Der Außenseiter sagte am 19.07.2008, 20:34:
Argento - Ein Dilettant?
#1
Geschrieben 19. Juli 2008, 19:54
#2
Geschrieben 19. Juli 2008, 20:27
Groucho Marx sagte am 19.07.2008, 20:54:
Der Außenseiter sagte am 19.07.2008, 20:34:
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#3
Geschrieben 20. Juli 2008, 00:53
Der Außenseiter sagte am 19.07.2008, 21:27:
ich dachte, das wären die antworten. also umgeformt: nicht trotz, sondern wegen diesen dingen.
(ich kenn ja nur suspiria, aber der film war für mich von vorne bis hinten einfach nur eine trance-erfahrung, in der all die genannten "mängel" erstklassig aufgingen, -blühten und sich nicht negativ auswirkten.)
#4
Geschrieben 20. Juli 2008, 01:33
bekay sagte am 20.07.2008, 01:53:
Der Außenseiter sagte am 19.07.2008, 21:27:
ich dachte, das wären die antworten. also umgeformt: nicht trotz, sondern wegen diesen dingen.
(ich kenn ja nur suspiria, aber der film war für mich von vorne bis hinten einfach nur eine trance-erfahrung, in der all die genannten "mängel" erstklassig aufgingen, -blühten und sich nicht negativ auswirkten.)
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#5
Geschrieben 20. Juli 2008, 10:42
Diese Vorwürfe könntest du dann ebensogut Bava machen, der ja die Kunstform, um den Preis vordergründiger Niveau-Ansprüche Stimmungen mittels ausgefeilter Bildkompositionen zu kreieren und Inhalte ganz hinten anzustellen, schon vor Argento zur Blüte erhoben hat.
Argentos Filme sind glaube ich nicht für jeden gemacht. Mir erscheint ein gebanntes, aufgerissenes Augenpaar (im Zweifelsfall unter Narkotika-Einfluss) da ebenso schlüssig wie ein kopschüttelndes Stirnrunzeln (oder umgekehrt). Man muss sich eben mit genau diesem Stempel, den du, da gebe ich bekay Recht, mit deiner Kritik an "Suspiria" tatsächlich ganz gut umrissen hast, nicht nur arrangieren, sondern ihm dazu persönlich etwas abgewinnen können. Sonst bleibt die Wechselbeziehung Autor <--> Rezipient wohl sehr einseitig. Im Übrigen ist sowieso "Inferno" sein Meisterstück
#6
Geschrieben 20. Juli 2008, 11:11
Funxton sagte am 20.07.2008, 11:42:
Diese Vorwürfe könntest du dann ebensogut Bava machen, der ja die Kunstform, um den Preis vordergründiger Niveau-Ansprüche Stimmungen mittels ausgefeilter Bildkompositionen zu kreieren und Inhalte ganz hinten anzustellen, schon vor Argento zur Blüte erhoben hat.
Argentos Filme sind glaube ich nicht für jeden gemacht. Mir erscheint ein gebanntes, aufgerissenes Augenpaar (im Zweifelsfall unter Narkotika-Einfluss) da ebenso schlüssig wie ein kopschüttelndes Stirnrunzeln (oder umgekehrt). Man muss sich eben mit genau diesem Stempel, den du, da gebe ich bekay Recht, mit deiner Kritik an "Suspiria" tatsächlich ganz gut umrissen hast, nicht nur arrangieren, sondern ihm dazu persönlich etwas abgewinnen können. Sonst bleibt die Wechselbeziehung Autor <--> Rezipient wohl sehr einseitig. Im Übrigen ist sowieso "Inferno" sein Meisterstück
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#7
Geschrieben 20. Juli 2008, 11:44
#8
Geschrieben 20. Juli 2008, 11:56
bekay sagte am 20.07.2008, 12:44:
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#9
Geschrieben 20. Juli 2008, 12:22
#10
Geschrieben 20. Juli 2008, 12:32
Ziemlich wahre und nüchterne Worte, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich das Annehmen der von dir als solche bezifferten "Schwächen" wirklich einer Haltung des Verzeihens zuschreiben soll oder eher einer bestimmten Akzeptanz seitens Argentos konditioniertem Publikum, das gelernt hat, dass Argento seinen Filmen eben ihr letztendlich typisches Erscheinungsbild verleiht. Man sollte dabei auch die Drogenerfahrungen des Regisseurs nicht ausklammern, die garantiert in Kausalität mit dem Filmoutput stehen.
Ganz offen gesagt handelt es sich bei Argentos Filmen doch um kaum etwas anderes als versierte Exploitation, denen aus für sie glücklichen Gründen irgendwann jemand versucht hat, mehr unterzujubeln als da wirklich ist und so einen kleinen internationalen Personenkatechismus mit vielen willfährigen Jüngern losgetreten hat. Ich schätze seine Filme sehr, besonders, dass sie häufig so "trippy" sind, weiß aber nicht, ob ich so weit ginge, Argento als Künstler zu bezeichnen. Und ich mag seine Spinnereien eben ganz gern, wozu gewissermaßen wohl auch die Filme zählen, kann es aber wie gesagt ebenso nachvollziehen, wenn jemand bei ihnen etwas Substanzielles vermisst. Und in einem Punkt gebe ich dir komplett Recht: Als Geschichtenerzähler ist der Gute eine Niete. Aber andererseits - ist das wirklich eine so radikale Erkenntnis (ich zitiere Hahn/Jansen/Giesen zu "Suspiria" (sic!): "Es genügt nicht nur, Stimmungen zu erzeugen. Man sollte auch eine Geschichte erzählen."Und ebenda zu "Inferno": [Man] fragt sich, wozu er in der Lage wäre, würde ihm mal jemand ein ordentliches Drehbuch liefern." Was von den entsprechenden Herren und ihrer Medienkompetenz zu halten ist, dürfte wohl klar sein. Absolut empfehlenswert ist hingegen Stresaus "Inferno"-Analyse)?
