Cinéma Quebécois
#1
Geschrieben 26. August 2007, 21:57
#2
Geschrieben 27. August 2007, 00:08
Muss sagen, bin schon sehr gespannt auf deine Einträge. Zum einen weil ich selbst auch Französisch spreche.
Bearbeitet von Fox Mulder, 27. August 2007, 00:09.
#3
Geschrieben 31. August 2007, 19:22
Der Mann mit dem Plan sagte am 31.08.2007, 20:07:
ich sehe das absolut gegenteilig. die bewertung in zehnerschritten taktet eine meinung in ein quasi-objektives system ein und lässt ihre komplexität nicht zur geltung kommen. da kommt die angeblich "läppische plusminus-wertung" als spiegel der eigenen filmerfahrung schon etwas näher. klar, das binäre system ist vereinfachend, aber wenn man es als gabelung zweier wege versteht, vor der jeweils angenehmes von unangenehmen getrennt wird - und das alles unter der prämisse von flüchtigen notizen - kann ich einfach keinen grund für dieses rumgegackere sehen ...
#4
Geschrieben 31. August 2007, 19:35
außerdem macht der manifesto das doch gar nicht so, sondern führt bloß etwas listenhaft vor- und nachteile des films auf, und kennzeichnet das eben mit + und -... wo da jetzt das problem ist, verstehe ich nicht.
#5
Geschrieben 31. August 2007, 19:38
In einer formulierten Bewertung, beziehungsweise einer Kritik, ist das Legosteinprinzip schwachsinnig, finde ich. Nur weil mir irgendwas bei einem Film gefallen hat, sagen wir, die Hauptdarstellerin, ist das lange noch nicht Grund genug, dem Film irgendeine objektivierte "filmische" Güte zuzusprechen.
"Cinema is everything to me. I live and breathe films... I even eat them" - Lucio Fulci
"I ask of film what most North Americans ask of psychedelic drugs." - Alejandro Jodorowsky
"When two or more people agree on an issue, I form on the other side." - Bill Hicks
#6
Geschrieben 31. August 2007, 19:50
Der Mann mit dem Plan sagte am 31.08.2007, 20:38:
In einer formulierten Bewertung, beziehungsweise einer Kritik, ist das Legosteinprinzip schwachsinnig, finde ich. Nur weil mir irgendwas bei einem Film gefallen hat, sagen wir, die Hauptdarstellerin, ist das lange noch nicht Grund genug, dem Film irgendeine objektivierte "filmische" Güte zuzusprechen.
und das macht doch manifesto auch nicht, der zählt doch dann nicht plus gegen minus ab oder solcherlei blödsinn, sondern er zählt auf, was ihm gefallen hat und was nicht. das machen wir ja nun alle. bei ihm sieht es halt nur geordneter aus - und wird dem notiz-charakter gerecht.
ich meinte ja auch, dass das zehner-system eine art objektivität der bewertung an sich und vergleichbarkeit zwischen den filmen vorgaukelt, was natürlich absolut falsch ist. aber einige spezis machen daraus ja auch so eine quasiwissenschaft der punkte ("nein, eine 9 darf der keinesfalls bekommen, das hat er sich nicht verdient" ). ich lass mich da nur vom moment leiten.
#7
Geschrieben 31. August 2007, 19:53
So gesehen ist das buchhalterische Auflisten von Vor- und Nachteilen immer noch besser, das stimmt.
#8
Geschrieben 31. August 2007, 20:13
evoken sagte am 31.08.2007, 20:53:
wie auch plani halte ich meine gesehenen filme in der imdb fest - was nur durch punktebewertung funktioniert. und so lange man weiß, nach welchen regeln mal da spielt, und auch die unschärfe einer solchen skalenbewertung akzeptiert, geht das schon klar. und bei mir jedenfalls gilt: eine "absolute" einordnung meines gefühls gegenüber dem film oder eben: wie fand ich ihn auf einer skala von 1 bis 10. das bringt einem anderen natürlich gar nix. denn wie man etwas fand, hängt ja auch davon, wie man gerade drauf ist, was man erwartet hat, was man überhaupt schon an filmerfahrungen gemacht hat, ob man sich filmhistorisch auskennt usw. usf. die lässt lässt sich unendlich weiterführen. hier wird pure subjektivität in zahlen gegossen. ein dialog bzw. ein paar sätze sind für andere wohl unendlich viel transparenter...
