Warte, bis es dunkel ist
#31
Geschrieben 17. Dezember 2004, 19:13
Damals auf Premiere entdeckt; mich daran zu Tode gesehen. Heute findet sich mindestens jeder zweite Dialog des Films in meinem Sprachschatz wieder. Habe aber festgestellt, dass ich mich mittlerweile nicht mehr vor Lachen wegschmeißen kann, weil ich alles zu gut kenne. Wenn ich dagegen an das letzte Mal DOC SNYDER denke, da konnte ich mich vor Lachen gar nicht halten. Hängt damit zusammen, dass ich Helges ersten eigenen Film in den Anfängen meiner aufkeimenden Filmleidenschaft als "Langweilig" abgestempelt hatte und nun beim Wiederentdecken aufgrund der Qualität sehr überrascht wurde. Interessanterweise spielt der Nasenmann aus DOC SNYDER in 00SHNEIDER den Talkshow-Moderator mit den kreativen Fragen und der kürzesten Sendezeit in der Geschichte des Fernsehens. Vermisste neben dem durchgehenden Lachen diesmal aber auch die Outtakes, in denen Schlingensief hinter der Kamera und Schneider vor der Kamera sich gemeinsam wegprusten.
Sympathy for Mr. Vengeance
Seit Sommer 2003 nicht mehr gesehen gehabt. Endlich die DVD, endlich der 2. Blick - und die Erkenntnis, dass "Old Boy" Chan-wook Parks besserer Film ist. Jetzt auch endlich mehr Verbindungen erkennen dürfen, z.B. gibt es bei MR. VENGEANCE ebenfalls eine kleine Geschichte mit Ameisen.
Glory
Nur stückchenweise auf Premiere immer mal wieder angesehen. Extrem aufgefallen ist mir folgendes: Mel Gibson hat neben Schottland auch Edward Zwicks Film musikalisch geplündert. Erschreckend, wie plumb. "Braveheart" ist meiner These nach, sowieso mehr ein Film für Möchtegern-Filmfans, die ab 18 Jahren langsam merken, dass vieles an Gibsons Sicht der Dinge alles andere als toll ist. Edward Zwick wird mir mit dem bisher Gesehenen gleich ein weiteres Stück sympathischer, nachdem ich ihm Anfang des Jahres schon das tolle Kinoereignis THE LAST SAMURAI zu verdanken hatte.
Casino
Mit "The Aviator" vor Augen steigt wieder das Scorsese-Fieber. Vor zwei Jahren zur gleichen Jahreszeit ging es bei mir das erste Mal wegen "Gangs of New York" mit Marty los. Heute kenne ich einen Großteil seiner Filmographie. Neben dem bestellten Georg Seeßlen Buch aus dem Bertz+Fischer-Verlag ist vor allem ganz viel Lust auf BOXCAR BERTHA mit David Carradine da. Den gibt es sogar verhältnismäßig günstig zu kaufen. Hatte gestern richtig, richtig Lust auf CASINO. Scorseses längsten Film, Scorseses besten aus den 90ern? Scorseses brutalsten? Unglaublich, dass der Film ab 16 Jahren zu haben ist. Beim letzten Mal vor längerer Zeit regte mich das ständige Musik-Gedudel im Hintergrund auf. Heute weiß ich das zu schätzen und kann mir einiges aus Scorsese Musikauswahl rausziehen. Der Film ist groß, groß, groß, nur bleibt er trotzdem weg von MEAN STREETS, TAXI DRIVER und WIE EIN WILDER STIER. Liebe vor allem Joe Pasci. Tarantino erzählt, dass im Montaldo-Film MACHINE GUN MCCAIN Peter Falk fast 30 Jahre vorher eine sehr ähnliche Rolle ähnlich brilliant gespielt hat. Der könnte mal wieder in der Glotze laufen. Wäre sofort aufgenommen!
#32
Geschrieben 19. Dezember 2004, 22:56
Mit HELLBOY meine liebste Comicverfilmung. (Merke: Die beiden BATMAN-Teile müsste ich mal wieder überprüfen)
Freue mich sehr auf den dritten Teil, weil ich darum weiß, dass die richtigen Menschen die Fäden in der Hand haben. Der Film beginnt mit so viel Power, hat seine Höhepunkte aber nicht in der Action, die trotzdem sehr stark inszeniert und richtig dosiert ist, sondern in dem fein ausgearbeiten Beziehungsgeflecht der X-Men. Inzwischen ist die Bedeutungsebene des homoerotischen Subtextes fast in jeder Szene für mich präsent und wertet wirklich stark auf. Aber vor allem wegen Hugh Jackman, Rebecca Romijn-Stamos und Ian McKellen in ihren Rollen liebe ich den Film ein bisschen. Ich spüre das Potential, das Bryan Singer noch zusätzlich aus der Serie herausholen kann. Eigentlich das schönste Gefühl bei einer Fortsetzungsreihe. Wenn ich an die Soap-Formulierungen der Cinema nach dem ersten Teil denke, dann muss herausgestellt werden, dass ich so langsam nach dieser Art von Soap süchtig werde. Freue mich im dritten Teil vor allem auf einen größeren Auftritt von Colossus!
Three Godfathers
Obwohl es aus heutiger Sicht viel zu meckern geben könnte und man eigentlich die rote Karte für Kitsch ziehen müsste, mag ich es trotzdem einfach viel zu sehr, wie John Ford seine Charaktere idealisiert, als dass mich das Offensichtliche zu sehr stören würde. Vor allem die Idealisierung von John Waynes Figur macht so viel Spaß, weil man nachvollziehen kann, woher Ford gekommen ist und wohin er gegangen ist (THE SEARCHERS). Und gerade um Weihnachten rum ist dieses "Grippenspiel des Westerns" (Joe Hembus) herzlich und glücklich machend. Ich meine, wieviele Filme gibt es schon, in denen sich der Sheriff darauf freut, den Kriminellen in die Arme zu schließen und ihn zu einer Partie Schach herauszufordern? Überhaupt finde ich die Idee der Geschichte genial und wenn man dann noch um die Widmung zum Film weiß, dann macht das gleich doppelt so viel Spaß.
#33
Geschrieben 20. Dezember 2004, 01:51
Nur die interessante Beobachtung, dass beim vollgedröhnten Fred Savage ("Wunderbare Jahre") im Fernsehen "Das Cabinet des Dr. Caligari" läuft und dass Roger Avary doch tatsächlich einen bildlichen Verweis auf "Suspiria" reingebaut hat. Wer ihn findet, darf ihn behalten. Ansonsten ist das einer der krassesten Filme, wenn es um die Zweitsichtung geht: der gute, coole Eindruck vom ersten Mal bricht förmlich weg und die arroganten, klischee-überladenen Figuren stören nur noch, da helfen auch alle technischen Schnickschnacks nicht mehr weiter. Zumindest die Musikauswahl von Avery kann ich weiterhin sehr leiden. Naja.
