The Room-Files
#151
Geschrieben 02. August 2003, 12:57
Regie: George A. Romero/Dario Argento
Liebes Tagebuch...
Ich habe ein strukturelles Problem. Wie bitte trage ich hier einen Episodenfilm ein? Soll ich die Episoden einzeln besprechen oder alles in einem Text vermischen? Soll ich die Regisseure den Episoden zuordnen oder oben gemeinsam aufführen? Oder soll ich mich nicht so anstellen und einfach sagen, wie mir der Film gefallen hat?
„The Facts in the Case of Mr. Valdemar” - Regie: George A. Romero
Die erste Geschichte hatte ich als äußerst langweilig in Erinnerung. Um so erfreuter war ich, das ich mich falsch erinnerte. „The Facts in the Case of Mr. Valdemar” ist gruslig, geht unter die Haut und endet in einem alptraumhaften Showdown. Die 60 Minuten vergingen wie im Flug. Bin mir aber sicher, das bei mehrmaligem Anschauen, die doch recht ruhig verlaufende Handlung ein paar Längen ans Licht bringt.
„The Black Cat“ - Regie: Dario Argento
Argento verhaspelt sich mal wieder mit der Handlung. Gründe, warum die Hauptfigur zum Mörder wird gibt es nicht. Dafür spielt er leichtfertig mit der Technik und lebt seine Gewaltphantasien aus. Des Weiteren rückt er der schwarzen Katze ganz schön auf die Pelle. War schon ziemlich übel, was er diversen Samtpföter zumutete. Um alle erhitzen Gemüter zu beruhigen steht auch gleich am Beginn des Abspanns das Siegel der American Human Assosiation... Sehr schön, sehr spannend, sehr hohl - ein Windbeutel halt!
Insgesamt bieten die zwei Episoden gehobene und qualitativ gute Horrorunterhaltung.
29.07.2003/19:00 - 21:00 Uhr
#152
Geschrieben 02. August 2003, 13:00
Regie: Ken Russell
Liebes Tagebuch...
Was macht ein alternder Regisseur, wenn er sein Ego-Projekt nicht finanziert bekommt? Genau, er stemmt es selbst. Er schnappt sich eine Digitalkamera, zerrt seine Familie vor selbige, kümmerte sich um die Ausstattung und spielt die Hauptrolle. Des Weiteren ist Ken Russell für den Schnitt und die Produktion verantwortlich und hat, laut Abspann, auch noch gekocht. Heraus kam „The Fall of the Louse of Usher“ - ein abgrundtiefe Oase der unerschöpflichen Wahnsinnigkeiten, die keine Grenzen mehr kennt.
Der Rockstar Roddy Usher hat anscheinend seine Frau umgebracht und wird deshalb in das Sanatorium des Dr. Calahari zur Therapie eingeliefert. Dort ist er den ungewöhnlichen Behandlungsmethoden der entrückten Angestellten ausgesetzt. Leider ist mir die Vorlage von Edgar Allen Poe nicht bekannt. Deshalb kann ich die Parallelen zwischen Poe und Russell nicht nachvollziehen.
Was es aber zu sehen gibt, entspricht keinerlei Sehgewohnheiten. Während ich die früheren Filme von Ken Russell als eruptiv beschreiben möchte, so gibt es hier eine permanente Explosion zu sehen - aggressiv und bis zum Erbrechen überladen mit ausstattungstechnischen Spitzfindigkeiten. Man wird Zeuge einer Elektroschocktherapie mittels zwei Bügeleisen und sieht den ersten Mirkowellenrecorder der Filmgeschichte. Es tummeln sich blasphemische Nonnen, hyperaktive Mumien und versoffene Wahrsagerinnen in einem konturlosen Konstrukt aus Erektionsphantasie und Zahnfetischismus. Das House of Usher ist eine Holzhütte in einem Schrebergarten, in dessen die nicht auszuhaltenden Vorgänge auf der Toilette, gespeichert und abgespielt auf einem Ghettoblaster, nur durch Exorzismus zu lösen sind. Das Schloß von Roddy Usher ist eine farblich verfremdete in sich zusammenstürzende Gummihüpfburg und mittendrin hantiert Ken Russell, wild und laut gesti- und artikulierend in einem wirren Mix aus Englisch und Deutsch, jenseits der Grenzen des Wahnsinn und jenseits des guten Geschmacks. Es gibt keine Ruhepause im Zentrum dieser Hölle. Kein Bild lädt zur Verschnaufpause ein. Alles schnell und amateurhaft, aber nie richtig schlecht gefilmt und mit sämtlichen Artefakten ausgestattet, die Ken Russell in seinem Keller finden konnte.
