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Kitanos Regenschirme - Filmforen.de - Seite 13

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Kitanos Regenschirme


503 Antworten in diesem Thema

#361 Bastro

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Geschrieben 18. Januar 2009, 20:42

Easy Rider Dennis Hopper, USA 1969

Ganz klar, zentrale Szene ist das Gespräch über Freiheit zwischen Hopper und Nicholson, kurz bevor dieser in der Nacht von den Rednecks totgeschlagen wird. Wegweisend, episch, episodisch, für Zweifler, für immer. Noch so ein Film zum Niederknien, und das am selben Tag.

#362 Bastro

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Geschrieben 20. Januar 2009, 09:19

The Lady from Shanghai Orson Welles, USA 1948

Der Seemann Michael O'Hara (Welles) gerät in die Fänge der verheirateten Elsa Bannister (seine damalige Ehefrau Rita Hayworth), und heuert bei ihnen auf einer Luxusyacht als Steuermann an. Daß er alles andere ist als einer, der das Ruder in Händen hält, geht ihm recht bald auf, als er von Elsa und dem Kompagnon Bannisters in einen Mord- und Versicherungsbetrug verwickelt wird. Sehenden Augs aber rennt er in den Untergang, denn längst schon ist er Elsa verfallen.

Dieser geradezu exemplarische Film Noir kann vor allem durch seine famose Bildgestaltung punkten, welche ihren Höhenpunkt in der berühmten Spiegelkabinettszene auf dem Jahrmarkt findet. Sie veranschaulicht in ihrer Vervielfachung der Personen die multiplen Rollen der Charaktere, die sie im Laufe der sich ständig modifizierenden Intrigen eingenommen haben. Was entsteht, ist Verunsicherung: man weiß nicht mehr, wer wer ist, wer wo steht. Am Ende wird blind auf die Abbilder geschossen, in der Hoffnung, einen der Rivalen zu treffen.
Die Kameraarbeit ist ein einziger Genuß in der gesamten Jahrmarktssequenz (und nicht nur dort). Fast schon auf surrealistische Weise, wird man in den Sog der Montage gezogen, und weiß nicht mehr - äquivalent zu O'Hara - wie einem geschieht, wo oben und unten ist. Aber der Boden unter den Füßen ist einem schon mehrfach im Verlaufe des Filmes weggezogen worden. So ist es wohl auf See, oder in Gesellschaft blonder Frauen...

"You need more than luck in Shanghai..." - und nicht nur dort, wie sich gezeigt hat.

Bearbeitet von Bastro, 20. Januar 2009, 09:20.


#363 Bastro

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Geschrieben 21. Januar 2009, 10:36

Inside Alexandre Bustillo / Julien Maury, Frankreich 2007

Nach einem Autounfall, bei dem der Vater ihres noch ungeborenen Kindes ums Leben kommt, wird die hochschwangere Sarah (Alysson Paradis) in der Nacht vor der Geburt, die zudem die Vorweihnachtsnacht ist, von einem schwarz gekleideten Christkind heimgesucht. Einer bösen Hexe (Béatrice Dalle) gleich erscheint eine unheimliche Frau am Wohnzimmerfenster und bedroht die eben entschlummerte Schwangere. Die herbeigerufene Polizei funktioniert zwar kurzzeitig als retardierendes Moment, als Aufschub, doch im Folgenden geht es Sarah an den Kragen, also: an den Bauch, um genau zu sein. "La femme" will das Kind.

Die in der ersten Hälfte aufgebaute Spannung ist dermaßen unerträglich groß, man beginnt sich selbst zusammenzukrümmen, das eigene "innen", das Kind, zu schützen. Als dann die Grenzverletzungen geschehen und in das Innere vorgedrungen wird, viermal genau (das Haus, das Badezimmer, der Körper Sarahs, die Gebärmutter), fällt etwas von der Spannungslast ab, nur um sich im mittleren Drittel in Terror zu verwandeln. Dummerweise gerät die Atmosphäre im letzten Drittel etwas unter die Schere, denn hier wird jetzt auf kreative Körperzerstörung gesetzt, bevorzugt durch spitze Gegenstände.
Der Film wird farblich zunehmend roter, bis er in der Geburt des Kindes kulminiert, die einen Blutteppich auf der Treppe hinterläßt. So ist der Film um die beiden Oppositionen Hell-Dunkel, Licht-Schatten aufgebaut, die den beiden Figuren zugeordnet sind. Nicht umsonst ist es das Licht, das Feuer, das Sarah beinahe rettet. Die Photographin benutzt das Blitzlicht ihrer Kamera, um Licht ins Dunkel der Wohnung zu brigen, als die Sicherungen demoliert wurden. Zugleich dokumentiert sie das Eindringen des Bösen durch Abbildung, woran man sicher noch einen schönen Mediendiskurs anschließen kann. Das Licht kann ihr das Leben retten, das Dunkel erhellen, den Gegner blenden, und dann ist es auch das Feuer aus der Spraydose, mit dem sie die Hexe verbrennt, als diese sich eine Zigarette anzündet.
Sarahs Rückzugsort ist außerdem das weißgekachelte Badezimmer, in dem die Helligkeit herrscht, in dem es Verbandszeug gibt, einen Spiegel zur Versicherung des eigenen Ichs. Schaut sie in den Spiegel, weiß sie, wer sie ist, für was und wen sie kämpft. So stellt ein Großteil der Handlung auch die Versuche des Eindringens der bösen Frau, die mit ihren langen herabhängenden schwarzen Haaren dem asiatischen Kulturkreis entlehnt scheint, in den Schutzraum, das Badezimmer dar. Dies kann ihr lange Zeit nicht gelingen. Ihre Erfolge stellen sich meist außerhalb des Raumes ein, etwa wenn Sarah zu fliehen versucht. Besonders prägt sich ein Bild mit christlicher Symbolik ein: Sarah haut ein Loch in die Tür, um das Schränkchen wegzuschieben, mit dem die Hexe das Drehen des Türgriffes blockiert hatte. Selbstverständlich muß dies nach den Gesetzen des Genres schief gehen, sie kommt zurück und nagelt die Hand/den Arm mit der Schere jesusgleich in den Türrahmen. Sarah beging den Fehler sich mit der Hand aus dem Licht des Badezimmers in das Dunkel des Hauses zu begeben. Auch alle anderen Verletzungen wird sie innerhalb des Hauses erleiden, nicht aber im Badezimmer. Selbst die durch die Türe abgefeuerten Schüsse können ihr nichts anhaben. Auch die Hilfe des Polizisten erhält sie im hellen Raum; als er die Schwelle zum dunklen Flur übertritt, ermpfängt er sein Schicksal.
Der Soundtrack setzt sich nicht immer ganz stilsicher aus flächig bedrohlichen Elektronikflächen und wummernden Bässen zusammen. Einmal auch entwickelt sich eine Szene stilistisch in eine high-speed gecuttete Musikvideoästhetik hinein, sodaß mir der Begriff 'Marylin Manson' in den Kopf sprang. Und letztlich wird am Ende mehr auf Körperverletzung gesetzt, denn auf Atmosphäre. Das ist schade, denn das schwächt die Intensität des Gesamteindrucks. Die obligatorische Auflösung ist allerdings recht befriedigend, und weit von einem gewalttätig übergepfropften Twistende entfernt. Gut, daß am Ende des Filmes wieder das Licht angeht.

Bearbeitet von Bastro, 21. Januar 2009, 12:53.