#34
Geschrieben 21. Dezember 2004, 15:01
Durch "X-Men" das Gefühl gehabt, endlich wieder den Mind-Fuck untersuchen zu müssen. Irgendwie hatte sich in meinen Gehirnwindungen die Einschätzung manifestiert, dass Bryan Singer ein gar nicht so toller Regisseur ist. Das kann ich jetzt nicht mehr behaupten, aber ich behaupte, dass "X-Men 2" Singers bester Film ist. Besser als "Die üblichen Verdächtigen"! Auch beim zigsten Mal machen Kevin Spacey und Keyser Söze viel Spaß. Meiner Einschätzung nach liegt aber die größte Stärke im Zelebrieren des Geschichterzählens. Der Rest ist gut fürs erste Mal, aber wird dann immer weniger interessant. Naja und Benicio Del Toro ist weiterhin zum Wegschmeißen, aber die Qualitäten bei wiederholtem Sehen liegen doch eindeutig darin verhaftet, wie Singer und der Zuschauer dem Märchenerzähler an den Lippen hängen. Und somit ist trotz legendärer Auflösung der Moment, als Spacey die Vergangenheit von Keyser Söze erzählt, das Highlight schlechthin. Insgesamt ein schöner Film, der aber auffällige Macken hat (z.B. dass er sehr klug sein will und den Zuschauer darauf mit aller Gewalt stoßen muss). Wichtig zu erwähnen wäre noch, dass das Ende herrlich bissig und gelungen in "Scary Movie" verarscht wurde und dass der Film zu Oliver Kalkofes Lieblingsfilmen zählt - wenn es nicht sogar sein ABSOLUTER Lieblingsfilm ist. Das sagt schon etwas über den Menschen aus.
#35
Geschrieben 22. Dezember 2004, 00:33
1. Million Dollar Baby
2. Kill Bill: Vol. 2
3. Vera Drake
4. Spider Man 2
5. Moolaade
6. The Aviator
7. Baadasssss!
8. Sideways
9. Hotel Rwanda
10. Undertow
Ebert ist alt, außer Mode und eigentlich kein wirklicher Orientierungspunkt mehr für den richtigen Filmfan. Im Dezember wird aber weiterhin stark auf seine Aussagen geschielt, da er scheinbar einen doch größeren Einfluss auf die Academy hat. Hatte länger keine Kritik mehr von ihm gelesen, aber sein persönlicher Jahresrückblick macht einfach Spaß. Auch wenn ich da oder dort anderer Meinung bin, sind seine Beobachtungen und Anmerkungen mit so viel Stil und Unterhaltungswert geschrieben, dass ich sie, ohne zu murren, akzeptiere. Eberts Plädoyer für Eastwood liest sich zwar wie das Plädoyer von Peter Travers letztes Jahr zu "Mystic River", aber naja. Dafür freue ich mich tatsächlich über seine Anerkennung für "Kill Bill", lache ein bisschen über den Trend, Fortsetzungen von Comic-Verfilmungen in die Top Ten zu setzen und zu behaupten, das wäre die beste, die jemals gemacht worden wäre. Und auch wenn ich mit "The Dreamers" wohl nie komplett glücklich werde, mag ich es einfach, wenn der Film bei Kritikern in der Liste auftaucht. Bei Ebert ist es zwar nur die Ergänzungsliste, aber die liest sich ebenfalls schön. Und zu seinen schlechtesten Filme 2004 gab's von mir sogar einen Schmunzler. Als Gradmesser für den Eigengebrauch hat er sämtlichen Wert verloren, aber als filmische Unterhaltung funktioniert er noch recht gut.
#36
Geschrieben 24. Dezember 2004, 12:31
She Wore a Yellow Ribbon ("Der Teufelshauptmann")
Hat mir Spaß gemacht, aber ich weiß nicht, ob ihr das auch kennt. Häufiger stehe ich vor den Bergen von Videokassetten und meinen paar DVDs und weiß einfach nicht, was ich mir ansehen soll. Bin ein extremer Lust-Mensch und wenn die Lust auf einen Regisseur nicht mehr vorhanden ist, oder gerade gar keine da ist, dann kann ich mir auch keinen Film von ihm ansehen. Und mitten bei John Ford hatte ich das Gefühl, den brauchst du jetzt nicht fertigzusehen, weil du eben nicht begeistert bist, weil du bei Hembus das Ende gelesen hast und weil er beim ersten Mal sowieso noch nicht richtig funktioniert, er noch keine Magie entfaltet. Also habe ich gewechselt:
Dog Day Afternoon ("Hundstage")
Erinnerte mich an Brian Helgeland (genialer Drehbuchautor von "L.A. Confidential" und "Mystic River"), der sagte, dass er beim Lumet-Film das erste Mal in seinem Leben das Drehbuch richtig wahrgenommen hätte. Und so prinzipiell würde ich ihm Recht geben, aber bei Lumet ist es mir immer etwas zu einfach. Er macht muster-gültige Filme mit über-klaren Botschaften. Hier haut er auf die Medien gehörig drauf - zurecht. Aber es lässt mich genauso kalt, wie wenn das Oliver Stone in "Natural Born Killers" macht, weil es plump und ala "hier, ich hab's verstanden und zeig's auch dem letzten, der es nicht checken will" abläuft. Ebert sagt Al Pacinos Figur gehört mit Jack Nicholson aus "Five Easy Pieces" und Gene Hackmans Charakter aus "The Conversation" zu den vielschichtigsten Filmfiguren der 70er.
Nun, es gibt geniale Drehbuchkniffe, man genießt Al Pacino, wie er seine Rolle genießt, man genießt den Humor. Aber wofür ich den Film liebe, ist sein Ende. Deswegen spulte ich vor, deswegen gilt auch dieser Film als abgebrochen. Die beiden Bankräuber am Flugplatz, inzwischen ist der Zuschauer vollkommen auf ihrer Seite und freut sich über den Erfolg und dann, naja das dann muss man selbst erleben oder einfach kennen. Es ist interessant, dass Lumet den Schluss in Pacinos Gesicht erzählt und ihn erst in Tränen ausbrechen lässt, wenn die Kamera schon drauf und dran ist, abzuschwenken.
Hickey & Boggs
Zum Einschlafen angestellt. Gemerkt, dass der Culp-Film einfach immer besser und besser wird. Hier trifft die von Tarantino benutzte Phrase wiedermal zu: Es ist schon ein großes Glück, einen Film so sehr lieben zu können. Out of Order - fröhliche Weihnachten!
