The Room-Files
#721
Geschrieben 26. März 2005, 10:18
Regie: Paul Anderson
Liebes Tagebuch...
Paul Andersons Versuch den ultimativen Schocker auf die Leinwand zu klatschen. Ein waghalsiges, aber als gelungen zu bezeichnendes Experiment. Fast im Sekundentakt bekommt es der Zuschauer mit der Furcht zu tun. Kein Mittel wird ausgelassen um bei dem angstgeilen Publikum die ultimative Adrenalinausschüttung zu verursachen. Daß da die Handlung in den Kinderschuhen stecken bleibt ist nur eine Bagatelle. Hauptsache, der Horror rockt das Geisterhaus, was eigentlich ein Raumschiff ist.
Liberate tute me ex inferis! Na ja, vielleicht beim nächsten Mal...
Dienstag, 22.03.2005/20:30 - 22:05 Uhr
#722
Geschrieben 26. März 2005, 19:16
Regie: Dario Argento
Liebes Tagebuch...
Dario Argentos blutdurchtränktes Mördersuchspiel ist ein wahres Fest des auf Zelluloid gebannten Horrors. Es ist eine wahre Freude, wie er rücksichtslos beliebig viele Nebenhandlungen in sein Mord(s)komplott einbaut, wie technische Spielereien den Erzählfluß umleiten oder gar pausieren lassen, wie sich ohne Gnade der Kreis der Verdächtigen ausweitet, obwohl der Kreis der Darsteller von Minute zu Minute dezimiert wird.
„Tenebrae“ ist ein mörderisches Kunstwerk, in dem sich Dario Argento einen Dreck schert, irgendwelche Richtlinien des Slashers oder Giallos einzuhalten. Argento zeigt, daß eine realistische Slasher-Handlung auch perfekt genießbar sein kann, wenn sie durchweg mit einer alptraumhaften Atmosphäre angereichert ist. „Tenebrae - Der kalte Hauch des Todes“ - Ein Film wie ein Axthieb.
Ps.:
Heute war ich bei meinem Bruder und mußte beim Holzhacken helfen. Hätte die Arbeit mir Spaß gemacht, hätte ich vielleicht durchgehend den Lumberjack-Song geträllert. Da mich das Aufklauben des gehackten Brennguts in Nähe des Hackstockes aber ziemlich annervte mußte ich mit Unbehangen unentwegt an Giuliano Gemma denken.
Mittwoch, 23.03.2005/21:30 - 23:10 Uhr
#723
Geschrieben 28. März 2005, 22:16
Regie: Lucio Fulci
Liebes Tagebuch...
Deftiger und voluminöser Geister- und Zombieschocker, der, unaufhaltsam wie ein präzise tickendes Uhrwerk, seine grauenerregenden Szenen seinen Zuschauern zum Fraß vorsetzt. Dabei gilt in erster Linie: Aussehen steht vor Inhalt. Die Komposition des Grauens steht im Vordergrund. Bisweilen dominanter, als es manch einem Zuseher lieb ist.
Im Vergleich zum weitaus tiefgründigeren „Geisterstadt der Zombies“ und dem terrorisierendem „Das Haus an der Friedhofsmauer“ kommt „Ein Zombie hängt am Glockenseil“ ein klein wenig anspruchsloser daher. Das macht ihn aber nicht schlechter, unterstreicht aber den meditativen Charakter von italienischem Hardcore-Horror. Im Gegensatz zu einigen vorangegangenen Sichtungen und Sichtungsversuchen bin diesmal fast gar nicht eingeschlafen...
Mittwoch, 23.03.2005/23:25 - 00:50 Uhr
#724
Geschrieben 29. März 2005, 22:13
Regie: Alfred Hitchcock
Liebes Tagebuch...
Unsichtbare Türen 1. Teil:
Dieser als einer der schwächeren Arbeiten von Hitchcock bewertete Film entpuppt sich als überraschend tiefgründiges Kriminalstück. Gut, daß ich beim Anschauen vollkommen vergaß, daß ich im Vorfeld dieser Sichtung nie etwas Gutes über die den Film eröffnende Rückblende hörte und mich so vollkommen unvoreingenommen in die Irre führen lassen könnte, was ich als sehr angenehm empfand.
Diesem relativ unspektakulären Film liegt ein gelungenes Drehbuch zu Grunde, daß bei Hitchcock in guten Händen war. Er versteht es in minimalen Szenen große Spannung zu erzeugen und verfällt dabei keine Sekunde der Versuchung, die Story zu vernachlässigen. So hat man einen auf den ersten Blick harm- und glanzlosen Film vor sich, der nach näherem Hinsehen zu glänzen beginnt wie ein Rohdiamant, der kurz davor ist geschliffen zu werden.
Jane Wyman stellt eine für Hitchcock recht untypische Hautperson dar. Auch an Marlene Dietrich kleben keine erotischen Hitchcock-Klischees. Aber keine Angst, liebes Tagebuch, Hitchcock scheint sich nur auf den ersten Blick von der roten Lola distanziert zu haben.
Der Kreis der Filme, die ich von Alfred Hitchcock noch nicht gesehen habe, wird immer enger. Wenn man berücksichtigt, daß ich sein Hauptwerk schon seit über zehn, gar fünfzehn Jahren intus habe, ist zu erkennen, daß ich auf diesem Sektor schon lange nicht mehr fleißig gewesen bin. Von den Filmen nach 1950 fehlt nur noch „Der falsche Mann“.
Freitag, 25.03.2005/12:55 - 14:40 Uhr
#725
Geschrieben 29. März 2005, 22:14
Regie: Sönke Wortmann
Liebes Tagebuch...
Der Trailer zum Wunder von Bern, den ich im Kino sah, ließ einen sich im Kitsch suhlenden Film erwarten, der so pathetisch und theatralisch sein mußte, daß man trotz aller Aversionen dem Titanic-Syndrom erliegt und deswegen gerührt und bewegt ist. Allein diese Tatsache machte mir Angst, den Film mal zu sehen. Was wenn er mir auf diese bratzige Art und Weise gefällt? Könnte ich jemals wieder in den Spiegel blicken?
