Kitanos Regenschirme? Hä?
#301
Geschrieben 12. August 2009, 15:09
Interessant. Ist das die Einstimmung aufs Bonner Sommerkino gewesen?
#302
Geschrieben 12. August 2009, 15:36
Und da ich mit dem PRIGHT nicht richtig warm geworden bin, schaue ich im momentan den MABUSE.
Bearbeitet von Bastro, 12. August 2009, 15:37.
#303
Geschrieben 12. August 2009, 15:47
Bastro sagte am 12.08.2009, 16:36:
Und da ich mit dem PRIGHT nicht richtig warm geworden bin, schaue ich im momentan den MABUSE.
Von den ganz alten Mabuse kenne ich bisher nur "Das Testament des Dr. Mabuse". Die Filme aus den 60ern mit Wolfgang Preiss hab ich als Kind alle gesehen.
#304
Geschrieben 12. August 2009, 16:21
A Tramp sagte am 12.08.2009, 16:47:
Wenn du Lust hättest dir das Live anzuschauen, dann bist du herzlich hier nach Bonn eingeladen. Platz haben wir genug!
Auf gutes Wetter darfst du hoffen, bekommen wirst du es nicht. Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass es zum Sommerkino immer schlecht wird. So ist es seit gestern pünktlicherweise sehr wolkenverhangen. Jedoch: Dieses Jahr überschneidet es sich wenigstens nicht mit dem FFF in Köln (sondern "nur" mit der Filmbar).
Zitat
Geht mir auch so, deshalb habe ich jetzt mit dem "Spieler" begonnen.
#305
Geschrieben 12. August 2009, 17:01
Bastro sagte am 12.08.2009, 17:21:
Wenn du Lust hättest dir das Live anzuschauen, dann bist du herzlich hier nach Bonn eingeladen. Platz haben wir genug!
Auf gutes Wetter darfst du hoffen, bekommen wirst du es nicht. Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass es zum Sommerkino immer schlecht wird. So ist es seit gestern pünktlicherweise sehr wolkenverhangen. Jedoch: Dieses Jahr überschneidet es sich wenigstens nicht mit dem FFF in Köln (sondern "nur" mit der Filmbar).
Ich glaube, das Wetter ist momentan fast überall ziemlich wechselhaft. Du hattest ja schon mal das Wetter im Freilichtkino angesprochen, vielleicht ziehen heuer die dunklen Wolken mal vorbei. Aber wenn es praktisch schon dazu gehört...
#306
Geschrieben 15. August 2009, 14:24
Ich habe vorhin im Forum gestöbert und gesehen, dass Du Béla Balázs "Der Geist des Films" letztes Jahr gelesen hast. Angeregt durch Deine Beiträge habe ich gestern noch ein wenig in ein paar Büchern geblättert und bin eher zufällig auf den Text "Musik im Kino" aus "Der sichtbare Mensch [1924]" gestoßen:
"Warum wird während der Filmvorführungen immer Musik gespielt? Warum wirkt ein Film ohne Musikbegleitung peinlich? Vielleicht ist die Musik dazu da, um den luftleeren Raum zwischen den Gestalten, den sonst der Dialog überbrückt, zu füllen. Auch wirkt jede Bewegung, die vollkommen lautlos ist, unheimlich. Noch unheimlicher wäre es aber, wenn einige hundert Menschen in einem Saal beisammen säßen, stundenlang schweigend, in absoluter Stille.
Denn auffallend ist ja, daß wir nur das Fehlen der Musik sofort merken, ihr Dasein beachten wir gar nicht. Jede Musik wird uns zu jeder Szene passen. Nur wenn sie wirklich dazu gestimmt ist, dann horchen wir auf, und es berührt uns meist komisch oder peinlich. Wenn zu einer Begräbnisszene auf dem Film die Kapelle einen Trauermarsch spielt, empfinde ich das als brutal und irgendwie schamlos. Denn die Musik weckt andere Visionen, welche die des Films nur dann stören, wenn sie zu nah zu einander kommen."
Das ist schon knapp die Hälfte des Textes, den ich als sehr anregend empfand, vielleicht gerade weil er aus der Zeit der Stummfilme stammt. Da habe ich mich auch gefragt, wie die Musikbegleitung beim Stummfilmfestival denn allgemein so ankommt und wahrgenommen wird. Ich kenne mich da praktisch gar nicht aus, wird da noch drüber gesprochen (vorher/nachher)?
