Es wurde mal wieder Zeit für einen Film, der mir in all den Jahren sehr ans Herz gewachsen ist und der mit jedem Mal besser zu werden scheint. Es handelt sich hier um einen leisen, ganz ruhigen “Grusler“ erster Klasse. Gesehen habe ich ihn schon als Kind im Italien-Urlaub, in einem kleinen Städtchen am Po, dessen ländliche Umgebung der des Filmes ähnelt, was einen gewissen Bonus darstellt, den nicht jeder teilen kann, leider.... Da wir über 20 Jahre etwa zweimal pro Jahr unseren Urlaub dort verbrachten, fühle ich mich sehr heimisch in dem Film. Ich kenne die Menschen und die Gepflogenheiten ganz gut.
Um was geht es grob? Ein Restaurator kommt aus der Stadt in ein verträumtes italienisches Kaff, um in einer Kirche ein Fresko zu restaurieren, das eine makabere Szene zeigt: einen an den Händen aufgehängten jungen Mann, der mit blutenden Stichwunden übersät ist. Leider ist das Drumherum irgendwie übermalt worden, es gibt zwei größere Bereiche, die nicht mehr zu erkennen sind. Also macht sich der Restaurator an die Arbeit und schon bekommt er den ersten mysteriösen Anruf, der eindringlich an ihn appelliert, gefälligst die Finger von dem Fresko zu lassen. Doch er macht natürlich weiter. Nach und nach offenbaren sich ihm auf dem Kunstwerk zwei unheimliche Frauen, die wahrlich aussehen wie der Hölle entflohen, welche ihr Opfer mit großen Messern traktieren. Den Furien macht ihr blutiges Handwerk sichtlich Spaß. Es stellt sich zudem heraus, dass es in diesem Dorf einige Jahrzehnte früher mal einen wahnsinnigen Künstler gab, der wie besessen Menschen malte, die im Begriff waren zu sterben. Mehr verrate ich besser nicht...
Was ich an dem Film vor allem schätze ist seine idyllische Ruhe, in die das stückweise Erkennen einer furchtbaren Begebenheit immer weiter einbricht. Avati nutzt hier neben einer wirklich sehr schönen malerischen Bildsprache auch einen bemerkenswerten Gegensatz in der Musik. Einmal haben wir ein Liebesthema - denn natürlich gibt es auch eine Liebesgeschichte -, das schmerzhaft süßlich und naiv verträumt klingt. Im Gegensatz dazu werden die Momente der wachsenden Erkenntnis und der sich häufenden unheimlichen Ereignisse von einer selten schaurigen, wie simplen Melodie getragen, die einen noch im Schlaf verfolgt. Das ist wohl der wirkungsvollste Kniff.
Der Film gefällt mir mit jedem Mal besser, da man viele kleine nette Einfälle erst dann zu würdigen weiß, wenn man das schaurige Ende kennt. Damals (1976) war jenes sicher recht effektiv. Als Kind hat es mich tage- und nächtelang verfolgt, vor passender Kulisse sozusagen. Heute natürlich, nachdem nun jeder Thriller mit einem super unerwarteten Ende aufwarten muss, mag das einen nicht mehr umhauen..., doch ich genieße jedes Mal aufs Neue die wunderbar morbide Idee.
„La Casa...“ strahlt so eine bewusst forcierte naive Stimmung aus, die ihn ein bisschen wie ein Märchen anmuten lässt. Dort, wo das Kind in uns angesprochen wird, kann sich das Grauen denke ich noch am besten entfalten.
So, ich hoffe ich habe ein wenig Neugierde stiften können, für diesen kleinen feinen Klassiker des italienischen Horrorkinos. Ich halte ihn für ausgezeichnet und eine der empfehlenswertesten Alternativen zu den üblichen Verdächtigen, wie Argento und Co.. Für mich persönlich – aber ich bin natürlich mit meiner Urlaubs-Vergangenheit vorbelastet – gar einer der 10 besten italienischen Horrorfilme überhaupt, ein Licht, das einem wohl erst bei wiederholter Sichtung allmählich aufgeht. Die einfache Story mit ihrem grauslichen Geheimnis und ihrer Auflösung ist wirklich außerordentlich hübsch. Man muss nur etwas übrig haben für die leiseren Töne und darf keine Allergie besitzen gegen Filme mit eher geringem Budget. Und nicht nach dem ersten Sehen schon ein endgültiges Urteil fällen... Ordentlicher Grusel braucht keinen technischen Schnickschnack, wohl aber Finesse und mancher braucht dementsprechend auch erst einmal die passende Brille dafür. Deswegen wird so etwas wie „Casa“ heute wohl auch nicht mehr gedreht.
Bearbeitet von FakeShemp, 12. Oktober 2008, 21:37.