Ich weiß bis heute nicht, welche Visionen Ken Russell verfolgen, was ihn dazu verleitete diese Orgie aus Sex und Splatter zu fabrizieren und welche Drogen man zu diesem Film nehmen muß? Ein verstörendes und verwirrendes Werk eines Meisters. A gothic tale for the 21th Century.
31.07.2003/18:45 - 20:05 Uhr
#153
Geschrieben 02. August 2003, 13:01
Regie: Pablo Ros Cardona
Liebes Tagebuch...
Dies ist einer der beiden Kurzfilme, die auf der “Incubus” DVD Platz fanden. Dieser stammt aus dem Umfeld von Jess Franco. Vor und hinter der Kamera tummeln sich ein paar gesichtlose Namen, die zur gleichen Zeit auch für Franco arbeiteten. Gefilmt wurde ebenfalls in Franco’s Jagdrevier: Malaga.
„The Perfect Taxi Driver“ ist eine humor- und effektlose Horrorkomödie, in der eine Fee einen Taxifahrer zum „Perfect Taxi Driver“ im schicken Anzug und mit tollem Mercedes macht. Einzige Klausel: Nach jeder Fahrt muß der Taxifahrer seine Kundschaft töten. Natürlich, nachdem bezahlt wurde...
Das geschieht in kurzen Episoden ohne großartig irgendwelche Horrorelemente zu zelebrieren. Obwohl die ganzen Ereignisse viel zu kurz gehalten sind, kommt schnell Langweile auf. Nach 12 Minuten ist der Spuk vorbei und ich komme zu dem Ergebnis, das Vor- und Abspann das Beste an dem Film waren.
01.08.2003/15:30 - 15:45 Uhr
#154
Geschrieben 04. August 2003, 11:50
Regie: Jörg Buttgereit
Liebes Tagebuch...
Sieben Tage vergehen. Wir werden Zeuge von vielen Schicksalen, die in diesen sieben Tagen dem Tod begegnen, oder an dessen Tod erinnert wird. Ein schaurig schöner Todesreigen, der keiner Struktur unterworfen ist.
Buttgereit läßt seinen Ideen freien Lauf. Die Ereignisse vermischen sich, genauso wie Realität und Fiktion. Zudem ist der Film herrlich unkonservativ - eine abenteuerliche Safari in die Welt des ungewöhnlichen Geschichtenerzählens. Man wird überrascht sein, wie vielfältig und einfallsreich Buttgereit arbeitet. Frei von irgendwelchen Zwängen, den Schockgehalt von "Nekromantik" zu toppen.
"Der Todesking" ist für mich jetzt der Höhepunkt der vier Buttgereit-Langfilme. Soviel Gefühl, soviel Todessehnsucht und soviel innere Schönheit gepaart mit humoristischen Seitenhieben hätte ich in 75 Minuten Amateuer-Standart nicht vermutet. Eine Sternstunde des Nicht-Geschichten-Erzählens.
02.08.2003/15:15 - 16:30 Uhr
#155
Geschrieben 05. August 2003, 11:27
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Ja, das kommt dabei heraus, wenn man Lina Romay und Jess Franco freie Hand läßt. Eine Nebenproduktion, die parallel zu einer anderen Produktion von Erwin C. Dietrich entstanden ist. Ein Minimum an Story - ein Maximum an Erotik, Sex und Hardcore.
Doriana Gray erlebt mit der von ihr getrennt lebenden namenslosen Zwillingsschwester parallel den Höhepunkt der Liebe - egal, ob ein weiterer Mann oder eine weitere Frau daran beteiligt ist, oder ob Doriana sich allein die Zeit vertreibt. Als die beiden aufeinander treffen, wird nochmal gepimpert, die Namenlose segnet das Zeitliche und die Sache ist gegessen.