#364 Bastro

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Geschrieben 21. Januar 2009, 22:00

The Limey Steven Soderbergh, USA 1999

THE LIMEY scheint mir vordergründig ein Rachethriller mit etlichen Motiven des film noir zu sein. Eigentlich aber ist er das Portrait eines verlorenen Mannes, der seine Lebenszeit im Knast gesessen hat und seine verlorene Identität über die unbewältigte Vergangenheit zusammen- und zurückzubauen sucht. Dummerweise ist aber der Fixpunkt seines Lebens, seine Tochter, tot. Bzw. ermordet worden. Da er das als altgewordener Romantiker nicht zulassen kann, flüchtet er nach vorn, als Killer ins fremde Land, um den "Mord" aufzuklären, und findet auch dort nur altgewordene, ehemalige Freidenker und Motorradrevoluzzer aus den 60ern - die es aber im Gegensatz zu ihm mit krummen Geschäften zu etwas gebracht haben. Zum Beispiel zu einem Haus in den Hügel über L.A. - dazu der Dialog, auf was für einem Fundament das Haus denn hier stehe, was natürlich auch metaphorisch gemeint ist, ist es doch auf unsoliden Geschäften errichtet. Ein Sturz endet tödlich. Die gewonnene Aussicht bringt Fallhöhe zugleich, dummerweis'.
Wesleys Biographie ist shattered, so ist auch der Film montiert: jump-cuts, Sprünge in die Vergangenheit, Zooms, abrupte Winkelveränderungen, ungewöhnliche Einstellungen (die Sprache, die den Mann als Fremden auszeichnet ist allerdings das einzige, was fließt). Man war im Knast, auf der Ölbohrplattform, oder hätte auch den Jago spielen können: darauf dann seine Theaterrolle, die Rede vor dem Drogenpolizisten, ein Monolog wie auf der Bühne, die Kamera beiseite wie aus dem Zuschauerraum. Soderberghs Verständnis von Humor. Toll. Unnötig zu erwähnen, daß das Ende kein richtiges Ende ist, und im Alter irgendeine komische Einsicht siegt. Der film noir ist ad acta, wir sind jetzt doch, ja, einfach zu alt dafür in so einem doofen shoot-out zu sterben. Schön.

Bearbeitet von Bastro, 21. Januar 2009, 22:01.


#365 Bastro

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Geschrieben 23. Januar 2009, 17:05

Twentynine Palms Bruno Dumont, D/Fr/USA 2003

Man könnte es sich leicht machen und so Sachen sagen wie: „Der eigentliche Protagonist dieses Films ist die Landschaft!“, eine Augenbraue gewichtig hochziehen und mal die Worte so richtig einsinken lassen und darauf warten, ob einem anderen in der Runde noch was Gescheites dazu einfällt. Das erinnert mich an einen Freund, einen Philosophiestudenten, der davon überzeugt war, dass Miteinander-Reden prinzipiell ein Disput sei, den man mittels rhetorischen Könnens für sich entscheiden könne. Als gäbe es etwas zu gewinnen, ein battle der Argumente sozusagen. Und wenn man keine mehr habe, dann sagt man halt was mithilfe eben jener Tricks, die ich nicht kenne. Ich habe dummerweise nie Philosophie studiert und viele der Gespräche ‚verloren’ – komisch, unsere Freundschaft hat dann auch nach dem Studium nicht lange gehalten.

Das Miteinander-Sprechen ist vielleicht das Eigentliche um was es hier geht, bzw. das Nicht-Miteinander-Sprechen-Können. Das macht schon die unterschiedliche Herkunft der Protagonisten deutlich, die dann aber, ganz anders als es im Booklet verlautbart wird, nicht zu völliger Kommunikationsunfähigkeit führt. Das Problem ist vielmehr, daß sich die beiden wenig bis nichts zu sagen haben. Ging mir auch schon so, muß ich zugeben. Im Urlaub ist das natürlich dann doof. In Frankreich geht man in solchen Fällen Kaffee-Trinken oder mietet ein Kajak um die Ardèche hinunter zu paddeln. Im Joshua Tree-Nationalpark geht das leider nicht. Da ist nämlich nix (– hätten prima Klettern gehen können, allerdings). Die beiden sind also neben dem Location-Scouting vor allem mit sich selbst beschäftigt – oder gewichtiger ausgedrückt (Augenbraue!): auf sich selbst zurückgeworfen. Bei ihm bedeutet das, sehr viel Zeit für seine Gefühle unter der Gürtellinie zu haben, wogegen sie sich eher schlecht wehren kann. Sie ist ja eine Frau, die kräftemäßig unterliegt. Der Sex ist dann auch wenig romantisch, sondern abstoßend brutal und überschreitet für meine Begriffe die Grenze zur Vergewaltigung mehrfach (Blow-Job-Szenen). Ihre stärkste Waffe jedoch ist das Mundwerk, aus dem oft Widersprüchliches quillt. Nun ja, das mag beim Flirten noch spannend sein, „die mysteriöse Frau“, beim Alltag in der Wüste aber ist das oft eher nervig.

Er hat dann auch die tolle Idee, sie mal mit seinem Hummer fahren zu lassen, einem Panzer von Jeep, sozusagen. Das bringt Abwechslung in die Bude,!, doch es kommt dann recht schnell raus, daß sie zu dicht an Büschen vorbeifährt, durch tiefe Schlaglöcher usw. Das geht natürlich nicht! Da kommt direkt Stress auf, und das ist hier natürlich dann gleich Beziehungsstress. Man fragt sich, warum er sich das antut. Schreiben viele so, überall. Ich sage: warum tut sie sich eigentlich dieses Brutaloarschloch an, der sie permanent missbraucht? Ihre Worte der Liebe dienen denn auch eher zur Selbstversicherung und können nicht erwidert werden. In der Wüste merkt man, daß einer lügt.

Das Ende hätte ich so nicht erwartet, da dreht der Film dann auf und setzt einen finalen Gewalthammer. Vielleicht ein wenig viel, aber: die Bestie in uns ist eben manchmal nicht mehr zu kontrollieren, und was weiß ich schon vom Leben!

Nun denn: ein großartiger Film, wie ich finde. Man könnte jetzt noch etwas über die Kamera schreiben, wie sie ihre Protagonisten aus dem Bild laufen läßt, usw. Aber das dann vielleicht nächstes Mal. Daß man bei diesem Film auf sich selbst zurückgeworfen wird (!), beim Versinken in diesen Bildern der Weite, ist sicherlich nicht das Schlechteste. So wie da muß es nicht sein, klar, und wer viel Angst hat sagt: niemals, bei m i r ist das nicht so! Ich freu’ mich schon auf den nächsten Urlaub, auf die ganzen Pärchen, die genau davon felsenfest überzeugt sind, SO nicht zu sein. Und dann mal kucken, was die so machen, wie die so miteinander reden. Wer wem wie an den Arsch fasst. Ich glaube euch nicht!

Bearbeitet von Bastro, 23. Januar 2009, 17:08.


#366 Bastro

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Geschrieben 24. Januar 2009, 19:45

Dekalog 1 Krzysztof Kieslowski, Polen 1988

Eine Hochhaussiedlung bei Warschau, schlechtes Wetter. Der kleine Pawel entdeckt die Welt: Wer oder was ist Gott? Was die Seele? Was der Tod? Wie funktioniert der Computer? Wie die Mathematik? Sein Vater Krzysztof, ein Computerexperte, bringt ihm die rationale, logisch-naturwissenschaftliche Weltauslegung nahe, seine Schwester Irina jedoch die des Glaubens. Pawel wird in keine Richtung gedrängt, versucht zu verstehen, zeigt sich von beiden Perspektiven fasziniert. Als er ein Paar Schlittschuhe geschenkt bekommt, berechnen sie die Tragfähigkeit des Eises auf der Weichsel und kommen zu dem Ergebnis, daß es tragfähig ist. Keine Gefahr bei 15 Grad minus. Am nächsten Tag ist Pawel verschwunden. Erst ein Rettungsteam kann am späten Nachmittag zwei Kinderleichen vom Grund des Flusses bergen, sie waren eingebrochen. Daraufhin randaliert der Vater in seiner grenzenlosen Verzweiflung in einer Kirche.

