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Warte, bis es dunkel ist - Filmforen.de - Seite 8

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Warte, bis es dunkel ist


419 Antworten in diesem Thema

#211 Michael

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Geschrieben 14. Juni 2005, 19:58

Aktuelle Filme

So ein bisschen habe ich die Lust auf aktuelle Filme zurückgewonnen. Ich will nicht übertreiben, denn es ist ein sehr kleines Flämmchen, was es zu pflegen gilt. Und die große Erkenntnis, die ich beim Entzünden erfuhr, war, dass die Lustlosigkeit nicht an den neuen Filmen, sondern den alten, bekannten Menschen liegt, die über die Filme schreiben. Ok, das ist nicht unbedingt eine gedankliche Revolution! Aber das so klar vor Augen zu haben, bestärkt mich doch darin, dagegen demnächst etwas zu tun. Ich sollte einfach nicht mehr auf kino.de lesen. Ein tödlicher Lustkiller ist das dort geworden. Ein Death Valley der Geschmäcker.

Als ich in das Board von SIDEWAYS schaute, fand ich einen treffend genauen Zustand des Forums wieder. Nebenbei gesagt war der Blick ins Board nicht zufällig, sondern weil der Alexander-Payne-Film mein derzeitiger Liebling der Kinosaison ist. So toll, dass ich es in die Welt hinausschreien will, es aber lasse, weil das genügend Menschen vor mir getan haben. Zum Beispiel der User Don Logan. Allein seine Szenenanalyse als Antwort auf irgendeine kümmerlichen Kritik ist so zauberhaft, weil sie eigentlich nicht mehr will, als das wiederzugeben, was der Film ausdrückt. Das mag ich. Einfach nur dem Film gerecht werden wollen. Ok, dann schließt er noch eine fabelhafte Liebeserklärung ans Kino und Filme sehen an, aber es wird klar, worauf es ankommt. Und das alles andere irgendwie nicht passt.

Da ist Chris Striker, ein Urgestein. Seit Jahren dabei. Die Person, welche am seltensten das Profil ändert. Ein bisschen wie eine stehengebliebene Uhr, aber zweimal am Tag zeigt sie trotzdem die richtige Zeit an. Wie zum Beispiel bei SIDEWAYS. Dann schreibt er auch mal mehr als seine zwei Absätze Kinonews, sondern gibt sich richtig Mühe. Und wer dankt es ihm? Niemand. Er wählt einfach immer die falsche Taktik. EbertistheBest dagegen hat den Bogen raus. Er schreibt gute, ausführliche Texte. Manchmal sind sie sogar großartig, aber ihnen haftet immer etwas von industrieller Anfertigung an. Sie sind einfach zu glatt. Ebert ist ein sympathischer Roboter, der wirklich jeden Film im Jahr gesehen haben will. Wo bekommt er Freunde, Zeit und Geld für dieses Ziel her? Ich schreibe es frei heraus, er ist eindeutig auch einer der Gründe, warum das Schreiben einer Kritik auf kino.de unattraktiver geworden ist. Er ist zu freundlich, zu anständig. Lobt jeden, mag jeden, kommt selbst mit Marcus Cohen gut aus. Das geht nicht. Das ist unmenschlich.

Dann finden sich im Board die üblichen "Pöbler" (Ubob & Co.) wieder. Eigentlich nicht ernstzunehmend, weil sie nie etwas über die Filme schreiben oder sich ansatzweise mit diesen beschäftigen, aber darauf pochen, unkommentiert ihren Dünnpfiff von Floskeln und aufgeschnapptem Müll ins Forum abzukippen. Schreiben wir nicht weiter über sie. Eine andere Gruppe sind so User wie DCL. Ich glaube, es gibt ein Dutzend von ihnen. Ich kann sie gar nicht auseinanderhalten. Bestimmt nett und so, aber egal.

Pul zieht seine große Show ab, was nicht böse gemeint ist, aber eben jedes Mal in diesen Fällen auf den fetten Teaser, ein Buchzitat und das Auseinandernehmen der Erinnerungen hinausläuft. Critic springt in den schwierigeren Verteidigungsfällen ein. Cohen fällt wie immer absichtlich aus dem Rahmen durch die immer gleichen langweiligen Gedankengänge. Und fertig ist das Board, das ich so gar nicht mehr meins nennen kann.

Solch ein Board ist mit der Grund, warum ich NIGHT WATCH vor einiger Zeit so sehr mochte. Weil den keiner kannte. Weil den (noch) keiner kaputt schreiben konnte. In den meisten Fällen tun die Schreiberlinge der Wirkung von Filmen eben keinen Gefallen. Sie wecken verquere Erwartungshaltungen, spiegeln mehr ihre Persönlichkeit als den Film. Beanspruchen ihn für sich. Das macht mir keinen Spaß mehr.

Was für eine Befreiung ist es, HOWL'S MOVING CASTLE jetzt schon zu sehen, auch wenn es um diesen Film sicherlich kein besonders großen Hype geben wird. Kein Wunder - gibt es hier schließlich auch keine 20-jährige Schönheit anzusabbern. Aber es ist einfach so wie bei einem staubigen Wüstenrennen zu Fuß. Wenn man vorne wegsprintet, ist es das leichteste von der Welt. Man fliegt dem Ziel entgegen. Sobald man aber den Kampf im Mittelfeld aufnehmen muss, hat man neben den direkten Konkurrenten auch noch mit dem Staub der Ersten zu kämpfen. Am besten jeder würde für sich rennen, aber dafür sind wir alle zu ehrgeizig und egoistisch.

#212 Michael

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Geschrieben 20. Juni 2005, 00:55

Most-Wanted Juni 2005

The Long Goodbye
One-Eyed Jacks
The Wild Angels
Angels with Dirty Faces
The Howling
Crime Wave
Der Wolf hetzt die Meute
The Steel Helmet
Fixed Bayonnets
Stunde der Bewährung
Royal Flash
Arizona Colt
The Master Touch
Der Killer von Wien
Gambit
Die Kunst zu lieben
Night Moves
The Yakuza
Prime Cut
Marokko
Running Out of Time
Paratroop Command

#213 Michael

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Geschrieben 24. Juni 2005, 09:58

Harold & Kumar Go to White Castle
Regie: Danny Leiner (2004)

Ohne die grausame deutsche Synchronisation und vor allem das Fehlen Oliver Pochers ein wahrer Hochgenuss als Abhäng-Film. Klarerweise eine klassische Kifferkomödie, deren Handlungsgerüst auch einfach von Leiners Vorgänger "Dude, Where Is My Car?" (kommt übrigens als wortwörtliches Zitat vor) übernommen sein könnte. Zwei Dudes, ein Haufen Gras plus eine Nacht voller Abenteuer.

Hier gibt es nicht den Versuch einer Revolution oder der Anspruch zum Meisterwerk und irgendwie lässt mich das beinahe ausrufen: Meisterwerk, Meisterwerk! Denn es ist einer dieser Filme, in die ich direkt reingezogen werde, weil alles so nachvollziehbar und vor allem die beiden Protagonisten so sympathisch sind. Mit denen will ich meine Zeit verbringen. Will ich Freakshow besuchen, will ich Doogie Howser treffen und auf einem Geparden reiten.

Hatte ich schon erwähnt, dass die titelgebenden Figuren the asian guy from "American Pie" und the indian guy from "Van Wilder" sind? Es geht ein Stück weit um diese Kulturkreise in Amerika. Eigentlich geht es aber viel mehr um jemanden, der "Sixteen Candles" von John Hughes liebt und zusätzlich seine Nachbarin. Die hat er aber noch nie angesprochen. Kennt man ja. Hat so einen Bart. Das Tolle ist jetzt aber, dass sie auch den John Hughes Film mag. Sie wird sogar dabei beobachtet werden, wie sie aus einer Hughes-Retrospektive kommt. Schon mehr ein cinephiler Traum, oder?
Und dann geht es um zwei Freunde, die Hunger auf Leben und Freiheit haben und deswegen zum Burger-Laden "White Castle" fahren müssen. Die Frage lautet jetzt: Ist es Traum oder Realität, wenn andere Studis zu Hause bleiben wollen, um sich Katie Holmes Titten in "The Gift" auf HBO anzusehen? Das ist eine Frage der Perspektive.