#9
Geschrieben 31. August 2007, 20:14
Die Zurichtung die eine Aufführung der Pros und Kontras verursacht ist demgegenüber doch viel extremer, weil sie die ästhetische Struktur bereits auseinanderdividiert und einzeln verbucht. Man hat also als Diskussionsgrundlage gerade nicht mehr die filmische Totalität vor sich, wie sie ja in der Punktebewertung immerhin noch enthalten ist, sondern eine Vielzahl vermeintlich disparater Einzelteile. Implizit ist diese doch eigentlich sachfremde Herangehenweise natürlich schon überall dort vorhanden, wo das Was? und das Wie? des filmischen Textes auseindergezogen werden.
Bearbeitet von kørken, 31. August 2007, 20:18.
#10
Geschrieben 31. August 2007, 20:19
kørken sagte am 31.08.2007, 21:14:
"Cinema is everything to me. I live and breathe films... I even eat them" - Lucio Fulci
"I ask of film what most North Americans ask of psychedelic drugs." - Alejandro Jodorowsky
"When two or more people agree on an issue, I form on the other side." - Bill Hicks
#11
Geschrieben 31. August 2007, 20:27
Deine Einträge und Eindrücke lesen sich sehr schön. Mein Interesse hast Du damit geweckt. Viel Spaß noch auf Deiner weiteren Entdeckungsreise.
Eine Frage, da Du gerade in Montreal bist: Ist dort irgendwo "Madame Tutli-Putli" zu sehen? Der Trailer hatte Dir ja auch zugesagt. Wenn Du den vielleicht zufällig zu sehen bekommst, dann würde mich Deine Meinung dazu interessieren. Beim NFB gibt es schon eine Seite zur DVD, das Veröffentlichungsdatum steht allerdings noch aus.
#12
Geschrieben 31. August 2007, 20:29
kørken sagte am 31.08.2007, 21:14:
Die Zurichtung die eine Aufführung der Pros und Kontras verursacht ist demgegenüber doch viel extremer, weil sie die ästhetische Struktur bereits auseinanderdividiert und einzeln verbucht. Man hat also als Diskussionsgrundlage gerade nicht mehr die filmische Totalität vor sich, wie sie ja in der Punktebewertung immerhin noch enthalten ist, sondern eine Vielzahl vermeintlich disparater Einzelteile. Implizit ist diese doch eigentlich sachfremde Herangehenweise natürlich schon überall dort vorhanden, wo das Was? und das Wie? des filmischen Textes auseindergezogen werden.
(1) eine anschlusskomunikation an diese einzelteile ist aber doch viel einfacher, reizvoller und einladender. ich sehe hier jedenfalls mehr möglichkeit als bei den punkten.
(2) eine begründete meinung zum film können wir uns doch grundsätzlich nur aus der zerteilung der ästhetischen struktur bilden, wir müssen das /was/ und /wie/ auseinandernehmen - natürlich immer in anbetracht der gesamterfahrung, die sich uns zuvoderst als monolithischer block entgegenstellt. wollen wir hinter diesen schauen, müssen wir diffenrenzieren, um überhaupt etwas in worte fassen zu können. da manifesto seine aufzeichnungen eindeutig als flüchtige notizen vorgestellt hat, scheint dies vielleicht sein erster schritt dieser spaltung, der selbst noch gar nicht den rückbezug auf das ganze wagt.
(3) wo liegt denn die nicht-sachfremde herangehensweise zu einem film? kann es die geben? ist es nicht schon sachfremd, von einem filmischen text zu sprechen, ihn also strukturalistisch zuzurichten?
#13
Geschrieben 31. August 2007, 20:57
bekay sagte am 31.08.2007, 21:29:
(2) eine begründete meinung zum film können wir uns doch grundsätzlich nur aus der zerteilung der ästhetischen struktur bilden, wir müssen das /was/ und /wie/ auseinandernehmen - natürlich immer in anbetracht der gesamterfahrung, die sich uns zuvoderst als monolithischer block entgegenstellt. wollen wir hinter diesen schauen, müssen wir trennen, um überhaupt etwas in worte fassen zu können. da mephisto seine aufzeichnungen eindeutig als flüchtige notizen vorgestellt hat, scheint dies vielleicht sein erste schritt dieser spaltung, der vielleicht auch noch gar nicht den rückbezug auf das ganze wagt.