Bearbeitet von Funxton, 20. Juli 2008, 14:52.
#11
Geschrieben 20. Juli 2008, 12:56
bekay sagte am 20.07.2008, 13:22:
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#12
Geschrieben 20. Juli 2008, 13:04
Der Außenseiter sagte am 20.07.2008, 13:56:
bekay sagte am 20.07.2008, 13:22:
Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Ich bin gespannt
#13
Geschrieben 20. Juli 2008, 13:53
Funxton sagte am 20.07.2008, 13:32:
Funxton sagte am 20.07.2008, 13:32:
Und zum anderen: Argento ist für mich ein Künstler. Ich würde ihn sogar vorbehaltlos zu den wichtigsten Künstlern italienischer Gegenwartskultur zählen, nur gefällt er mir nicht und, wie bei vielen Künstlern, die gegenwärtig noch aktiv sind, kann ich mich intensiv genug mit ihm auseinandersetzen, um seine Schwachpunkte auszumachen. In 100 Jahren wird das nicht mehr so relevant sein und seine Filme werden wahrscheinlich mehr als visuell beeindruckende Werke eines zweidimensionalen Realkinos (real im Sinne von: noch mit "echten" Menschen, mit theaterhaftem Bühnenbild und ohne computerisiert Komplettanimation) gewertet werden. Die Geschichte wird sie dann größer werden lassen. Im Ansatz kann man das ja schon heutzutage, gerade 30 Jahre später, ausmachen. Das wird sich mit der Zeit noch intensivieren.
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#14
Geschrieben 20. Juli 2008, 14:26
Bearbeitet von Funxton, 20. Juli 2008, 14:34.
#15
Geschrieben 20. Juli 2008, 14:34
Funxton sagte am 20.07.2008, 15:26:
Funxton sagte am 20.07.2008, 15:26:
Bearbeitet von Der Außenseiter, 20. Juli 2008, 14:36.
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#16
Geschrieben 20. Juli 2008, 14:50
Groucho Marx sagte am 19.07.2008, 20:54:
Der Außenseiter sagte am 19.07.2008, 20:34:
#17
Geschrieben 20. Juli 2008, 16:23
Und noch was: Wenn Argento ab 1985 zum Abstinenzler wurde, dann dürfen bzw. müssen sich auch seine Filme verändern. Unmöglich hingegen sind Regisseure vom Schlage Soderbergh, die jede Diskontinuität und jeden Bruch versuchen wegzubügeln oder von vorherein zu vermeiden, indem sie bestimmte (visuelle, begriffliche, strukturell etc.) Identitätsprogramme entwickeln, die dann Jahrzehnte lang durchnudeln.
Btw.: Kennt eigentlich jemand den Text von Banana Yoshimoto über Argento?
Bearbeitet von Waingro, 20. Juli 2008, 16:25.
#18
Geschrieben 20. Juli 2008, 16:26
Waingro sagte am 20.07.2008, 17:23:
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#19
Geschrieben 21. Juli 2008, 18:05
Der Außenseiter sagte am 20.07.2008, 17:26:
Bearbeitet von Waingro, 21. Juli 2008, 18:06.
#20
Geschrieben 21. Juli 2008, 20:00
Waingro sagte am 21.07.2008, 19:05:
Der Außenseiter sagte am 20.07.2008, 17:26:
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#21
Geschrieben 21. Juli 2008, 21:06
Meine Reaktion auf Deine Suspirianotiz zielt soundso nicht auf ein Plädoyer ab. Im Gegenteil: Mir erscheint es wichtig, seine Filme so zu erklären, dass nicht nur der Diletantismus deutlich wird (der schnell zum Kompliment mutieren kann), sondern vor allem auch der ästhetische Analphabetismus. Diese Kritik bekommt man allerdings nicht mit der Verpflichtung auf Narration etc. hin. Mit anderen Worten: Den Argento kann man leider nicht an der Wurzel packen, denn er hat keine. Deshalb meine Bemerkung überhaupt.
Die Rezeption von Argentos Filmen in der Kunstszene und die sich daran anschließende Wertschätzung hat im Übrigen ohnehin weniger mit der filmischen bzw. künstlerischen Qualität zu tun, sondern verdankt sich der Tatsache, dass die Protagonisten oft Künstler(typen) sind. In dem Audiokommentar zu BEI MIR LIEGEN SIE RICHTIG hieß es mal, dass sich Ärzte besonders gern Filme anguckten, in denen Arztfiguren vorkommen. Auf exakt dieser Ebene sehe ich die Rezeption von Argentos Filmen durch Berufskünstler.
...Vielleicht sind ja die Dinge, die dem Filmfreund an neueren Filmen von Argento eher abschrecken, Ausdruck einer Authentifizierungsstrategie, nämlich eine formelle Angleichung der Form an den porösen Inhalt nebst Diletantismus des Regisseurs? Vielleicht hat Argento über die Jahre einfach gemerkt, dass Kamaras keine Filme machen, wie Kleider keine Leute machen.
Bearbeitet von Waingro, 21. Juli 2008, 21:19.
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