Der Film zum ersten Gebot, "Du sollst keine anderen Götter neben mir haben!" scheint eine klare Aussage zu haben: Der Vater Krzysztof hat die Naturwissenschaft zu seinem Götzen gemacht, ist vom Glauben abgekommen. Doch so einfach ist es nicht. Der Vater prüft nachts heimlich die Tragfähigkeit des Eises, stützt sich also keineswegs nur auf seine Berechnungen. Zudem drängt er seinen Sohn überhaupt nicht in diese Richtung: seiner Schwester Irina erlegt er keine Beschränkung auf, hinsichtlich ihrer religiösen Einflußnahme auf den Sohn. Er scheint vielmehr dem Sohn alle Optionen bieten zu wollen, um ein unreglementiertes Umfeld zu ermöglichen. Der Tod des Kindes erscheint vor diesem Hintergrund ungeheuerlich, da er einfach geschieht. Keine Schuld, nirgends. Was der Film also genau aussagen möchte, ist mir nicht klar geworden; gefallen hat er trotzdem als Ausschnitt eines Lebens, der Darstellung eines Schicksalschlages. Wie damit in der Folge umgegangen wird, zeigt der Film freilich nicht mehr: er bricht ab. Der Zuschauer sitzt mit der Frage alleine da.

#367 Bastro

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Geschrieben 27. Januar 2009, 19:19

Die relativ streng geordnete Form der bisherigen Einträge war mir nur deshalb möglich, da ich immer zumindest halbwegs aktuell war. Nun ist ein Kuddelmuddel entstanden, das ich nur dank meiner kleinen Datenbank, die ich noch so für mich nebenbei führe, entwirren kann. Der private Datenfriedhof hat also mal Sinn gehabt. Infolge des zeitlichen Abstands (was Tage ausmachen können!) kann ich jetzt also auch keine geordneten Einträge machen, sondern schleudere heraus, was eben jetzt noch so drin ist in der Birne:

An Autumn's Tale von Mabel Cheung (HK 1987), gehört zu den großen Erfolgen an der Kinokasse im Heimatlande, und vermutlich hat so etwa jeder zweite Chinese mit einem Herz für Romantik dieses mehrfach prämierte Liebesdrama gesehn. Also etwa 500 Millionen Menschen. Das ist nicht schlecht, und Chow Yun-Fat und Cherie Chung sind auch zwei famose Grimassisten, die es ins Exil, nämlich nach New York verschlagen hat. Dort leben sie in einem 1a Abrißhaus und kommen sich langsam näher. Der Verlobte der Dame hat dummerweise ne andere usw usf und es findet dann am Ende ein Herz zum andern - wer zu wem, verrate ich aber nicht! So der Hammer ist der Film jetzt nicht, daß er auf Platz 46 der besten HK-Produktionen aller Zeiten gewählt werden müßte, aber der Massengeschmack treibt's nei, gell, in die Bestenliste. Halt das übliche - und weniger, das finde ich schon, darf man aber auch nicht geboten bekommen.

Believers, ein Sektenfilm von Daniel Myrick (USA 2007), hat mir auch nicht recht gefallen wollen, sollte doch so ein vorhersehbarer Film doch immerhin eines sein: spannend. Das ist er definitv nicht, die Mitte hängt ganz schön durch. Der Schluß allerdings ist gelungen und versöhnt dann wieder, aber Verwichteln würde ich ihn trotzdem. Jetzt ist aber Januar, sehe ich gerade...

From Dusk till Dawn 3 - The Hangmen's Daughter von P.J. Pesce (USA 2000) ist mir allerdings wieder Erwarten sehr positiv aufgefallen. Ein fantastisch gelungenes postmodernes Buffet hat sich da aufgetan, daß auch noch intelligent gefilmt ist, bei dem man keine Szene verpassen darf, sonst geht wieder ein Detail flöten. Leute, die sich im Italowestern und im Horrorfilm auskennen, sind im Vorteil. Also alle Filmforenler.

Das Urteil von Oliver Hirschbiegel (D, 1997) hatte ich dumpf in sehr guter Erinnerung, saß ich doch einst vor langer Zeit (vor meiner fernsehlosen Zeit) des nachts gebannt vor der Scheibe und war schlicht umgeschmissen von den Darstellern und der sich windenden Geschichte. Die erneute Sichtung war etwas weniger euporisch, der Löwitsch scheint mir am Anfang etwas zu sehr zu forcieren (als ob er auf einer Bühne stünde); doch staunenswert ist das schon, wie dieser Film eine ungeheure Spannung aufbaut, allein aus seinen Dialogen. Ansaugfaktor 100, würde ich sagen.

Seraphim Falls hat auch bei der zweiten Sichtung noch gut funktioniert, vor allem das Ende. Sehr schön, meine Unsicherheit bezügl. der metaphysischen Reise ins Innere ist verflogen. Großer Film! Eine Anmerkung allerdings: Ich freue mich ja, wenn man komplexe Charaktere präsentiert bekommt, doch wenn am Ende aus allen Bösewichtern wieder unbeholfene Opfer des Schicksals werden, dann fragt man sich schon, ob das nicht auch ein wenig weichspült.

Bearbeitet von Bastro, 27. Januar 2009, 19:21.


#368 Bastro

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Geschrieben 29. Januar 2009, 20:27

Chocolate Prachya Pinkaew, Thailand 2008

Der Ong-Bak-Nachfolger überzeugt durch sympathische Darsteller und üble Fieslinge, atemberaubende Kampfszenen und einen zurückhaltenden Score. Der Plot trägt durchaus über die Spielzeit, lediglich gegen Ende wird das Geschehen etwas selbstzweckhaft. Doch da ist man schon längst dem kleinen Wirbelwind verfallen und genießt die Action - was für ein Augenschmaus.

#369 Bastro

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Geschrieben 30. Januar 2009, 21:51

La Endemoniada / Der Exorzist und die Kindhexe Amando de Ossorio, Spanien 1975

Als die Tochter des örtlichen Polizeichefs von einer Zigeunerin eine Satanspuppe geschenkt bekommt, ist sie bereit dafür, vom Geist einer Zigeunerhexe besessen zu werden. Das hübsche Mädchen mit den Sommersprossen (Marián Salgado, die ein Jahr später in Serradors Who can kill a child ? ebenso lächelnd Erwachsene ums Eck bringt) treibt fortan sein Unwesen, bringt Menschen um, schwebt an die Decke und benutzt schmutzige Ausdrücke gegenüber den Erziehungsberechtigten. Ein Wissenschaftler und ein Priester, der seine Geliebte in die Prostitution getrieben hatte, mühen sich um die Rettung des zarten Geschöpfs.
Ein fein unterhaltsamer Film mit einigen schönen Momenten (Teufelsrituale, Atmosphäre und Hexenmaske), der aber leider auch durch seinen zerfahrenen Plot ein wenig schlingernd sich dem Ende zu bewegt, um dann letztlich tragisch zu enden. Die deutsche Synchro trägt ihr übriges zum gelungenen Abendeinstieg bei.

#370 Bastro

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Geschrieben 31. Januar 2009, 16:29

Blinde Wut / Fury Fritz Lang, USA 1936

Joe Wilson (Spencer Tracy) und seine Verlobte müssen ein Jahr der Trennung in Kauf nehmen; als Wilson ein passables Auskommen erlangt hat, steht die Hochzeit bevor. Auf dem Weg zu ihr übernachtet er nahe eines kleinen Städtchens, in dem just in dieser Nacht ein Mädchen entführt wurde. Er wird fälschlicherweise verdächtigt und in Polizeigewahrsam genommen. Die aufgebrachte Bevölkerung ist entszetzt über die vermeintliche Tat eines Fremden, der Lynchmob will ihn hängen sehen.
Als aufgrund der Ausschreitungen ein Feuer im Gefängnis ausbricht wird er für tot gehalten, und den Verantwortlichen wird der Prozeß gemacht. Wilson sinnt haßerfüllt auf Rache.
Das sich anschließende Gerichtsdrama ist bei diesem sozialkritischen Film nur das Sahnehäubchen; Wilsons moralisches Dilemma steht eigentlich im Zentrum des Dramas. Lang gelingt es immer wieder, Haken zu schlagen, zu überraschen, und wenn man sich in wohlbekannten Bahnen wähnt, einen Herauszureißen und durch neue Verwicklungen zu faszinieren. Spannenderweise ist es die dokumentarische Autorität einer Filmkamera, die im zerfahrenen Gerichtsprozeß für Klarheit sorgt. Die Bilder, die man sieht, lügen nicht. Manchmal, jedenfalls.