„Das Wunder von Bern“ beginnt und es zeigt sich relativ schnell, daß man ein Fußballspiel filmisch nur schlecht umsetzen kann. Besser gesagt, eine Fußballweltmeisterschaft inhaltlich interessant zu machen, ist schier unmöglich. Egal welchen Weg man genommen hätte, er wäre mit filmischen Regeln nicht glücklich umsetzbar gewesen. Folgende wurden hier angewandt: Notdürftig wurde an einen Spieler der Nationalmannschaft, genau genommen an einen seiner Bewunderer eine rührselige Familiengeschichte um einen Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft angefügt. Richtige Fußballspiele wurden bis auf das Endspiel vollkommen außen vor gelassen. So begleiten diverse kleine Nebenhandlungen die überraschend uninformativ in Szene gesetzten Fakten. Weder aber die Nebenhandlungen werden wichtig, noch werden die geschichtlichen Ereignisse dramatisch und die Familiengeschichte schafft es nicht, sich von drögen Klischees zu befreien. Auf ziemlich einfältige Weise wird ein Massengeschmack zu treffen versucht und damit auch der Dümmste heult gibt es Pöbeldramatik.
Mein Lieblingsdialog:
Der kleine Lohmüller zum ollen Rahn: „Ich wünschte, Du wärst mein Vater.“
Die Antwort vom ollen Rahn, bei der ich innerlich bis drei zählte: „So was darfst Du nie wieder sagen!“
Über weite Strecken bekommt man einen überaus langweiligen Film zu sehen, der sich zu sehr auf optische Reize beschränkt und selber nicht vom Fleck kommt. Erst im Endspiel schafft es Wortmann, wirklich gute und spannende Szenen auf die Leinwand zu projizieren. Da ist Zeitlupe akzeptabel, Dramatik erwünscht und große Gesten nicht vollkommen fehl am Platze.
Ich hab keine Ahnung, wer alles deutsche Filmpreise für „Das Wunder von Bern“ abekommen hat. Verdient hätten es nur die Kategorien Kamera und (die fast schon übertrieben gute) Ausstattung. Drehbuch: No Way! Regie: Also bitte? Produktion: Genügt das schon?
Rhetorisches Ps.:
Wo ist Judiths Vater?
Freitag, 25.03.2005/20:20 - 22:10 Uhr
#726
Geschrieben 29. März 2005, 22:16
Regie: Tom Dey
Liebes Tagebuch...
Weitestgehend unlustige Actionkomödie in der zwei ungleiche Polizisten (ja wo gibt es denn so was?) dazu verdonnert werden, ihren Polizeialltag von einen TV-Team für eine Reality Show beobachten zu lassen. Film im Film läßt sich im Film meist nur mit Problemen darstellen. Auch hier erweist sich das als größtes Problem. Die Gesetzeshüter Robert de Niro (ganz nett) und Eddie Murphy (eher daneben) avancieren im Film zwar schnell zu TV-Lieblingen, die eigentliche Arbeit hinter der Kamera und die Show „Showtime“ selbst werden aber nur am Rande erwähnt. Wichtig allein ist nur, auf welch seltsame Weise sich ihr Alltag ändert, die offensichtlich ständige Kamerapräsenz bekomme ich als Zuseher nicht gezeigt. Am Rande wird dann noch in der zweiten Hälfte eine reichlich hilflose Kriminalstory eingefügt, in deren Verlauf die Polizisten zu endgültigen TV-Helden werden.
„Showtime“ ist eines dieser Projekte, die vom Studio (hier Warner Bros.) stiefmütterlich behandelt wurden und denen keine Chance gegeben wurde, sich korrekt zu entwicklen. Das ist sowohl an der mageren Laufzeit von gerade mal 90 Minuten erkennbar, aber auch an dem vollkommen unterentwickeltem Drehbuch, das mühsam mit diversen recht übertriebenen Actionszenen aufgemöbelt wurde, was aber den Eindruck eines halbfertigen Filmes nicht abstreifen kann. Ein waschechter Flop - kein Film, der einfach nur kein Publikum fand, sondern ein Film der einfach in die Hose gegangen ist.
Freitag, 25.03.2005/23:00 - 00:30 Uhr
#727
Geschrieben 03. April 2005, 19:24
Regie: Alfred Hitchcock
Liebes Tagebuch...
Mir war vollkommen entfallen, daß es nach dem Mordversuch an Grace Kelly noch weiter geht. Ich war fest der Meinung, diese hochspannende Sequenz sei der Höhepunkt des Filmes. Dabei handelt es sich hierbei nur um die Startrampe für einen perfide ausgeklügelten Kriminalfall, bei dem sich Gut und Böse durch raffinierte Gehirnsaltos übertrumpfen wollen. Soviel Ermittlungstalent und Denkvermögen wäre der Realität nur schwer zutraubar, aber als spannungsfördernd erweist sich diesen clever kalkulierte Konstrukt in diesem Meisterstück zu hundert Prozent.
Zum Gelingen des Filmes trägt besonders das gut geschriebene Drehbuch bei. Auch für jeden anderen halbwegs talentierten Regisseur wäre das die halbe Miete gewesen. Doch Hitchcock kann der sehr, sehr dominanten Handlung noch ein paar persönliche Fußnoten beifügen, so daß rundum gelungenes Kriminalvergnügen garantiert ist. „Dial M for Murder“ ist also kein stur abgefilmtes Bühnenwerk, sondern eine saubere Symbiose aus Theaterstück und Hitchcock-Suspense.
Sonntag, 27.03.2005/20:30 - 22:10 Uhr
#728
Geschrieben 03. April 2005, 19:25
Regie: François Truffaut
Liebes Tagebuch...
Wie nähert man sich einem Regisseur, von dem man schon viel gehört, aber noch nie was gesehen hat? Korrektur: ... noch nie was Eigenes gesehen hat? Denn „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ hab ich wohl gesehen.
Heute: Ideale Chance, einen Film zu treffen, dessen Titel mir schon seit Jahren in den Ohren liegt. Wenn man schon lange von so einem Filmnamen begleitet wird, ist es kurios zu sehen, was sich dahinter verbirgt und was man selber davon erwartet hätte:
Was ich erwartet hätte:
Einen leicht actionbetonten und temporeichen Kriminalthriller im Stile von Familiengrab mit Belmondo-Stunts zwischendrin.
Was sich dahinter verbarg:
Im ersten Drittel mysteriöser Suspense-Film, der im zweiten Drittel mit „Vertigo“-Anleihen spielt und sich im dritten Drittel von Hitchcock löst, um sich wieder mehr den französischen Filmstil zuzuwenden. Es ist aber schön zu sehen, daß Francois Truffaut, neugierig wie ein Schuljunge mit so vielen technischen Tricks experimentiert, die nicht wirklich von Nöten gewesen wären, die man im Nachhinein aber auch keinesfalls missen möchte.