Interessant fand ich in dem angesprochenen Text, der die Musik im Kino als ein noch "ungelöstes Problem - für den, dem sie überhaupt ein Problem ist" umschreibt, den Schluss. Balázs schreibt:
"Ein kurzer Blick wird nicht immer in einem entsprechenden kurzen Takt zu komponieren sein. Wahrlich, in mancher langen Sonate wurde schon der Inhalt eines kurzen Blickes vertont. Viel mehr erwarte ich darum von dem umgekehrten Verfahren, das meines Wissens überhaupt noch nicht versucht worden ist. Ich denke an die Verfilmung von Musikstücken. Man könnte den Strom auch ganz irrationeller Visionen, die man beim Anhören eines Musikstückes hat, auf einem Film vorbeiziehen lassen. Vielleicht wird das noch eine eigene, neue Kunstgattung werden?"
#307
Geschrieben 15. August 2009, 20:21
A Tramp sagte am 15.08.2009, 15:24:
Zeitig da sein muß man nur in folgender Konstellation: Samstag Abend, gutes Wetter, Chaplin als Eröffnungsfilm. Traurig, aber so ist es. Und ganz stimmt es auch nicht. Die Masse macht's voll, klar, aber es sind wirklich sehr viele "Nerds" da, erfahren und bestens equipped, die besten Plätze schon 1,5 Stunden vorher reservierend.
Ich komme ne halbe Stunde vor Beginn und nehme was außen links ziemlich weit vorne. Kein Problem. Bei Regen sitzt man so nicht unter den Arkaden, klar, das ist das Risiko. Aber: Die Filmprojektion ist auf der linken Seite (zwei Drittel) der Leinwand, die Übersetzung der Zwischentitel rechts. Ich sitze also bestens. Um einen herum dann eher Sonderlinge und -leider- Zuspätkommer. Derer gibt es recht viele.
Zitat
"Warum wird während der Filmvorführungen immer Musik gespielt? Warum wirkt ein Film ohne Musikbegleitung peinlich? Vielleicht ist die Musik dazu da, um den luftleeren Raum zwischen den Gestalten, den sonst der Dialog überbrückt, zu füllen. Auch wirkt jede Bewegung, die vollkommen lautlos ist, unheimlich. Noch unheimlicher wäre es aber, wenn einige hundert Menschen in einem Saal beisammen säßen, stundenlang schweigend, in absoluter Stille.
Denn auffallend ist ja, daß wir nur das Fehlen der Musik sofort merken, ihr Dasein beachten wir gar nicht. Jede Musik wird uns zu jeder Szene passen. Nur wenn sie wirklich dazu gestimmt ist, dann horchen wir auf, und es berührt uns meist komisch oder peinlich. Wenn zu einer Begräbnisszene auf dem Film die Kapelle einen Trauermarsch spielt, empfinde ich das als brutal und irgendwie schamlos. Denn die Musik weckt andere Visionen, welche die des Films nur dann stören, wenn sie zu nah zu einander kommen."
Das ist schon knapp die Hälfte des Textes, den ich als sehr anregend empfand, vielleicht gerade weil er aus der Zeit der Stummfilme stammt. Da habe ich mich auch gefragt, wie die Musikbegleitung beim Stummfilmfestival denn allgemein so ankommt und wahrgenommen wird. Ich kenne mich da praktisch gar nicht aus, wird da noch drüber gesprochen (vorher/nachher)?
Sehr interessanter Text. Erstmal: die Leute finden das toll mit der Musik, hört man ja auch die besten und bekanntesten Leute da. Ich glaube aber nicht, daß den meisten bewußt ist, wer da tatsächlich spielt. Manchmal dünkt mir, die finden das schon gut, nur weil die Musiker so eine Ausdauer haben.
Die Musiker werden auch jedesmal extra angesagt und bekommen viel Applaus, eine gute PA beschallt den Hof. Ist also fein. Darüber gesprochen wird aber eigentlich nie. Weshalb ich zu obiger Ansicht tendiere.
Für mich persönlich ist Stummfilmschauen so toll, weil ich das Gefühl habe, viel Platz zum Schauen zu haben. Ich muß nicht so viel Energie auf das Hören verwenden, quasi. Denn 1 Dimension fehlt ja tatsächlich: die Dialoge.