Traum auch deswegen, weil Harold und Kumar träumen. Kumar träumt von einer Ehe mit einer überdimensionalen Gras-Tüte, Harold von einem Computerspiel mit Happy End. Im Traum erscheint Hal Ashbys Meisterwerk "Harold und Maude" als gigantisches Vorbild einer filmischen Zweier-Reise. Und die zwei Dutzend anderen Kultfilme über das Erwachsen werden. Das Erstaunliche ist, dass "Harold und Kumar" sich dort problemlos einreihen kann. Denn der Film ist genau nach meinem Geschmack. Mein Burger-Erlebnis sozusagen. Ich meine, die beiden nehmen Neil Patrick Harris per Anhalter mit. Den Neil Patrick Harris. Den Hauptdarsteller von David E. Kellys ersten allein gemachten TV-Serie (eine meiner absoluten Lieblingsserie von früher) über einen Kinderarzt. Nicht im Sinne von Roy Black, sondern im Sinne von Kind als Arzt. Und schon rattert die Gedächtniskette. Man kennt das ja, was aus Kinderstars in Hollywood wird. Abgesehen von Drew Barrymore (war die nicht auch, aber zumindest hat sie "Charlie's Angels produziert) alle auf Stoff oder andersweitig durchgeknallt. Und genau mit dieser Erwartung spielt der Film von Leiner bzw. das Drehbuch der beiden Movie-Geeks Hurwitz und Schlossberg. Es kommt letztlich zu dem legendären Satz: Hat Doogie Howser gerade mein Auto geklaut? Er hat und er ist dabei nur ein kleines Element in einer perfekten cineastischen Erfahrung.

#214 Michael

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Geschrieben 24. Juni 2005, 23:54

White Chicks
Regie: Keenen Ivory Wayans (2004)

"Some Like It Hot" in black and white ...

Drei Wayans und drei Drehbuch-Doktoren kommen insgesamt auf - viel zu lange - 109 Minuten Laufzeit, aber dramaturgisch niemals über den ersten Akt hinaus, obwohl ihnen Billy Wilders vielleicht brilliantestes Skript zur Anschauung vorlag.

Die schwarzen, ach so männlichen Wayans Brüder, die sich im Film als weiße, reiche Schlampen ausgeben müssen (Fragt nicht nach dem Warum!), sehen mit ihren Masken wie Frankensteins Monster aus. Oder wie Augen ohne Gesichter von Franju. Richtig gruselig ist deshalb, dass keiner mal nachfragt, was passiert ist, sondern prinzipiell von einer leicht missglückten Botox-Kur ausgegangen wird, so wie es eben heute häufiger passiert. Das Potential zur Bissigkeit wäre da. Nicht schwer sind auch die Parallelen zu Olsen Twins und Hilton Schwestern auszumachen, umso schwerer dafür reizvolle Aufeinandertreffen der Marktwirtschafts-Götter.

Wenn Marlon Wayans eine Stärke hat, dann seine Gesichtsakrobatik. Ausgeschaltet durch den Gummi in der Fresse, bleibt nichts von ihm. Shawn Wayans kann vielleicht gerade so noch durchschnittliche Klogags zum Drehbuch beisteuern, als Protagonist ist er untragbar. Die kleine Entdeckung von "White Chicks" heißt Terry Crews. Bisher nur der coole Nebendarsteller, hoffentlich irgendwann mehr, denn er fährt hier mindestens drei Viertel aller Lacher ein.

Bei den diesjährigen Oscars gab es vom Host Chris Rock den Gag, dass er durch die amerikanischen Kinos wanderte, um das Volk entscheiden zu lassen, wer denn wirklich die Oscars verdient gehabt hätte. Drei schwarze Menschen wurden gezeigt, die alle miteinander für "White Chicks" als besten Film plädierten. Ein riesiger Lacher im Saal.
Wenn man den Film kennt, ist es eher traurig. Die Wayans machen in "White Chicks" mit weißen Schauspielern das, was Hollywood früher und zum Teil heute immer noch gerne mit schwarzen Schauspielern macht: Sie benutzen sie als Lachnummer. Die Wayans machen sich nicht über reiche Schlampen lustig, sondern über weiße reichen Schlampen. In diesem Themenkomplex steckt eine Menge und auch wenn es nur eine konventionelle Hollywood-Komödie für 70 Millionen Dollar an der Kinokasse und florierende Ergebnisse auf dem DVD- und Videomarkt sein soll, dann darf diese Maske auch für Interessanteres gebraucht werden, als das, was die Wayans jeweils in ihren Abschlussmonologen zu besonders verlogener (weil die eingeforderten Emotionen nicht verdient sind) Schwülzmusik rauskotzen.

Der eine gute Gag rettet zwar nicht die Filmerfahrung, aber lässt mich etwas Positives mitnehmen: Zwischen Sex mit Roseanne oder Camilla Parker-Bowles sollte man sich einfach nicht entscheiden müssen.

#215 Michael

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Geschrieben 26. Juni 2005, 00:03

Kino.ED 2005

1. Sideways
2. Harold & Kumar
3. Napoleon Dynamite
4. Howl's Moving Castle
5. The Life Aquatic
6. Closer
7. Million Dollar Baby
8. The Aviator
9. Garden State
10. Saw

Runners-Up
Night Watch
Old Men in New Cars
Hitch - Der Datedoktor
Sin City
Star Wars: Episode 3


Next
Spanglish (wegen James L. Brooks)
Kung Fu Hustle (weil ich irgendwie dran glauben möchte)
The Grudge (wegen Jürgen Egger)
Clever & Smart (Wegen "Gasthaus Paradiso")

#216 Michael

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Geschrieben 27. Juni 2005, 17:54

Sie nannten ihn Knochenbrecher ("Jui kuen")
Regie: Woo-ping Yuen (1978)

Ein Klassiker der Kindheit und der Jugend. Und jetzt wieder einer. Ein Klassiker der Kung-Fu-Komödie, gerade weil das richtige Maß an ergänzend ernsten Momenten gefunden wird. Wer mich über die Einflüsse des Soundtracks aufklären kann, bekommt eine:

:ola:


Lieblingsmomente (die gleichen wie früher): das große Fressen, die besoffenen Götter und das Finale gegen den Lee Van Cleef ähnlichen Kopfgeldjäger.

#217 Michael

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Geschrieben 30. Juni 2005, 12:50

Spanglish
Regie. James L. Brooks (2004)

Dumme Plattitüde wegen den immer wieder dazwischen kommenden Erwartungshaltungen, aber für einen James L. Brooks Film enttäuschend. Tea Leoni ("Bad Boys"), als unglücklich wirkende Mutter, ist so dermaßen negativ gezeichnet, dass von Anfang an klar ist: Die spanische Feuer-Biene und Adam Sandler finden zusammen. Auch wenn sie es letztlich dann doch nicht tun, liegt auf dem Zusammenkommen der Höhepunkt des Films. Dümmliche Rahmenhandlung mit dem College-Bewerbungsschreiben. Irgendwie auch insgesamt nicht ganz mein Thema. Erziehungsfragen und so. Thema Sprachbarriere fand ich dagegen witzig und originell, aber nicht tragfähig für die komplette Storyline, was wohl auch Brooks eingesehen hat. Die Stärken des Films sind die wahrhaftigen Momente. Die, in denen man merkt, dass sie einfach zu gut sind, als dass sie aus dem Kopf eines Drehbuchschreibers stammen könnten, sondern vom Leben geschrieben wurden. Kleine Verhaltensweisen, wie zum Beispiel im richtigen Moment das Falsche zu sagen. Es gibt also Charme. Insgesamt ist Brooks aber bisslos und - man lese und staune – auf eine uncharmante Weise sentimental, wenn nicht sogar auf die Tränendrüse drückend. Das Beste am Film ist Sandlers Sterne-Tick, den Peter Travers (Rolling Stone) vorzüglich in seiner zu milden Kritik eingearbeitet hat.

#218 Michael

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Geschrieben 30. Juni 2005, 16:46

Sixteen Candles
Regie: John Hughes (1984)

Die Genesis von John Hughes Film-Universum. Hier begann alles. Hier gab es das erste Mal Unterhosen auf den Köpfen junger Männer. Hier entstand eine ganz eigene Art, mit dem Thema Pubertät Filme zu entwerfen.