Die filmimmanenten Sequenzelemente lassen sich bei der Rekonstruktion der filmischen Textes gedanklich natürlich isolieren, aber um sie überhaupt einschätzen zu können müssen wir sie ja gerade auf ihr Erzwingungsverhältnis hin untersuchen, denn eine Struktur besteht nur dann, wenn einer Eröffnung von Möglichkeiten auch der notwendige Anschluß folgt, und dieser sich zwingend mit einer gewissen Selektivität fortschreibt. Das Auflösen in disparate Stellen dagegen verdunkelt den Rückbezug.
Zitat
Du kannst Filme sachgerecht nur als Werke besprechen, wenn Du nicht eigentlich über etwas anderes sprechen möchtest. Denn die Autonomie eines Kunstwerkes beweist sich doch gerade darin, dass sie einer eigenen Logik der Vertextung folgt, die eine sinnliche Erkenntnis vermittelt, für die es noch keine sprachlichen Routinen gibt. Deshalb ist es m.E. auch ein Kategorienfehler nach der Aussage eines Filmes zu fragen, oder diesen nach einer politischen Gesinnung abzuklopfen. Es reduziert das Werk auf einen üblichen Sprechakt. Und das ist natürlich zirkulär, weil man den politischen Kontext, den man eh bereits identifiziert hat, auch wieder als Ergebnis herausbekommt, ohne über die ästhetische Struktur etwas gesagt zu haben.
Das was heute modisch ist, also die besondere Erwähnung der Kontextualität oder der Rezeptionsästhetik, ist im einen Fall eine bloße Modularisierung der objektiv gültigen Struktur und im anderen Fall eine unzulässige Rückführung des Primärtextes auf einen sekundären, davon doch erst abgeleiteten epochenspezifischen Text. Das wirst Du gültig aber erst untersuchen können, wenn Du den Primärtext selbst erschlossen hast.
Bearbeitet von kørken, 31. August 2007, 21:04.
#14
Geschrieben 31. August 2007, 21:19
#15
Geschrieben 31. August 2007, 22:06
kørken sagte am 31.08.2007, 21:57:
hier baust du allerdings einen zirkel ein: wie soll man an einem film einen bezug identifizieren können, wenn dieser nicht besteht ? das geht natürlich nur, wenn der film für diese lesart offen ist.
dein radikalprogramm geht nicht auf, weder auf die eine, noch auf die andere weise.
#16
Geschrieben 31. August 2007, 22:19
StephenDedalus sagte am 31.08.2007, 23:06:
dein radikalprogramm geht nicht auf, weder auf die eine, noch auf die andere weise.
Das ist übrigens ein merkwürdiges Verständnis von Lesart, weil es so tut, als müsse das Kunstwerk für herangetragene Lesarten (zufällig?) offen sein. Aber es ist doch so, dass man die Lesarten erst einmal aus dem Material entwickeln muß. Das Kunstwerk ist der fundierende Text für die Lesarten, andernfalls wirst Du aus Filmen nichts neues erfahren. Zirkulär ist doch diese heranzutragen und dann die vermeintliche Offenheit zu proklamieren, wenn Du schon Lesarten gebildet hast, ohne den Text zu kennen.
Bearbeitet von kørken, 31. August 2007, 22:28.
#17
Geschrieben 31. August 2007, 22:34
kørken sagte am 31.08.2007, 23:19:
StephenDedalus sagte am 31.08.2007, 23:06:
dein radikalprogramm geht nicht auf, weder auf die eine, noch auf die andere weise.
es ist überhaupt nicht möglich, jeden bezug abzuschneiden, sonst würdests du ja vor jedem film stehen, wie vor einem koreanischen schriftzeichen, ohne überhaupt von der existenz einer koreanischen sprache zu wissen. - sicher könnte man viel aus so ein paar strichen und kreisen herauslesen, aber dem zeichen wohl kaum gerecht werden. und natürlich kann man sich auch nachträglich nicht in einen solchen "ursprünglichen" zugang versetzen.
ich verstehe wirklich nicht, auf was für eine lesart von film du hinaus willst. - auch anhand deines filmtagebuches könnte ich mir nichts entsprechendes ausdenken.