Balázs Gedanken scheinen mir plausibel, jedoch: ich konnte bislang zwei verschieden Herangehensweisen in Bonn ausmachen. Joachim Bärenz interpretiert kaum mit, zumindest mit wenig Effekt und Spitzen, spielt eher drüber, verschleift Stimmungen und schafft Übergänge. Ich nehme ihn deswegen weniger wahr. Finde das aber auch nicht immer passend. Wenn man zu einer Stampede kein Getrappel hört sondern elegische Fläschen, dann geht die Bildmacht ein wenig flöten. Aber vielleicht will er auch auf diese Diskrepanz (wir und unsere Konditionierungen) hinweisen.
Aljoscha Zimmermann (meist mit Tochter) hingegen unterstützt die Bilder sehr, was das Hören einfacher macht und effektiver ist. Allerdings stellt er sich so auch mehr in den Dienst des Filmes. Jedoch sind seine Sachen wunderschön. Schau dir mal den Mabuse, der Spieler Teil 1 an (wie ich gestern), das ist auch von ihm. Das ist der Hammer. Bei Bärenz denke ich manchmal, dem ist egal was auf der Leinwand passiert.
Extra für den Film komponieren beide. Ich vermute aber, Bärenz improvisiert mehr.
Zitat
"Ein kurzer Blick wird nicht immer in einem entsprechenden kurzen Takt zu komponieren sein. Wahrlich, in mancher langen Sonate wurde schon der Inhalt eines kurzen Blickes vertont. Viel mehr erwarte ich darum von dem umgekehrten Verfahren, das meines Wissens überhaupt noch nicht versucht worden ist. Ich denke an die Verfilmung von Musikstücken. Man könnte den Strom auch ganz irrationeller Visionen, die man beim Anhören eines Musikstückes hat, auf einem Film vorbeiziehen lassen. Vielleicht wird das noch eine eigene, neue Kunstgattung werden?"
Man könnte ja mal dieses eine Ulysses-Kapitel verfilmen. Oder gibt's das schon?
Bearbeitet von Bastro, 15. August 2009, 20:26.
#308
Geschrieben 16. August 2009, 12:21
Bastro sagte am 15.08.2009, 21:21:
Zeitig da sein muß man nur in folgender Konstellation: Samstag Abend, gutes Wetter, Chaplin als Eröffnungsfilm. Traurig, aber so ist es. Und ganz stimmt es auch nicht. Die Masse macht's voll, klar, aber es sind wirklich sehr viele "Nerds" da, erfahren und bestens equipped, die besten Plätze schon 1,5 Stunden vorher reservierend.
Ich komme ne halbe Stunde vor Beginn und nehme was außen links ziemlich weit vorne. Kein Problem. Bei Regen sitzt man so nicht unter den Arkaden, klar, das ist das Risiko. Aber: Die Filmprojektion ist auf der linken Seite (zwei Drittel) der Leinwand, die Übersetzung der Zwischentitel rechts. Ich sitze also bestens. Um einen herum dann eher Sonderlinge und -leider- Zuspätkommer. Derer gibt es recht viele.
Bastro sagte am 15.08.2009, 21:21:
Die Musiker werden auch jedesmal extra angesagt und bekommen viel Applaus, eine gute PA beschallt den Hof. Ist also fein. Darüber gesprochen wird aber eigentlich nie. Weshalb ich zu obiger Ansicht tendiere.
Für mich persönlich ist Stummfilmschauen so toll, weil ich das Gefühl habe, viel Platz zum Schauen zu haben. Ich muß nicht so viel Energie auf das Hören verwenden, quasi. Denn 1 Dimension fehlt ja tatsächlich: die Dialoge.
Balázs Gedanken scheinen mir plausibel, jedoch: ich konnte bislang zwei verschieden Herangehensweisen in Bonn ausmachen. Joachim Bärenz interpretiert kaum mit, zumindest mit wenig Effekt und Spitzen, spielt eher drüber, verschleift Stimmungen und schafft Übergänge. Ich nehme ihn deswegen weniger wahr. Finde das aber auch nicht immer passend. Wenn man zu einer Stampede kein Getrappel hört sondern elegische Fläschen, dann geht die Bildmacht ein wenig flöten. Aber vielleicht will er auch auf diese Diskrepanz (wir und unsere Konditionierungen) hinweisen.