Bei Frank Trebbin wird der Film als Pornoalternative zu "Necronomicon - Geträumte Sünden" angepriesen. So erwartete ich wenigstens zwischen den Rein- und Raus-Spielereien etwas abgefahrene Abgehobenheit. Doch davon blieb nicht viel übrig. Zu minimalistisch ist der Film. Schöne Kleider, schöne Drehorte und schöne Monologe können nun mal keine 80 Minunten stopfen.
Und ich als alter Vor- und Nachspann-Fetischist finde es zutiefst empörend, das der Film nicht mal Credits aufzuweisen hat, abgesehen vom Namen des Films.
Wär man etwas anders an den Film rangegangen, hätte man mehr daraus machen können.
03.08.2003/16:30 - 17:50 Uhr
#156
Geschrieben 05. August 2003, 11:36
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Anno 77 als die Zombie/Kannibalen/Voodoo-Welle dem Kinogänger noch weitestgehend bevorstand, hatte Jess Franco schon einen Beitrag zu dieser Sparte Kino im Schlepptau. Allerdings einen recht Harmlosen.
Ehrlich gesagt, es passiert nicht viel in den ersten 60 Minuten. Diverse Hauptdarsteller ziehen sich an und aus, sind in den unterschiedlichsten Kombinationen im Bett (alternativ im Pool) zu sehen oder tanzen sich einen Ast. Die ganzen Happenings sind zwar vor bezaubend schönen Kulissen und Drehorten angesiedelt, begannen aber, mich nach einiger Zeit, anzuöden. Der relativ gut gelungene letzte Teil des Film konnte meine Beachtung diesmal nicht mehr erwecken. Schade drum!
03.08.2003/20:35 - 21:00 Uhr
#157
Geschrieben 06. August 2003, 11:55
Regie: Rob Zombie
Liebes Tagebuch...
Wenn ein Rockmusiker filmisch das ausdrücken möchte, was er sonst in seiner Musik verwirklicht, kann das leicht zum Desaster werden (siehe: "Dee Snyders Strangeland"). Auch Rob Zombie tut sich sichtlich schwer, seinen filmischen Idolen hinterherzujagen. Die sind ganz klar im "Blutgericht in Texas" zu finden - nur ohne Kettensäge. Dessen Intenzität kann (und will) "House of 1000 Corpses" aber nie erreichen.
"Rob Zombie" begnügt sich mit einem bunten Effektgewitter und einem ausstattungstechnischen Overkill. Leider verschwinden darin die Charaktere fast vollkommen, weil sie meist bis zur Unkenntlichkeit von ihren wirren Kostümen verdeckt werden. Gut und böse sind grad noch voneinander trennbar. Vor allem aber die einzelnen "Opfer" lassen sich physisch und psychisch kaum mehr trennen. Oder hat sonst noch jemand mitbekommen, ob es sich bei den toten Mädchen im Einzelnen um die Chearleader oder die Reisenden gehandelt hatte?
Ansprechende Horrorunterhaltung bietet der Film aber doch. Zum einen kann er mit überaus gelungenen Spannungsattacken aufwarten, zum anderen hat er doch musikalisch einiges zu bieten. Sowohl Songs als auch Score sind absolut hörenswert und spannungsfördernd. Nervig dagegen sind die anfangs permanten Flashback's a'la "Book of Shadows - Blair Witch II", welche zuviel vorweg nehmen und den Zuschauer unnötig bei der Stange halten wollen. Immerwieder gern gesagt: Weniger wäre mehr gewesen. Ansonsten ist "House of 1000 Corpses" kurzweiliges und passables Entertainment - schön kränk, schön laut und konsequent, gegen jeglicher Logik, den "Regeln" verlaufend hin zum obligatorischen, unüberraschenden aber wirkungsvollem Ende...
Karen Black scheint zum Ende hin auf Horror keine große Lust mehr gehabt zu haben. Sie verdünnisiert sich zusehends und ist dann irgendwann ganz verschwunden...
05.08.2003/21:55 - 23:25 Uhr
#158
Geschrieben 07. August 2003, 11:50
Regie: Tim Burton
Liebes Tagebuch...
Irgendwann letzte Woche habe ich diesen Film gesehen, es aber scheinbar total verdrängt. Heute fiel es mir irgendwo zwischen Dübelbohrung und Entwässerung unten wieder ein...