Es ist so witzig, wenn man zuerst "Ferris macht blau", "Lisa - der helle Wahnsinn" und "Breakfast Club" gesehen hat, ohne dabei Hughes ersten eigenen Film zu kennen. Weil das Feuer für diese Filme in "Sixteen Candles" entfacht wurde. Genaugenommen nicht sofort, aber am Schluss brennen sie, die sechzehn Kerzen auf Samanthas (die knuddelige Molly Ringwald) Geburtstagskuchen. Da brennen nicht nur die Unterhosen mit, sondern alles das, was man später so sehr an Hughes Filmen schätzt. Aber es hat etwas Erfrischenderes, weil der Film unerklärlicherweise vor der Öffentlichkeit versteckt wird. Die Geborgenheit der Familie, aber auch dessen Ungerechtigkeiten, die Gesetze der Jugend, die Freaks und die Geeks, die Prom-Queen, der Sportler und das hässliche Entlein. Das Gefühl für den Einsatz von berüchtigter Filmmusik zum verdammt richtigen Zeitpunkt, das Gespür für die Art und Weise wie Teenager sich ausdrücken und das Timing für jegliche Gags.

Durch "Sixteen Candles" sieht man vieles klarer. Und man versteht vielleicht auch besser, dass John Hughes irgendwann satt war. Er hatte seine Geschichten erzählt. Sicher hätte er noch ewig weiter Erfolg haben können und indirekt schaffte er das in den 90ern allein durch seine Drehbücher, aber als Regisseur reichten eigentlich "Sixteen Candles", "Breakfast Club" und "Ferris macht blau" aus, um in den 80ern einen Kult aufzubauen, der bis heute angebetet wird und der eine spezielle und deshalb so geliebte Sicht auf das Erwachsen werden bietet. Vielleicht auch deshalb so geliebt, weil Hughes die Loser gewinnen lässt, weil er genauer hinguckt. Weil ihn die Geeks mehr interessierten als die Schönen und Reichen. Deutlicher als mit "Sixteen Candles" kann er das nicht zeigen. In den Credits lautet Anthony Michael Halls Figur nur "The Geek". Und dieser Geek bekommt in der Nacht und vor allem am Tag darauf all das, was er sich erträumt hat. Genauso verhalten sich Hughes Filme zu seinen Zuschauern.

"Sixteen Candles" hat ein so perfektes Drehbuch, nicht nur wegen den Dialogen, sondern vor allem aufgrund der Dynamik. Diese ist so unwiderstehlich, dass Hughes mit einem verkitschten Happy End davon kommt und man das als Zuschauer auch noch liebt. Hughes kann in einem Wimpernschlag Charaktere erschaffen. So plastisch wie die Realität. Auch durch Überzeichnung. Und was hat er für wahnsinnig erinnerungswürdige Figuren geschaffen. Der Chinese in "Sixteen Candles"? Ein Klassiker! Joan Cusacks kurze Auftritte? Historisch bedeutsam! ;-) John Cusack? Ein Gott unter den Geeks. Und das sind nur die nebensächlichsten Figuren. Seine Hauptfiguren sind mittlerweile tief in die Psyche jedes Teenies eingebrannt. Direkt oder indirekt.

Wenn Filme wie "Nicht noch ein Teenie Film" oder "Jay and Silent Bob Strikes Back" heutzutage überhaut eine Berechtigung haben, den Zuschauer durch billiges Kopieren zu vergraulen, dann nur weil im besten Fall ein paar Freaks in die imdb schauen und so vielleicht zu "Sixteen Candles" finden.



P.S. Toller "Sympathy for Lady Vengeance"-Trailer ist jetzt online. Und Oh-daesu spielt mit ... :cheers:

#219 Michael

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Geschrieben 01. Juli 2005, 11:21

EuroTrip
Regie: Jeff Schaffer (2004)

Auf die Komödien-Perlen des Dons kann ich blind vertrauen. Interessanterweise sind das immer die Filme, welche in einer gemütlichen Video-Runde viel besser zur Geltung kommen als im Kinosaal. Da Filme wie "EuroTrip" oder "Dodgeball" aber sowieso an einem Großteil der Kinogeher vorbeischwimmen, sind seine Empfehlungen die ideale Vorbereitung dafür, wenn es wieder heißt: Wir brauchen etwas Witziges!

DreamWorks Komödien stehen für Qualität. Die kreative Kraft im Hintergrund heißt Ivan Reitman. Der Mann hat nicht nur David Cronenberg am Anfang seiner Karriere als Produzent ausgeholfen, sondern er sichert heute weiterhin das entspannte Lachen des Filmfans.

Regisseur Schaffer hat sich seine Sporen bei "Seinfeld" verdient, was nicht die schlechteste Ausbildung ist. Für "EuroTrip" recycelt er die 80er Lachnummer "European Vacation", tauscht Chevy Chase inklusive Familie mit Highschool-Abgängern aus und schon haben wir ein rundum gelungenes Filmchen. Einen richtigen Spaßbringer. Hauptsächlich deswegen weil amerikanische Klischees von Europa witzig sind. Immer noch und immer wieder. Bemerkenswert ist dabei, dass Deutschland abgesehen von Hitler und Hasselhoff ausgelassen und sich mehr auf notgeile Italiener, englische Hooligans und perverse Niederländer konzentriert wird. Vielleicht kommt der Film ja deshalb in Deutschland besonders gut an, vielleicht auch weil die heiße Schnecke, die überhaupt der Grund für die Europa-Reise der Freunde ist, aus Deutschland stammt und früher im "Marienhof" mitgespielt hat.

"EuroTrip" ist natürlich nichts weltbewegendes, er ist dafür im Gegenzug aber extrem unterhaltsam. Und er hat den Running-Gag "Scotty Doesn't Know", ansprechend viel Sex, sympathische Hauptfiguren und eine sehr prophetische Sichtweise auf den Vatikan zu bieten.

#220 Michael

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Geschrieben 01. Juli 2005, 17:28

Kung Fu Hustle
Regie: Stephen Chow (2004)

Wirkt auf uns so, wie auf Chinesen "Der Schuh des Manitu" oder "Traumschiff Surprise" wirken würde, wenn die jemals einen Bully-Film schauen sollten.

Völlig überdrehter Käse ohne Handlung und Verstand. Den Unterschied zwischen Chow und Bully macht die Inszenierungskunst. Chow hat in "Kung Fu Hustle" Momente, in denen er Atem raubt. Das geht teilweise weit darüber hinaus, schwebende Kamerafahrten mit bombastischem Score zu kombinieren. Die aufkeimende Liebe zwischen Chow und Lolly-Girl ist zum Beispiel dermaßen schlecht geschrieben und in der Handlung an den Rand gedrückt, aber am Ende haut der Teufelskerl diese Kamerakreisfahrt raus, in der von den erwachsenen Personen scheinbar ohne Schnitt auf ihre Alter Egos aus der Kindheit geschwenkt wird. Tolles visuelles Bild für Jugendliebe. Und davon gibt es ein paar größere Herzhüpfer im Film verteilt. Ein weiteres Beispiel wäre, wie durch Staub aus einem grell-bunten Comic ein Schwarz-Weiß-Film wird. Sehr schick!

Würde gerne einen ernsthafteren Film von Chow sehen wollen, der nicht auf Schauwerte, sondern das Erzählen einer Story aus ist. Das könnte wirklich interessant werden.

P.S. Glaube, der Soundtrack klaut interessanterweise ein Stückchen Musik aus "The Maltese Falcon". Hat aber schon Raoul Walsh in "White Heat" gemacht. Ist ja immer eine Frage, was man daraus macht. Und weil ich die Axt-Gang so häufig in den Texten mit "Gangs of New York" in Verbindung gebracht gesehen habe: Vielleicht mal zur Horizonterweiterung das Meisterwerk EINE FAUST WIE EIN HAMMER von Wang Yu ansehen!

#221 Michael

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Geschrieben 02. Juli 2005, 00:26

The Girl Next Door
Regie: Luke Greenfield (2004)

Will alles zugleich sein: Romanze, Teenie-Komödie unterhalb der Gürtellinie, realistischer Blick auf Teenies oberhalb der Gürtellinie. Dabei ist der Film vor allem unentschlossen und deswegen unausgegoren. Am besten funktioniert "The Girl Next Door" als Jungenfantasie. Anders kann ein Film auch nicht funktionieren, dessen Handlung es ist, ein Porno-Starlett nebenan einziehen zu lassen. Originellere Handlungsidee eigentlich ...

... aber "Lockere Geschäfte"? Ganz und gar nicht. Oberflächig gesehen ist es vielleicht die Geschichte vom Langweiler, der durch einen Sonnenschein aufgetaut wird. Aber genauer hingesehen, zerfällt das Ding doch in ein Dutzend verschiedener Filme. Zerklüftet, weil das Drehbuch mehr sein will. Jede Szene ist ein eigener kleiner Film, jedoch sind die Filme nicht so angeordnet, dass sie richtig aufeinander passen. Auf kuschlig-klebrige Romantik folgt "Wie werde ich sie los in fünf Minuten", Porno-Slapstick und ein Fitzelchen "Fight Club". Erinnert mich irgendwie an Harry Haller, den nicht ganz so sympathischen Steppenwolf.