#371 Bastro

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Geschrieben 01. Februar 2009, 19:03

Heißes Eisen / The Big Heat Fritz Lang, USA 1953

Als ein Segeant der Mordkommission, Polizist Dave Bannion (Glenn Ford), im Selbstmordfall eines Kollegen ermittelt, deckt er zugleich einen Bestechungsskandal in der Führungsetage der Polizei mit auf, sodaß er nicht nur dem Gangsterboss Lagana, dessen Syndikat die Stadt beherrscht, sondern auch den eigenen Vorgesetzten auf die Füße tritt. Als eine Autobombe an seiner statt seine geliebte Ehefrau tötet, gibt er seine Polizeimarke ab und hat nur noch das Ziel, seine Frau zu rächen.

Heisses Eisen ist ein Polizei- und Gangsterfilm mit etlichen stilistischen Anleihen beim film noir. Der etwas konstruiert wirkende Plot wird von einer sehr flüssigen Erzählweise vorangetrieben, die wie am laufenden Band elegante Noirbilder liefert.
Lee Marvin, mit leicht geöffnetem Mund und hängender Unterlippe, ist zudem glänzend besetzt als brutaler Kleinganove, wie eigentlich auch die ganzen Haupt- und Nebenrollen, insbesondere die der Frauen im Film, die hier viel Männergewalt aushalten müssen.
So dämpft nur die Tatsache die Freude über den Film etwas, daß Bannion so sauber aus der ganzen Angelegenheit herauskommt. Selbst als rücksichtsloser Racheengel behält er letztlich eine saubere Weste, da er selbst niemanden tötet und die Moral auf seiner Seite hat. Der verträumte, innige Erinnerungsblick zurück auf seine gutaussehende blonde Frau, die sehr hochfahrend und aufbrausend gewesen sei, bekommt in seiner konservativen Art einen üblen Beigeschmack, da sie ihm ja dann doch immer noch seinen Whiskey gebracht habe. Von heutiger Sicht aus kann man schon fragen, ob es Bannion eigentlich um seine Frau ging, den Menschen, oder um sein häusliches Glück - ob ihm da nur jemand seine allabendliche Wohlfühlecke durcheinandergebracht hat.

Bearbeitet von Bastro, 01. Februar 2009, 21:09.


#372 Bastro

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Geschrieben 02. Februar 2009, 18:53

Das Geheimnis hinter der Tür / Secret Beyond the Door Fritz Lang, USA 1948

Obwohl Celia (Joan Bennett) ihren neuen Geliebten Mark Lamphere (Michael Redgrave) eigentlich überhaupt nicht richtig kennt, heiratet sie ihn. Sie habe etwas bei ihm gespürt, das sie im Innersten berührte. Doch schon in der Nacht vor der Hochzeit hat sie einen beunruhigenden Traum, der einer Warnung vor dem zukünftigen Gatten gleichkommt. Und auf diesen hätte sie besser gehört, denn die seelischen Abgründe des Architekten lernt sie erst, auf seinem Anwesen angekommen, in der Dunkelheit der einsamen Nächte kennen, durch sein unerklärbares Verhalten, seine permanenten Zurückweisungen. Als sein wahres Hobby zum Vorschein kommt - er sammelt Zimmer, die er berühmten Mord-Locations nachgestaltet - ahnt sie schlimmeres; zumal Zimmer 7 stets abgeschlossen bleibt.
Ein weiterer meisterlicher Film Fritz Langs, der sich auf unterhaltsame Weise der Freudschen Psychoanalyse bedient, um einen Psycho-Thriller mit deutlichen Gothic-Horror- und Film Noir-Elementen zu gestalten. So läßt sich das Anwesen Lampheres mit seinen verschlungenen Gängen und Fluren, Treppen und doppelten Türen, dem angebauten und isolierten Seitenflügel einerseits als literarisches Zitat, andererseits als Manifestation des verirrten Geistes von Mark lesen. So dominiert in diesem Film auch die Farbe schwarz, vor allem innerhalb des Gebäudes scheint es vorwiegend Nacht zu sein; als sich Celia schließlich zur Erkundung der Räume aufmacht, ist es logischerweise eine Taschenlampe, mit der sie Licht ins Dunkel bringt. Ihre Wanderung durch das Haus gleicht einem Erschließen und Auflösen von Marks mentalen Verirrungen. Aber auch der Nebel nimmt in den Außenszenen nach und nach zu, sodaß man sich vor dem Castle von Otranto, bei Wilkie Collins oder in einem Hammer-Film wähnen könnte. Die Auflösung gibt uns Sicherheit zurück, Gott sei’s gelobt; ein fantastischer Film.

#373 Bastro

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Geschrieben 05. Februar 2009, 15:38

Veneno para las hadas / Poison for the Fairies Carlos Enrique Taboada, Mexiko 1984

Zwei junge Mädchen, Klassenkameradinnen, freunden sich an - eine der beiden hat allerdings eine morbide Faszination für Hexen entwickelt: nun möchte sie sogar eine solche werden und entwickelt mit zunehmender Aneignung teuflischer Eigenschaften immer aggressivere Verhaltensformen, sodaß sie nicht nur ihrer Freundin Angst einjagt, sondern diese zunehmend unterdrückt.
Ein Film, der sich langsam aufbaut, sich Zeit läßt für die beginnende Freundschaft, und auch später eher an den Angstzuständen des Mädchens interessiert ist, als an der Präsentation grusliger, satanisch-teuflischer Filmbilder. Wie sehr sich der Kosmos für Fabiola zusammenzieht ist ästhetisch so verdeutlicht, daß man den gesamten Film über weder die Gesichter der Erwachsenen sieht, noch deren ganze Statur. Eine Autorität, die von außen eingreift, existiert in diesem bedrückenden Kosmos fast nicht mehr; bei der Moralpredigt des Vaters, warum man solange fort geblieben sei des Nachts - sie waren Zutaten für das Feengift sammeln -, sieht man nur, die Kamera ganz am Boden, dessen Schuhe rastlos umhergehen. So übt sich der Film hauptsächlich in der Erzeugung einer beklemmenden Atmosphäre. Wurde man als Zuschauer mit diesem milden Horror nach und nach weichgekocht, setzt das Finale einen unglaublich herben Schlußpunkt, den man so nicht erwartet hätte.

Ein Film, der wunderbar an meine kleine "Böse Kinder"-Reihe anschließt.

Bearbeitet von Bastro, 05. Februar 2009, 15:40.


#374 Bastro

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Geschrieben 12. Februar 2009, 17:16

Thieves like us / Diebe wie wir Robert Altman, USA 1974

Drei Ganoven brechen im Jahr 1936 aus dem Staatsgefängnis von Mississippi aus und verdienen auch in der Folge wieder ihre Moneten mit Banküberfällen. Der Jüngste von ihnen, Bowie (Keith Carradine) beginnt ein Verhältnis mit Keechie (Shelley Duvall), während Chicamaw eine 20 Jahre Jüngere ehelicht, der dritte, T-Dub, sich dem Alkohol ergibt und wieder in den Bau wandert.