Bearbeitet von StephenDedalus, 31. August 2007, 22:35.
#18
Geschrieben 31. August 2007, 22:53
StephenDedalus sagte am 31.08.2007, 23:34:
Da ignorierst Du den Unterscheid zwischen Universalstrukturen und normativen Strukturen. Die quasi-algorithmische Wohlgeformtheit von Ausdrucksgestalten ist eine die in universellen Strukturen begründet liegt. Die Regeln der Sprache, der Sittlichkeit, des logischen Schließens, der Reziprozität sind Erzeugungsbedingungen für Sozialität in JEDER Kultur. Historische Gebilde sind normative Ausgestaltungen dieser Strukturen. Insofern meint kontextueller Bezug die historische Form eines Seins. Auch die koreanischen Schriftzeichen folgen einer generativen universellen Grammatik (siehe Chomsky) die prinizpiell von jedem rekonstruierbar ist und sie verlieren ihre Bedeutung doch nicht dadurch, dass sie dem akuten interkulturellen Verständnis entzogen sind.
Zitat
EDIT: http://www.davidbordwell.net/blog/
Da kann man das teilweise ganz schön sehen, auch wenn Bordwell jetzt nicht die elaborierteste Theorie hat, aber er es liegt bei ihm zumindest ein Fundament vor mit dem er viel anfangen könnte.
Bearbeitet von kørken, 31. August 2007, 23:03.
#19
Geschrieben 31. August 2007, 23:27
kørken sagte am 31.08.2007, 23:53:
der punkt ist aber, dass sich die qualia, die ein schriftzeichen, dessen bedeutung ich nicht kenne und die eines zeichens, dessen bedeutung ich kenne, divergieren. im falle eines hakenkreuzes mögen sich z.b. derjenenige, der um dessen bedeutung weiß und daher mit wut reagiert und derjenige, der noch nie eines gesehen hat, sich über symmetrie und ausdrucksstärke einig werden können. im falle einer gesprochenen sprache divergiert das allerdings schon: wenn ich kein französisch kann, ist es durchaus möglich, dass mir das sprechen als schimpfen, aggressiv und hart erscheinen mag. sobald ich die sprache verstehe, ergeben sich völlig andere qualia und ich werde mich schwer tun, dieses aggressive kauderwelsch darin wiederzufinden. - sie sind also nicht prinzipiell für jeden rekonstruierbar, sondern nur für den eingeweihten. beim film ist das natürlich noch viel komplexer.
den bordwell schaue ich mir an. danke
#20
Geschrieben 31. August 2007, 23:43
StephenDedalus sagte am 01.09.2007, 00:27:
Wegen der Sprache: die Bedeutung der frz. Sprache ist doch nicht abhängig davon, wie ich zu ihr persönlich stehe. Jeder kann die Sprache prinzipiell erlernen, sie ist nichts geheimnisvolles. Das würde der Funktion von Sprache übrigens auch völlig entgegenlaufen. Die Übersetzung von Sprache ja per se eine, die in ihrer Grammatikalität so transparent wie nur was ist.
Das einprägsamste Beispiel ist wohl, dass man etwas nicht objektiv meinen und subjektiv sagen kann. Sondern nur andersherum: man kann etwas subjektiv meinen und objektiv sagen. Und nur zum letzteren, dem objektiv Gesagten hat man überhaupt Zugriff..und dann letztendlich, nachdem man die objektive Bedeutung des Gesagten erschlossen hat, gerät man über die Kontextuierung zum Subjektiven.
Bearbeitet von kørken, 31. August 2007, 23:56.
#21
Geschrieben 01. September 2007, 00:00
kørken sagte am 01.09.2007, 00:43:
natürlich kann man sprache erlernen; der fall ist auch noch relativ unproblematisch. wie ist es aber bei - das beispiel ist von h.p. duerr entliehen - unterschiedlichen wahrnehmung des weiblichen geschlechts in der japanischen und der arabischen kunst. duerr beschreibt da, wie die weibliche beschneidung im kontext einer kultur steht, die von der umgangssprache bis hin zur hochkultur von einem ekel gegenüber dem weiblichen geschlechtsorgan gezeichnet ist; in japan hingegen treten stripperinnen schon oben-ohne auf die bühne und wird von männern mit lupen erwartet, die sich auf besagtes geschlechtsorgan stürzen. auch diese obsession zieht sich durch die japanische kultur - ich weiß, im heutigen japanischen film findet man da pixel, aber in der gezeichneten kunst sieht das ganz anders aus.