#37
Geschrieben 26. Dezember 2004, 18:53
Höchstwahrscheinlich das erste Mal uncut im deutschen Fernsehen, mit schwacher Neu-Synchronisation und einer Bildqualität, die mich ansatzweise an das dumme Bootleg von "What Have They Done to Your Daughters" erinnert hat. Vor der DVD-Veröffentlichung von Koch Media einen Blick in den seltenen Sergio-Sollima-Western gewagt. So langsam werde ich quantitativ zum Insider, was Italo-Western angeht, wenn man es mit dem normalen Filmfan vergleicht, der immer nur bei Sergio Leone hängenbleibt und noch ein bisschen Corbucci kennt. Will gar nicht großartig über "The Big Gundown" schreiben, da ich das Gefühl habe, dass der Film demnächst weiter wachsen wird. Aber ich liebe allein Sollimas Art, den Zuschauer so in die Irre zu führen, dass er glaubt, den Film nach fünf Minuten durchschaut zu haben, um ihn dann erst richtig zu packen und nicht mehr loszulassen. Lee Van Cleef ist ein Schauspiel-Gott und der Morricone-Score ist zum Niederknien.
Welche wichtigen Italo-Western fehlen mir:
- Blindman
- Töte alle und kehr allein zurück
- Django - sein Gesangbuch war der Colt
- Verdammt zu leben - verdammt zu sterben
- Arizona Colt
- Satan der Rache
- In meiner Wut wieg ich vier Zentner
- Lauf um dein Leben
- Eine Pistole für Ringo
"Blindman" und "Lauf um dein Leben" kommen von Koch Media, "Satan der Rache" kommt von Kinowelt, Ringo wird mir nächstes Jahr im Fernsehen gewiss über den Weg laufen, den "Stranger and the Gunfighter" werde ich irgendwann günstig auf DVD einsammeln und der eine Fulci muss wohl aus Amerika importiert werden. "Töte alle und kehr allein zurück" und "Django - sein Gesangbuch war der Colt" sind weiterhin ungewiss, denn Bootlegs werden ignoriert.
#38
Geschrieben 26. Dezember 2004, 20:41
Sin City & The Chronicles of Narnia
Mein Vorfreude-Kalender für 2005 ist, glaube ich, noch leerer als der vom Vorjahr. Natürlich hängt das damit zusammen, dass ich zu großen Teilen gar nicht richtig im Bilde bin, was uns im nächsten Jahr alles im Kino erwartet. War gerade auf apple.com und habe mich gefreut, dass "Schultze Gets the Blues" einen internationalen Trailer dort hat. Und dann entdecke ich zwei Trailer, die bei mir sofort Feuer entfachen. Das Feuer der Vorfreude lodert, obwohl mir Robert Rodriguez beinahe komplett ausgetrieben wurde und obwohl ich eine Anti-Haltung zu allem entwickelt habe, was mich annährend an "Lord of the Rings" erinnert. Der Trailer zu "Sin City" ist ein Kunstwerk, was für sich steht und für sich spricht, nein schreit: Habt acht, Rodriguez ist wieder da und fordert euren Filmgeschmack heraus! Oh, ich hoffe inständig, dass Rob die richtige Substanz hinter dieser Besetzung, diesen unglaublichen Bildern und Atmosphären findet. Bin aber guter Dinge, weil die Vorlage auf einem tollen Comic basiert. Beim ersten Ansehen vom "Sin City"-Trailer dachte ich nur "Wow".
Und der Trailer zu Narnia zeigt zwar "nur" die Preproduction und noch keine fertigen Szenen, aber haben allein diese schon solch eine epische Wucht auf mich ausgeübt, dass ich mehr als nur an das Projekt glaube, sondern weiß, dass dort wieder ein zukünftiger Oscarkandidat auf uns wartet. In meiner Kindheit habe ich die Serie zu den Chroniken von Narnia geliebt. Es scheint so, als ob die Neuseeländer wieder das Unmögliche möglich gemacht haben und wir uns auf den nächsten Dezember im Kino freuen können.
#39
Geschrieben 27. Dezember 2004, 02:03
Der Film funktioniert wie eine leichte Vergiftung. Man fühlt sich erst leicht berauscht aufgrund des Abenteuer-Gefühls, den schönen Bildern, der noch schöneren Keira Knightley und dem ausgelassenen Spiel von Johnny Depp als Mischung aus besoffenen Penner und Errol Flynn. Und längere Zeit trägt der Rausch, bis nach gewisser Zeit die Ernüchterung einsetzt und auch ein bisschen der Schmerz, weil sich alles etwas hohl im Kreis dreht, um auf Überlänge zu kommen. Nach dem Film beginnen dann die Kopfschmerzen: weil Klaus Badelt musikalisch so dreist bei seinem Herrn und Meister Hans Zimmer geklaut hat, weil man das alles häufig besser gesehen hat und weil man den Film bereits fünf Minuten nach Ansicht vergessen hat. Ein perfekter Trailer-Film, der mit attraktiven Momenten Geschmack auf sich machen kann - ungeheuerlichen Geschmack, wie ich anhand der Werbekampagne von Premiere wieder am eigenen Leib gespürt habe -, aber eben hauptsächlich hübsche Fassade ist. Bei Mondlicht oder auch schon bei Licht im Raum mit nüchternem Verstand betrachtet, ist "Fluch der Karibik" ein Knochengerippe von Film, an dem fast nichts dran ist.
Und sein Erfolg an den Kinokassen lässt sich vor allem dadurch erklären, weil Bruckheimer wieder einmal die Nische gefunden hat, die länger niemand bedient hatte, weil Bruckheimer gleichzeitig ein Meister der Vermarktung ist und weil Gore Verbinski, der ehemalige Clip-Regisseur, noch nicht mehr gelernt hat, als candys fürs Auge und die Zunge zu liefern, nicht jedoch an Verstand und Herz appellieren kann. Und das mundete im Kinosommer 2003 zwischen schlechten Fortsetzungen und noch übleren Computereffekten. Ein gelungener Allgemeinplatz, dem man gar nicht richtig böse sein kann. Wie einer leichten Vergiftung!
#40
Geschrieben 28. Dezember 2004, 04:47
Insgesamt schick und unterhaltsam.
Brad Pitt - mein Liebling - blieb leider etwas farblos, weil Cassel und Damon aufspielen durften. Die Langeweile und Müdigkeit des Filmanfangs finden wir auch in den Köpfen der Protagonisten wieder. Anstatt dass sich Clooney am einfachen Leben erfreut, schießen ihm ständig wie alte unterdrückte Reflexe neue Meisterpläne für einen Clou durch den Kopf. Gould lässt sich sogar von einer Hellseherin die Zukunft voraussagen, als letzten Strohhalm sozusagen. Die neue Herausforderung, die eigentlich Pflicht und Last sein sollte, wird zur Belebung und Wiedergeburt. Sobald alles ins Rollen kommt, nimmt der Film angenehmes Tempo auf, hat tolle Gags (Der Beste ist unbestreitbar das Treffen mit Fitz) und verbreitet ein Gefühl der Leichtigkeit. Leicht schwebt auch Steven Soderbergh durch diesen oberflächig als alten Aufguss ankommenden nächsten Coup der Gentlemen, indem er die Erzähltechniken der Nouvelle Vague und des aktuellem Hollywoods miteinander verbindet. Einfach sehr gekonnt, ohne dabei gezwungen zu wirken. Natürlich kann Soderbergh nicht an die Qualität, den Charme und die Coolness des Vorgängers herankommen, aber solche Blockbuster würde ich gern häufiger im Kino sehen.