Tim Burtons Gruselmär ist perfekt, stimmig, treffsicher und offenbarend. Ein rundum gelungenes Feuerwerk an liebevoller Detailfreudigkeit. Ein filmischer Jungbrunnen der beste Unterhaltung bietet incl. dem schönsten Augenaufschlag, der mir in Erinnerung bleiben konnte - Christina Ricci!
28.07.2003/so gegen Abend glaube ich...
#159
Geschrieben 07. August 2003, 12:24
Regie: Terence Fisher
Jonathan Harker's Tagebuch...
Ich dachte immer, diese "Dracula"-Verfilmung wäre das Non-Plus-Ultra aller Verfilmungen, als ich vor vielen, vielen Jahren auf die für mich unerreichbaren Programmplätze im Sat1-Nachtprogramm schielte. Jetzt hat es endlich geklappt, und ich sah das vermeintliche Non-Plus-Ultra, was eigentlich keines ist, da sich auch die Hammer-Studios Freiräume schufen.
Dennoch bin ich überrascht ob der Kleverheit dieses doch schon recht alten Filmes. Micheal Gough stellt sich demnach tot, als er von Dracula attakiert wurde und kommt so mit dem Leben davon. Ebenfalls überraschte mich, daß Harker's Witwe schon von Dracula besucht wurde, als der Zuschauer sie noch gar nicht zu Gesicht bekommen hatte.
Für 1957 ist der Film sehr temporeich und schön gruselig, auch wenn er immer elegant abblendet, wenns brenzlig wird. Außerdem ist er soooo herrlich naiv und altmodisch, daß man ihn einfach ins Herz schließen muß. Fernab des Trashs kann man immer wieder über das Geschehene schmunzeln, ohne sich schlecht zu fühlen, ohne "Dracula" ausgelacht zu haben. Jetzt ist die Vorfreude groß auf weitere hammer-harte Dracula-Filme.
Ich hätte gerne zu dem Film einen vollmundig trockenen Rotwein genossen, aber Mrs. Holmwood hat mir ausdrücklich verboten, den Keller zu betreten!
06.08.2003/18:30 - 19:50 Uhr
#160
Geschrieben 08. August 2003, 14:24
Regie: Dieter Böttger
Liebes Tagebuch...
"Himmel, Scheich und Wolkenbruch" ist eine ganz und gar peinliche, aber auch ziemlich witzige Klamotte aus der qualitativ untersten Schublade - eine altmodisch, verklemmte Frechheit quasi.
Ein echtes Stubaitaler Original gewinnt eine Schiffsreise nach "Arabien". Noch ahnt er nicht, daß ihn sein Stiefsohn als Anstandswauwau heimlich begleitet. Dieser wiederrum ahnt nicht, daß er der Sohn eines Scheichs ist. Eine traurige Reise nach Arabien beginnt, gespickt mit einer illustren Gesellschaft, bestehend aus deutsch-österreichischen Humordappen.
Mit absolut nicht überbietbaren Angagen sollte man ja vorsichtig sein. Dennoch wage ich es mit einiger Sicherheit zu behaupten, daß dies das schlechteste Drehbuch ist, was mir je untergekommen ist. Ich sag' es jedem kerzengrad und mitten ins Gesicht: DIE HANDLUNG IST NICHT NACHVOLLZIEHBAR, obwohl sie ja eigentlich vorhanden wäre. Die personifizierte Untalentiertheit muß hier an der Schreibmaschine gesessen haben. Ja, ich glaub' es hackt! So eine verschlampte Aneinanderreihung von irgendwelchen Geschichtsfragmenten und nicht erklärten Handlungsvorgängen ist schon beachtenswert.
Immerhin schafft es der Film noch, witzig zu sein. Recht oft unfreiwillig, manchmal auch gewollt. Deshalb kommt nur selten Langweile auf. Besser macht es den Film keinesfalls, aber unterhaltsamer. Ein vergilbtes Lustspiel also, das 1979 schon einen 10 Jahre langen Bart hatte...
06.08.2003/20:00 - 21:30 Uhr
#161
Geschrieben 10. August 2003, 18:53
Regie: Dario Argento
Liebes Tagebuch...
Ich wußte nichts mehr, was den Inhalt dieses Filmes betraf, mit Ausnahme der Auflösung, obwohl ich ihn schon vor Jahren zweimal gesehen hatte. Es gab jetzt also kein richtiges Wiedersehen sondern eine erneute Neuentdeckung.