Aljoscha Zimmermann (meist mit Tochter) hingegen unterstützt die Bilder sehr, was das Hören einfacher macht und effektiver ist. Allerdings stellt er sich so auch mehr in den Dienst des Filmes. Jedoch sind seine Sachen wunderschön. Schau dir mal den Mabuse, der Spieler Teil 1 an (wie ich gestern), das ist auch von ihm. Das ist der Hammer. Bei Bärenz denke ich manchmal, dem ist egal was auf der Leinwand passiert.
Extra für den Film komponieren beide. Ich vermute aber, Bärenz improvisiert mehr.
Trotzdem hoffe und glaube ich nicht, dass mir jede Musik zu jeder Szene passen würde, wie Balázs schreibt. Da Du erwähnst, dass die Begleitung extra für den Film komponiert wurde, will ich noch bemerken, dass die eigens für den Film komponierte Begleitmusik in dem Text schon damals (1924) als ein gepflegtes Mittel bezeichnet wird, aber sicher nicht gang und gäbe war.
Man wird mit der Zeit bestimmt etwas sensibilisiert und geschult, das Auge und Ohr betreffend. Wie heißt es in einem weiteren Zitat Balázs’ so treffend: "Ist nicht der Genussmensch auch immer der Feinschmecker und Kenner? Und jeder Wollüstling wird es euch sagen: das bewusste Genießen ist der höchste Genuß."
Aljoscha Zimmermann ist mir ein Begriff, von ihm hab ich bestimmt auch schon Musik gehört, vielleicht sogar auf DVD. Günter A. Buchwald kenne ich von Erich von Stroheims "Blind Husbands (Die Rache der Berge)", wo er die Begleitmusik spielt.
Ich habe gestern noch weitere Texte von Balázs gelesen und bin begeistert von der Art wie er schreibt, das zu lesen macht ungeheuren Spaß. Ich musste jedoch immer wieder erstaunt auf die Jahreszahlen schauen, in denen die Essays verfasst wurden. Der Inhalt trifft auch heute noch den Nagel auf den Kopf.
Bastro sagte am 15.08.2009, 21:21:
Man könnte ja mal dieses eine Ulysses-Kapitel verfilmen. Oder gibt's das schon?
"Ulysses" habe ich nicht gelesen. Vielleicht hat ja noch jemand weitere Ideen, welche Filme zur Beschreibung passen könnten.
#309
Geschrieben 16. August 2009, 18:56
A Tramp sagte am 16.08.2009, 13:21:
Trotzdem hoffe und glaube ich nicht, dass mir jede Musik zu jeder Szene passen würde, wie Balázs schreibt. Da Du erwähnst, dass die Begleitung extra für den Film komponiert wurde, will ich noch bemerken, dass die eigens für den Film komponierte Begleitmusik in dem Text schon damals (1924) als ein gepflegtes Mittel bezeichnet wird, aber sicher nicht gang und gäbe war.
Man wird mit der Zeit bestimmt etwas sensibilisiert und geschult, das Auge und Ohr betreffend. Wie heißt es in einem weiteren Zitat Balázs’ so treffend: "Ist nicht der Genussmensch auch immer der Feinschmecker und Kenner? Und jeder Wollüstling wird es euch sagen: das bewusste Genießen ist der höchste Genuß."
@BLIND HUSBANDS
Zitat
Im Bereich Animations- und Experimentalfilm kenne ich mich leider überhaupt nicht aus. Kann dir da aber natürlich folgen.
#310
Geschrieben 18. August 2009, 17:05
Erstmal
Wollte mich bedanken für deine Einträge zu den Stummfilmen, finde das sehr interessant. Ich muss mich ja fast dafür schämen aber ich hab meinen ersten Stummfilm immer noch vor mir . Muss den endlich mal einlegen, dafür das mich alles Alte ziemlich fasziniert dauert da mal wieder alles viel zu lange bei mir .
#311
Geschrieben 18. August 2009, 19:48
danke danke! Wenn dein erster Stummfilm so eine Flut losbricht wie dein erster Bollywood-Film, dann soll's mir recht sein.
Btw, welcher ist es denn?
übrigens, zu SARKAR
#312
Geschrieben 19. August 2009, 15:00
Bastro sagte am 18.08.2009, 20:48:
danke danke! Wenn dein erster Stummfilm so eine Flut losbricht wie dein erster Bollywood-Film, dann soll's mir recht sein.
Btw, welcher ist es denn?