Wieder ein ungewöhnlicher Film von Altman. Eine Handlung, die sich in großem, beinah langsamem Gleichmaß dahinzieht, spartanische Höhepunkte setzend mit den Banküberfällen, dann wieder ganz ins Private abgleitet, ohne daß eine klare Struktur vorherrschen würde. Dann driftet der Film, wie seine Protagonisten, auseinander, und verliert sich in seinen Erzählsträngen, die aber immer wieder zusammenfinden; nämlich an den festgesetzten Zeitpunkten, wenn sich die "Helden" wieder zum Gaunern treffen. Der Begriff "Held" ist hier fehl am Platze, ja es reicht nicht mal zum Anti-Helden. Viel zu distanziert bleibt man, als daß man sympathisieren könnte, viel zu demokratisch bleibt der Film bei der Großzahl seines Personals; einzig Keechie scheint liebenswert, die sich vom leicht zurückgebliebenen, naiven Landbackfisch zu einer (schwangeren) Frau entwickelt, die beginnt Verantwortung zu tragen und in den gemütlichen Alltag der Männer, in dem tatsächlich überhaupt nichts passiert, eine Zukunft hineinzustellen. Sie scheint der einzige Charakter zu sein, der eine Entwicklung durchmacht. Doch das ist in der Männerwelt nicht unbedingt erwünscht!
Schaut man den Film sehr handlungsfixiert, mag er sogar langweilen. Läßt man sich auf genrespezifische Aspekte oder die Bildsprache ein, die Auslassungen (Banküberfälle) und Verweigerungen der Höhepunkte (Schlußduell), die Farbgestaltung (vgl. McCabe & Mrs. Miller)und die Hingabe an die Kreation von sowohl poetischen/metaphorischen (der Beginn) als auch intimen Bildern (Bettszene), dann ist der Film ein Ereignis. Eines, das sich vielleicht nicht sofort auflösen läßt, aber eines, das gefangennimmt.

Bearbeitet von Bastro, 12. Februar 2009, 17:21.


#375 Bastro

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Geschrieben 15. Februar 2009, 19:25

Kikis kleiner Lieferservice Hayao Miyazaki, Japan 1989

Bei den Hexenfamilien ist es ein uralter Brauch, daß die Kleinen mit dem 13. Lebensjahr ihr Zuhause verlassen, um ein Jahr in einer fremden Stadt alleine leben zu lernen und so ihre Hexenkenntnisse vervollkommnen zu können. Kiki macht sich mit ihrem Kater Jiji auf den Weg zu einem Städtchen an der Küste, wo sie bei einer schwangeren Bäckersfrau unterkommt, die gerade gut Hilfe gebrauchen kann. Dort betreibt Kiki recht bald einen florierenden Lieferservice, da sie auf ihrem Hexenbesen schnell überall hin gelangt. Aber es läuft nicht alles so, wie sie es sich wünscht...

Ein Kinderfilm, ein Coming-of-Age-Drama, eine gesellschaftskritische Liebesgeschichte - Kiki bietet für jeden etwas, denn der wohl temperierte Film ist mit feinen Actionsequenzen gespickt, vor allem die furiosen Besenritte sind da zu nennen, sodaß auch das adrenalinhungrige Auge verwöhnt wird. Ansonsten bekommt man Miyazaki in Reinkultur: das idyllische Dorf, liebende Eltern, europäisch anmutende Großstädte, Nebendarsteller die zu Typen verkürzt sind (Polizisten), tolle Landschaftsanimationen.

Aber auch als politische Allegorie kann der Film verstanden werden: als ein fernes Japan, das sich aus der Isolation aufmacht um Anschluß an die Welt zu bekommen. Auffällig ist zudem eine Art feministische Kraft: sind doch die Protagonisten des Filmes alles Frauen - die Männer jedoch relative Trottel bis maximal liebende Ehemänner. Hier bestimmen die Frauen, sie besitzen die Kraft, Dinge zu bewegen, zu verändern, und haben Männer als Autoritäten oder als Familienoberhäupter ganz sicher nicht mehr nötig.

Die Meisterschaft Miyazakis liegt vielleicht auch gerade darin, solch unterschiedliche Topoi in einem Film vereinen zu können, und ihn trotz der tonnenschweren japanischen Traditionen und Mythen, auf denen er fußt, federleicht wirken zu lassen. Und wenn die Menschen mit all ihrer Technik versuchen in den Himmel zu schweben, da muß die kleine Kiki nur auf ihren Besen springen und saust an ihnen allen vorbei - oder rettet sie, wenn sie wieder mal herunterfallen.

#376 Bastro

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Geschrieben 17. Februar 2009, 23:28

Brügge sehen... und sterben? Martin McDonagh, Großbritannien/USA 2008

Sehr feiner Profikiller-Film, der mit seinem schwarzen Humor und den überzeugenden Darstellern mehr als überzeugen kann. Auch wenn gegen Ende noch ein wenig am Meta-Rädchen gedreht wird, "We can't stop it now- this is the shootout!" und der Tod dann tatsächlich auf einem Filmset stattfindet, wo ebenfalls eine Hommage gedreht wird, eine Hommage an Nicholas Roegs Don't look now, bei dem ebenfalls ein Kind stirbt, die Erwachsenen sich die Schuld geben und durch eine Lagunenstadt hetzen. So bleibt es beim Augenzwinkern in diese Richtung, die man auch hätte einschlagen können, aber doch gelassen hat. Weise. Sehr weise. Der Film überzeugt dank seiner Melancholie und den am Leben verzweifelnden Männer. Vielleicht sogar ein großer Film.

#377 Bastro

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Geschrieben 18. Februar 2009, 22:15

Der Cop James B. Harris, USA 1988

James Ellroys Romane sind keine leichte Kost, sie zu Verfilmen ist kein einfaches Unterfangen. Vordergründig geht es ja immer um ein Verbrechen, eigentlich aber wird zumeist die psychische Disposition eines kaputten Menschen dargestellt. Der ist häufig eine Polizist. So hat sich Harris Blood on the Moon vorgenommen, meines Erachtens den besten Roman des L. A. Noir-Terzetts. Dummerweise liegt die Lektüre jetz über 10 Jahre zurück, sodaß ich also bezüglich der Umsetzung nicht mehr viel sagen. Ich denke, bei der Figur der feministischen Buchhändlerin hat er sich ein paar Freiheiten genommen. Das ist aber ein redliches Vergehen, liegt doch kein Zwang zur buchstäblichen Entsprechung vor.

James Woods als harter Cop, der von seiner Frau und Tochter verlassen wird, entwickelt sich immer mehr zum getrieben Tier - nähert sich immer mehr einer dunklen Seite des Mondes, wird zu einem von seiner Aufgabe Besessenen. Auf der Jagd nach dem Serienkiller verliert er schließlich die rechtliche und dienstliche Bodenhaftung und steigert sich beinahe in einen Wahn, ist bereit, alles für die Auflösung des Falles zu tun. Die Frage, die sich stellt, ist erschütternd: weshalb macht dieser Mensch so etwas.

Klar ist, es sind nicht die gemeuchelten Frauen, denen er Gerechtigkeit widerfahren lassen möchte. Es geht um ihn selbst. Er hat seine eigenen Dämonen, vor denen er davonrennt. Sein größtes Problem scheint sein eigenes Leben zu sein. Eine verkorkste Sackgasse ohne Verbindlichkeiten, die Nabelschnur zur Gesellschaft ist sein Job, die Polizeimarke nur eine Maske. So ist es Harris auch nicht an der Dramaturgie eines Krimalfilms gelegen; dafür schlingert der Film zu lange im Unklaren, ist zu wenig an einer Spannungsdramaturgie interessiert. Es geht um den Menschen, einen kaputten Polizisten. Um die Darstellung eines zerrüttetenden Geistes anhand eines Polizeidramas. Die Kaputtness allerdings läßt sich auch in größeren Dimensionen verstehen: der Cop, L. A., die US of A. - wer weiß...