das problem ist doch: du hast hier jeweils ein völlig verschiedenes publikum. eines, dass bei den selben bildern ekel verspüren wird - oder wenigstens etwas entsprechendes beiläufiges bei der empfundenen lust -, und eines, dass ungehemmte lust empfinden wird. - es wird also jeweils ein anderer film gesehen.
nehmen wir an, es wäre ein avantgardefilm, der nichts zeigt, außer einer vagina. sachgemäß wäre nun zu sagen: wir sehen hier 5 minuten lang eine vagina. der film ist s/w, ohne ton. die schamhaare sind rot.
meinst du nicht, dass sich mehr sagen ließe und dass es dabei nicht doch eine rolle spielt, ob der film nun aus japan, oder aus afghanistan kommt ? - woraus sich übrigens jeweils eine völlig andere diskussion in der "herkömmlichen" filmkritik ergeben würde, denn einmal wäre es eine provokation, das andere mal völlig nichtssagend. mal ganz ab von einer historischen komponente, die diese provokation abschwächen, oder zunehmen ließe.
#22
Geschrieben 01. September 2007, 00:02
kørken sagte am 01.09.2007, 00:43:
ich will aber auf das phänomen der intersubjektivität (in einer spezifischen gruppe) hinaus.
#23
Geschrieben 01. September 2007, 00:22
StephenDedalus sagte am 01.09.2007, 01:02:
kørken sagte am 01.09.2007, 00:43:
ich will aber auf das phänomen der intersubjektivität (in einer spezifischen gruppe) hinaus.
Ich benutze Intersubjektivität mal ganz streng, weil es problematischer Begriff ist. Er präsupponiert nämlich, dass sich verschiedene Positionalitäten in ihrer Subjektivität verständigen. Darauf hast Du aber nur einen Zugriff, wenn diese Positionalitäten objektiv etwas sagen - in ihre Köpfe kannst Du nicht hineinschauen. Die objektive Bedeutungsstruktur des Gesagten ist ja dann bereits der Rahmen für alle Möglichkeiten dieses Gesagte dann auch subjekthaft zu kontextuierern. Du brauchst aber immer objektive Protokolle in denen das subjektive sich materialisiert. Das ist übrigens genau das was Hegel mit Entzweiung meint. Man muß es erst eine objektive Materialisierung vor sich bringen, um der Welt seine eigene Identität aufzudrücken.
Beim Vaginafilm musst Du erst einmal rekonstruieren was das heisst wenn eine Vagina in eben dieser Weise in einem Film gezeigt wird. Und welche anderen Möglichkeiten hätte es gegeben diese auch zu zeigen? Und dann ist man sofort bei der Frage der Selektivität - was heisst es die Vagina in dieser Form und nicht in einer anderen Form zu zeigen. Man würde vielleicht darauf kommen, dass der Präsentationsgestus etwas klinisches hat, es also als etwas entpersonalisiertes gezeigt wird. Und all die normativen Umgänge mit dem Film würden sich davon ableiten müssen. Aber es bleiben dies sekundäre Bildungen eines Primärtextes, der in seiner sinnlichen Präsenz auch ohne diese Kontextuierung stehen könnte.
Bearbeitet von kørken, 01. September 2007, 00:26.
#24
Geschrieben 01. September 2007, 00:31
und wo wir gerade bei chomsky sind, kann ich nur auf edward branigan verweisen, der sich stark dafür macht (und dafür z.b. im vorwort seines buches point of view in the cinema von bordwell unterstützt wird), film als sprachliches und generatives system zu verstehen mit einer festen tiefenstruktur und veränderbaren oberflächenstruktur, welche qua konvention festgelegt wird. er macht klar, dass film-verstehen gelernt werden muss (wie eine sprache) und dass es durchaus darauf ankommt, "wer den film äußert" - soll heißen, wie wir die stellung der kamera, ihren point of view, zu ihre vorherigen stellung rationalisierieren, um so festzustellen, ob sich der "bildermacher" geändert hat. der film hat soviel bedeutung, wie wir filmische vorerfahrung und unbewusstes wissen um die konventionen.
die eigenlogik, von der du sprichst, kann nur in einem streng wissenschaftlichen diskurs zur geltung kommen. wie z.b. bei branigan, der die eigenlogik des films als sprachlich bestimmt. warum manifesto, der i.ü. immer noch nur flüchtige notizen machen will, mit einem wissenschafltichen methodenmonster auffahren und sich über filme nur anhand ihrer immanenten strukturen und unabhängig von historischen konventionsformen beschäftigen soll (was ich sowieso für unmöglich halte), kann mir wahrscheinlich immer noch keiner erklären, oda?