In letzter Zeit stechen mir die Legenden der Drehbuchschreiber die Augen aus, so auffällig finde ich sie. Wie auch hier mit einem Mythos um den größten Meisterdieb aller Zeiten die Geschichte aufgewertet und noch interessanter gemacht wird, ist erwähnenswert. Captain Jack Sparrow ist auf zwei Schildkröten, zusammengeknotet durch sein eigenes Rückenhaar, von der Insel entkommen. Keyser Söze erschießt, um den Ungarn zu zeigen, was wahre Willenskraft ist, seine eigene Familie und Catherine Zeta-Jones hält eine Rede über die herausragenden Qualitäten des größten Diebes den Frankreich je nicht gesehen hat. Ist es dabei nicht interessant, dass ihr Vater dann von Albert Finney gespielt wird, der bei Tim Burton vor gar nicht allzu langer Zeit, als einer der größten Geschichtenerzähler überhaupt erschien?
#41
Geschrieben 29. Dezember 2004, 09:52
I loved it. I’ll tell you why. I think it actually is one of the most brilliant visual storytelling movies I’ve seen since the talkies — as far as telling a story via pictures. So much so that when I was watching this movie, I turned to a friend and said, “This is such a Herculean leap of Mel Gibson’s talent. I think divine intervention might be part of it.” I cannot believe that Mel Gibson directed it. Not personally Mel Gibson — I mean, Braveheart was great. I mean, I can’t believe any actor made that movie. This is like the most visual movie by an actor since Charles Laughton made The Night of the Hunter. No, this is 15 times more visual than that. It has the power of a silent movie. And I was amazed by the fact that it was able to mix all these different tones. At first, this is going to be the most realistic version of the Jesus story — you have to decipher the Latin and Aramaic. Then it throws that away at a certain point and gives you this grandiose religious image. Goddamn, that’s good direction! It is pretty violent, I must say. At a certain point, it was like a Takashi Miike film. It got so fucked up it was funny. At one point, my friend and I, we just started laughing. I was into the seriousness of the story, of course, but in the crucifixion scene, when they turned the cross over, you had to laugh.
P.S. Die Liste der Village Voice von ihren besten Filmen des Jahres liest sich nichr nur langweilig, sie ist es auch. "Eternal Sunshine of the Spotless Mind" und "Before Sunset" ganz vorne? Geht's noch berechenbarer???
#42
Geschrieben 29. Dezember 2004, 23:33
Top Five der drei Staffeln
Diese Anrufbeantworter! (2. Staffel; 9. Episode)
Im Parkhaus (3. Staffel; 23. Episode)
Der PEZ-Spender (3. Staffel; 31. Episode)
Der neue Freund (3. Staffel; 34. u. 35. Episode)
Runners-Up
Im Koma (3. Staffel; 32. Episode)
Auf der falschen Seite (3. Staffel; 28. Episode)
Und wenn ich schon dabei bin, hier meine Evergreens:
Der Suppen-Nazi
Pizza Calzone
Die Yada Yada Sache
Indien und zurück
Beim Autohändler
Der Spitzname
Der Tag der Puertoricaner
#43
Geschrieben 01. Januar 2005, 16:52
1. Taegukgi
2. Before Sunset
3. The Aviator
4. House of Flying Daggers
5. Ja zuster, nee zuster
6. Eternal Sunshine of the Spotless Mind
7. Silmido
8. The Dreamers
9. The Incredibles
10. The Control Room
Mag die Liste sehr, auch wenn ich es mir abgewöhnt habe, Knowles Kritiken zu lesen. Und weil er für mich Chan-wook Park entdeckt hat, vertraue ich auf seinen Geschmack bei den südkoreanischen Highlights (sind schon bestellt!). Knowles kommt auch nicht um Kaufman und Linklater herum, aber interessanterweise eine der wenigen Listen, auf der man nicht Alexander Paynes "Sideways" findet. Scorsese auf der Drei sieht gut aus, "The Dreamers" sowieso.
#44
Geschrieben 02. Januar 2005, 18:10
Nicht wirklich. Sah ich den Film doch schon vorm dt. Kinostart und dann nochmal im vollbesetzten Saal des Multiplexes. Also wären wir beim vierten Blick, was einfach deutlich zeigt, wie anziehend diese Filmmixtur für den Augenblick ist und bleibt. Und ursprünglich wollte ich eine Ergänzung zu meinem letzten Beitrag schreiben, weil mir dieses Mal mehrere gute Drehbuchkniffe aufgefallen sind. Die sind aber alle größtenteils wieder verflogen und haben sich im Nichts aufgelöst. Und doch, ein bisschen ist geblieben:
Ich mag besonders Jack Sparrows Stehlen der Interceptor. Erst "der schlechteste Pirat, den ich jemals gesehen habe!", dann beim Verstehen der Strategie "der beste Pirat aller Zeiten". Das Gefühl der Anerkennung und das diebische Freuen mit den Protagonisten, wenn ein Plan aufgeht, sind bei Filmen emotional einfach unschlagbar. Dann mag ich Geoffrey Rushs Rede über das Schicksal der Besatzung durch den Inka-Fluch. Sehr fein geschrieben und toll vorgetragen (Kriege dort immer riesigen Appetit!). Ebenfalls ein kluger Einfall ist das Überprüfen, ob der Fluch von den Piraten genommen wurde. Barbossa erschießt einfach einen seiner Männer (der übrigens die brilliante Synchronstimme von I.R. Baboon hat). Die Umkehrung - wäre er tot, wäre alles wieder gut. Aber er lebt, was bedeutet, dass der Fluch immer noch auf den Mannen lastet. Und wie sich diese Verkehrung bei dem eigentlich tot-geschossenen Piraten in seiner Reaktion abspielt, ist zu köstlich. Und naja, alles, was die beiden Drehbuchschreiber Johnny Depp in den Mund legen, wird zu Gold, oder zumindest zu einer benebelnden Fahne aus Rumm, die die Sinne irritiert. Eine gewisse Subversivität wurde der Jack Sparrow Figur nachgesagt. Ein Pirat mit Lidschatten, der in seinen Bewegungen immer etwas leicht tunten-haftes mitschwingen lässt. Die Realität des Films ist aber eine andere. Und gerade deshalb funktioniert sein letzter Satz an Elizabeth so gut. Im Laufe des Films wird Jack von mindestens drei Frauen geohrfeigt. Zweimal gesteht er, dass die Frauen im Recht waren - ein Weiberheld! Diese Dualität löst sich dann in dem Satz auf: "Das mit uns beiden hätte sowieso nicht geklappt!" Der Zuschauer ist baff. War Jack Sparrow nicht jener, der Hochzeitfeiern liebt? Ja, aber nicht wegen dem netten Ambiente, und das ist der springende Punkt, sondern wegen den Frei-Drinks für alle. Des Rätsels Lösung ist, dass Jack Sparrows große Liebe der Alkohol ist. Das irritiert neben den Schönheitsidealen Knightley und Bloom. Und deshalb kann ich dem Drehbuch jedenfalls eine gewisse Subversivität nicht absprechen.