Ansonsten könnte ich nur noch solche belanglosen Beobachtungen nachschieben, dass Protagonist Emile Hirsch wie Aston Kutcher ohne Bartstoppel aussieht, Elisha Cuthbert passend ausgeleuchtet immer eine Freude für die Augen ist, aber ihre Rolle im Verlauf unglaublich anspruchslos bleibt und die Musikstücke im Hintergrund gebraucht klingen, weil sie in "Almost Famous", "Vanilla Sky" oder "Atlantis" (!) schon mindestens einmal besser eingesetzt wurden.

Was ich sehr gemocht habe, war der Anfang, als Hirsch überlegt, was er als schönsten und aufregensten Moment seines Lebens in das Jahrbuch einträgt und ums Verrecken nicht auf ein befriedigendes Ergebnis kommt. Deswegen geht es in "The Girl Next Door" meiner Meinung nach auch nicht wirklich um die Beziehung zwischen Cuthbert und Hirsch, sondern um die Suche nach dem Moment, der die vergangene Schulzeit am besten zusammenfasst. Es geht um Rosebud. Es geht um das drei-beinige Stativ!

#222 Michael

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Geschrieben 05. Juli 2005, 09:37

Kap der Angst
Regie: Martin Scorsese (1991)

So ein bisschen der aktualisierte Graf von Monte Christo. Und natürlich das Remake von Thompsons Film aus den 60ern. Sieht man auch daran, dass die damaligen Hauptdarsteller (Mitchum; Peck) bei Scorsese jeweils witzig verdrehte Nebenrollen bekommen haben. Ich liebe, wie Elmer Bernstein Bernard Herrmanns Musikthema einsetzt. Ich liebe die unglaubliche Geschwindigkeit, mit der Scorsese die Szenen vorantreibt. Und ich liebe natürlich den unwiderstehlichen Sog der Geschichte. Das war einer der Scorsese-Filme, den ich sogar vor "Gangs of New York" verehrt habe.




Die Grausamen
Regie: Sergio Corbucci (1967)

Gigantisch guter Italowestern! Immer ein bisschen verpönt, weil der nach "Django" kam. In Wirklichkeit vielleicht der Corbucci mit dem besten Drehbuch. Genial wie aus Morricones Triumph-Marsch des Südens das Lied vom Tod wird. Hat sich Bruckner hinsichtlich "From Dusk Till Dawn" geirrt? Keineswegs. Es ist vor allem die Figur des Bruders, der sein Messer nicht stecken lassen kann, welcher stark an Tarantinos psychopathischen Gecko-Bruder erinnert. Aber egal, weil der Corbucci-Film aber so was von auf eigenen Beinen steht. Ein Lieblingsfilm.




US-Serien 2005
Gestern eine meiner Lieblingsepisoden der "Akte X" wiedergesehen: "Der große Mutato". In Schwarz-Weiß, dafür mit "Cher". War damals ein Kuriosum. Was den Humor angeht, war, glaube ich, nur die Episode komischer, in der Mulder und Scully unterschiedliche Storys vom tatsächlichen Handlungsverlauf erzählten. Jedenfalls ist meine eigentliche Feststellung: "King of Queens" ist endgültig tot, es lebe "Alle lieben Raymond". Nie kapiert, warum die Amerikaner drauf stehen, was vor allem daran lag, dass die Serie in Deutschland bisher keine richtige Chance bekommen hatte. Jetzt aber, und was ist? "Boston Public" ist erfolgreich verdrängt. Immer noch nicht geschafft, richtig in "O.C. California" reinzuschauen. Ist aber auch extrem schlecht gelagert. Und Freude darüber, dass die ersten Episoden "Scrubs" wiederholt werden.

#223 Michael

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Geschrieben 09. Juli 2005, 00:58

The Grudge
Regie: Takashi Shimizu (2004)

Warum mein aktueller Lieblingsautor der steadycam, Jürgen Egger, "The Grudge" auf der Sieben seiner Jahresliste hatte, kann ich mir jetzt im Nachhinein nur dadurch erklären, dass es ihm mit Shimizu ähnlich ergangen ist wie mir. Er muss auch vor ein paar Jahren aus einem dunklen Kinosaal gekommen sein und überwiegend Bahnhof verstanden haben, weil Shimizu in seinem japanischen Original die zeitlichen Sprünge nicht kenntlich machte und europäische Sehgewohnheiten immer schon kleinere Schwierigkeiten beim Unterscheiden schnell wechselnder asiatischer Gesichter entstehen ließen.

Für die Möglichkeit einen weltweiten Mega-Blockbuster Marke Hollywood zu landen, tauschte daher der Regisseur im Remake einen Großteil der Hauptfiguren mit amerikanischen Seriendarstellern und Bill Pullman und machte dramaturgisch und durch häufigere visuelle Verweise deutlich, auf welcher Zeitebene der Zuschauer sich gerade befindet. Und siehe da, man versteht nicht nur das Ende, sondern kann mehr oder weniger interessiert der kompletten hauch-dünnen Handlung folgen und darf zusammenzählen. Egger muss das Original gehasst haben, denn Shimizu änderte ansonsten nichts. Es bleibt eine nette Geisterbahn mit Kindern und Katzen zum Streicheln. Japan ist immer eine Reise wert, aber nicht, wenn man dann fast ausschließlich in dunklen Wandschränken dreht!

#224 Michael

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Geschrieben 10. Juli 2005, 22:08

Kozure Okami 1-6
Regie: Kenji Misumi, Buichi Saito & Yoshiyuki Kuroda (1972-1974)

Die Haupterkenntnis: Schade, dass es unmenschlich gewesen wäre, noch "Hanzo Razor" oder wenigstens die ersten sechs Original-Zatoichis nachzuschieben. :doof:

Ist schon gigantisch, alle sechs Filme am Stück sehen zu können, weil sie eben richtig zusammengehören und man so auch das verstärkte Gefühl bekommt, dass es nur eine einzige Art und Weise gibt, sie zu genießen. Eigentlich ein großer Film, in dem einem Okami, sein Sohn und deren James-Bond-Kinderwagen verdammt ans Herz wachsen. Und wenn ich doch einen Teil der Serie hervorheben müsste, dann wäre es der vierte von Buichi Saito. Nicht wegen den Regiekünsten, sondern aufgrund der Qualität der Vorlage von Kazuo Koike und Goseki Kojima. Aber eigentlich wollte ich rein gar nichts über die Filme schreiben, weil ich das Ganze irrealerweise immer noch nicht völlig in meinen Filmkosmos einordnen kann. Was war es für ein Genuss, den Kontinent zu wechseln und als Ablenkung für Zwischendurch ein wenig Shane Blacks Dialoge in "The Last Boy Scout" zu huldigen: Die perfekte Einstimmung auf den FFF-Eröffnungsfilm "Kiss Kiss Bang Bang"! Also bleibe ich sprachlos und lasse erstmal nachwirken. Wird schwer, dabei nicht irgendetwas zu verlieren. Im besten Fall nur einen Arm oder ein Bein, im schlechtesten den Verstand.

P.S. Samurai Jack :cheers:

#225 Michael

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Geschrieben 12. Juli 2005, 09:53

Angel Eyes
Regie: Luis Mandoki (2001)

Wenn man Montag Abend etwas zur Entspannung sehen will, aber keinen Bock auf Konserven hat, schon gar nicht die Wiederholungen von "Lost" sehen oder mit "CSI" anfangen will, dann zappt man zufällig auf Sat-1 und gibt deren Kitsch-Film für Frauen eine Chance. Allzu lange habe ich nicht geschaut. Genaugenommen von dem Moment an als die Lopez und Jesus sich küssen, bis Jenny rausfindet, dass Jesus der Mann war, den sie bei einem Autounfall als Cop aus dem Wrack zog. Und diese Zeitspanne kam mir dann auch wie der absolute Höhepunkt im Film vor, nachdem es dann bestimmt problem-beladen bergab ging. Aber damit musste ich mich ja nicht mehr beschäftigen, weil da die Glotze schon wieder aus war.