#25
Geschrieben 01. September 2007, 01:03
bekay sagte am 01.09.2007, 01:31:
Nur weil wir uns ihrer nicht bedienen sind doch die generativen Regeln nicht ausser Kraft gesetzt. Jeder von uns hätte von Geburt an koreanisch lernen können, wenn er in einer koreanischen Familie großgezogen wäre. Und es ist doch sehr transparent eine andere Sprache zu erlernen und somit unser Bewußtsein für sie auch inhaltlich zu öffen. Abkürzend benutzen wir doch übrigens auch Übersetzungen.
Ich blende die normativen Strukturen nicht aus, aber Du hast natürlich recht: was ich sage gilt natürlich für die analytische Erkenntnis. Nur ist es ja leider auch dort gang und gäbe, Filme nicht über eigene Struktur aufzuschlüsseln, sondern über sekundäre Bildungen, wie etwa "Rezeptionsästhetik". Und das ist eben in einem wissenschaftlichen Sinne nicht fruchtbar. Die ästhetische Erfahrung kann das ganz sicher nicht ersetzen, aber in einem Forum in dem doch der akademische Diskurs zumindest proklamiert wird, sollte doch dann auch der methodische Zugang reflektiert werden. Es kommt dann immer darauf an, in welchem Modus man diskutiert. Nur verstehe ich dann auch manch böses Wort über die Cinefäctler nicht so ganz, denn dort liegt doch wohl ganz klar auf der Hand, dass nicht akademisch diskutiert wird.
Zitat
Zu "Wer spricht?" - ist beim Kunstwerk als Ausdrucksgestalt egal, weil es in seiner Eigenlogik von der spezifischen Person abgelöst ist. Filmimmanent ist das was anderes, aber auf der Ebene war ich nicht.
Zur Bedeutung habe ich weiter oben etwas geschrieben, das will ich nicht nochmal wiederholen. Da widerspreche ich vehement, wenn es in einem analytischen Sinne gemeint ist. Denn das was Brannigan dort behandelt sind psychische Dispositionen, die nur ein Ausschnitt der objektiven Bedeutung sind.
Zitat
So, weg.
Bearbeitet von kørken, 01. September 2007, 01:15.
#26
Geschrieben 01. September 2007, 09:06
2. zu cinefrägg: unter einem methodisch-analytischen zugang gibt es ja noch den klaren menschenverstand und vernunft - und darunter gibt es cinefrägg. die übergänge sind natürlich fließend.
3. das man sich immer zuerst dem filmmaterial zuwendet und streng von ihm ausgeht, da bin ich dafür. aber eine rezeptionsästhetik kann daran auch anschließen.
4. hast du einen empirischen beweis dafür, dass hollywood-filme von jedem kind verstanden werden? branigan hat zwar auch keinen dagegen, aber eines seiner theoretischen axiome ist, dass wird zuerst einer bestimmen menge von erzählfilmen ausgesetzt werden müssen, bevor wir sie verstehen.
5. wer spricht - egal? das gegenteil, würde ich sagen. film ist ohne den punkt, von dem aus wir welches geschehen auch immer (also auch avantgarde-lichtformen) sehen, nicht denkbar ... das ist seine elementarste grundkomponente - diesen blickpunkt schreiben wir immer jemanden zu - wir müssen ihn rationalisieren. das betrifft den film durchaus in seiner gesamten ausdrucksgestalt.
#27
Geschrieben 01. September 2007, 11:02
bekay sagte am 01.09.2007, 10:06:
Zitat
Zitat
Zitat
Ich meinte die Hochnäsigkeit eher in dem Sinne eines Buchtitels wie dem von James Monaco, wo die Ansammlung von unverdautem Halbwissen angeblich dem Leser das Verstehen von Filmen ermögliche. Es gibt da auch so eine dt. Lern-DVD mit dem Titel "Filme sehen lernen" oder so ähnlich. Und da muß eben zwischen einem praktischen Verständnis, dass sich nach der Sichtung einiger weniger Filme einstellen mag und dem analytischen Verständnis trennen.