Ein Film aufgebaut auf einer Freizeitparksattraktion...mhm... warum zum Teufel ist bisher niemand darauf gekommen, MONKEY ISLAND zu verfilmen???
Außerdem The Odd Couple gesehen und einfach nur viel Spaß gehabt. Sonatine und Hana-bi angefangen zu gucken. Unglaublich poetisch. Die Filme brauchen erstens Entfaltungszeit und zweitens eine intensivere Aufmerksamkeit, die ich ihnen bisher nicht geben konnte. Sartana - noch warm und schon Sand drauf hat mich dazu gebracht, mich ein bisschen mit der Biographie von Bruno Nicolai auseinanderzusetzen. Love the score. Müsste irgendwie günstig an die X-Rated-DVD "Knochenbrecher im Wilden Westen" kommen, aber das hat Zeit. Und bei Der Liga der außergewöhnlichen Gentlemen meinen Lieblingssatz beim Zappen erfischt: "Sie stinken vor Angst!" Man sollte generell eine Klausel einführen, dass in Abenteuerfilmen mindestens ein Monster von kolossalen Ausmaßen beteiligt sein muss. Dann hat mich die Synchronstimme bei Captain Nemo von Bruce Willis stark irritiert. Mehr ist beim kurzen Blick nicht hängengeblieben. Übrigens gut, dass Willis wieder anfängt, wichtigere Filme zu drehen (z. B. Sin City), weil seine kurzen Gastauftritte wie in "Full Throttle" oder in "Ocean's Twelve" witzig sind, aber sein großes Charisma einfach völlig verspielen.
#45
Geschrieben 05. Januar 2005, 14:53
Zum Heulen schön. Bin süchtig nach diesem perfekten Film. Einer meiner neuen absoluten Lieblingsfilmen. Habe jetzt erst Patricia Clarkson in ihrer ersten großen Rolle als Kevin Costners Ehefrau entdeckt. Lieblingsmomente diesmal:
Im Lastenaufzug steht an die Wand mit Blut geschrieben: "touchable". Sean Connery will nicht das Kreuz, sondern den Zugplan. Der unglaublich graziöse Kameraschwenk bevor wir mit dem kleinen Mädchen in die Kneipe gehen. "Dein Freund hat geschrien wie ein Schwein..." - "Hat er sich ungefähr so angehört...?"
Al Capone zu seinem Anwalt: "Schuldig?" - Schlag in die Fresse. Der unbeschreibliche Morricone-Score. Der in zornes-rote Farbe getauchte Kampf zwischen Connery und dem Polizisten. Generell alles was Andy Garcia sagt und macht.
#46
Geschrieben 07. Januar 2005, 16:43
Ein bisschen im De Palma Fieber, deswegen den hier mal wieder ausgekramt. Erkenntnisse: Wenn wir nicht von "Spiel auf Zeit" und "Mission to Mars" reden, ein richtig schlechter De Palma, aber insgesamt noch ein guter Film. Erschreckend, wie wenig herausragend ich diesmal die berüchtigte Einbruchsequenz empfand. De Palma verschenkt sträflichst die Schönheit von Emmanuelle Bèart. Bin fasziniert, in wieweit die Maske von Cruise am Ende echt ist und in wieweit das Spezialeffekte sind, als er sich als Jon Voight ausgibt. Das Feuer von Robert Towne bei einigen Dialogen gespürt, aber insgesamt lässt mich der komplette Film kalt. Aber es ist schon interessant, wie Michael Althen bereits festgestellt hat, dass Tom Cruise beinahe mit jedem wichtigen, amerikanischen Regisseur der Gegenwart zusammengearbeitet hat. "Femme Fatale" gucke ich mir dieses Wochenende trotzdem ein zweites Mal an.
Fluch der Karibik
Feuer endlich erloschen. Mag den Film jetzt im Fazit sehr. Viel mehr, als ich damals aus dem Kino kam, aber er ist leider zu lang. Jetzt weiß ich auch genau den Punkt, an dem es Berg ab geht. Die Schlacht zwischen der Interceptor und der Black Pearl ist der entscheidende Wendepunkt für die Qualität. Wird interessant sein, wenn man später (nach seiner Oscarnominierung für "Finding Neverland") sagen wird: "Pirates of the Caribbean" war der Film, der endlich die schauspielerischen Stärken von Johnny Depp der Oscarjury nähergebracht hat.
Der Omega-Mann
Ziemlich unglaublicher Film mit wahnsinnigen Szenen und Atmosphären. Man mag von der Person Charlton Heston halten, was man will, seine Leistungen in Filmen sind unangreifbar und in Stein gemeißelt.
Play Dirty
Weil ich in der ofdb den Eintrag vom User "Blade Runner" gelesen hatte, als ich ein bisschen durch die Filmographie von Andre de Toth stöberte: Kopf geschüttelt über diese Ignoranz und mir meine Lieblingsszenen und Sätze wieder angesehen. Tomaten auf den Augen? Allein der Beginn strotzt nur so vor Genialität, dass ich ernsthaft an den Kritikqualitäten dieser Person zweifle, was eigentlich komisch ist, da er mit die meisten Beiträge dort geschrieben hat. Das Problem ist die Oberflächigkeit in der Sichtweise, sowie eine latente Unaufmerksamkeit, da er einfach so viele Filme wie möglich in kürzester Zeit besprechen will.
#47
Geschrieben 08. Januar 2005, 01:05
Ein Film für Verliebte, ein Film zum Verlieben. Ein Film von jemanden (Soderbergh), der in den Roman von Elmore Leonard verknallt gewesen sein muss. Fucking up the genre-moments par excellence! Will jetzt sofort "Get Shorty" überprüfen. Will noch mehr Spaß mit "Mr. Majestyk" haben. Geht das?
Für Cineasten ein Juwel. Man achte beispielsweise auf die gigantische Fülle an tollen Nebendarstellern. Oder auf die kleine Randbemerkung mit "Drei Tage des Condors", die die Situation zwischen Clooney und Lopez perfekt charakterisiert. Überhaupt die Lopez - nie wieder so gut, nie wieder so schön. Außerdem tausend umwerfende Momente, herrlich kreativer Humor, süchtig-machende Dialoge und trotzdem DIE Szene des Films: Lopez und Clooney treffen sich in der Bar. Gänsehaut! Definitiv einer der besten Filme der 90er. Noch definitiver einer meiner Lieblingsfilme.