übrigens, zu SARKAR
Hi,
Es ist "A Throw Of Dice" von Franz Osten, hab auch schon einen Eintrag dazu gemacht, hat gestern gerade gut in meinen engen Zeitplan gepasst . Ich bin sehr interessiert an weiteren Filmen, weis aber nicht so recht womit ich anfangen soll. Kannst du mir da vielleicht irgendwie Starthilfe geben?
Wegen SARKAR, hast du vielleicht auch schon die Fortsetzung gesehen?
Bearbeitet von Sabotage, 19. August 2009, 15:10.
#313
Geschrieben 19. August 2009, 18:26
Sabotage sagte am 19.08.2009, 16:00:
Bastro sagte am 18.08.2009, 20:48:
danke danke! Wenn dein erster Stummfilm so eine Flut losbricht wie dein erster Bollywood-Film, dann soll's mir recht sein.
Btw, welcher ist es denn?
übrigens, zu SARKAR
Hi,
Es ist "A Throw Of Dice" von Franz Osten, hab auch schon einen Eintrag dazu gemacht, hat gestern gerade gut in meinen engen Zeitplan gepasst .
Zitat
Nicht so gut gefallen mir die Monumental- und "exotistischen" Filme. Da hat man sich über einen Löwen oder einen Eingeborenenstamm auf der Leinwand gefreut usw. Oder jetzt bei Lubitsch die Pyramiden. Das ist heute eher historisch oder von technischer Seite interessant, schätze ich.
Es gibt jedenfalls auch unzählige Komödien. Es sollte sich also was finden lassen!
Zitat
#314
Geschrieben 20. August 2009, 15:12
Bastro sagte am 19.08.2009, 19:26:
#315
Geschrieben 21. August 2009, 07:41
A Tramp sagte am 20.08.2009, 16:12:
#316
Geschrieben 21. August 2009, 18:49
Zitat
Findest Du? Ist es nicht vielmehr so, daß 100 Jahre einfach mal eine kurze Zeitspanne sind? Und ist es nicht eigentlich richtiger zu sagen: Wir können immer noch über dieselben Sachen wie vor 100 Jahren lachen, aber es sind neue Witze hinzugekommen?
#317
Geschrieben 21. August 2009, 19:39
Bearbeitet von Bastro, 21. August 2009, 19:39.
#318
Geschrieben 21. August 2009, 19:52
Schade. Dein Text las sich eigentlich wie eine Empfehlung, daß ich den Film gleich mal in meine Wunschliste (geschätzte Eintragungsnummer: 1784) integriert habe. Wußte ja nicht, daß Du nur die Publikumsreaktion ausschließlich Deiner selbst wiedergibst. Wobei Du zwar einerseits Recht hast, daß sich gerade der Stummfilm leicht ein Bildungsbürgertum einfängt, das dann - das gute Gewissen, etwas kulturell Hochwertiges zu tun, ist ein sanftes Ruhekissen - gerne mal in der Aufführung wegnickt. Andererseits möchte ich dann doch den Film ungesehener Weise in Schutz nehmen. Weil mir prinzipiell der lockere Umgang mit der Schwere des Lebens lieber ist - Rumba, Louise Michel, The Palm Beach Story jetzt mal so auf die Schnelle als Gegenpol zu der leicht zu durchschauenden Tristesse eines Frozen River, der so weiß in weiß gemalt ist, daß das emotionale Auge schnell adaptiert. Wichtig ist dann eben die Qualität und Originalität der Witze. Natürlich betrüblich, wenn es bei Stage Struck nicht so weit her ist damit.
#319
Geschrieben 21. August 2009, 20:58
The Critic sagte am 21.08.2009, 20:52:
Gelungen aber schienen mir etwa die Traumsequenzen der Swanson (auch wenn man da im Mabuse viel Experimentierfreudigeres sieht); auch der dramaturgische Aufbau hin zur komödiantischen Verdichtung; ebenso eine gewisse Gesellschaftskritik (Celebrities) die aber durch ein favorisiertes Saubermannimage und Glück-im-Winkel-tum verwässert wird. Zeitgebunden, vielleicht. Allzuviel bleibt jetzt wohl doch nicht übrig...
Zitat
Das ist nachvollziehbar. Unsere Meinungen zu FROZEN RIVER liegen nicht allzuweit voneinande entfernt, denke ich.
Zitat
--
Btw, meine Bösartigkeit eben wurde direkt quittiert. Als ich am Kino ankam hatten die Pforten geschlossen. Es war übervoll und kein Hineinkommen mehr möglich. Buster Keaton! Na klar, was sonst. Jetzt verpasse ich den (späteren) Naruse und muß einen Keaton zu Haus alleine gucken.