Das Kennenlernen der beiden aber war in seinen Grenzen toll geschrieben und ein bisschen hinreißend gespielt. In Erinnerung geblieben sind der erste Kuss, weil Jesus erst zurückzuckt und dann die Lopez fest an sich zieht, Lopez Anruf und ihre Bedingung nur weiterzusprechen, wenn Jesus auflegt und den Anrufbeantworter einschaltet und deren Badespaß mit dem Spiel "Küss mich da hin, wohin mich niemand zuvor geküsst hat". Bei der Lopez wird es die Fußspitze, was witzig ist, aber bestimmt schon mal gemacht wurde und bei Jesus ist es das Herz, was irgendwie kitschig, aber auch überraschend schön ist. Werde ich den Film irgendwann mal fertigsehen? Ich glaube nicht. Behalte ihn mir lieber so in Erinnerung.

#226 Michael

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Geschrieben 13. Juli 2005, 10:10

Die fetten Jahre von Agnes und seinen Brüdern sind vorbei
Regie: Oskar Weingartner (2004)

Der Deutsche Filmpreis inspiriert. Wer hätte das gedacht. Und nicht nur durch Bully im Biene Maja Look, sondern vor allem durch die Ausschnitte der nominierten Filme.

Beides irgendwie sehenswerte Filme, beide aber auch nicht richtig zufriedenstellend. "Die fetten Jahre sind vorbei" hat eine grandiose erste Hälfte, Schwächen in der zweiten und einen angepappten Schluss. Da ist "Agnes und seine Brüder" homogener, aber auch weniger originell. Sinnbildlich dafür die Musikauswahl von "Stuck in the middle with you" und "So happy together". Moritz Bleibtreu scheint dem Roman entsprungen, den Roehler demnächst mit ihm verfilmen will, Knaup als grüne "American Beauty" und Martin Weiß als Agnes hängt so in der Luft, dass man sich fragt, warum der Film nicht "Die Brüder Agnes" heißt. Weingartner hatte das Glück die beiden momentan wohl angesagtesten deutschen Schauspieler zu bekommen. Und die zusammen machen verdammt viel Spaß. Und auch Glück, weil Weingartners an Dogma angelegter Handkamera-Stil sehr passend zur ersten Handlungshälfte ist. Aber spätestens in der zweiten Hälfte wünscht man sich einen visuellen Befreiungsschlag und weniger das Schwenken auf Gesichter, die gerade sprechen. Roehler dagegen hat mehr das Problem, dass sein Blick witzig und gnadenlos ist, aber so bekannt und verbraucht wirkt. Interessant, wie viele deutsche "Stars" sich mittlerweile beim ihm vor der Kamera tummeln. Roehler hatte die Mittel, die Schauspieler und die Aufmerksamkeit, aber kein gutes Drehbuch. "Die fetten Jahre" haben dagegen wenigstens Visionen zu bieten. Aber gerade der Dialog zwischen Jugend und Alter ist dramaturgisch so enttäuschend, weil das Alter alles abnickt und Weingartner dann den Schwerpunkt auf das Dreiecksverhältnis legt. Bin ein bisschen ratlos.

#227 Michael

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Geschrieben 15. Juli 2005, 11:28

Die Straße nach Salina
Regie: Georges Lautner (1971)

"Du bist perfekt, makellos. Du bist besser als gut!"

#228 Michael

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Geschrieben 16. Juli 2005, 11:33

A Better Tomorrow II
Regie: John Woo (1987)

Mehr mau als wow. Woo wurde der Film von Hark vertraglich aufgezwungen. Die Handlung ist egal, interessant ist das Zurückholen von Chow-Yun Fat aus dem Reich der Toten und vor allem der Showdown. Die "Let's go to work"-Anzüge aus "Reservoir Dogs" gehen auf dessen Konto. Ob Woo jemals wieder einen richtig großen Film drehen wird? Sicherlich nicht mehr, wenn er "Masters of the Universe" verfilmt.

#229 Michael

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Geschrieben 25. Juli 2005, 17:18

Heimkino par excellence in chronolgischer Reihenfolge:

Glengarry Glen Ross
David Memet at his best. Eher unfilmisches Bühnenstück mit brilliant geschliffenen Dialog-Gefechten, vollgepresst mit Ausnahme-Schauspielern wie Ed Harris, El Pacino, Jack Lemmon, Alec Baldwin und Kevin Spacey. Und trotzdem sehr elektrisierend, weil so böse und heiß wie die Hölle. Existenzen im Abgrund mit einem "Fuck You" auf den Lippen. In Wirklichkeit stiehlt nicht Baldwin, sondern Arkin allen die Show.

Der Tod trägt schwarzes Leder
Etwas enttäuschend. Der Score fetzt wie sonst was, ansonsten sehr trashig, teilweise freiwillig, teilweise unfreiwillig komisch. Und doch sehr unterhaltsam.

Ein dreckiges Dutzend Filme
Die Buchstaben "D" und "E". 15-20 Minuten die subjektiven Szenen-Highlights der Filmgeschichte aufs Alphabet abgestimmt. Von "Deranged" über "The Doll Squad" bis hin zu Ken Russells "Die Teufel" und Ted Danson, von Romero im Sand eingebuddelt.

The Losers - Verdammt, verkommen, verloren
Erster Jack Starrett Film. Eigenartig verwirrende Mischung aus ultra-brutalen und ernsten, zärtlichen Momenten. Motorrad-Rocker helfen im Vietnam-Krieg aus. Peckinpah-Zeitlupen und aufgemotzte Feuerstühle sorgen für Unterhaltung. Irgendwie müsste ich den nochmal sehen, aber hat Zeit!

Der Berserker
Tomas Milian als vielleicht fiesester Charakter der Filmgeschichte. Einfach nur böse, einfach nur monströs. Ein richtiger Fan bin ich dabei nicht geworden, aber ich warte die mittelfristige Nachwirkung ab.

Hated
Erster eindeutiger Höhepunkt des Wochenendes. Todd Phillips, Regisseur von "Road Trip" und "Starsky & Hutch, begleitet den Rock N Roller G.G. Allin auf seiner Tour, nach Hause und in Talk-Shows, um der Person hinter der Show auf die Spur zu kommen. Die Spur führt aber unweigerlich zu der Erkenntnis, dass es keinen doppelten Boden gibt. Marylin Manson ist dagegen Kindergarten. Angenehm verstörende Filmerfahrung.

Bizzare
Ich habe Tränen gelacht und wäre fast an einer Bauchmuskelzerrung gestorben. Ganz großer Geheimtipp, für alle die noch etwas entdecken wollen. Eine uralte Mumie führt den Zuschauer phasenweise in die Geheimnisse des Sex ein. Muss man gesehen haben, um es zu glauben.

Battleground
Wellmans Kriegsepos. So unglaublich schade, dass der in Vergessenheit geraten ist. Kann es mit den besten Genre-Werken aufnehmen. Van Johnson ist ein kleiner Gott.

Singin in the Rain
Augen überquillendes Feuerwerk an Farben und Tönen auf einer zerschmilzenden Leinwand. So viel größer, wenn man Gene Kelly im richtigen Ambiente sieht. Wird wahrscheinlich eine kleine Musical-Welle bei mir auslösen.

Layer Cake
Der Stinker des Wochenendes, meiner bescheidenen Meinung nach. 10 Mal so gut wie Guy Ritchie. 10 x 0 = 0
Null-Nummer, die effekt-verliebt, hart und parodistisch sein will und dabei einfach nur furchtbar langweilt. Führender Vertreter des britischen Subgenres "Guys Without Balls".

Curb Your Enthusiasm
Was ich gesehen habe, hat mich begeistert: "Seinfeld", nur eben ohne Seinfeld, Elaine, Kramer und George, wobei George in Larry David weiterlebt. Große Gefahr, mir die Boxen kaufen zu müssen.

Scum
The Magdalene Brothers. Traditionell mitnehmendes Jungenknast-Drama. Aber ein ganz junger Ray Winstone hat so viel Power, dass er den Film sprengt und ihn dadurch viel interessanter macht, als er zuerst scheint.

Fat City
Die größte Entdeckung. Gleich John Hustons Filmographie in meinem Kanon bis oben hin vollgestopft. Stacy Keach ist sooo gut. Kris Kristofferson singt den Titelsong. Einer der traurigsten und trotzdem so angenehm zu Herzen gehenden Filme, den ich je gesehen habe. Das Ende lässt einem den mit Mund scheunentor-weit offen stehen.

#230 Michael

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Geschrieben 30. Juli 2005, 14:54

Seinfeld - 4. Staffel

Aaaaacccchhhh. Endlich wieder Seinfeld. Endlich wieder Geschichten über "Nichts". Nee, aber es war ein kleines Verwirrspiel, bis der Kaufpreis ENDLICH unter 30 € gefallen war. Und jetzt gibt's wieder Jerry, Elaine, Kramer und George hoch konzentriert und in schneller Abfolge. Das Gefährliche daran ist, dass mein Verlangen, endlich "Curb Your Enthusiasm" richtig anzugehen, immer größer wird.