#378 Bastro

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Geschrieben 21. Februar 2009, 22:30

Mondo Cannibale / Deep River Savages Umberto Lenzi, Italien 1972

Der blonde Bradley macht sich flußaufwärts auf, immer Richtung Herz der Finsternis, tief hinein in den thailändischen Urwald. Dort schießt er seine Bilder, doch schon bald wird sein Führer getötet und er selbst von einem Stamm Wilder gefangengenommen. Darauf folgende Fluchtversuche werden nicht gern gesehen. Erst der Einfluß Marias und eine wagemutige Luftröhrenoperation an einem einheimischen Jungen lassen ihn in der Gunst der Dörfler steigen. So entdeckt Bradley die Wonnen des urwüchsigen Lebens, fernab jeder zivilisatorischen Ersatzbefriedigung. Hier hüpft man noch nackt in den Fluß und vögelt auf der Wiese, während einem die Sonne auf den Pelz brennt. Dazu läuft Softpornomucke.

Daß aber hinter all dem Scherz bitterer Ernst steckt, dürfte klar sein; zugleich werden hier Tiere geschlachtet und Menschen gefoltert. Der Kannibalenstam von noch weiter weg (aus den Bergen) überfällt denn auch das Dorf, vergewaltigt und verspeist darauf das Opfer. An herben Szenen mangelt es nicht.

Natürlich kann man sich heute dabei auf den Schenkel klopfen; man kann sich aber auch an früher erinnern, als man diese Diskrepanz zwischen Gewalt und Dschungelromantik als verstörenden Gegensatz empfunden hat, und einen der Film nicht mehr losließ, der in den Träumen größer wurde als auf dem Bildschirm. Soweit reinziehen läßt man sich heute nicht mehr, fallen doch die Schwächen stärker auf und stärker ins Gewicht. Aber dennoch: gut daß es ihn gibt. Immer wieder einen Blick wert, würde ich sagen.

Bearbeitet von Bastro, 21. Februar 2009, 22:32.


#379 Bastro

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Geschrieben 24. Februar 2009, 16:36

Barton Fink Joel Coen, USA/Großbritannien 1991

Der Film über den in Hollywood als Drehbuchschreiber angeheuerten und beinahe erfolgreichen Bühnenautor Barton Fink ist für mich einer der schönsten Coen-Filme. Gar nicht unbedingt wegen all der Querverweise und Anspielungen, oder der Entlarvung der sogenannten "Traumfabrik", sondern wegen der Stille. Bartons seelischer Zustand wird dermaßen ins Zentrum gerückt, daß von der verlorenen Seele schon mal in eine langsame Kamerafahrt durch den Korridor überblendet wird. Und das ganz ohne musikalische Untermalung. Oder daß Barton hören darf, mit dem Ohr an der Wand sich die (Um-)Welt erlauscht, erforscht. Und dabei zugleich im Gespräch mit einem Gegenüber ein sehr schlechter Zuhörer ist. Bartons Vision vom Arbeitertheater des einfachen Mannes ist dann doch schnell als romatische Idee des Intellektuellen identifiziert, der noch nie am Fließband gestanden hat. Barton ist ein Kind, das in die Welt hinaus mußte. Einer, der nicht weiß, wie ihm geschieht, der überall hineintappst wie ein Schuljunge. Einer, der sich vom einzigen Moskito in ganz L.A. stechen läßt.

#380 Bastro

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Geschrieben 28. Februar 2009, 23:14

Kommando Leopard Antonio Margheriti, It/D 1985

Zunächst ziemlich schnarchig trotz der tollen Staudammsprengung, entwickelt sich der Film in der zweiten Hälfte zu einem mitreißenden Actionfilm, der wahrlich keine Gefangenen macht. Hier fliegt wirklich alles in die Luft! Und auch die Darsteller können überzeugen: Kinski in einer Nebenrolle, Lewis Collins mit den komischen Lippen, und Manfred Lehmann, der mir hier besonders gefallen hat. Ach, und tolle Filmmusik!

Bearbeitet von Bastro, 28. Februar 2009, 23:15.


#381 Bastro

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Geschrieben 01. März 2009, 22:23

Satanas - Das Schloss der blutigen Bestie/The Masque of the Red Death Roger Corman, USA 1964

Die Sets uns das Dekor, die Ausstattung ist atemberaubend, die Geschichte sehr böse. Vincent Price ein grausamer Prinz, dem Satan ergeben, dekadent, sich der Wollust und dem Leiden der Untertanen hingebend ("Your father and your lover are being quartered right now in a warm and safe place...."). Sein übliches Overacting mit der Augenbraue kommt hier so gut wie ohne zweite Ebene aus, dieser Mann ist wirklich böse. Draußen wütet die Pest, doch er vergnügt sich und quält sadistisch. Auch filmisch interessant, versteckte Kamera, Choreographie der Massenszenen, hypnotische Höllenfahrt der Hazel Court. Auch sehr üppig deren Oberweite und beeindruckend das Dekolleté. Tolles Spiel mit Farben! Und so zieht der mir gleich mit dem THEATER DES GRAUENS. Wer hätte das gedacht; ist womöglich sogar besser.

Bearbeitet von Bastro, 01. März 2009, 22:33.


#382 Bastro

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Geschrieben 02. März 2009, 17:17

The Big Lebowski Joel Coen, USA/Großbritannien 1998

Zentrale Szene ist möglicherweise die, in der er die Leiste in den Boden nagelt - mehr schlecht als recht, denn er braucht unzählige Nägel dafür (die Hälfte ist krumm geschlagen) - um den Stuhl gegen den doorknob zu klemmen, um so ein Öffnen zu blockieren. Die deutschen Nihilisten gelangen jedoch trotzdem in Lebowskis Rückzugsort, seine Wohnung. Denn die Türe geht nach draußen auf, der Stuhl kippt einfach um.

Die Welt soll draußen bleiben, der Dude hat sich zurückgezogen. Umso schlimmer also für ihn, daß auf den Teppich gepißt wurde. Tatsächlich ein Desaster, da dieser seine Welt ("the room") buchstäblich zusammenhielt. Nun muß er raus, der Picaro, in die Welt hinaus, und die gerät aus den Fugen - der einzige andere sichere Ort, in der er es aushält, ist die Bowling-Bahn. Praktischerweise kann man dort mit dem Auto hinfahren, sich also die ganze Zeit in einem bekannten, geschlossenen System aufhalten.

Als seine Wohnung gegen Ende des Films total verwüstet wird, er über die Nagelleiste in seine Wohnung zurückstolpert (!) und wehrlos auf dem Rücken landet, da kommt s i e . Die ultimative Invaderin, die sogar an seine "private parts" ran will. Und da er nie was denkt, macht er mit, und zeugt so ein Kind. Das dürfte das Schlimmste für den Dude sein, das passieren konnte.
Aber, es gibt ja ein Happy-End; das Übernehmen der Vaterschaft ist nicht gewünscht, die Angreifer sind abgewehrt, es geht zurück zu Bowling und kleiner Bude. Der Rückzug ist gesichert!

Bearbeitet von Bastro, 02. März 2009, 17:29.


#383 Bastro

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Geschrieben 02. März 2009, 23:19

Shonen / Boy Nagisa Oshima, Japan 1969

Ein Kleinfamilie schlägt sich mit einer besonders radikalen Art der Gaunerei durch's Leben: die Mutter wirft sich an vorbeifahrende Autos und simuliert schwere Verletzungen, als ob sie tatsächlich angefahren worden wäre. Der Gatte, der im Hintergrund gewartet hatte, springt herbei und rastet aus, droht dem Fahrer mit einer Anzeige usw. Stets einigt man sich auf die Bezahlung einer ausgemachten Summe unter der Hand. Im Laufe der Zeit radikalisiert sich das Geschehen, und so läßt sich der Sohn der Familie, ein Bub von gerade mal 10 Jahren, anfahren. Dem Vater ist die Lebensgefahr egal, er nimmt das Risiko in Kauf. In der Folge wächst der Gewaltpegel innerhalb der Familie, da die Mutter erneut schwanger geworden ist, und man nirgendwo mehr hinkann. Alle erreichbaren Städte sind mit dieser Masche bereits abgegrast.