#320
Geschrieben 23. August 2009, 17:33
Bastro sagte am 19.08.2009, 19:26:
Sabotage sagte am 19.08.2009, 16:00:
Bastro sagte am 18.08.2009, 20:48:
danke danke! Wenn dein erster Stummfilm so eine Flut losbricht wie dein erster Bollywood-Film, dann soll's mir recht sein.
Btw, welcher ist es denn?
übrigens, zu SARKAR
Hi,
Es ist "A Throw Of Dice" von Franz Osten, hab auch schon einen Eintrag dazu gemacht, hat gestern gerade gut in meinen engen Zeitplan gepasst .
Zitat
Nicht so gut gefallen mir die Monumental- und "exotistischen" Filme. Da hat man sich über einen Löwen oder einen Eingeborenenstamm auf der Leinwand gefreut usw. Oder jetzt bei Lubitsch die Pyramiden. Das ist heute eher historisch oder von technischer Seite interessant, schätze ich.
Es gibt jedenfalls auch unzählige Komödien. Es sollte sich also was finden lassen!
Zitat
Hi,
Möchte mich für deine Empfehlungen bedanken , da ist ja schon einiges dabei. The Critic hat mir in meinen Kommentar-Thread auch schon einige Filme empfohlen und ich hab jetzt erst mal mein Programm an Stummfilmen. Werde wohl zuerst mit Fritz Lang und dem Chaplin, Keaton-Zeugs anfangen und dann sehen was als nächstes kommt!
Die Fortsetzung zu SARKAR soll übrigens wirklich gut sein und den Vorgänger wohl toppen. Naja, absolut geil darauf bin ich jetzt nicht, werde aber Ihn mir aber bei Gelegenheit sicher mal ansehen!
Auch dir Danke nochmals und schönen Abend noch!
#321
Geschrieben 26. August 2009, 09:28
Kann mich nicht wirklich erinnern, daß mir der Film gedehnt vorkam. Wenn ich etwas übertrieben fand, dann die plotnotwendige Selbstlosigkeit des Protagonisten. Aber zum Glück wird viel von Pudovkins Spiel abgefangen. Unglaublich stark fand ich zum Beispiel die ganze Episode mit dem gestellten Fremdgehen, das den ganzen Irrwitz der herrschenden Moral schön auf den Punkt bringt. Was ich mich nur frage - war das vielleicht Ende der Zwanziger in Deutschland nicht schon überholt und barg nicht eher einen Distinktionsgewinn Richtung Rußland?
Interessant war auch, nur weil Du das nicht erwähnt hast, die Verwendung der expressiven Zwischentitel. Hat sich ja leider nur im Comic durchgesetzt.
#322
Geschrieben 26. August 2009, 22:45
The Critic sagte am 26.08.2009, 10:28:
Kann mich nicht wirklich erinnern, daß mir der Film gedehnt vorkam.
Zitat
Habe mir bei der Frauenfigur eingebildet, schon eine selbstbewußte Frau der Neuen Sachlichkeit zu sehen. Ganz passen will das aber nicht - zumindest nicht in der Weise, wie mir diese Strömung bekannt ist (was aber einen deutlichen Abstand zu Rußland markieren würde).
Zitat
#323
Geschrieben 26. August 2009, 23:04
tauchen die durchsichtigen regenschirme eigentlich echt überall auf? oder auch nur annähernd? kann mich nur an Battle Royal und Gonin erinnern, bei denen er nur mitgespielt hat. dabei habe ich seine filme schon so oft gesehen, das kann doch gar nicht sein...oder doch?!
#324
Geschrieben 27. August 2009, 07:18
Bob sagte am 27.08.2009, 00:04:
tauchen die durchsichtigen regenschirme eigentlich echt überall auf? oder auch nur annähernd? kann mich nur an Battle Royal und Gonin erinnern, bei denen er nur mitgespielt hat. dabei habe ich seine filme schon so oft gesehen, das kann doch gar nicht sein...oder doch?!
--
* Der Schläger, der wie ein Regenschirm, die Feuchtigkeit abwehrt (hier die Ballons gefüllt mit flüssiger Farbe); und im kreativen Akt der Zerstörung nicht nur den Träger des Mediums zu schützen vermag, sondern Neues, Kunst, kreiert.