Am Anfang schürt der Film vielleicht die Erwartung, daß mehr Geheimnisse gelüftet werden, als es dann tatsächlich der Fall ist. Nach einer guten Stunde ist alles erklärt und Schwerpunkt der Handlung ist jetzt das Leben mit den, für die beiden Hauptdarsteller und die Zuseher offen auf den Tisch liegenden Geheimnissen.
Schöner Film der auf entspannende Weise gleichsam rund im Ansatz und eckig im Nachgeschmack ist. Kein Einheitsschmus, aber auch kein eingetrockneter Kunstbrei.
Montag, 31.03.2005/10:10 - 12:10 Uhr
#729
Geschrieben 03. April 2005, 19:27
Regie: Lars von Trier
Liebes Tagebuch...
Unsichtbare Türen 2. Teil:
Mal ehrlich, so ganz unter uns gesagt, liebes Tagebuch, Lars von Trier ist eine kranke Sau. Nach der schmerzlich deprimierenden Tragik in „Dancer in the Dark“ kommt er diesmal mit einer entwürdigenden Personenstudie daher, deren krankhafte Auswüchse in Sachen Erniedrigung keine Grenzen zu kennen scheint. Nach zweieinhalb Stunden voll der tiefsten Abgründe erscheint endlich das einzige Zugeständnis an den Zuschauer: Ein befreiendes Finale in dem man durch ein lang ersehntes Ventil aufgestauten Dampf ablassen kann.
Lars von Trier stellt sich mal wieder äußert geschickt an und trägt seine Geschichte auf so schmerzvolle Weise an sein Publikum heran, daß man selbst, gebannt und gefesselt von den Ereignissen, nicht vom Geschehen ablassen kann. Noch lange vor Nicole Kidman hängt der Zuschauer an Daumenschrauben und von Trier dreht unnachgiebig am Gewinde.
Daß der Film nur auf einer Theaterbühne gedreht wurde, und die Requisiten teilweise nur auf den Boden skizziert sind, ist ein äußerst schicker aber nicht zwingend notwendiger Nebeneffekt. Den Film läßt das ungewöhnlicher und interessanter erscheinen. In normaler Kulisse wäre „Dogville“ aber auch keinen Cent normaler geworden.
Montag, 31.03.2005/14:10 - 17:00 Uhr
#730
Geschrieben 07. April 2005, 21:28
Regie: Christoph Stark
Liebes Tagebuch...
Bodenständiger Krimi mit Ulrike Folkerts, Andreas Hoppe und Oliver Stokowski, der das Langzeitgedächtnis zu 0 % ansprechen konnte. Erst ein Blick auf die Tatort-Homepage konnte vergrabene Erinnerungen wieder aufdecken. Folgendes kam ans Tageslicht:
In einem mittelständischen Unternehmen wird die Frau vom Chef ermordet. Bald stellt sich heraus, daß sie vor ihrem Mann hunderttausend Geheimnisse hatte, welche von Lena Odenthal und Mario Kopper gelöst werden wollen. Es zeigt sich, daß das Opfer verdächtig ausschauende Beziehungen zu ihrem Therapeuten, dem Vorarbeiter ihres Mannes und dem Bibliothekar von Gegenüber unterhielt.
Es ist nicht die standardisierte Krimihandlung sondern diverse witzige Details, die sich in meinem wiedererweckten Gedächtnis reanimieren ließen. Beispiel: Der vom Schlafwandel geplagte Kopper trifft bei einer Esoterik-Tante in Form eines Indianers auf sein zweites Ich oder muß mit dem Bett aufs Klo gehen, weil er sich zur Sicherheit festgekettet hat. Netter Film, aber kein Highlight.
Montag, 28.03.2005/20:15 - 21:45 Uhr
#731
Geschrieben 07. April 2005, 21:31
Regie: Alfred Hitchcock
Liebes Tagebuch...
Unsichtbare Türen 3. Teil:
Hitchcocks Kriminaldrama zeichnet sich durch vollkommen andere Eigenschaften aus. Eigenschaften, wie man sie vom Meister der Suspense nicht erwartet hätte. In kantigem schwarzweiß bekommt man eine tragische Geschichte erzählt, in der ein Durchschnittsbürger in eine äußerst brenzlige Situation gerät. Eigentlich eine für Hitchcock typische Konstellation, die sogar mit bekannten technischen Stilmitteln dargeboten wird und mit altbewährten Spannungsbögen untermauert ist. Dennoch ist man von der rigorosen Ernsthaftigkeit des falschen Mannes überrascht und hätte man es nicht gewußt, daß Hitchcock auf dem Regiestuhl Platz genommen hat, wäre er einem bestimmt nicht in den Sinn gekommen.
Überaus gelungener Film, der bis auf wenige Durchhänger und Staubpartikelchen in der zweiten Hälfte, sein Publikum auch heute noch zu fesseln weiß.
Dienstag, 29.03.2005/19:00 - 20:45 Uhr
#732
Geschrieben 07. April 2005, 21:34
Regie: Dario Argento
Liebes Tagebuch...
„Suspiria“ ist wohl der beste Beweis dafür, wie sehr die Musik einen Film beeinflussen kann. Die Bilder die Argento bei seinem Hexenstück erzeugt sind zwar grandios, aber was wären sie ohne diese Töne aus dem Hause Goblin? Gute Frage, denn diese hier auf die Ohren eintrommelnde Musik ist schon so dominant, eitel und aufdringlich daß sie fast schon austauschbar wirkt, man sie fast als Fremdkörper in „Suspiria“ bezeichnen könnte. Einen dieser Fremdkörper, auf die man aber nicht verzichten kann. Soll ich es symbiotische Hassliebe nennen? Ich weiß es nicht.
Großes, eigensinniges Meisterwerk. Spannend, gruselig, mitreißend. Ich wünschte, ich könnte diesen schon oft gesichteten Film noch einmal zum ersten Mal sehen - in einem großen Kino bitte!
Mittwoch, 30.03.2005/21:00 - 22:35 Uhr
#733
Geschrieben 07. April 2005, 21:41
Regie: Lamberto Bava
Liebes Tagebuch...