#48
Geschrieben 08. Januar 2005, 14:17
Ein Film wie eine schlechte Kritik. Voller offensichtlicher Häkchen. Hier die epische Einleitung, die seit "Titanic" für Filme mit großen Budgets und basierend auf wahren Ereignissen Pflicht geworden ist. Ein entsetzlich kalt-lassender Bruderkonflikt, der nicht einmal die Hälfte der 2 1/2 Stunden Laufzeit trägt. Schön säuberlich die wichtigsten Fakten des Korea-Krieges abhakend: Haben wir Verlust der Familie? Check! Haben wir die Sinnlosigkeit des Krieges? Check! Haben wir die Grausamkeit des Krieges? Haben wir McArthur, die Invasion der Chinesen? Check!... Check, Check, Check... und dabei wurde ganz vergessen, überhaupt eine originelle filmische Idee zu entwickeln. Halt, eine gibt es gleich am Anfang - das Filmen durch einen ausgegrabenen Knochen von unten. Diese Unlogik hätte es bei Hitchcock nicht gegeben. Einfach schade, wenn man sieht, was für filmische Möglichkeiten sich in Südkorea offenbaren, dass man technisch weitesgehend mit Hollywood mithalten kann, aber erzählerisch bei den Mainstreamprojekten Nachholbedarf hat. Und es ist schmerzhaft festzustellen, dass man in einer Szene "Joint Security Area" mehr über den Nord-Süd-Konflikt erfahren kann, als in diesem endlos aufgeblasenen Etwas, was auch gut und gerne von Michael Bay gefilmt worden sein könnte. Von mir keine Klagen über zu dick aufgetragenen Patriotismus - den gibt es hier nicht -, aber Bauchschmerzen, weil aus Südkorea ähnlich seelenlose Ware kommen kann wie überwiegend aus Hollywood. Merke: Harry Knowles bleibt, wenn er sich auf den eigenen Filmgeschmack verlässt, ein Pusher von den falschen Filmen.
P.S. Rob Schneider als "Die Karotte" fand ich sehr witzig!
#49
Geschrieben 08. Januar 2005, 23:25
Ach, schön ist's geworden. Nachdem ich mich damals mit den Freunden des Films bekriegt habe, darf ich nun die Seite wechseln. Sogar so schön, dass ich gar nicht viel schreiben will. Viel mehr müsste ich versuchen, das Geräusch zu veröffentlichen, was ich beim Abspann von mir gegeben habe:
Ich weiß, dass "The Black Dahlia" neben Cameron Crowes neuem Drehbuch, der Kombination von Miller & Rodriguez, "Howl's Moving Castle", "Sympathy for Lady Vengeance" und dem nächsten Rob-Schneider-Film (man entschuldige meine Geschmacksirritation!) 2005 das Highlight schlechthin wird. De Palma, der durch "Femme Fatale" wieder richtig in Form gekommen ist, verfilmt mit den genialen Augen von Vilmos Zsigmond einen James Ellroy Roman. Klingt göttlich - wird es hoffentlich auch.
#50
Geschrieben 09. Januar 2005, 21:20
Buch in die Hand genommen, drin versunken. Es gibt viele Bücher zu Billy Wilder, das Crowe-Schmuckstück ist aber mein Liebling. Wunderschön bebildert, doch der entscheidende Vorteil gegenüber anderen Versuchen, sich Billys Filme zu nähern, ist die Persönlichkeit von Cameron Crowe. Allein wie interessant beobachtend er die Zwischentexte gestaltet, in denen er die Treffsituationen beschreibt - eine Wonne. Es ist ähnlich wie wenn man Steven Spielberg bei seinen Schwärmereien auf irgendwelchen DVD-Extras zuhören kann oder wenn Curtis Hanson von Hitchcock schwärmt. Das sind Menschen, die Filme mit dem nötigen Respekt und der unschätzbaren Ahnung betrachten. Und deswegen hört man und liest man doppelt so gerne. Ich musste laut loslachen, als ich über Billys Anekdote zu Howard Hawks gestolpert bin. Die charakterisiert wahrscheinlich besser als Todd McCarthys ganze Biographie und macht sogar mehr Spaß. Jedenfalls riesige Lust auf C.C. Baxter und Miss Kubelik gehabt. Einer der ersten "alten" Schwarz-Weiß-Filme, die ich abgöttisch lieben gelernt habe. Nach exzessiven Exploitation-Sessions war inzwischen Angst entstanden, dass ich nicht mehr so viel mit Wilder anfangen könnte. Wohl auch weil ich ein bisschen viel Pauline Kael gelesen habe und diese schon ziemlich auf den Meister eingedroschen hat. Aber was soll ich sagen: "Das Appartement" funktioniert fast besser als beim letzten Mal. Ich sehe die kritischen Stellen, aber ich empfinde die großen Momente auch gleichzeitig intensiver. Und ich glaube die Einstellungen entdeckt zu haben, wo Liliputaner an den hinteren Tischen des Versicherungsgebäude gesessen haben müssen, um die perspektivische Realität zu wahren. Wahrscheinlich gucke ich zum Einschlafen dann "Love in the Afternoon".
#51
Geschrieben 11. Januar 2005, 11:52
Ungefähr 60 Minuten gesehen, die Teil eines Referats gewesen sind (sick!). Demnächst wird zu Hause fertiggeguckt. Erst störte ich mich ein wenig an der comic-haften Charakterzeichnung, die ab und an sogar Jean-Pierre Jeunets Visionen übertrifft, aber dann fängt mich der Charme von Tornatore und nimmt gefangen. Jedenfalls ist der Film eine ganz große Verbeugung vorm Kino und deshalb ein einziger langer Genuss. Schönster Moment der, als das Kino total überfüllt ist und niemand mehr reingelassen wird. Wie durch Magie zaubert der Filmvorführer dann die Leinwand auf eine gegenüberliegende Hauswand, damit alle, die draußen geblieben sind, auch genießen können. Und scheiße, sieht Brigitte Bardot süß aus. Man könnte sagen, dass "Der Zauber der Malena" sehr ähnlich ist, nur die Liebe zum Kino mit der Liebe zu Monica Belucci ausgetauscht wurde.
#52
Geschrieben 11. Januar 2005, 15:51
Mag das Kino des Paul Verhoevens eigentlich immer mehr, umso intensiver ich mich damit beschäftige. "Showgirls" war im letzten Jahr eine richtige Bombe, weil ich den fürchterlich in Erinnerung hatte und von der Sensibilität und Aufmerksamkeit bei der Wiedersichtung schockiert wurde, mit der Verhoeven seine schrecklichen Figuren behandelt. "Starship Troopers" ist sowieso ein über alle Zweifel erhabenes, unentdecktes Meisterwerk, das nicht nur von Gore-Bauern gefeiert werden sollte. Aber "Basic Instinct" war ganz früher die Art von Filmerfahrung, die man sich in größerer Jungengruppe beim reifsten Bekannten ansah, der ständigen Zugriff auf die VHS hatte, um dann auf die Bärenszene hinzufiebern.