#325
Geschrieben 27. August 2009, 09:36
Anders als die anderen bildet in der Hinsicht keine große Ausnahme. Was verwundert ist vielmehr die Offenheit, die weit über die schon recht offenherzige Darstellung von Homosexualität in Filmen wie Die Büchse der Pandora oder Geschlecht in Fesseln - Die Sexualnot der Gefangen (auch so ein Belehrer vor dem Herrn) hinausgeht. Wobei ich mir eigentlich über Oswalds Film gar keine abschließende Meinung bilden kann, wegen der angesprochenen schlechten Kopienlage. Hat schließlich nur diese verstümmelte ukrainische Version überlebt. Die mich nicht wirklich vom Hocker haut.
Hirschfeld selbst ist übrigens nicht unbedingt die Lichtgestalt, als den ihn die Schwulenbewegung gerne präsentiert. Er hat zwar an etlichen Aufklärungsfilmen (weit vor Kolle *g*) mitgearbeitet und sein Verdienst liegt sicherlich im Herausarbeiten der sozialpsychologischen Komponente transsexueller Identitäten. Dennoch war er klares Kind seiner Zeit. Sein Urningverständnis ist abenteuerlich und logischerweise war für ihn die Ursache für Homosexualität eine Hormonstörung (Hormone waren damals gerade voll angesagt, weil man das allgemeine Prinzip der hormonellen Regulation endlich verstanden hatte). Sein Institut diente deshalb nicht nur der allgemeinen Information über sexuelle Identität, sondern auch der Rekrutierung menschlicher Versuchskaninchen, die zur Heilung ihrer Störung heterosexuelle Hoden transplantiert bekamen. Der Erfolg dieser Tortur war natürlich überraschend - für die Forscher jedenfalls. Über das Schicksal der guinea pigs ist wie üblich nichts bekannt.
#326
Geschrieben 27. August 2009, 12:18
Bastro sagte am 27.08.2009, 08:18:
muss mal später gucken, ob ich einen eintrag zum jüngsten Kitano von dir finde. fand ihn große klasse, bisher erst zweimal gesehen. aber ich bin wohl für die kunst nicht so empfänglich, hab' das mehr als satire aufgenommen. klar, die aktionen an sich sind immer sehr bedacht inszeniert, das endergebnis sollte aber in meinen augen mehr zum lachen anregen als alles andere. aber mkay, beim zweiten mal das Hana-Bi zitat entdeckt, vllt steckt in den einzelnen werken doch insgesamt mehr drin (wobei man bei der interpretation sehr schnell gefahr läuft, Kitano's eigenwilligen humor auf den leim zu gehen ).
#327
Geschrieben 28. August 2009, 09:41
The Critic sagte am 27.08.2009, 10:36:
Zitat
Zitat
Hirschfeld selbst ist übrigens nicht unbedingt die Lichtgestalt, als den ihn die Schwulenbewegung gerne präsentiert. Er hat zwar an etlichen Aufklärungsfilmen (weit vor Kolle *g*) mitgearbeitet und sein Verdienst liegt sicherlich im Herausarbeiten der sozialpsychologischen Komponente transsexueller Identitäten. Dennoch war er klares Kind seiner Zeit. Sein Urningverständnis ist abenteuerlich und logischerweise war für ihn die Ursache für Homosexualität eine Hormonstörung (Hormone waren damals gerade voll angesagt, weil man das allgemeine Prinzip der hormonellen Regulation endlich verstanden hatte). Sein Institut diente deshalb nicht nur der allgemeinen Information über sexuelle Identität, sondern auch der Rekrutierung menschlicher Versuchskaninchen, die zur Heilung ihrer Störung heterosexuelle Hoden transplantiert bekamen. Der Erfolg dieser Tortur war natürlich überraschend - für die Forscher jedenfalls. Über das Schicksal der guinea pigs ist wie üblich nichts bekannt.
#328
Geschrieben 28. August 2009, 09:49
Bob sagte am 27.08.2009, 13:18:
Bastro sagte am 27.08.2009, 08:18:
muss mal später gucken, ob ich einen eintrag zum jüngsten Kitano von dir finde. fand ihn große klasse, bisher erst zweimal gesehen. aber ich bin wohl für die kunst nicht so empfänglich, hab' das mehr als satire aufgenommen. klar, die aktionen an sich sind immer sehr bedacht inszeniert, das endergebnis sollte aber in meinen augen mehr zum lachen anregen als alles andere. aber mkay, beim zweiten mal das Hana-Bi zitat entdeckt, vllt steckt in den einzelnen werken doch insgesamt mehr drin (wobei man bei der interpretation sehr schnell gefahr läuft, Kitano's eigenwilligen humor auf den leim zu gehen ).