Anhand des Extra-Material wird vor allem eines fett unterstrichen: Die vierte Staffel war der große Durchbruch in Amerika. Für die Fans war es vor allem die Staffel, in der Seinfeld in die Meta-Ebene eintauchte und in der Show darüber reflektierte, wie die Show überhaupt zustande gekommen war.

Erkenntnisse?
Allgemein schätze ich Doppelfolgen nicht so besonders. Die absoluten Meisterwerke der Staffel sind: "Der Wettstreit" (eher bekannt unter dem Titel "Die Masturbationsmeisterschaft"); "Im Kino" (Max Ophüls Hommage); "Die Geruchsbestie" (hoch-philosophisch!). Finde das Extra-Material mittlerweile genau richtig. Glaube, dass, abgesehen von einigen kleineren Übersetzungsfehlern, die deutsche Synchronisation so mit das höchster der Gefühle ist, wenn es um die Kunst geht, auch wirklich alles zu übersetzen.

#231 Michael

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Geschrieben 31. Juli 2005, 13:42

Cinema Paradiso

In der Vergangenheit hatte ich nicht gerade schmeichelnde Worte für mein Dorfkino übrig. Seit gestern hat sich diese Meinung stärker verändert. Vor noch ungefähr einem Jahr war mein Dorfkino der kleine Ableger des etwas größeren Dorfkinos im Nachbarort. Man sah dort die Filme, die auch beim Nachbarn gezeigt wurden. Den üblichen Gedankenbahnen-verklebenden Schrott aus Hollywood. Die Bremspur in der Unterhose. Der Unterschied lag darin, dass mein Dorfkino für das Zeigen der Filme nur einen Saal besitzt. Also liefen dort dann "Traumschiff Surprise" und "Fluch der Karibik", bis ihn auch der letzte zu Hause auf dem Fernseher liegen hatte. Es war eine billige Kopie eines anderen billigen Programmes.

Dann wechselte der Besitzer. Und der begann, richtiges Programmkino zu machen. Bis zum gestrigen Tag bekam ich das nur aus dem Augenwinkel mit. Man war ja immer anderweitig beschäftigt. Stress hier, Stress da. Beweg erst einmal jemanden, diesen oder jenen Film sehen zu wollen. BlaBlaBla! Gestern lief aber "Cinema Paradiso" und da keinerlei Motivation für "The Fantastic Four" oder "Madagascar" vorhanden war, The Movies aber angesagt waren, überredete ich einen Kumpel, sich die italienische Liebeserklärung ans Kino mit mir anzusehen. Bis zu dem Moment, als der Besitzer im Saal seine Stimme erhob, um für seine Abschlussrede anzusetzen, wusste ich nicht wirklich um die Verhältnisse bescheid. Es wurde eine augen-zwinkernde Abrechnung mit den ortsansässigen Banken und vor allem der alles bestimmenden Zeitung. Lob für die treuen Zuschauer, Verachtung für die, die nur die öffentliche Toilette in Anspruch nahmen und wieder das sinkende Schiff verließen. Ohne jegliche Unterstützung gehe es einfach nicht mehr, er müsse das Handtuch schmeißen. Zum Abschluss spiele er seine beiden Lieblingsfilme: "My Fair Lady" und "Cinema Paradiso". Ich war ein klein bisschen angerührt und peinlich bewegt, da ich selbst zu denen gehörte, die dem neuen Programm keine Chance gegeben hatten. Nicht aus Boshaftigkeit, sondern einfach aus dem Grund, den wohl viele anführen würden. Ich war in den letzten Monaten so wenig wie noch nie im Kino.

Die Leinwand öffnete sich. Das Bild begann zu atmen. Draußen hagelte ein Unwetter an die Saaltür, drin hagelten die Verunreinigungen auf der Leinwand. Artefakte en masse. Mich störte beides überhaupt nicht. Es beflügelte mich eher. Das ist richtiges Filme sehen, dachte ich und erinnerte mich an das Münchner Werkstattkino und die Shaw Brothers Retrospektive im letzten Jahr. Auf einem der letzten Plätze im Kinosaal musste irgendwo im Dunkeln der Kinobetreiber sitzen. Vor sich hinschniefend, den Blutfleck auf dem Boden mit Popcorn bedeckend - so sehr blutete sein Herz bei der Abschiedsvorstellung. Und es gibt wohl wenig passendere Filme, um würdevoll seinen Hut zu nehmen.

Das erste Mal sah ich "Cinema Paradiso" komplett. Der größte Brüller danach war der Kommentar meines Kumpels: Gut, aber ich hätte einiges besser gemacht. Ich fühlte mich euphorisiert, wusste aber auch, dass ich keinen neuen Lieblingsfilm gewonnen hatte. Ich lachte ein bisschen still über die deutschen Synchronstimmen von Bud Spencer und Homer J. Simpson, ansonsten freute ich mich einfach darüber, dass jemand Kino, mit allem was er hat, so lieben kann und das dann in einem Film ausdrücken konnte.





Mr. & Mrs. Smith

Ich ärgere mich gerade ein bisschen darüber, dass mich der Film zu keiner Kritik inspirieren kann. Wenn ich wollte, könnte ich Doug Limans Film in einem Wort zusammenfassen: Unterhaltsam. Aber ich will nicht. Gleichzeitig finde ich auch nicht die richtigen Provokationen, den Film verteidigen zu wollen. Und das ist kein gutes Zeichen. Überraschenderweise war nach dem Kino einer meiner ersten Gedanken: Hitch hat mir doch ein Stück weit besser gefallen, obwohl der ein schwaches letztes Drittel hat.

Mit relativ gutem Gewissen könnte ich mir "Mr. & Mrs. Smith" ebenfalls sehr positiv schreiben. Würde ich die Screwball-Komödien der 30er und 40er ausklappen und Parallelen ziehen. Würde ich mit der Drehbuch-Idee herumspielen, James Bond einbringen und den Umgang mit den Eheproblemen ins Verhältnis zur normalen Konfliktlösung von Ehepartnern setzen. Würde ich mich einfach darüber freuen, zwei sehr schönen Menschen beim Schauspielern zugesehen und dabei die locker-leichte Inszenierung genossen zu haben. Würde ich mich einfach nur an dem unglaublichen Vince Vaughn ergötzen. Oder am schönsten Moment des kompletten Films, wenn Jolie und Pitt im Kugelhagel am Ende für den Zuschauer durch die Musik an den Anfang ihrer Geschichte zurückgeworfen werden. Zu dieser Musik lernten sie sich kennen und zu dieser Musik lernen sie sich neu kennen und finden wieder zusammen.

Aber irgendwie ist die Filmerfahrung so flüchtig, dass ich nicht einsehen will, mir intensivere Gedanken zu machen, geschweige denn den Film hochzujubeln.

#232 Michael

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Geschrieben 01. August 2005, 14:47

Jeweils die Anfänge von "Trouble in Paradise", "The Palm Beach Story", "Design for Living", "Johnnie To's Mission" und "Frühstück bei Tiffany" gesehen. Screwball-Komödien sind derzeit vor allem angesagt. Dazu passend gingen heute folgende DVD-Bestellungen raus: "Sullivan's Travels", "Story of A Prostitute" und "Curb Your Enthusiasm".

#233 Michael

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Geschrieben 03. August 2005, 19:31

Schwarzer Engel ("Obsession")
Regie: Brian De Palma (1976)

Schraders und De Palmas "Vertigo". Zu Unrecht hatte ich Angst, dass es nur ein Plagiat von Hitchcock sein könnte. Dachte am Ende angelangt viel mehr darüber nach, ob "Obsession" die Hauptinspirationsquelle für Chan-wook Parks "Old Boy" gewesen sein könnte.
Mit jeder verstreichenden Sekunde finde ich die Filmerfahrung faszinierender. Mittlerweile werde ich von De Palmas Kamerafahrten angenehm angetrunken und süchtig nach mehr Bildern. Von mir aus hätte der Film, wie in der Doku erwähnt, ruhig 180 Minuten gehen können. Und wenn ich schon die Doku erwähne: Perfekte DVD-Veröffentlichung von Anolis und EMS. Seltener Film für wenig Geld mit ansprechender Bildqualität und sogar einer richtig interessanten und anregenden Doku. Was will der Filmfan mehr?

P.S. Jetzt kommen demnächst "Sisters" und "The Fury" dran.

