28.07.03 - Re-Animator, USA 1985
Nun einer meiner Lieblingsfilme, weswegen ich jegliche Objektivität gleich von mir weisen muss...!
Dieses Splatter-Märchen, das für mich einst gewissermaßen ein Paukenschlag war, soll jetzt durch mich eine Besprechung erfahren. Das kann was werden! Aber ich versuche ruhig und sachlich zu bleiben. Wer's glaubt...
Für mich hat "Re-Animator" einiges zu bieten, was ich mir von einem guten Horror-/Splatterfilm erwarte. Ein wohlfeiles Drehbuch und überzeugende (der Sache angemessene) Darsteller. Letzteres ist einfach das wichtigste, speziell im sensationslüsternen Horrorfilm. Ein gutes Drehbuch voller Sensationen ohne gute Darsteller ist kaum der Rede wert, und gute Darsteller ohne ein gutes Drehbuch, bla bla bla...
Jedenfalls handelt es sich hier um einen Klassiker in modernem Gewand, denn im Grunde wird das alte Frankenstein-Thema mit dem modernen Zombiefilm vermählt und das auf ziemlich originelle Weise, wie ich finde. Dabei ist der Ausgangspunkt für dieses Melodrama ein denkbar einfacher:
Herbert ("Frankenstein") West muss nicht mehr umständlich Blitze bemühen oder Leichenteile zusammenflicken (vorerst noch nicht...), er braucht lediglich ein Serum zu injizieren, um Leichen Leben einzuhauchen. Je frischer das Material, desto besser. Je älter, desto Chaos. Chaos, das ist es, worauf das alles unweigerlich zusteuert, ja zusteuern muss, weil wer an den letzten Dingen rührt, dem gehört es nicht anders. Gott duldet nun mal keine Konkurrenz...! Die verbotenen Experimente Wests gestalten sich also recht schwierig, woran nicht zuletzt auch das Beziehungsgeflecht der einzelnen Charaktere schuld ist. Pech aber auch, dass ausgerechnet der Krankenhaus-Boss der Vater des Mädchens ist, mit dem Herberts Assistent heimlich rummacht. Einerseits verkompliziert das die Lage, andererseits wird der Assistent dadurch leichter erpressbar, studiert er doch im Hause seines Schwiegervaters in Spe. Und so geht das quasi den ganzen Film über. Nachteile des anderen werden ausgenützt, oder geistesgegenwärtig die Geschenke der jeweiligen haarsträubenden Situation angenommen. Stirbt jemand, kann der Mord oder Unfall sogleich ungeschehen gemacht werden und einen brauchbaren sabbernden Sündenbock bekommt man noch obendrein. Vorausgesetzt, man besitzt die berechnende Kaltblütigkeit eines Herbert West. So wird der künftige Schwiegervater, der in ein Experiment platzt und darin umkommt, kurzerhand ins Leben zurückbefördert. Gleichzeitig jubelt man dem Reanimierten das eklige Durcheinander in der Leichenhalle unter und unsere zwei "Frankensteins" kommen ungeschoren davon. Tja, wenn da nur nicht Dr. Carl Hill wäre, der Wests offensichtliche Erfolge neidet und der noch um einiges kaltblütiger ist, als der titelgebende Chaot. Der Strudel ins Chaos dreht sich also zwangsläufig immer schneller. Jede Stufe des Wahnsinns bedingt die nächst höhere. Und am Ende...