Unglaublich beeindruckender Film von Oshima, der nicht nur durch seine schwelende Gewalt innerhalb der Familie zerrüttet, sondern auch durch das Leiden der Kinder erschüttert; die Abhängigkeit der Kinder und der Wille, das Gute in den Erwachsenen zu sehen wirkt dabei umso bedrückender je verlassener sie sind. Als sich die Sympathien innerhalb des Familiengefüges verschieben, entsteht sogleich die Hoffnung auf eine Besserung der Zustände, die aber entweder durch die Protagonisten oder aber auch nur durch den Zufall zunichte gemacht wird.

Oshimas durchaus schwieriger und sperriger Film verweigert häufig die Erzählung über Handlung und Dialoge, sondern funktioniert über die Bildsprache. Der Zuschauer, oftmals mit dem Film so alleine gelassen wie der Junge innerhalb des Filmes, ist verloren, sucht nach Orientierung. Im Zusammenspiel der komplexen und nicht immer einfach zu lesenden Bilder mit der sehr experimentierfreudigen Filmmusik entsteht dabei eine Sogwirkung, die den Zuschauer an den Film fesselt und mit staunendem, offenen Mund im Kinosessel sitzen läßt. Besonders erwähnenswert scheint mir die Szene der beiden Brüder im Schnee zu sein: in tosendem Schneetreiben baut der Ältere einen Alien-Schneemann mit dem roten Schuh eines verunglückten Mädchens, für dessen Tod er sich verantwortlich fühlt, und versucht seinen dreijährigen Bruder mit einer Aliengeschichte aufzuheitern. Der aber sitzt weiter hinten alleingelassen im Schnee, halb erfroren und heulend: die beiden Kinder zwei schwarze Punkte allein in weiter Schneelandschaft, bis daß der Ältere voll Wut auf den Schneemann einschlägt, ihn zerstört. Da wechselt plötzlich die Geschwindigkeit auf Slow-Motion, der Junge tritt mit seinem Stiefel wieder und immer wieder auf den Schneemann ein, die Filmmusik übernimmt die Klangwelt, und die Wuchtigkeit der Bilder und zugleich deren fragile Poetizität fügen sich in ihrem gegensätzlichen Zusammenspiel zu einem enorm dichten und komplexen Sinnbild des gesamten Filmes.

#384 Bastro

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Geschrieben 05. März 2009, 16:47

Ballada o Soldatje Grigori Tschuchrai, UdSSR 1959

Als der nur 19jährige Soldat Aljoscha zwei Panzer abschießt, bekommt er von seinem Kommandanten kurzfristig Heimaturlaub. Sein einziges Begehr ist seine Mutter nochmals zu sehen, da er in den Krieg gezogen war, ohne sich von ihr verabschieden zu können. Auf dem Weg nach Hause begegnen ihm viele vom Krieg gezeichnete Menschen, er lernt Schicksale kennen und kann dank seines aufrechten Charakters gute Dinge tun. Auch eine erste Liebe scheint sich anzubahnen, unschuldig und schüchtern.
Spannend ist der Film wegen seiner teils interessant komponierten Bilder. Die Wechsel in der Inszenierung von Stadt und Land sind meines Erachtens gut gelungen und immer wieder überraschend. Weniger spannend allerdings ist die Vorhersehbarkeit der Handlung, und der allzu aufrechte und moralisch integere Jungsoldat. Wenn dann noch ein Lichtstrahl auf des Jünglings Antlitz fällt, in all dem Kriegsdunkel, ist es kaum mehr auszuhalten. Aber so wünscht man sich seine Krieger: mutig im Kampfe, gestählt durch Wille und Erfahrung, frei von Niedertracht, und immer die heimatliche Scholle im Sinne und natürlich auch die Mutter. Filmhistorisch sicher ein wichtiges Dokument, Gewinner einer ganzen Reihe an Preisen, ist mir dieser Film viel zu sehr offenkundig versteckt-politisch und propagandistisch.

#385 Bastro

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Geschrieben 08. März 2009, 00:18

The Wrestler Darren Aronofsky, USA 2008

Man muß kein Wrestling-Fan sein, um diesen Film interessant zu finden. Man muß nicht in den 80ern Twisted Sister, Guns 'n Roses oder Accept gehört haben, um den Soundtrack zu verstehen. Man muß keine Stripperinnen toll finden oder mal in einem Trailerpark gelebt haben. Man muß überhaupt nichts.
Die Wuchtigkeit des Filmes speist sich aus der Vergeblichkeit. Keines verbrauchten Lebens, eines besonders falsch gelaufenen Lebens, einer besonders gescheiterten Biographie. Und das scheint mir das einzige Geheimnis dieses Films zu sein, der eigentlich alles erzählt, was er erzählen will.
Das Geheimnis ist: das Leben ist an sich ein Gescheitertes. Es kommt nur auf den Blickwinkel an. Wer sagt, daß dieses Wrestlerleben ein gescheitertes sei, erhebt sich über den Film und diese Biographie. Wer kann das wagen, ohne vor Scham rot zu werden. Denn was man hier sieht ist ein nackter Mensch. Einer der Fehler gemacht hat und unglücklich ist. Aber wer macht keine Fehler, und was ist überhaupt der Maßstab. Sehr berührend.

#386 Bastro

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Geschrieben 08. März 2009, 12:08

Hellboy Guillermo del Toro, USA 2004

Da ich nun Teil 1 nachgeholt habe, ergeben sich mir interessante Erkentnisse: 1. Jetzt ist mir klar, weshalb Teil 2 so ist, wie er ist. 2. Nun verstehe ich Critics Vorbehalte gegenüber der GOLDENEN ARMEE. 3. Als Doppelpack scheint mir das dennoch sehr gelungenes, intelligentes und unterhaltendes Blockbuster-Kino zu sein. 4. Ein möglicherweise dritter Teil fände wohl mein Interesse nicht. Wenn da nichts formal Neues passiert - was nicht zu erwarten ist - dürfte das redundant werden. Bisher jedenfalls: schöne Sache.

#387 Bastro

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Geschrieben 08. März 2009, 19:42

Vibrator Ryuichi Hiroki, Japan 2003

Die hübsche Rei versorgt sich eines Nachts mit Alkohol in einem Supermarkt - dort sieht sie Okabe, den jungen Mann mit Gummistiefeln und den blondierten Haaren. Sie kann den Blick nicht mehr von ihm lassen, und folgt ihm, einem plötzlichen Instinkt folgend, auf den Parkplatz, in seinen Lastwagen und dann auf einem mehrtägigen Trip von Tokyo nach Niigata an der westlichen Nordseite Honshus.
Pinku-Experte Hiroki legt hier nach TOKYO TRASH BABY eine gesellschaftskritisches Drama zur Lage der japanischen Gesellschaft vor. Nachdem die vaterlose Generation durch die schwerstarbeitenden Familienoberhäupter in ein sinnentleerte Existenz gestoßen wurden, schlagen sie sich orientierungslos durch das Leben: als Freelance-Journalistin und als Freelance-Lastwagenfahrer. Zwei freeita-Jobber ohne gesicherte Existenz. Daß Hiroki die Suchenden auf ein Roadmovie schickt -in den Zustand des permanenten Übergangs- ist nur konsequent, auf welchem sich nach und nach die Zuneigungen offenbaren und die Psychen der Charaktere annähern. Sexszenen gibt es auch einige, die von einer schönen Intimität zeugen. Ansonsten fällt der Gegensatz innen-außen auf, der sich auf mehreren Ebenen offenbart, bildlichen (Lastwagen/Fahrerkabine-Landschaft) wie körperlich/psychischen (Bulimie/Stimmen im Kopf/Sexualität). Auch der Titel des Filmes spielt auf das Aufrütteln, das Bewegen an: vom vibrierenden Handy in der Brusttasche zum bewegten Herzen der Liebe zum ständig laufenden Lastwagen bis zur schließlich ausgeführten Sexualität - ein befreiendes Moment.
Das angepunkte Element des Filmes wird durch das existenzielle Drama ausbalanciert und bedient sich außerdem beim romantischen Liebesdrama, das für den nötigen Absatz gesorgt haben dürfte. Die special-edition kommt mit Soundtrack-CD. Feiner Film.