#234 Michael

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Geschrieben 04. August 2005, 10:53

Der Mann, der Liberty Valance erschoss
Regie: John Ford (1962)

Genug wurde über den Film geschrieben. Finde es gerade ganz witzig, mir aus der vorhandenen Literatur mein eigenes Mix-Tape zusammenzustellen. Apropos Mix-Tape, John Fords Film funktioniert bei mir heute wie ein umgedrehter "Kill Bill". Immer mehr Einflüsse auf andere Filme fallen mir auf. In aller erster Linie liebe ich "Der Mann, der Liberty Valance erschoss" aber auf der simplen Stufe der puren Emotionalität. Howard Hawks Charaktere bewundere ich, diese werden auf eine irreale Art und Weise zu perfekten Freunden. John Fords Figuren dagegen will ich für ihren Humanismus einfach nur umarmen. Selbst dem hier monströse Lee Marvin als bad guy Liberty Valance haftet etwas sehr Tragisches, Menschliches an.

Ob Sergio Sollima für seine "Von Angesicht zu Angesicht"-Idee nochmal ins Kino gegangen ist und überlegte, wie gut Gian Maria Volonte James Stewart aus Fords Film spielen könnte? Oder der Versuch Sergio Leones Gedankengänge zu "Once Upon A Time in the West" nachzuvollziehen. Ist es nicht eine der größten Sachen der Filmgeschichte, dass Leone Lee Van Cleefs Mini-Auftritte in "High Noon" und eben "Liberty Valance" so inspirierend fand, dass er ihn für ein paar Dollar mehr nach Italien holte? Die langen Mäntel. Woody Strode. Die erste Wahl-Versammlung. Die Szenen flashen von allen Seiten. Und scheiße nochmal, was Ford da macht, ist einfach nur perfektes storytelling. Er erzählt die Geschichte seines Films und die eigene Geschichte direkt mit. Und nein, dummerweise hatte ich den Film vorher auch nicht einmal ansatzweise komplett gesehen. Ich wusste nicht - unglaublich aber wahr -, dass John Wayne mitspielt. Und wie er spielt. Wie ein Gott unter den Schauspielern.

"They Were Expandable" und "Two Rode Together" sind auf meiner Most-Wanted-Liste gigantisch nach oben geflogen. Mal gucken, ob ich demnächst ein paar alte Dokus zu Ford ausgraben kann. Bogdanovich hat da doch mal was gemacht ...

#235 Michael

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Geschrieben 06. August 2005, 00:56

Winterschläfer
Regie: Tom Tykwer (1997)

Über den Film gäbe es eine Menge zu schreiben. Bin seit einiger Zeit aber dermaßen schreibfaul, dass ich mir richtig gehend etwas aus den Rippen drücken muss, um überhaupt auf ein paar dahin geschmierte Sätze zu kommen. So belasse ich es beim simplen Kommentar, dass der Film eine kleine Offenbarung ist, auch wenn man bereits "Lola rennt" kennt. Da ist so viel Power und Willenskraft in der Verfilmung, dass es grotesk ist, wie verschlafen und lethargisch im Gegensatz dazu seine Protagonisten daher kommen.

Gleichzeitig sehr bizarre, ambivalente Gedanken beim Anschauen gehabt. Selten einen Film gesehen, der inflationärer die Überblende verwendet. Das Mittel ist nachvollziehbar, weil ein trance-artiger Sog entstehen, weil es wie ein Traum und ineinander greifend wirken soll, aber irgendwann wünschte ich mir einfach harte Schnitte. Eisenstein, Peckinpah, oder von mir aus Stone. Ich dachte darüber nach, warum Hollywood daraus kein Remake gemacht hat? Das Drehbuch ist ganz groß, die Schauspieler sind Geschmackssache. Besser inszenieren könnten die Herren und Damen in Hollywood das nicht, aber irgendwie kann ich persönlich nichts mit Heino Ferch in der Rolle anfangen. Matthes als Alter Ego von Tykwer wirkte wie ein Fremdkörper, was seinem Rollenprofil entsprechen mag, trotzdem ist er so eine Art bösartiger Fremdkörper, der zu eigenartig ist, als dass er jemals im Film wäre, sondern mehr aus einer Parallel-Dimension in den Film gespiegelt worden ist. Un so weiter und sofort. Könnte mal jemand so freundlich sein und meine Gedanken vollständig auf den Bildschirm beamen, wenn er Zeit hat? Danke.

Naja, ich wollte eigentlich nur schreiben, dass ich den Film gesehen und für sehr, sehr interessant und richtig gut befunden habe. Wow, klasse Leistung, was? :D

#236 Michael

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Geschrieben 06. August 2005, 12:27

Winterschläfer-Nachtrag
Falls jemand in nächster Zeit den Film sehen sollte, wird ihm die Frage keine Ruhe mehr lassen. Deswegen hinterlasse ich hier die Antwort, auf dass sich dann jemand freuen kann: "Untitled" by Spain
Und hat jemand das Ende von "Winterschläfer" auch zu Ende gedacht? Nicht nur, dass Gaspar Noe sein Schluss- bzw. Anfangsbild für IRREVERSIBEL durchaus hier her haben kann, aber was soll das Ende bedeuten? Heino Ferchs Flug in die Unendlichkeit ist klar, warum ist aber die Krankenschwester plötzlich schwanger (von den bedeutungsschwangeren Bildern, hm? ;-)) und warum schauen wir am Ende gemeinsam auf diesen kleinen Fratz mit den dunklen Haaren? Hat sich da für Matthes ein Paralleluniversum im Zeitkontinuum aufgetan? Oder dauert die Unendlichkeit genau neun Monate?


Polizei greift ein ("Pickup on South Street")
Regie: Sam Fuller (1953)

Habe ohne Ende heulen müssen, als Thelma Ritter ihrem Wunschtraum nachkommen kann. Was für pure, wunderschöne Emotionen.

Sam Fuller ist einfach nicht vorhersehbar, unter anderem das macht seine Filme so aufregend. Jeden Moment könnten seine Figuren umkippen, Logik mit den Füßen treten und der Irrationalität freien Lauf lassen. Bei Fuller ist jede Figur seinen eigenen Film wert. "Pickup on South Street" bietet mindestens sechs Filme in einem. Thelma Ritters ist der vielleicht perfekte, aber Widmarks und Peters eigene Geschichten stehen dem in nichts nach. Wenn auf diese Weise Filme amerikanischer Primitiver aussehen, will ich nur noch primitive amerikanische Filme sehen. Es ist wohl eine der schönsten Szenen der Filmgeschichte, wenn der Taschendieb Widmark am Beginn mit den Händen zaubert. Manny Farber hat geschrieben, dass Fuller damit selbst Bresson weit in die Schatten des Film noirs stellt.

#237 Michael

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Geschrieben 06. August 2005, 16:50

Liste von Filmen, die aufgenommen werden, wenn Premiere wieder im Haus ist und mein Bruder einen guten Tag hat

BAREFOOT IN THE PARK
CHARLEY VARRICK
EIN TOTER HING IM NETZ
JACKSON COUNTRY JAIL
MURDER, MY SWEET
OUR MAN IN HAVANNA
RED LINE 7000
RUMBLE FISH
THE SPIKES GANG
THE TALL T
TARGETS
TWO RODE TOGETHER
A WEDDING

#238 Michael

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Geschrieben 16. August 2005, 16:15

Evil Aliens
„Evil Aliens“ ist in seinen Filmzitaten so plump wie in seiner Charakterzeichnung der Figuren, außerdem gut ein Drittel zu lang, da die Handlung nur aus dem möglichst kreativen und vielfältigen Zerhackstückeln von Aliens besteht, macht aber trotzdem richtig Spaß. Klingt komisch, ist aber so. Sogar mehr Spaß als die ersten beiden Drittel von „Undead“. Hier ist es kein australischer Fischer, der die Sache in die Hand nimmt, sondern Sporty-Spice mit Titten, eine britische Trash-Journalistin und ihr Team, das unter anderem aus einem schwulen Theater-Schauspieler, einem Ufo-Freak inklusive dicker Pickel und einem dummen Blondchen besteht. Für eine heiße Story rund ums Thema: „Aliens haben mich anal vergewaltigt!“ macht sich die Truppe auf nach Wales, laut des Films so eine Art Backwood Britanniens, bevölkert mit Gasmasken tragenden Hillbillies, die nur teilweise anhand von Untertiteln verständlich sind. Und dann wird bis in die Früh durchgemetzelt.

