Leben, kurz vor dem Scheitern, oder welche mit noch etwas Hoffnung am Horizont. Insgesamt aber alle sehr traurig bis niederschmetternd.
Schmid wählt häufig die Handkamera, Hinweis: Realität. Dazu Sounds von Notwist. Trauriges Elektronikgeknistere, was ich ja sehr mag. Aber manchmal vielleicht etwas sehr auf die Depressionsdrüse drückend. Für mich wiedermal ein Beispiel für starkes deutsches Kino.
9/10
Bearbeitet von deadpointer, 03. Oktober 2007, 15:21.
#116
Geschrieben 04. Oktober 2007, 21:06
Sehr schöne Nachkriegs- und Adoleszenz-Geschichte über einen einsamen und schüchternen Jungen, Harry, und die draufgängerische Monika, gerade mal 17 Jahre alt. Beide werden im Job drangsaliert, und aus ihrer spontanen Begegnung entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die zu einer Flucht-, besser Ausreißererzählung wird. Eine romantische Flucht vor der Gesellschaft beginnt. Sie verleben einen Sommer auf dem Boot von Harrys Vater, schlagen sich durch, klauen Essen, lieben sich. Groß sind die tollen Bilder: Landschaften von natürlicher Schönheit, und diese Natürlichkeit spiegelt sich wieder auf dem Gesicht Harriet Anderssons. Dann wird Monika schwanger, sie kehren in die Stadt zurück (Stockholm), und Harry versucht sich um seine Frau, und sein junges Mädchen zu kümmern. Die Stadtbilder wirken rauh und dennoch ironisch künstlich: dort geht es zu wie auf einem Puppentheater. Auch Monika wird erst in der Natur natürlich, in der Stadt läßt sie sich von den Bildern des Kinos "verführen", und will eine ebenso dramatische Liebe erleben, wie die Heldin auf der Leinwand: ein Film den sie beim ersten Rendezvous mit Harry sieht. Auch Spiegel als Spiegel der "Seele", der inneren Zustände, werden metaphorisch geladen eingesetzt.
Sehr schöner Film, und wieder sind die close-ups der Schauspieler großartig.
8/10
meine drei gesehenen Bergmans platzieren sich:
1. Das Schweigen
2. Wilde Erdbeeren
3. Die Zeit mit Monika
#117
Geschrieben 10. Oktober 2007, 17:51
Der erste Film Takeshis war mir noch Neuland, ja tatsächlich, muß ich zu meiner Schande gestehen. Azuma (Kitano) ist ein Polizist mit rauhen Methoden, und anstatt Probleme zu lösen, schafft er sie durch seine Gewalttätigkeit häufig erst. Er ist nicht der coole Cop mit der unbeweglichen Miene, sondern ein asozialer Sonderling, der zu niemandem eine normale Beziehung aufbauen kann. In der ersten Hälfte des Films ist die Erzählung etwas wirr und unfokussiert geraten; erst im zweites Teil wird die Handlung straighter...es geht um mehrere Killer eines Drogenrings, die dann Azumas Schwester kidnappen, vergewaltigen und die Spritze in den Arm jagen. Der Showdown ist denn auch ein Blutbad, natürlich. Es ist sehr schön zu sehen, wie schon im ersten Film viele der Themen von Kitanos folgenden Filmen angesprochen werden, und wie seine Bildästhetik, etwa die ziemlich statische Kamera, zu sehen sind. Sein Gesamtwerk erscheint so als sehr konsistentes Oeuvre.
7/10
#118
Geschrieben 12. Oktober 2007, 11:05
Jurastudent Martin muß seine finazielle Situation aufbessern, und übernimmt die Nachtwache in einem Copenhagener Krankenhaus. Seine Rundgänge führen ihn auch in die Keller der Institution, in die Pathologie und die Leichenkühlräume. Psychisch ist das nicht der einfachste Job, vor allem als sich der Verdacht erhärtet, daß ein schizoider Frauenmörder sein Unwesen treibt...