Im Vergleich zu den Dämonen im Hamburger Hochhaus, die ich vor ein paar Wochen sah, musste ich feststellen, daß ich mit den erstgeborenen Dämonen im Berliner Kino nicht so zufrieden bin. Das liegt vor allem daran, daß die Film-im-Film-Geschichte nicht besonders geschickt (d. h. realitätsnah) erzählt wird. Der Film im Metropol-Kino beginnt ohne Vorspann, wird zu sehr von den Geschehnissen im Kinosaal beeinflußt und die Situation, wie es zu der Sneak-Preview überhaupt kam geht auch alles andere als rund über die Bühne. Zweiter Mangel: Das Kino bietet keine so abwechslungsreiche Kulisse, wie das nachfolgende Hochhaus. Dort konnten die Dämonen einfach viel mehr abhausen.
Was ich dem Film aber nicht aberkennen kann. Geile Horrorszenen und tempobetonte Abschnitte lassen durchaus Freude an dem Gemähr aufkommen. Deftige Horrorunterhaltung im schönschrecklichen Look der 80er Jahre ist garantiert, auch wenn sie auf einer eher brüchigen Basis aufbaut.
Ich weiß noch, daß ich mich wie ein Schneekönig freute (der Lieblingsarbeitskollege übrigens auch), als ich zum ersten Mal wissentlich am Kino Metropol vorbeigerauscht bin.
Mittwoch, 30.03.2005/23:00 - 00:25 Uhr
#734
Geschrieben 10. April 2005, 17:19
Regie: Peyton Reed
Liebes Tagebuch...
Sympathischer Film im Stile einer Doris Day/Rock Hudson-Komödie, die manchmal etwas übers Ziel hinausschießt, bemüht lustig sein will und sich so manche Wendung mit dem Attribut „größenwahnsinnig“ abzufinden hat. Jedoch sorgt das harmonierende Duo Renée Zellweger und Ewan McGregor für allerlei Kurzweil und Spaß, so daß man sich gut fühlt, bei dieser locker flockigen Nachmittagsunterhaltung.
Samstag, 02.04.2005/15:00 - 16:00 Uhr & 19:05 - 19:45 Uhr
#735
Geschrieben 10. April 2005, 17:20
Regie: Kaspar Heidelbach
Liebes Tagebuch...
Das momentan wohl unterhaltsamste, markanteste aber auch personenreichste Tatort-Team kommt, wie ich meine, aus Münster. Wenn Axel Prahl und Jan Josef Liefers ermitteln, ist das meist mit unheimlich viel Unterhaltung verbunden.
Der Pferdeflüsterer Kai Wiesinger hat zwei Hobbys: Verschreckten Pferden Nettigkeiten ins Ohr flüstern um sie raus aus ihrer Pferdebox zu holen und verschreckten Frauen Nettigkeiten ins Ohr flüstern um sie rein in sein Bettchen zu holen. Als sich ein gehörnter Ehemann einer seiner Verflossenen aus dem Fenster stürzt, gerät er unter Mordverdacht, da ein Selbstmord ausgeschlossen wird.
Aus kriminalistischer Sicht gesehen folgt der Film dem TV-Standart der Tatort-Reihe. Verdächtigungen, Enthüllungen, Lug und Trug, Affären und Geheimnisse sind an der Tagesordnung. Doch genügt das noch nicht um einen Film wie diesem im Gedächtnis zu behalten. Hier kommen dann die unheimlich frechen Dialoge und skurrilen Charaktere zum Wirken. Sie heben den Film über den Durchschnitt und tragen viel zur rund ablaufenden Unterhaltung bei.
Lieblingsdialog:
Boernes Nichte, auch schon dem Frauenflüsterer verfallen, hat sich ein extrem kurzes Shirt gekauft und führt es ihrem Onkel vor. Der sagt darauf hin zu seiner Assistentin:
„Alberich, nun sagen sie mal schön Danke. So klein wie das Teil ist, kann es ja nur für sie sein.“
Sonntag, 03.04.2005/20:30 - 22:00 Uhr
#736
Geschrieben 12. April 2005, 20:14
Regie: Dieter Pröttel
Liebes Tagebuch...
Tommy und Mike fahren nach Bad Spänzer beim Terence Hill um dort als Privatdetektive ihr Glück zu versuchen. Schon bald ist erkennbar, daß kein Kalauer zu abgedroschen und kein Spruch zu platt ist, um ihn hier nicht auf den Tisch zu knallen. Damals lockte das drei Millionen Menschen ins Kino und heute genießt der Film noch immer einen reichlich überbewerteten Ruf. Überraschenderweise auch im Sektor der normalen Zuschauer. Überbewertet, weil normale Zuschauer eigentlich mit der Debilität des Humors und von der verstaubten Machweise überfordert sein müßten. Aber scheinbar reagiert Kult vor Klasse.
Als unnormaler Zuschauer aber muß man sich wegen seiner Begeisterung nicht groß rechtfertigen. Die Kalauer und Kindergartenscherze treffen das Humorzentrum im zweistelligen Bereich und lenken gut von der nicht vorhandenen Handlung ab, die im Laufe des Filmes, trotz Nichtvorhandenseins immer mehr aus dem Ruder läuft. Das Duo Thomas Gottschalk und Mike Krüger erweist sich als äußerst unterhaltend, wenn auch LISA-Filme früherer und dreckigerer Jahrgänge mehr Spaß machten, auch mehr Dilettantismus vorzuweisen hatten.
Montag, 04.04.2005/21:00 - 22:20 Uhr
#737
Geschrieben 14. April 2005, 22:04
Regie: Renny Harlin
Liebes Tagebuch...
Es zeugt von sehr viel Mut und Courage, wenn man sich an eine weitere Verfilmung rund um „William Peter Blatty’s The Exorcist“ heranwagt. Hier etwas Ordentliches auf die Beine zu stellen dürfte mit noch mehr Problemen verbunden sein, als es auf den ersten Blick zu scheinen mag. Bei diesem Prequel suchten die Verantwortlichen nach dem optimalen Mittelweg und packten zur Sicherheit von jeder erdenklichen Möglichkeit etwas herein. Ihre Lösung erweist sich nicht unbedingt als fataler Fehler, läßt den Film aber sehr unentschlossen wirken. Übersinnlicher Terror, schockender Horror, blutiger Splatter und satte Bürgerkriegsaction ergeben zum Ersten keinen Einheitsbrei, und streben zum Zweiten jeweils für sich im Alleingang zur Vorherrschaft im Film. Das Sammelsurium ist überfordernd, kann aber wenigstens mich als Freund von ungewöhnlichen Erzählweisen auf persönliche Art und Weise umgarnen, wissend, daß dieses unrhythmische Verlaufen der Handlung eigentlich einen Negativpunkt darstellen müßte.