They Came Back
So stelle ich mir vor, langsam am Alter sterben zu müssen. Ein Film wie ein Stillleben. Aus einer einzigen visuellen Idee, eine Zeitlupenstudie über das Umgehen mit dem Verlust der engsten Vertrauten und Geliebten zu entwickeln, kann auf solche Weise nur aus Frankreich kommen. Die Rückkehr aus dem Totenreich nicht durch Splatter oder Humor erzählt, sondern durch die simple und doch sehr wirkungsvolle Konfrontation der Lebenden mit einem Teil ihres früheren Lebens. Die Farb- und Emotionspalette reicht von grau bis grau-blau. Eine gewaltige Distanz bleibt zwischen Zuschauern und Protagonisten. Fremd fühlen sich die Bilder an. Betäubt, wie unter einer abgeschotteten Glocke ohne auch nur den Hauch von Sauerstoff verkümmert die letzte Hoffnung auf narrative Elemente im Kinosessel. Erst nachdem Zombie-gleich aus dem Kino gewandert wird, entfaltet sich der Ansatz, der den Film, welcher im Kopf abläuft, interessanter als die gerade gesehene Filmerfahrung macht.

The Devil's Rejects
Sympathy with the Devil – Rob Zombies Versuch, das hohe Loblied auf eine Familie von Serienmördern anzustimmen. Dabei verknüpft er die Gewalttätigkeiten aus „Last House on the Left“ mit „The Texas Chainsaw Massacre“, legt coole, teilweise derbe unpassende Musik drüber und hofft auf Anhänger.
Ich mag den Anfang des Films. Polizisten haben das Haus der Familie umstellt. Von Kugeln aus dem Schlaf geweckt, flieht ein Teil der Familie, während der andere sich dem feststehenden Schicksal fügt, abgeknallt oder festgenommen zu werden. Das alles verpackt Zombie in den Vorspann, friert Bilder ein und lässt die Kamera zu „Midnight Rider“ von der Allman Brothers Band kreisen. Außerdem ein weiteres Highlight: der herrlich passende Südstaaten-Slang und überhaupt das treffende Gespür für die Götzen des Südens. Weil ein Groucho Marx Insider beispielsweise den Namen von Elvis Presley unflätig in den Mund nimmt, wird ihm dafür fast das Lebenslicht ausgepustet.

Blood and Bones
140 Minuten lang quält und misshandelt der im Film aus Korea nach Japan ausgewanderte Takeshi Kitano seine Familie. Die einzige Überraschung in dieser episch angelegten Familien-Tragödie bleibt, dass Längen und Langeweile ausbleiben und der Hass auf eine einzige (grausame) Figur durch die Geschichte trägt. Lang, gut und beinahe durchgehend kompromisslos, wenn da nicht die schwarzen Flecken wären, die die Genitale der Beteiligten bedecken würden. Besonders in Erinnerung bleiben vor allem Kitanos Geheimrezept für die Zubereitung von rohem Schweinefleisch und der Schluss, der im Versagen des eisigen Atems des Patriarchen die Geschichte zu einem Ende bringt, was passender nicht hätte sein können.

Ghost in the Shell II: Innocence
Eine Parade führt durch eine wahrscheinlich nicht allzu weit entfernt in der Zukunft liegende Stadt. Bis dahin haben Mamoru Oshiis Charaktere noch nicht allzu viel zu tun bekommen. Ein kurzer Einsatz für den Cyborg-Cop Willis (Gab es Namen?), der einen außer Kontrolle geratenen Mecha aus dem Verkehr ziehen soll, ein philosophisches Kaffee-Kränzchen mit seinem menschlichen Partner Duchovny bei einer Expertin für was auch immer, bei dem einem die Untertitel und Konfuzius-Zitate nur so um die Ohren bzw. auf die Augen gehauen werden. Na ja, und dann eben diese Parade und diese Musik und gigantische Elefanten, auf die schnee-artig Konfetti regnet und man als Zuschauer den Mund gar nicht mehr zu bekommen kann vor lauter schönen Bildern. Danach passiert diese Überwältigung noch ein paar Mal, aber nie wieder so absolut treffend wie in der Paradenszene. Die hauch-dünne Handlung spinnt sich weiter um große Philosophie, die völlig an mir vorbeirauscht. Heute könnte ich nicht einmal mehr schwören, dass der Film aus mehr als fünf Szenen besteht. Ich könnte keinen einzigen Satz der Untertitel wiedergeben, aber ich erinnere mich detailliert an diese, nichts mit dem Ausgang des Films zu tun habende, Parade.

A Bittersweet Life
Die älteste Geschichte. Ein aufstrebender Handlanger soll auf das Mädchen des Gangster-Bosses aufpassen. Daraus hätte vieles werden können. „A Bittersweet Life“ ist aber dann der erste Film, bei dem ich übermäßig den Einfluss von Chan-wook Parks „Old Boy“ gespürt und gesehen habe. Das Ganze wirkt nämlich so, als ob „Old Boy“ gleich „Für eine Handvoll Dollar“ ist und Jin-woon Kim mit seinem Film gerne „Django“ gedreht hätte, aber nur „Django und die Bande der Gehenkten“ dabei herausgekommen ist. Verstanden?
Viel Energie und handwerkliche Fähigkeiten für die Inszenierungskunst vorhanden, aber das Drehbuch hat ja so gar nichts an sich, was einen über zwei Stunden langen Film rechtfertigen könnte. Und Hilfe, der Wind in den Weiden. Wenn schon Philosophie abseits der Handlung in einen Film gepresst wird, dann so übersprudelnd wie in „Ghost in the Shell 2: Innocence“ und nicht so nichts sagend an den Beginn und den Schluss angehängt wie in „A Bittersweet Life“. Größte Enttäuschung des FFFs.

Casshern
Besser als „Olympia“, aber „Triumph des Willens“ hat mir doch ein ganzes Stück mehr gefallen. ;)





Bester Film innerhalb des Festivals
Entweder war es der Eröffnungsfilm KISS KISS BAN BANG, der mit mehr Abstand in der Erinnerung immer besser wird, oder die angenehme Abwechslung für Zwischendurch mit INSIDE DEEP THROAT inklusive einer Familie, die eigentlich "Madagascar" sehen wollte oder aber die Nach-Mitternachtspremiere von TURKISH STAR WARS.

#239 Michael

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Geschrieben 20. August 2005, 13:07

Die letzten drei gesehenen Filme sind: 40 Guns; Madigan; Infernal Affairs.

Sam Fullers Filme sind immer wieder aufs Neue elektrisierend. Am liebsten würde ich alle auf einmal sehen oder mindestens alle hintereinander. Der Film noir beschäftigt mich. Ganz heiße Phase. Über Polonskys "Force of Evil" zu Siegels "Madigan" gekommen, zu dem Polonsky das Drehbuch mitschrieb. In diesem Zusammenhang müsste ich auch mal "Odds Against Tomorrow" sehen. Da spielt Robert Ryan mit. Mein erstes Zusammentreffen mit ihm war im "Wild Bunch" und seitdem giere ich nach jedem seiner Auftritte. "Crossfire", "Caught" & "The Set-Up" werden herangeschafft. Und gleich dazu ein wunderschönes Buch zum Dauer-Thema bestellt. War seit längerem ja hinter einer Bibel zum Film noir her, aber nie so richtig fündig geworden (Das Göttler-Buch ist für den einfachen Mann außer Reichweite!) - jetzt schon. Und gestern lief "Infernal Affairs", den ich auf dem letzten FFF bestaunt und nicht so richtig gemocht habe. Gestern konnte ich viel mehr damit anfangen. Vielleicht lag's an der gelungenen deutschen Synchro, vielleicht war es auch einfach der richtige Film zum richtigen Zeitpunkt. Das Gangster-Genre liegt mir momentan einfach sehr gut.

P.S. Die nächste größere Phase wird wohl ein Richard-Widmark-Wochenende werden. Sein legendärer "Kiss of Death"-Auftritt scheint schwerer aufzutreiben, aber dafür gibt's ja "Night and the City", "Two Rode Together" oder "Road House".

#240 Michael

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Geschrieben 21. August 2005, 14:36

Marilyn-Monroe-Double-Feature mit Fluss ohne Wiederkehr und Das verflixte 7. Jahr angesehen. Zum einen gab's nen neuen Lieblingsfilm zu entdecken. Wenn es nicht schon Joe Hembus in seinem Western-Lexikon getan hätte, müsste ich jetzt Achternbusch zitieren. Und zum anderen habe ich einen neuen schwächsten Billy Wilder entdeckt. Auch nicht schlecht.





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