Auch die 3. Sichtung dieses kleinen Klassikers war toll. Die Schockeffekte haben sich natürlich etwas abgenutzt; das ist aber nicht so wild, denn der Film lebt hauptsächlich von seine Atmosphäre: dem muffigen Pförtnerkabuff, den leeren Gängen bei Nacht, den kalten sterilen Räumen. Diese Bilder kontrastieren sehr schön mit den warmen und romantischen Momenten mit seiner Freundin. Die große Stärke des Films liegt denn auch darin, daß er sich viel Zeit nimmt zur Figurenzeichnung; etwa Feste mit Freunden, Kneipenszenen, amouröse Verstrickungen, Saufgelage. Doch dann muß Martin wieder allein zur Nachtschicht, und plötzlich steht der skurile Inspektor Wörmer hinter ihm...Prädikat: 1a Grusler.
9/10
Bearbeitet von deadpointer, 12. Oktober 2007, 11:06.
#119
Geschrieben 13. Oktober 2007, 16:26
Sechzehn Jahre nach VIOLENT COP beginnt Kitano seinen jüngsten Film damit, womit der erste aufhörte: mit einem Shootout Deluxe. Also alles beim alten? Keineswegs. Das hier ist herlich lustig erfrischendes Meta-Kino, mit all den Ingredienzien, die einem diese Filme haben ans Herz wachsen lassen. Takeshi spielt den bekannten Regisseur Takeshi Kitano, der verschiedene Rollen für seinen nächsten Film casten läßt. Dort findet sich der glücklose Schauspieler und Namensvetter Takeshi ein (Kitanos Doppelrolle), der bis auf das blondierte Haar natürlich auch noch genauso aussieht wie er selbst. Dann gibt es noch einen unglücklichen Clown (Takeshis dritte Rolle) usw. usf. Susumu Terajima spielt natürlich auch mit, und auch der hat mehrere Parts. Jedenfalls geht's so weiter, daß der Schauspieler Takeshi natürlich nie Glück hat beim Casting, und so sein Dasein als Verkäufer in einem Supermarkt fristen muß. Nachdem er mit der Yakuza in Kontakt kommt, und so zu einer Waffe, sieht er seine Chance gekommen, es dem großen Kitano wie in dessen Filmen gleichzutun, und sich für das an ihm verübte Unrecht zu rächen. Neben etlichen Schießereien bleibt aber genügend Platz für tolle Stepptanznummern usw.
Insgesamt sehr vergnüglich und intelligent gemacht. Ein spannender Autorenfilm.
7/10
#120
Geschrieben 14. Oktober 2007, 19:20
Fast alle Kinder einer Ortschaft im tief verschneiten Kanada kommen bei einem Busunglück ums Leben. Ein Anwalt von außerhalb nimmt sich der Sache an, hat er doch selbst seine Tochter an ihre Heroinsucht verloren. Hier glaubt er jemanden zur Rechenschaft ziehen zu können: den Konzern zum Beispiel, der den Bus gebaut hat, und an der Sicherheit gespart hat. Im Ort stößt er auf Widerstand, kann dann aber nach und nach die Einwohner überzeugen. Eine Überlebende, gespielt von Sarah Polley, vermasselt ihm aber wegen einer privaten Rache die Sache...
Schöne Landschaftsbilder fügen sich zu teils heftigem Gefühlskino. Die Frage, wie das Leben nach so einem Schicksalsschlag weitergehen kann, steht unausgesprochen im Raum. Das Leid der zurückbleibenden Eltern wid sehr eindringlich vermittelt, die eigentlich jetzt den Sinn ihres Lebens verloen haben. In Rückblenden erzählt der Film auch den Unfallhergang, und so wird auch das private Leid des Anwalts (der Bilbo Baggins-Darsteller) bebildert. Dazu gesellt sich das Märchen vom Rattenfänger in Hameln als Rahmenhandlung, der die Kinder fortführt.
Insgesamt ein eindrücklicher Film mit intensiven Momenten, aber auch etwas überladen mit der Vielzahl an Ansätzen und metaphorischen Aufladungen. Hier werden einfach sehr viele Schicksale verhandelt, und viele Perspektiven eingeführt. Da leidet etwas die Stringenz.
6/10
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