Im direkten Vergleich zum Film von 1973 ist zu verzeichnen, daß hier die Grausamkeit der eiskalten Bilder immer gezwungen wirkt und nie die schockierende Tiefe von damals erreichen kann. Dafür sind aber die Spannungs-, Schock- und Horroreffekte umso effektiver. Aus Modernitätsgründen darf die Story zum Schluß noch ein wenig twisten und Satan zeigt sich mal wieder von seiner sympathischsten Seite.
Zum Schluß wäre noch zu vermerken, daß Stellan Skarsgård im Halbschatten Max von Sydow zum Verwechseln ähnlich sieht, was eine wahre Pracht ist. Dieses geschehen wahrscheinlich mit tausend Licht- und Computereffekten. Apropos Max von Sydow: Warum durfte/wollte der in dem neuen Exorzisten-Film nicht mehr auftreten, jetzt wo er so alt aussieht, wie er 1973 geschminkt wurde?
Dienstag, 05.04.2005/19:30 - 21:20 Uhr
#738
Geschrieben 14. April 2005, 22:06
Regie: Jean Rollin
Liebes Tagebuch...
In einer alten Gruft werden Giftfässer eingelagert. Durch ein Leck im Fass tritt verseuchtes Wasser aus und erweckt eine (ebenfalls eingelagerte) frisch verstorbene Schönheit zu neuem, aber totem Leben, daß nur durch menschliches Blut erhalten werden kann. Eine Jugendfreundin der Ex-Sarginsassin besorgt der Blutsaugerin das nötige Frischfleisch. Eine Reporterin im benachbarten Örtchen hat aber schon Lunte gerochen und wittert eine Story hinter den mysteriösen Ereignissen. Eine extrem karge und auf den ersten Blick fürchterlich langweilige Geschichte nimmt ihren Lauf. Jean Rollin verzichtet auf Spannungsbögen, Action oder Grusel. Er verhilft dem Film zu seiner Kraft, indem er fantastische, man kann auch sagen, fantastisch einfache Bilder mit der Kamera einfängt. Liebe und Poesie fließen in die Handlung viel mehr ein als erwartbare Vampirfilmelemente. Auf ziemlich schockierende Splatterszenen will er aber dennoch nicht verzichten.
Endlich mal ein Rollin-Film zu dem ich ein passendes Glas Rotwein (zwar aus Chile, aber voll in Ordnung) genießen konnte. Weil der Film aber relativ schmucklos und teilweise billig ist, würde ich ihn als eine der schwächeren Arbeiten von Jean Rollin benennen. Jedoch enthalten auch diese vollkommen ausgesaugten Bilder eine enorme Kraft und zeugen von viel Talent, Ideen, Eigenwille und Interesse am Genre. Ein schönes Wiedersehen.
Die VHS-Cassette ist witzig. Ich habe keine Ahnung, wo der damalige Anbieter das Master zu „Lady Dracula“ herbekommen hat, aber ihm schien es völlig wurscht gewesen zu sein, daß der Film über weite Strecken über französische Untertitel verfügt.
Mittwoch, 06.04.2005/21:30 - 22:55 Uhr
#739
Geschrieben 18. April 2005, 21:51
Regie: Joe D’Amato
Liebes Tagebuch...
Da ich den Film meist zum Einschlafen sehe, komme ich wegen seiner betäubenden und auch entspannenden Wirkung meist nie sonderlich weit. Jedes Mal, wenn ich die ganzen 90 Minuten durchhalte, bin ich überrascht, daß am Ende in Sachen Kannibalismus doch die Post abgeht, was aber nicht heißen soll, daß der Film in der ersten Stunde langweilig wäre. Da gehen auch diverse Pöste ab.
Ähnlich wie Fulcis „Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies“ macht dieser Film Lust auf Urlaub, Abenteuer und Südsee, hat viele optische Reize (jetzt nicht nur die Gemsers Laura) und D’Amato kann mit durchgehend eleganter Schmuddeligkeit glänzen. Kein Hardcore und Tiersnuff machen diesen Film zu einem herrlich unanstrengenden Erlebnis. Zum Schluß fällt mir noch ein Satz von Pippi Langstrumpf ein, der gut zu diesem Film paßt: „Immer wenn ich einschlafe, fallen mir die Augen zu...“
Mittwoch, 06.04.2005/23:10 - 00:40 Uhr
#740
Geschrieben 18. April 2005, 21:52
Regie: Otto W. Retzer
Liebes Tagebuch...
Zwei Schwestern haben das Strandhotel ihres Vaters nur unter einer Bedingung geerbt: Das sie es in seinem Sinne weiterführen. Jetzt aber findet die eine Schwester (Clelia Sarto) das Hotel mitten im Urlaubsparadies plötzlich Scheiße und zettelt hinter dem Rücken der anderen Schwester (Marion Mitterhammer) den Verkauf an. Neuer Eigentümer soll eine edle Dame aus Wien sein (Ruth Maria Kubitschek), deren Vater auch schon mal Besitzer des Strandhotels war, welches übrigens nur aus überdachten Pavillons zu bestehen scheint. Also schickt die reiche Lady ihren attraktiven Neffen (Christan Kohlund) zusammen mit seiner (reichlich alt aussehenden) 15jährigen Tochter in die Karibiksüdsee (oder weiß der Kuckuck wo Bali liegt) um das Geschäft zu besiegeln. Bevor der Vertrag aber unterzeichnet ist, verdreht der unwissende Neffe der unwissenden Schwester den Kopf und die Tochter des Neffen verliebt sich deraweil’ in den Manager von Superstar Alexander, der aber gar nicht der Manager des Nulpenmusikanten ist, sonder nur der Chauffeur. Wenn das mal gut geht...