#388 Bastro

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Geschrieben 09. März 2009, 15:26

The Happening M. Night Shyamalan, USA 2008 / Zweitsichtung

Hatte ich im Kino noch einen apokalyptischen Ökothriller gesehen, bei dem ich ständig zum Mitdenken verpflichtet war, was das Übel denn nun eigentlich sei, und wie sich der Fall denn nun lösen lasse, so habe ich jetzt -wesentlich entspannter- zuhause auf DVD einen ganz anderen Film gesehen.

Namlich ein psychologisches Drama. Im Zentrum des ganzen Films steht die Figur Mark Wahlbergs, das war mir in dieser Deutlichkeit nicht so stark aufgefallen, da ich bei der Erstschau immerzu vom Öko-, bzw. vom Terrorsujet abgelenkt war. Eigentlich dreht sich alles um ihn. Die immer wiederkehrenden Nahaufnahmen seines Gesichtes, die den ganzen Raum ausfüllen, belegen das. Und es geht um das Scheitern des Naturwissenschaftlers, um eine Prüfung. So wie er auch innerhalb des Familienmodells im Zentrum steht ("Gebt mir eine Sekunde zum Nachdenken!", "Sag' uns, was wir tun sollen!") steht er als Repräsentant der Logik und des Erklärbaren, des Problemlösers im Zentrum des Films. Die erste Szene zeigt das schon: im Klassenzimmer ist er der Lehrer, der die Schüler auf den richtigen Lösungsweg führt. Er motiviert mit groß aufgerissenen Augen. Diesen Lösungsweg sucht er auch auf der Wiese inmitten der bedrohenden Natur, wenn sich selbst nach den Parametern des Problems fragt, wie man vorgehen könne bei dieser oder jener Problematik und Lage der Variablen.

Jedoch, eine Lösung gibt es nicht. It happens. Dabei ist "It" unbekannt, und das "passieren" scheint ohne Grund, ohne Logik zu geschehen. Alle Strategien der Rationalisierung (auch der Wissenschaftler in den Medien) greifen nicht. Jedoch: die Hexe überlebt recht lange, und stirbt dann doch. Eine Logik des Märchens scheint nicht der Schlüssel zu sein.

Zu Beginn schnauzt der Freund Wahlbergs Frau an, sie solle die Hand des Kindes nur ergreifen, wenn die dies auch aufrichtig meine. Und mehrfach erscheint die Handreichung dann in der Nahaufnahme. Ein kitschiges Bild der Nächstenliebe, eine Überlebensstrategie jenseits der naturwissenschaftlichen allerdings.
Da man durch diese Erwachsenen-Kind-Einführung am Beginn des Films so auf Zooey Deschanel fixiert ist, übersieht man ganz das Verhältnis des Protagonisten zu den Kindern. An mehreren Stellen wird sehr deutlich, daß es der Pädagoge ist, der Kinder nicht für voll nimmt. Der Regisseur hatte einen in die Irre geführt. Bereits in der Schule ist es seine Führungsposition, die ihn über die Schüler erhebt. Bei der Flucht über die Wiesen nach der dünnbesiedelten Region schließen sich dann zwei Jungs an. Er fragt sie gehetzt nach deren Namen, die sie auch nennen. Er selbst nennt seinen aber nicht, er hält das nicht für nötig. Die Namen sind nur von oben nach unten in der Befehlskette wichtig.

So fügt sich für mich in dieser zweiten Sichtung alles zum Melodram. Es ist die Liebe, die den Sturm besiegt. Mit Zooey endlich mal auf Augenhöhe (er setzt sich auf den Boden - eine auch räumliche Abwärtsbewegung also) - , nämlich im Gespräch durch das Rohr (einen Vermittler), läßt er sich auf sie ein, auf ihre gemeinsame Vergangenheit. Als er sie wieder für sich erkennt, in einem Moment der ausgeglichenen Balance, trotz er den Gewalten, tritt ins Freie und findet seine Liebe wieder, seine Frau und das Leben.

Bearbeitet von Bastro, 09. März 2009, 15:30.


#389 Bastro

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Geschrieben 13. März 2009, 15:13

Ichi Fumihiko Sori, Japan 2008

Eine blinde Schwertkämpferin (Haruka Ayase) hilft einem unbeholfenen Samurai bei einem Angriff mehrerer Gauner aus der Patsche. Der rivalisierende Clan hält ihn daraufhin für einen Helden und stellt ihn als Bodyguard an, doch stellt sich heraus, daß er unfähig ist, sein Schwert zu ziehen. Dies wird durch eine psychische Blockade verhindert, deren Ursprung in der Kindheit liegt. Doch die blinde Samurette ist nicht weit, denn nach und nach hat sich auch ihr Herz für ihn entflammt.

Es wird viel zitiert in diese Film - unzählige Szenen kennt man aus den klassischen und modernen Samuraifilmen. Das ist zunächst ganz spannend, spart der Film doch auch nicht mit überzeichneten Charakteren, die ihn in Richtung Groteske rücken. Mit zunehmender Laufzeit entdeckt der Film allerdings seinen Hang zur poetischen Langsamkeit und kann nur mit Mühe seine überlange, zweistündige Laufzeit beenden. Auch immer deutlicher werden große Schwächen im Rhythmus, die ihn mehrfach ausbremsen, sodaß man teils schon schwer genervt ist bei jeder weiteren Unterbrechung der Haupthandlung. Auch Riki Takeuchis Hackfresse, die erst noch für Zunder sorgt, wird immer mehr zur Karrikatur eines grimmigen Samurais, sodaß man ihn überhauopt nicht mehr ernst nehmen kann. Der Kontrast zur poetischen Elegie, mit der die Liebesgeschichte erzählt wird, könnte größer nicht sein. Und man hofft wenigstens auf die Action. Doch auch der zwanzigste Kampf wird irgendwann langweilig, wenn man nichts sieht, die herausgeschnittenen Actionszenen, die den High-Speed der Kampffinesse simulieren sollen, nur Leichenberge anhäuft. Da wünscht man sich mehr Ballett und Kunstfertigkeit oder auch mal Distanz. Lediglich die unglaublich hübsche Protagonistin hält einen bei der Stange. Der westliche Soundtrack ist ebenfalls öfter mißlungen. Eine ziemliche Gurke, also.

Bearbeitet von Bastro, 13. März 2009, 15:13.


#390 Bastro

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Geschrieben 14. März 2009, 10:41

The Midnight Meat Train Ryuhei Kitamura, USA 2008

Ausgezeichneter Terrorizer, der nicht den Fehler begeht, gegen Ende alles Geschehen in einem rationalisierenden Twist aufzulösen, sondern im Gegenteil selbstbewußt in der vorgelegten Marschroute noch eine Schippe drauflegt. Hat mir bis auf kleinere überzeichnete Ausrutscher (Augenszene) hervorragend gefallen, insbesondere auch der Soundtrack und die kalt-blauen U-Bahn-Bilder. So sieht heutzutage das Tor zur Unterwelt aus: kalt gefließt, Neonlicht und Überwachungskameras.





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