Sharon Stone war damals legendär. Und gerade weil ich "Casino" vor gar nicht allzu langer Zeit gesehen habe, fast ein bisschen skandalös, was aus ihrem Talent geworden ist, weil sie keine großen Rollen mehr bekommen hat. Der Audiokommentar der beiden Holländer ist erst einmal sehr unterhaltsam. Verhoevens Lockerheit ist ansteckend, und es schien beinahe so, als ob Jan de Bont mehr zum Film beigetragen hätte als der Regisseur. Witzig, die übermäßige Betonung, dass bei den Sexszenen keine Bodydoubles verwendet wurden. Außerdem fallen alle 10 Minuten Hinweise auf Hitchcock-Anlehnungen und Schultergeklopfe, dass man "Im Zeichen des Bösen" verhältnismäßig nahe in der Länge manch einer Einstellung gekommen ist. Hatte mir etwas mehr Erkenntnis erhofft, als der Ausschnitt von "Hellraiser" in der Glotze läuft. Dachte nämlich, dass das als Unterstreichung der sado-masochistischen Beziehung zwischen Douglas und Stone dienen sollte, war aber wohl nur Versinnbildlichung von Douglas Alptraum und gleichzeitig Hinweis darauf, dass er in den darauffolgenden Minuten durch die Hölle zu gehen hatte. "Basic Instinct" bleibt für mich ein einziger dritter Akt, wenn man so will eine große Sexszene. Wenig geblufft, zurecht in die Filmgeschichte eingegangen. Sehr toll. Und ohne Audiokommentar wüsste ich wohl heute immer noch nicht, wer der wirkliche Mörder war...
#53
Geschrieben 12. Januar 2005, 01:28
Durch Immos Weblog draufgestoßen worden. Muss zugeben, dass ich mich bei den angestammten Kritikern der "großen" Zeitungen inzwischen sattgelesen habe. Und jetzt entdecke ich Herrn Suchslands Sichtweise. Bin ein bisschen begeistert, weil seine Schreibe und Gedanken frisch sind und weil er so unverschämt viel Platz bekommt, um diese auszuführen. Dafür aber auch jede Menge Gedankenansätze, die kritisch und teilweise sogar recht witzig daherkommen. Sein Vergleich von Saruman und Bin Laden bei der "Zwei Türme"-Kritik fand ich sogar ein lautes Lachen wert. Sehr anregende Gedanken zu "Kill Bill Vol. 2" oder strapaziös ausführlich bei "House of Flying Daggers". Mag seine Worte beim Jahresrückblick auf artechcock: Gespür, weil er Bryce Dallas Howard ausgesucht hat und der erste, der mir Geschmack auf "2046" machen kann. Nie das Gefühl, er würde sich in einer Masche wiederholen. Teilweise sehr arrogant in seiner Haltung, aber das braucht es ebenfalls als guter Kritiker. Insgesamt einfach lohnenswert.
P.S. Derzeitiger Lieblingssong durch exzessiven Trailerkonsum von "Closer": "The Blower's Daughter" by Damien Rice
#54
Geschrieben 12. Januar 2005, 15:06
"The Ring" & "National Security"
Habe Verbinski unterschätzt bzw. muss eingestehen, dass mir seine Filme mehr geben, als es auf den ersten Blick schien. Der Mann versteht sein Handwerk, ist kein emotionsloser Metzger. "The Mexican" war der Ausrutscher, für seinen Doppelpack 2003 hätte man ihn auszeichnen dürfen.
"The Ring" ist ein frostiger Horrorfilm. Seine Bilder scheinen, beim Sehen förmlich einzufrieren. Das Herz aus Eis bildet aber die Familiengeschichte der Morgans und der grausig hoffnungslose Schluss. Leider wird es auch in Hollywood eine Fortsetzung geben.
Ein Film über den perfiden Berufsstand der Journalisten. Sie saugen wie Vampire ihren Opfern das Leben aus und verbreiten es dann der Pest gleich wie eine Epidemie auf dem Globus. Die Journalistin ist Naomi Watts und das Videoband ist nicht die Rache an den Eltern, sondern an der Gesellschaft, die erst kam, als alles zu spät war.
Überhaupt diese schwarzen, kleinen Dinger, die in "The Ring" schlimmer als jedes Monster wirken können. Funktionieren sie beim Filmfan nicht auch manchmal als Bedrohung, als Zeiträuber, als Last? Und gleichzeitig zelebriert Verbinski das ausrangierte Medium in seiner ganzen Erscheinung, schafft es magisch aufzuladen. Eine würdige Hommage an die VHS-Kassette.
Hommagen an Hitchcock, wohin man blickt. Am schönsten aber wohl die, in der die kühle Blonde unter der Dusche steht und sich den Brunnenschmutz abwäscht. "Vertigo" konnte ich als Hommage nicht entdecken und doch finden sich die so typische Spiralen in den Schnitten des Films wieder. Wobei sie fast mehr mit Wellenbewegungen harmonieren, ständig schwappt der Zuschauer von einem Alptraum in den nächsten.
"National Security" hat als einzige nennenswerte Stärke den immer unglaublichen (unterschätzten) Steve Zahn. Ansonsten langweilt der Humor, welcher einzig durch rassistische Klischees zu funktionieren scheint. Der Regisseur Dennis Dugan hätte besser "Hickey & Boggs" sehen sollen und erfürchtig den Versuch unterlassen, ein weiteres hohles buddy-movie zu drehen.
#55
Geschrieben 13. Januar 2005, 21:43
1. Der Mafiaboss - Sie töten wie Schakale
2. Stunde der Bewährung
3. Diner
4. Töte alle und kehr allein zurück
5. 36 Stunden
6. Was der Himmel erlaubt
7. Point Blank
8. Eine Faust wie ein Hammer
9. Crime Wave
10. Shoot First, Die Later
11. Machine Gun McCain (NEU)
12. Breakfast Club
13. Hannie Caulder
14. Frankensteins Todesrennen (NEU)
15. Stagecoach
16. Duel of the Iron Fist
17. Arizona Colt
18. Gambid (NEU)
19. Kentucky Fried Movie
20. Profondo rosso (NEU)
Jahresplanung:
Streetfighter Box; Bob Le Flambeur/Un Flic; Angels with Dirty Faces; What Have They Done to Solange; Clan of the White Lotus; Sollima-Box; Blindman; Brutale Stadt
#56
Geschrieben 14. Januar 2005, 02:14
Hat alles, was man von einem Eastern-Meisterwerk erwarten kann!
Bin ziemlich sprachlos...
P.S. Habe mir gleich aufgrund der Euphorie "Crippled Avengers", "The Blood Brothers" und "Police Force" auf meine Wunschliste von CD-WOW eingetragen.