Ein wunderschöner Schmarrn ist das mal wieder, was die LISA-Film zusammen mit ihrer treuesten Seele Otto W. Retzer (diesmal ohne Cameo) ihren im Delirum vor dem Bildschirm dahinvegetierenden Zuschauern zumutet. Penetrant schöne Naturaufnahmen wechseln sich mit Pseudodramatik und Pilcher-Romantik ab. Dazu wird mal wieder jede erdenklich banale Idee verwurstet und nie verliert der Film den Eindruck, für ganz ganz anspruchslose Zuseher noch leichte Unterhaltung bieten zu wollen. Jede Wendung in der Handlung wird auf so billige Art durchgeboxt, daß es eigentlich ein Trauerspiel sein müßte, es in vielerlei Augen vielleicht auch ist, bei mir aber Freude in den höchsten Tönen ans Tageslicht bringt. Da wäre zum Beispiel die Madame Kubitschek, die im Film ja so enorm reich ist, daß sie, jedes mal wenn sie ihren Neffen im Traumhotel anruft, gerade eine fürchterlich wichtige Reiche-Damen-Tätigkeit zu verrichten hat (sich Kleider in der Boutique vorführen lassen, sich im Yoga-Salon durchkneten lassen, sich mit dem Rolls-Royce durch Wien kutschieren lassen). Auch Pierre Brice als französischer Gourmet Pierre Fontanne ist eine Wucht, der, in den ersten Szenen komplett ohne Großaufnahme, bei den vielerlei Verwechslungen scheinbar eine wichtige Rolle zu spielen scheint...
Bei soviel Anspruchslosigkeit steigt mir automatisch ein Dauergrinsen die Wangen hoch. Auch die ganzen Stars und Sternchen haben mir gefallen, die sich, wahrscheinlich schon zum x-ten Male für einen gut bezahlten Urlaub prostituiert haben und jetzt mit der Last eines solchen Müllfilms auf dem Buckel leben müssen.
Zum Schluß noch der Höhepunkt dieses reichlich schlichten Schwelgens. Superstar Alexander tritt auf die Bühne und trällert eines seiner ach so vielen Liedchen, die an Facettenreichtum einer leeren Salatschüssel gleichen. Jetzt weiß ich auch, von wem das konturenlose Lied im Vorspann stammte. Das war auch der Alexander, unser Alexander, der Superstar!
Sonntag, 10.04.2005/10:35 - 12:05 Uhr
#741
Geschrieben 24. April 2005, 21:09
Regie: Oliver Hirschbiegel
Liebes Tagebuch...
Interessanter und im Endeffekt auch gelungener Versuch ein Tabu zu brechen, daß bis dato eigentlich keines war. Jedenfalls war es meiner Meinung nach vor dem Untergang kein ungeschriebenes Gesetz gewesen, Hitler als Mensch zu zeigen. Es ist scheinbar nur niemand auf die Idee gekommen, beziehungsweise wurde dieser Aspekt wohl nie als interessant oder erträglich angesehen.
Bernd Eichinger zieht mit dem angeheuerten Oliver Hirschbiegel an einem sehr effizienten Strang. „Der Untergang“ ist weder ein allgemeinbildender Lehrfilm noch ein Fetzen fliegen lassendes Kriegsspektakel. Es wird ein sehr kluger und noch dazu, trotz historischer Brisanz, unterhaltender Mittelweg gefunden, die letzten Stunden im Führerbunker zu zeigen. Dramatisierende Nebenhandlungen wurden klein gehalten. Aber im Drehbuch herrscht trotzdem keine Anarchie. Stetig steigende Spannung begleitet das dem Realen nachempfundene Geschehen, gepaart mit kleinen Zugeständnissen an die Kunst des filmischen Geschichtenerzählens.
Auch auf dem schauspielerischen Sektor wurde einiges aufgefahren - bekannte Gesichter durch und durch. Sogar Fräulein Jentsch habe ich gesehen. Nur den Kretsche habe ich nicht erkannt. Bruno Ganz setzt dem Ganzen natürlich die Krone auf.
Fazit: Positive Überraschung stellt sich ein. Und das trotz großer Erwartungen. „Der Untergang“ ist nicht nur clever und einfach gut gemacht, er ist auch sehr zugänglich ohne dumm sein zu müssen.
Und nun Frau Junge zum Diktat des letzten Absatzes bitte:
Fatsit- Poitsive übe/raschnung szellt sihc ein. Und dass trqwotz göroßer Erwarartungen. „Der Unter Gang“ ist nsicht nur c3lever und eisfnfach gdut gchemacht. Er ach se2hr zusgä2n^glich dohne dum Sein zu müßs.sen.
„Hhm. Ich glaube, daß schreiben wir noch mal...“
Sonntag, 10.04.2005/13:00 - 15:30 Uhr
#742
Geschrieben 24. April 2005, 21:12
Regie: Tobi Baumann
Liebes Tagebuch...
Im Kino ist mir gar nicht aufgefallen, daß Achim Menzel der ursprüngliche Wixxer war. Irgendwie hab ich das nicht mitbekommen. Sonst stellte sich nicht viel Neues ein. Beim Wixxer gibt es wenig Schlechtes, viel Gutes und hübsch was zu Lachen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung und nachdem ich mir letztes Mal Christopher Lee und Uschi Glas gewünscht habe, wünsche ich mir heute Blacky Fuchsberger und Lilo Pulver für „Neues vom Wixxer“ herbei...
Montag, 11.04.2005/21:00 - 22:20 Uhr
#743
Geschrieben 29. April 2005, 19:05
Regie: Michael Moore
Liebes Tagebuch...
Die Vorstellung, einen ganzen Film verfolgen zu müssen, macht mich momentan nicht glücklich. Da ich aber nicht schon wieder den ganzen Abend vor dem Fernsehprogramm verbringen wollte, mußte irgendetwas her, was keine Geschichte erzählt und die Zeit trotzdem vergehen läßt. Michael Moores bissig unterhaltsames Referat ist dafür nicht die schlechteste Wahl.
Seine Collage schockt ebenso wie sie unterhält und die Aussage die der Film auf respektlos manipulative Weise formt ist auch nicht die Schlechteste. Manchmal wird sein Film aber ein wenig zu pathetisch und drückt zu stark auf die Tränendrüse (verstärkt in der zweiten Häflte). Das ist nicht nur typisch amerikanisch dargestellt, nein, es ist typisch amerikanisch. Und trotzdem kann er kritisch sein. „Bowling for Columbine“ war ein Oppositionsfilm, ist ein Oppositionsfilm und wird es auch nach einem Regierungswechsel in der USA bleiben, dennoch ist er mehr als bloßes Gegenfeuer. Dafür ist er zu gut erzählt und recherchiert.
Donnerstag, 14.04.2005/19:30 - 21:30 Uhr
#744
Geschrieben 29. April 2005, 19:06
Regie: Lars Kraume
Liebes Tagebuch...