Der Film ist großartig. Es gibt praktisch keine überflüssigen Szenen mehr, diese sind längst von den Machern selbst entfernt worden. Ich erinnere mich noch dunkel an die alte deutsche Videofassung, die von jeglichem Splatter befreit gar länger lief, als die heute offizielle ungeschnittene Fassung. Übrig blieb ein straffer und extrem dichter Film, der nie die Pfade des rustikalen Horrors verlässt, sondern ihn mit cleveren Einfällen und guten darstellerischen Leistungen garniert. Einige der Mimen müssen wahrlich alles geben, zum Teil nicht nur das letzte Hemd. Sei es die kuschelige Barbara Crampton (Meg), die sich splitterfasernackt von einem abgetrennten Kopf bedrängen lassen muss, oder eben David Gale (Hill), der seinen Körper nicht unbedingt vermisst. Dass die das machen, Kopf..., äh Hut ab! Genannte Szene stellt sicherlich den Gipfel der wohl kalkulierten Geschmacklosigkeiten in "Re-Animator" dar. Dann haben wir Jeffrey Combs, als den Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Die Art, wie er seinem Herbert West Leben einhaucht, hält den Vergleich mit Peter Cushing durchaus stand, der bekanntermaßen schon des Öfteren den Frankenstein gab, in vergleichbar versierter Weise. Ähnlich besessen und überzeugend füllt Combs die Rolle aus. Die Skrupellosigkeit und selbstverliebte Arroganz triefen ihm dabei nur so aus allen Knopflöchern, jede medizinische Handbewegung sitzt, oder sieht zumindest professionell aus. Dann ist da Bruce Abbott als Dan Cain, der Assistent. Dieser Charakter ist wichtig für den Zuschauer, da er als Identifikationsfigur die direkte Verbindung zum emotionalen Geschehen auf der Leinwand herstellt. Wenn er im Zuge des ersten Reanimierungsversuchs in der Leichenhalle zusammenklappt - vor Angst und Grauen - macht er uns den Irrsinn fühlbar. Abbott spielt diese Rolle glaubhaft und mit Hingabe (seine Frisur ist außerdem noch nicht so schwül wie in Teil II
). Und David Gale, als moderner Dr. Pretorius (Bride of Frankenstein), ist von einer immens sinistren Ausstrahlung und Würde, ein Glücksgriff. Robert Sampson in der Rolle des Krankenhaus-Bosses macht seine Sache ebenfalls ausgezeichnet. Sei es als letzter Puritaner mit Anstand und perfekten Manieren und sogar noch besser als geifernder, herumgrunzender Zombie.
Die Musik Richard Bands unterstreicht das absurde Drama treffsicher, wie pointiert. Ein weiterer großer Pluspunkt. Bei dem Titelstück handelt es sich übrigens um die "Opiumversion" von Bernard Herrmanns Titelstück zu Hitchcocks "Psycho", nur falls es jemandem Kopfzerbrechen bereiten sollte...
Wie bereits gesagt, keine Szene in diesem Klassiker scheint überflüssig, schon der schöne Titelvorspann weiß zu gefallen und stimmt auf das Kommende ein. Romantische und gefühlvolle Momente enden konsequent im Terror. Nichts wird der Langeweile in den Rachen geworfen. Die Szenenwechsel sind nicht selten wunderbar stimmig, in ihrer konterkarierenden Anordnung.
Splatter gibt's zudem reichlich, kein Gorehound muss Hunger leiden. Besonders hervorgehoben sei hier die Gestaltung der Leichen, denen man ihre unterschiedlichen Todesursachen ansehen kann. Anno 1985 eine erfrischende Neuerung, zeichneten sich Zombies bis dahin eher durch Matsch in der Fresse und Madenpullöverchen aus.
Der größte Trumpf im Ärmel dieses zynischen Albtraums aber ist der schwarze Humor, der wie ein verlässliches Fundament dieses Irrenhaus trägt und bekömmlicher macht. Über allem schwebt ein Augenzwinkern, denn der "Re-Animator" ist durch und durch eine schwarze Komödie des Grauens. Nichts sollte ernst genommen werden und spätestens dann, wenn Dr. Hill mit seinem Kopf unterm Arm spazieren geht, dürfte klar sein, dass es sich um ein makaberes Märchen handelt.
Was den Streifen aber vor allem so witzig macht, sind gerade die Gefilde des Horrors, durch die er knietief watet. Gerade hier kann schwarzer Humor gedeihen und wirken. Es geschehen genügend furchtbare, sowie obszöne Dinge, die sich abspielenden Dramen könnten schrecklicher nicht sein..., und doch bleibt das ganze ein derber Spaß, nicht ohne gewisse philosophische Untertöne, entliehen von Whales "Frankenstein" und konsequent weitergeführt, direkt durch den Fleischwolf sozusagen. Der blutige Horror wird nie durch zu albernen Schabernack abgemildert, höchstens goutierbarer, beide Komponenten unterstützen sich in einer angemessenen Symbiose. Horror und Comedy, bzw. Splatter und Slapstick liegen ja von Natur aus schon nahe beieinander.
Im Zuge des nahenden "Beyond Re-Animator" wird zur Einstimmung bald "Bride of Re-Animator" folgen, hier in diesem Theater...
Il se prend pour Dieu...
Mais Dieu a horreur de la concurrence
(wie seit 1990 auf meinem riesigen französischen Fanboy-Plakat geschrieben steht
)
Bearbeitet von FakeShemp, 19. Mai 2008, 09:47.