Aber, und da gebe ich dir recht, der Mann weiß schon, was er tut. Das schöne an ACHILLES ist ja, daß dieser dritte sehr autobiographische Film Kitanos über die Souveränität des Künstlers elementare Fragen der zeitgenössischen Kunst auf sehr unterhaltsame Weise thematisiert und reflektiert. Und man sieht auch überdeutlich, wie er durch die Nachahmung eigentlich die Entwicklung der ganzen modernen Kunst (partiell natürlich) in 2 Stunden Spielfilmlänge nachgestaltet. Bis er eben zu einem eigenen Stil, einem eigenen Werk findet. Oder auch nicht...
Einen Eintrag zum Film wirst du nicht finden, habe noch keinen geschrieben. Schön übrigens, daß du dich direkt so beteiligst.
#329
Geschrieben 28. August 2009, 10:04
Bastro sagte am 28.08.2009, 09:41:
Nicht, daß wir uns da falsch verstehen. Das war auch von mir keineswegs als Anklage gemeint. Hirschfeld tat schon das, was sein Horizont hergab. Er beschäftigte zum Beispiel einen Transsexuellen als Angestellten in seinem Institut, der ansonsten keine Arbeit gefunden hätte. Aber man kann von ihm keine Wunder erwarten, er ist nicht losgelöst von seiner Zeit. Homosexualität ist ja zum Beispiel erst 1992 mit der 10. Revidierung der ICD (International Classification of Diseases) und der IV. Revidierung der DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) aus dem Register der Krankheiten gestrichen worden. Und weltweit ist man immer noch auf der Suche nach dem Schwulengen; erst Mitte der 90er gab es wieder einen fabelhaften Erfolg darin.
#330
Geschrieben 28. August 2009, 23:16
The Critic sagte am 27.08.2009, 10:36:
Ich möchte Bastros Kommentar-Thread nicht für meine Schwulitäten missbrauchen (es sei denn, du hättest es gern, Lieber ); aber: Die Schwulenbewegung gibt es nicht, The Critic! Und wenn ein gewisser Herr von Praunheim Hirschfeld in einem seiner Filme zum Hero erklärt, spricht er damit nicht für die Schwulenbewegung (die Schwulenbewegung konnte es übrigens auch nicht mit einem amerikanischen Porno-Star treiben, bloss weil Herr von Praunheim in "Armee der Liebenden..." (1979) die Gelegenheit beim "Schopf" packte ). Es ist einfach so, dass der Name "homosexuell" von Psychiatern im 20. Jahrhundert derart missbraucht worden war und uns regelrecht zu psychisch Kranken gestempelt hatte, dass wir wohl jeden anderen Begriff für unsere Identität vorgezogen hätten, sogar Urninge.
Der Zufall wollte es, dass Leuten vor meiner Zeit ein soziolinguistisches Kunststück gelang, das heute noch gewürdigt werden muss: Sie beanspruchten einfach einen mit negativen Konnotationen gefüllten Begriff ("schwul") für sich und formten ihn inhaltlich regelrecht um! Die Engländer gingen gleich ein ganzes Wortfeld (queer, faggott, bender, fairy etc.) an, so dass "gay" gelegentlich bereits wieder in seiner ursprünglichen Bedeutung (fröhlich) verwendet wird (was man einem halben Londoner wohl nicht erzählen muss).
Kleine Ironie der Geschichte: In Basel amtete noch in den frühen 90ern ein Ordinarius für Psychiatrie, der im Gegensatz zu Sigmund Schwule "heilen" wollte und in einem Lehrbuch über Neurosen das Kunststück vollbracht hatte, "homosexuell" und "nekrophil" im gleichen Satz zu verwenden (gut, trifft bei mir zu... ). Sein Sohn ist Leiter der Infektiologie, mauserte sich zu einem der bekanntesten HIV-Spezialisten der Schweiz und beweist im täglichen Umgang mit infizierten Schwulen, dass ihn Papi mal kann. - Ist doch auch schön!
Und jetzt zurück zu den Filmen. Sorry Bastro! Ich sehe zwar aus wie Max Schreck, bin aber nicht ganz so stumm.
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