Max Gravert hat die Lebensversicherungen todkranker Menschen erworben und sie dabei kräftig über den Tisch gezogen. Da diese zum Sterben verurteilten Seelen eh keine Zukunftsperspektive mehr haben, machen sie gnadenlos Jagd auf Max Gravert. So gnadenlos, daß sich auch bald die Mordkommission in Gestalt von Charlotte Sänger (gewohnt fragil: Andrea Sawatzki) und Fritz Dellwo (gewohnt kleingeistig: Jörg Schüttauf) mit dem Fall befassen muß.
Bei diesem Tatort sticht als erstes die großartige, bis in Nebenrollen prominente Besetzung auf. Neben den sowieso schon beeindruckenden Hauptdarstellern brillieren Bernadette Heerwagen, Jürgen Vogel, Tom Schilling und Justus von Dohnànyi. Außerdem erlaubt sich dieser Film den Spaß das Geschwisterpärchen Ulf und Max Gravert von der gleichen Person (Matthias Matschke) spielen zu lassen. Ob es wohl beabsichtigt war, die sich über die Besetzung informierenden Zuschauer glauben zu lassen, daß es sich bei den Brüdern um nur eine Person handelt?
Action und Spannung, so wie es der Trailer suggerierte, konnte im kompletten Film zwar nicht im erwarteten Maße aufgefahren werden, dem guten Gesamteindruck tut das aber keinen Abbruch. Das Finale im Kornfeld, grobkörnig und im Stile von „Signs - Zeichen“, fesselte nicht nur durch Spannung, sondern auch durch optische Außergewöhnlichkeit.
Sonntag, 17.04.2005/20:15 - 21:45 Uhr
#745
Geschrieben 01. Mai 2005, 22:37
Regie: Christian Anders
Liebes Tagebuch...
Mit Singen ist viel Geld zu verdienen was auch dringend ausgegeben werden will. Warum aber Christian Anders gerade Filme drehen mußte um sein Geld rauszuhauen ist mir schleierhaft. Immerhin stand der Schlagerbarde zu 100 Prozent hinter seinem Kampfsport- und Sex-and-Crime-Spektakel und bewies enormes Selbstbewusstsein, was ihn in Bezug auf diverse Peinlichkeiten blind werden ließ.
„Die Brut des Bösen“ ist ein absolutes Ego-Projekt. Christian Anders produzierte den Film, führte Regie, schrieb Musik und Drehbuch und versteckt sich dabei bei keiner dieser Aufgaben hinter einem Pseudonym. Natürlich spielt er auch noch die Hauptrolle - offensichtlich genau so von sich selbst überzeugt, wie er es auch hinter der Kamera war. In jeder Szene zeigt er vollen Körpereinsatz, steht dabei immer im perfekten Licht und läßt auch keine Gelegenheit verstreichen, sich die Kleider vom Oberkörper zu reißen.
Der Film strotzt nur so vor Standartsituationen. Jedes Action-Klischee wird ausgeweidet. Extrem ausgeleierte Dialoge aus dem Handbuch für Drehbuchautoren schmücken das Werk. Christian Anders geht dabei so naiv vor, daß die ständige Ernsthaftigkeit und Überdramatisierung im Sekundentakt ins Lächerliche umschlägt. Schenkelklopfer reiht sich an Schenkelklopfer, aber auch aus dem Kopfschütteln kommt man nicht mehr heraus. Man glaubt es vorher nicht, aber bei dieser Brut des ganz Bösen kommt es wirklich dicke. Daß sich Christian Anders wegen seiner übertriebenen Selbstdarstellung durchgehend komplett zum Hampelmann macht, ist nicht weiter schlimm, aber er reißt seine Darsteller ebenfalls gnadenlos mit in die Scheiße. Die arme Dunja Reiter muß ständig strippen und der kleinwüchsige Deep Roy hat eine beschämend peinliche Rolle abbekommen, wirkt in ihr wie der große Bruder von Peter Bark („Die Rückkehr der Zombies“), obwohl man von groß in diesem Zusammenhang ja nicht sprechen kann.
„Die Brut des Bösen“ ist geprägt von, laß es mich mal so sagen, liebes Tagebuch, recht einfach gestrickten Ideen und Zufällen, die die Welt eigentlich nicht braucht. Der böse Gnom van Bullock zum Bespiel möchte just in dem Haus Spaniens beste Karateschule einrichten in dem auch Blondschopf Christian Anders die fernöstliche Kampfkunst seinen Schülern erlernt. Ist ja fast so, als würde Benedikt Kardinal der 16. Ratzinger sich beim Weltjugendtag in Köln vor den Dom stellen um dort ein Gotteshaus einzurichten. Hurra, wir sind Pabst!
Ps.:
In einem Punkt geht Christian Anders aber als Gewinner aus dem Film heraus. Die Musik, die er schrieb, geht richtig gut ins Ohr und ein somit bleiben am Ende doch ein paar gelungene Szenen übrig, neben viel anderen richtig schlechten. Und das schöne an der Sache: Man kann beide feiern.
Mittwoch, 20.04.2005/20:30 - 22:00 Uhr
#746
Geschrieben 02. Mai 2005, 18:45
Regie: Wolfgang Liebeneiner
Liebeneiners Tagebuch...
Entweder kommen im Ersten generell viele Filme mit Heinz Rühmann oder die Programmdirektion richtet sich nach mir und bringt dann Heinz-Rühmann-Filme, wenn ich mit Kater herumliege und leide? Nach dem „Jugendrichter“ und der „Ente“, die „um halb acht klingelt“ habe ich diesmal „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ abbekommen - eine reichlich harmlose Mischung von Tragik und Komik, die ja bekanntlich ach so nah beieinander liegen, die aber nur durch das äußerst pikante Umfeld der verdorbenen, verruchten, anzüglichen und doch Familienfilm tauglichen Reeperbahn die Zuschauer zu begeistern versucht.
