27.11.04 – Dawn of the Dead, Italien/USA 1978
So, endlich mal wieder gesehen nach langer Zeit und dann gleich dreimal quasi in einer Woche, nämlich alle drei offizielle Cuts. Und wieder volle Kanne verliebt in das Machwerk! Nostalgie vermengt sich mit neuen Blickwinkeln und dabei kommt doch nur wieder pure Faszination am Ende heraus. Die Themen, die der Film anrührt, speziell der "Extended Cut", scheinen irgendwie so archaisch klassisch und menschlich zu sein, dass es (zumindest mir) kaum gelingt, eine objektivere Sichthöhe auf das Werk zu erklimmen, wo man einfach nur im Baukastenverfahren Gutes von Schlechtem trennen und dann zu einem Ergebnis kommen kann, das man schlussendlich in ein Wertungssystem zwängt, was ich eh nicht tue. Der Film ist wie ein Kapitel aus der Bibel oder aus dem Buch der Menschheitsgeschichte. Im Prinzip kann der Film mit seinem Endzeitszenario nicht total falsch liegen, denn irgendwann einmal wird auch unsere Spezies in den Rasen beißen und dann sind eben andere dran. Dann landen halt die Schimpansen auf dem Mars. Das Ende der Menschheit ist faszinierend, weil man irgendwie spürt, dass es einmal kommen wird. Im Prinzip sind wir ja beinahe schon so etwas wie Zombies, denn eigentlich waren da schon ein paar gute Gelegenheiten abzutreten. Doch irgendwie hatten wir bisher verdammt viel Glück. Wir sind Glücks-Zombies, genau!
Es gibt so viele großartige Momente in dem Werk, das die Gattungen ständig wechselt, mal Actionfilm, mal Komödie, mal Groteske, mal Horror, mal Trash und natürlich immer Kunstwerk ist. Gerade der "Extended Cut", im Gegensatz zum lauen "Theatrical Cut", bietet zum einen ein wirkliches Versinken in die Handlung und sorgt in meinen Augen auch dafür, dass die richtigen Kanäle beim Empfänger geöffnet werden. So mache ich beim Sehen dieser Version quasi eine Entwicklung von unbeschwerter Amüsiertheit bis hin zu mitfiebernder Anteilnahme gegen Ende hin durch, die Suspense-Schraube wird kontinuierlich angezogen, die Gegensätze immer trefflicher gegeneinander ausgespielt. Ich finde das richtig gut, aber auch ein wenig fordernd. Der lange von mir favorisierte "Argento-Cut" musste auf den zweiten Platz meiner Gunst hinabsinken. Mir gefällt er nach wie vor sehr gut, aber ich muss auch sagen, dass gerade der spärlichere Einsatz der Goblin-Musik in der "Extended-Version" mehr zur ihrer eigenen Wirkung beiträgt. Gerade diese Wechsel zwischen Konserven-Musik und Goblin-Gedudel erzeugen an den richtigen Stellen eine sehr individuelle und starke Wirkung, wohingegen in Argentos Schnittfassung einfach ihr ständiger Einsatz (Goblin) doch eine gewisse Abnutzung riskiert. Auch dass der Film beim guten Dario rasanter geschnitten ist und damit kürzer, finde ich heute nicht mehr so gut. Wie gesagt, ich genoss diesmal besonders das Eintauchen in die Story, und das gelingt mir in der Langfassung am besten. Der Weltuntergang ist eben doch mehr ein besinnlicher Abschied, als ein Showdown-Happening. Wirklich schlecht finde ich nach wie vor nur die ans "A-Team" erinnernde Musik am Schluss, wenn sich Peter doch noch dazu entschließt zu überleben. Da vermisst man den Argento-Score schmerzlich. Aber auch davor hie und da mal, ich geb's zu. Insgesamt hat für mich die Extended-Fassung die Nase jetzt vorn. Und ich meine nicht die vom Krekel!
Ansonsten ist über "DAWN" ja eh schon alles gesagt worden, somit beschränke ich mich auf meine subjektiven Eindrücke, wie sonst halt auch.
Vielleicht sollten sich Argento und Romero mal zusammentun und gemeinsam einen Cut machen, wo die unbestreitbaren Stärken beider Fassungen in eine geworfen werden. Der bestmögliche Schnitt steht meiner Meinung nach noch aus. Aber nun wird's unrealistisch...
Der beste Endzeitpopartzombiekunstwerkschinken aller Zeiten!
Nachtrag 11.08.08
Ich hatte abermals Gelegenheit, Argentos und Romeros Schnittfassung kurz hintereinander zu sehen und diesmal sind mir noch ein paar Kleinigkeiten aufgefallen. Erst einmal muss ich sagen, dass Argentos Fassung doch mehr Power hat, die Musik gibt dem Ganzen an entscheidenden Stellen mehr Wirkung. Irgendwie sind jetzt beide Fassungen wieder gleich auf in meiner Gunst. Romeros Version ist super wegen ihrer leicht intellektuelleren Gesamthaltung und ironischen Distanz zum Geschehen und deswegen, weil sie dennoch ein wenig mehr Tiefgang erlaubt. Argento war aber scheinbar der erfahrenere Filmemacher von beiden und so offenbarte mir der direkte Vergleich diesmal, dass er es nicht nur auf gekonnte Weise verstand mehr Drive in den Film zu schneiden, er hat auch einige "unrunde" Stellen durch den Schnitt geschickt verbessert. Gestern, als ich den Romero-Cut sah, haben mich ein paar Augenblicke doch etwas gestört und prompt waren diese heute im Argento-Cut verschwunden. Zwei Beispiele: einmal fand ich Gaylen Rosses schauspielerische Leistung in der Szene mit dem Hare-Krishna-Zombie auf die Länge hin doch ein wenig hölzern bei Romero. Doch Argento hat einen Großteil davon entfernt, ohne die Szene an sich zu entstellen. Dann gibt es da die Szene, in der Savini erschossen wird und über das Geländer ein Stockwerk tiefer segelt. Bei Romero arbeiten die beiden aufeinander folgenden Einstellungen, das Getroffenwerden und Hinabfallen, nicht hundertprozentig zusammen. Argento hat hier klugerweise ein paar Frames einer ganz anderen Szene dazwischen geschnitten und schon funktioniert die Szenenfolge besser. Derlei Sachen sind mir häufiger aufgefallen. Es wirkt tatsächlich so, als habe Argento einfach etwas mehr Ahnung gehabt, wenn es um Schnitt und dergleichen geht. Tja, beide Fassungen haben ihre Vor- und Nachteile. Wenn man eine intellektuell angehauchte Auseinandersetzung mit dem Thema möchte, dann ist Romers Cut vorzuziehen. Sind einem düsterer Zombie-Horror und straffe Dramaturgie wichtiger, dann reißt einen Argentos Film mehr mit. Kurz, möchte man einen klasse Zombiefilm, dann muss man zu Argento greifen. Möchte man aber eine breiter angelegte Meditation über den Weltuntergang, dann muss Romero her. Doch ein wenig von alldem haben selbstverständlich beide Filme zu bieten. Es ist mehr so eine Frage des Schwerpunktes.
Bearbeitet von FakeShemp, 19. März 2009, 18:29.