Zitat
#28
Geschrieben 01. September 2007, 14:34
kørken sagte am 01.09.2007, 02:03:
Das "Filme verstehen" gelernt werden muß halte ich für etwas sehr hochnäsig. Was wohl gemeint ist ist die begriffliche Explikation des praktischen Verständnisses von Film. Denn die Regeln des Films, zumal die des klassichen Hollywoodkinos, die versteht doch jedes Kind. Die analytische Rekonstruktion ist eine Sache die einen geeigneten methodischen Zugang erfordert.
Zur Bedeutung habe ich weiter oben etwas geschrieben, das will ich nicht nochmal wiederholen. Da widerspreche ich vehement, wenn es in einem analytischen Sinne gemeint ist. Denn das was Brannigan dort behandelt sind psychische Dispositionen, die nur ein Ausschnitt der objektiven Bedeutung sind.
1. das problem ergibt sich doch gerade in dem moment, wo man verschiedene arten überblickt. der afghane, der sich eine japanische rezeption der vagina erarbeitet bemerkt, dass man eine vagina sowohl als ekelhaft, als auch als schön wahrnehmen kann. er überblickt damit einen widerstreit, aus dem sich keine objektive sichtweise der vagina entscheiden lässt. - die vagina zeigt sich uns ja in unterschiedlichen abschattungen (im husserlschen sinne), wobei die eine, alle abschattungen vereinnahmende, sichtweise grundsätzlich nicht einnehmbar ist; nicht nur, weil man nicht alle kulturellen (etc.) codes erlernen kann, sondern weil diese sich auch nicht vereinbaren lassen.
2. damit kannst du aber nicht erklären, weshalb die menschen damals aus "the great train robbery" geflohen sind - natürlich muss man film erst einmal als film erkennen können. entsprechend eben auch seine grammatik.
3. da wiederspreche ich nun vehement: denn natürlich können wir an objekten subjektiv nur etwas erkennen, was objektiv daran "ablesbar" ist, sich von den objekten her zeigt. dass unsere subjektiven ausschnitte nicht in einer objektiven lesart aufgehen, ist nicht das problem einer schlampigen wissenschaftlichen oder filmkritischen arbeit, sondern unserer menschlichen wahrnehmung, die nun einmal grenzen hat. -
#29
Geschrieben 01. September 2007, 15:07
StephenDedalus sagte am 01.09.2007, 15:34:
hier muss auch das qualia-argument noch einmal wiederholt werden, "what it is like" für einen koreaner oder einen deutschen ein koreanisches schriftzeichen zu sehen, geht weit auseinander, weil der deutsche zwar lernen kann, wie man es übersetzt, aber eben nicht mit erfassen kann, woher dieses wort kommt. diese "what-it-is-likeness" lässt sich, entgegen deiner behauptung, nicht switchen wie die tägliche unterwäsche (per sprachkurs und korea-runfahrt), sondern ist, wie ich am beispiel der französischen sprache zu zeigen versucht habe, eben nicht hintergehbar. - wie das zeichen ursprünglich auf mich wirkte, wird mir nicht mehr zugänglich sein. die schwierigkeiten von welchen du (kork) sprichst, stellen sich so dar, dass man sich jeder möglichen kultur für einen ähnlichen zeitraum annehmen müßte, um dann vielleicht sagen zu können, ob eine universalsprache über den film möglich ist. das kommt dem erkunden einer bibliothek von babel gleich -
und: natürlich gibt es zwischen einer möglichen wissenschaft und cinefacts noch sehr viele weitere möglichkeiten, die zu besprechen keinesfalls nichtig sind. - du hast es doch immer damit gehalten, dass wissenschaftsgläubikeit im leben des einzelnen nichts verloren hat, da muss doch ein solches werten auch ohne stets gesicherten wissenschaftlichen rückhalt möglich sein.
#30
Geschrieben 01. September 2007, 15:07
StephenDedalus sagte am 01.09.2007, 15:34:
Zitat
muss man film erst einmal als film erkennen können. entsprechend eben auch seine grammatik.
Zitat
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