Die junge Marion (Sibyl Werden) ahnt nicht, daß ihr Vater (Heinz Rühmann) gar nicht ihr Vater ist. Dessen bester Freund (Hans Albers) ist in Wahrheit der biologische Papa. Dieser wiederum hat auch keine Ahnung, weil er nach dem Stich direkt in die See aktete. Besser gesagt, nach dem Akt in See stach. Nach vielen Jahren, lassen wir es mal 18 sein, kehrt er wieder zurück. Seine Tochter ist von der angeschnackselten Eizelle zur erwachsenen Frau herangewachsen, die sich schon mit Hochzeitsplänen herumschlägt. Ihr Auserwählter ist der Sohn eines reichen Reeders (Gustav Knuth), der seinen Sohn aber nicht an der Seite einer Tochter eines Puffbesitzers sehen möchte... Au weia! Hab ich jetzt Puffbesitzer geschreiben??? Das tut mir aber leid... Es ist wirklich nur ein stillgelegtes Hippodrom mit Tanzfläche und Showbühne. Nicht was Du jetzt denkst, liebes Tagebuch... Nein, nein, nein... Jedenfalls lernt der edle Reeder bei einer Sauftour den Puffbesitzer, also den Tanztheaterleiter kennen und befreundet sich mit ihm. Jetzt steht der Hochzeit nur noch die Sache mit der Vaterschaft im Wege. Und hier trennt sich der Film von dem duseligen Gefühlsbrei, von dem er so lang zehrte. Zwar erfährt Hans Albers nach einer gewissen Zeit, daß er der Vater der Hochzeiterin ist. Sie wird die Sache wohl erst nach Ende der filmischen Erzählung erfahren haben. Der Film vermittelt deutlich das Gefühl, daß das Geheimnis irgendwann mal gelüftet wird und kein ewig belastendes Geheimnis bleibt. Das war ein sehr schöner Aspekt dieses sonst nicht sehr innovativen Heile-Welt-Streifens.
Heinz Rühmann stellt eine sehr unausgewogene Figur dar. In seiner Vaterrolle ist er konservativ bis ins Mark, was ihn als Schelm im Nachtlokal nicht besonders glaubwürdig macht. Sein Kompagnon Hans Albers ist da viel ausgeglichener. Manchmal lallt er aber so unerträglich, daß man meinen könnte, man hätte eine lebendige Flasche Akvavit vor der Nase, die nur darauf wartet im Eisblock um die Welt segeln zu dürfen.
Für damalige Zeiten sicher voll taugliche und die Massen begeisternde Unterhaltung, die heute nur noch vom Charme vergangener Tage leben kann. Den können aber meist nur die Leute ertragen, die das damals schon toll fanden. Wie die Zeiten sich doch ändern...
Sonntag, 24.04.2005/15:15 - 17:00 Uhr
#747
Geschrieben 03. Mai 2005, 11:54
Regie: René Heisig
Liebes Tagebuch...
Barnaby Metschurat spielt einen aalglatten Yuppie, der sich erst von älteren reichen Damen aushalten läßt, um sie dann zu einem zweifelhaften Aktiengeschäft zu verleiten. Als eine seiner Gönnerinnen hinter seine Geschäftpraktiken kommt, ertränkt er sie eiskalt in der Badewanne. Nun richtet der Film sein Hauptaugenmerk auf das Umfeld in der sich der offensichtliche Mörder bewegt. Natürlich muß er dabei auch der Hauptkommissarin Lena Odenthal über den Weg laufen und ihr dabei schöne Augen machen.
Wenn ein bekannter Mörder durch den Film schleicht, hat das auch seine erfreulichen Aspekte. Sicher auch, weil sich die Tatort-Zuschauer dieser Situation nur selten ausgesetzt sehen. Hinzu kommt, daß hier endlich mal wieder überdurchschnittlich viele Spannungsszenen verwendet wurden. Die Szene aber, in der Lena Odenthal beinahe mit samt dem Teppengeländer vom Parkhaus fällt, finde ich ehrlich gesagt überflüssig.
Sonntag, 24.04.2005/20:15 - 21.45 Uhr
#748
Geschrieben 08. Mai 2005, 15:59
Regie: Alejandro Jodorowsky
Liebes Tagebuch...
Es ist unvergleichbar, wie Alejandro Jodorowsky seine Geschichten mit symbolhaften und spirituellen Bildern und Gleichnissen zukleistert. Die Erzählung vom Maulwurf, der sich, nach der Sonne suchend, in der Erde eingräbt und geblendet ist, wenn er sie findet, läßt sich mit Worten nur schwer umschreiben. Die Dinge, die Jodorowsky ausdrücken will, sind so allumfassend, daß es müßig wäre, die richtigen Worte dafür zu suchen. Lieber sollte man den Ton- und Bilderrausch voller gesellschaftskritischen, biblischen und erschütternd wahren Anspielungen genießen.
Jodorowsky hat mit seiner Lebensparabel so was von Recht, daß es keine Sekunde stört, daß er sich nur allzu gerne ins rechte Licht rückt oder durch die Hölle schickt. Letzteres durften auch seine mitspielenden Darsteller hautnah erlebt haben, denn wenn der Regisseur vor der Kamera zu leiden hat, müssen ihm die Kollegen bedingungslos folgen.
Großes und offenbarendes Kino. Ich finde aber, daß man Alejandro Jodorowsky zur Abrundung seines filmischen Schaffens mal so viel Geld zur Verfügung stellen sollte, daß er das, was er im Kopf hat, eins zu eins umsetzen kann.
Mittwoch, 27.04.2005/21:00 - 23:00 Uhr
#749
Geschrieben 09. Mai 2005, 17:28
Regie: Marco Zimmer
Liebes Tagebuch...
Wieder mußte ich feststellen, daß ich mich über diesen Film königlich zu amüsieren weiß. Schade nur, daß kaum jemand meine Freude nachvollziehen kann und jeder nur einen Bruchteil dessen sieht, was ich in dem Film sehe darin sehe.
Ja, ich habe Großes geschaffen. Jedoch weiß nur ich das.
Samstag, 30.04.2005/01:50 - 02:35 Uhr
#750
Geschrieben 09. Mai 2005, 17:29
Regie: Alex Proyas
Liebes Tagebuch...
Im Kino war „I, Robot“ tol, süffisantes Entertainment der unterhaltsamsten und nicht mal anspruchslosesten Art. Beim zweiten Treffen dann auf DVD ist so eine Begeisterung immer nur schwer wiederzubeleben, was nicht heißt das der Effekt komplett verloren geht. In diesem Fall war das aber sowieso nicht der Fall, denn „I, Robot“ zog mich auch dieses mal in seinen Bann.
Positive und negative Aspekte blieben unverändert. Die entfesselte Kamera weis abermals zu beeindrucken und das penetrante Product Placement wirkt weiterhin zu aufdringlich, um die beworbenen Marken sympathisch erscheinen zu lassen, was nicht heißt, daß der Audi Scheiße aussieht.
Sonntag, 01.05.2005/13:10 - 15:00 Uhr
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