#57
Geschrieben 15. Januar 2005, 14:05
Wenn durch das Lesen von Howie Munsons Filmtagebuch in der Unendlichkeit nur eine Sache hängenbleiben sollte, dann wäre das wohl John Hughes und die Lust am Sehen seiner Filme.
Warum mögen wir die Art von John Hughes oberflächig gesehen so? Weil er eine für sich in der Figurenkonstellation perfekte Kombination aus dem erfolgreichen Siegertyp und dem trottelig, sympathischen Loser gefunden hat. Damit deckt er die gesamte Palette an Identifizierungsmöglichkeiten ab. Das Sein, so wie man ist, und den Konjunktiv, was man gerne wäre. Und diese Verschmelzung der beiden Typen, dass sie nicht ohne einander sein können und dass sie voneinander profitieren, ist der Schlüssel zum Erfolg in den Köpfen der Menschen, die Filme mögen.
Was sind weiterhin seine Stärken?
Ein immer wiederkehrendes Markenzeichen ist die Verknüpfung von rythmischen Tanzbewegungen und angenehm klingenden Popsongs, die weniger ein Statement, sondern mehr ein Gefühl darstellen: Das Gefühl des Spaßes.
Wichtig ist außerdem, dass so gut wie alle seine Charaktere durchschnittlich gut bis schlecht aussehen. Objektiv und radikal betrachtet. Es sind in der Überzahl Gesichter mit Charakter oder wenn man es böse sagen wollte, die auch gut in Cartoons mitspielen könnten. Nicht umsonst wurde aus Matthew Broderick später Inspektor Gadget und ich glaube, es ist auch kein Zufall sondern Schicksal, dass die deutsche Synchronstimme von Ferris Bueller die gleiche ist, die auch Spongebob Schwammkopf auszeichnet. Überhaupt ist es witzig und unglaublich, dass es John Hughes geschafft hat, aus Broderick einen Teenie-Star zu machen. Er muss wohl auch dabei geholfen haben, dass Sarah Jessica Parker seine Frau wurde. Ein Charlie Sheen darf in dieser realistischen Comicwelt nur als Gag einbrechen, als vampirhafter Drogenjunkie, der für einen Lacher gut ist. Man beobachte aber mal, mit wieviel Liebe er Ferris Schwester oder den späteren "Chaos City"-Star Alan Ruck filmt!
Es geht nicht um eine Generation. Es geht viel mehr darum, auszubrechen. Aus dem Schulsystem, aus dem Elternsystem, aus jeglichem System. Ein bisschen witzig ist es ja schon, dass Broderick hier das Schulsystem zur Weißglut treibt, im wunderbaren "Election" aber als Lehrer umgekehrt von einer Schülerin an den Rand seiner Existenz gebracht wird. "Ferris macht blau" ist wie die Rückwärtsfahrt des Ferraris aus der gläsernen Garage des Vaters von Cameron: ein Volltreffer.
John Hughes trifft mit seinen Drehbüchern den richtigen Resonanzton im Körper, so dass man sich von Anfang bis Ende wohl fühlt. Das man ihm bei allem gerne zuhört, auch wenn Ansichten, Klamotten und Frisuren teils recht antiquiert wirken. Trotzdem funktioniert die Parade mit "Twist & Shout" wie beim ersten Ansehen und trotzdem hat man einfach Spaß daran, wenn "Star Wars", "Außer Atem" oder "Alien" zitiert werden. Es hat in den 80ern eindeutig schlimmeres gegeben!
#58
Geschrieben 15. Januar 2005, 17:22
"I have seen some flicks, and "Before Sunset" had the best last minute of the year..." (William Goldman)
Vollkommen berauscht kann ich endlich zustimmen.
#59
Geschrieben 21. Januar 2005, 01:43
Seit gestern ist Adam Green endgültig im Mainstream angekommen. Musikalische Auftritte bei Schmidt haben immer etwas wortwörtlich Endgültiges. Entweder sind die von ihm persönlich erwählten Künstler so alt, berühmt und mit Preisen und Ehrungen überhäuft, dass sie als lebende Klischees über den Fernsehschirm flimmern. Oder Schmidt sucht durch die Beratung seiner jüngeren Mitarbeiter die Helden der "Generation Golf". "Wir sind Helden" traten bei Schmidt als letztmögliche Adelung auf. Danach konnte man sie wöchentlich weniger leiden. Ob es mit Green dasselbe ist?
Leute mit einem glücklichen Händchen hatten den schon vor Ewigkeiten beim Zappen auf die damals noch sendende Charlotte Roche aufgeschnappt und sich begeistert seine Songs besorgt. Oder aber man las die richtige Musiklektüre, kannte Green seit Ewigkeiten und echauffierte sich darüber, dass "ihr" Geheimtipp nun der breiten Öffentlichtkeit geschenkt würde. Jetzt darf man sich nicht mehr wundern, wenn an der Kasse des nächsten Multi-Media-Marktes auch über 50-jährige das neue Album von Green kaufen. Macht die Musik ja nicht schlechter, oder? Aber ein bisschen weniger cool schon, oder nicht?
Sein Auftritt hatte Stil. Die kindischsten Bewegungen fast parodien-gleich mit dem nötigen Ernst und überschäumenden Emotionen vorgetragen (Man denke an den kleinen Freudenschrei!). Er sieht aus, wie die amerikanisch-jüdische Version von Stuckrad-Barre, da hat Schmidt recht. Kleidet sich auch genauso. Als ob es irgendwo auf der Welt einen Raum mit dem gleichen Modell gäbe, der dann geöffnet wird, wenn die Welt für den nächsten Zeitintervall bereit ist, und man ihn auf den Markt schmeißen kann, um ein bestimmtes Gefühl zu bedienen. Diesmal machen wir Musik, das nächstes Mal ist es wieder ein Moderator, Buchautor...
Metropolis
Berauscht durch die von vielen verhasste, colorierte Fassung, die mit dem Fluch des schlimmsten musikalischen Herpes der 80er belegt wurde. Ich empfand es als große "Rocky Horror Picture Show" - so unglaublich schlechter Geschmack ist schon wieder gut. Das Hirn ist mir fast rausgeflogen, weil ich es nicht fassen konnte, wieviele visuelle Ideen Lang und seine Leute in einzelne Einstellungen gepresst haben. Zumindest ein Fest für die Augen!
#60
Geschrieben 21. Januar 2005, 16:32
Schwarz-Weiß-Film in Farbe. "This Gun for Hire" auf Französisch. Freue mich sehr auf den günstigen Doppelpack Un Flic/Bob Le Flambeur aus England, um endlich in den roten Kreis der Melville-Jünger einsteigen zu dürfen. Lieblingsmoment der, indem Delon seiner Frau herzbrechend "Auf Wiedersehen" sagt. Den Film kann man vermutlich tausend Mal sehen und er wird noch besser.
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