Ich finde, daß „Aura“ sehr, sehr gelungen ist. Einerseits sorgten die US-Produzenten für gute Rückendeckung und dämmten eventuelle gewalttätige Ausbrüche ein, andererseits ließen sie Dario Argento freie Hand für seine technischen und erzählerischen Spielereien. Die Chemie stimmt also. Im Film harmonisiert alles perfekt. Die Geschichte ist laut, spannend, grausam. An Holprigkeiten früherer Argentos kann man sich hier nicht mehr reiben. Das ist vielleicht auch ein Grund, warum viele den Film nicht mögen. Er kommt schon ein wenig glatt und geleckt daher. Beim genaueren Betrachten ist er aber genau so sperrig, wie alle anderen.
Es gibt also viel zu entdecken in diesem Spiel aus Schein und Sein, Krankheit und Gesundheit, Kopf dran oder Kopf ab. Ein kleines, für mich wiederentdecktes Meisterwerk. Schade, daß die in der deutschen VHS-Fassung fehlenden Dialogschnitte nur als Bonusmaterial beigefügt worden sind...
07.08.2003/19:15 - 21:00 Uhr
#162
Geschrieben 10. August 2003, 22:26
Regie: Roger Corman
Liebes Tagebuch...
Hinter dem "vielleicht ein klein wenig reißerischem" Titel verbirgt sich eine modrig-feuchte Gruselmär nach Edgar Allen Poe und H. P. Lovecraft, die alles bieten kann, was man erwartet, wenn man eine Poe-Verfilmung von Roger Corman vor der Nase hat, auch wenn diese kein Meisterwerk im eigentlichen Sinne ist. Dafür ist zuwenig Energie in der Geschichte von dem Mann der in das Haus seiner Vorfahren zurückkehrt und vom Geist seines Urgroßvaters bedrängt, oder, besser gesagt, verdrängt wird. Trotzdem bietet der Film zähneklappernde Spannung, wenn die Darsteller durch die vernebelten Landschaften wandeln oder die Abgründe des Familiensitzes ergründen. Für den ersten Auftritt von Lon Chanley jr. würde ich dem Film glatt ein Herzstillstandszertifikat ausstellen. Weiß gar nicht mehr, ob ich damals vor zehn Jahren, bei einem der allerersten Videoabende wo dieser Film lief, an dieser Stelle auch so zusammengezuckt bin. Weiß bloß noch, daß es ein schöner Abend war!
Des Weiteren hat der Film noch eine Eigenschaft, die die schwache Story leicht vergessen macht: Charme, und zwar hoch zwei. Vor so schöner, liebevoller und atmosphärisch dichter Gruselunterhaltung ziehe ich gerne meinen Hut. Ebenfalls vor Vincent Price, der trotz minimalem Minenspiel seiner Doppelrolle eine teils wirklich grausigen Tiefe gibt.
Ich sollte mich vor Schande besser jetzt in die Ecke stellen, da ich, außer „Lebendig begraben“, noch keine weiteren Poe Adaptionen von Roger Corman gesehen haben. Ich brauche Input!
09.08.2003/18:35 - 19:55 Uhr
#163
Geschrieben 12. August 2003, 22:00
Regie: Robert Zemeckis
Liebes Tagebuch...
Ein Triumph der Tricktechnik! „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ ist ein Film aus der Zeit, als Robert Zemeckis noch mit sichtbaren Tricks arbeitete bzw. diese präsentierte, während er heute das gleiche mit unsichtbaren Tricks macht. Sowohl heute, als auch damals geht er in die Vollen. Hier sieht man ein wahres Feuerwerk an beeindruckenden Special-Effects, während das Kind im Manne der Produzenten immer neue Ideen und tricktechnische Überheblichkeiten ans Tageslicht beförderte. Zemeckis, Spielberg, Marshall und Kennedy (für letztere gilt: das Kind in der Frau) fordern sich gegenseitig heraus und nehmen locker ihre aufgestellten Hürden.
„Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ behält sich aber eine gewisse Erwachsenheit vor. Immer und immer wieder betont er, daß dies kein Kinderfilm ist, und die Kinder doch bitte bei den Cartoons bleiben sollten, während sich die Erwachsenen das wirkliche Erlebnis geben dürfen. Ein feiner Zug aus dem Hause Disney, das bis heute ja allzu oft vergißt, daß es noch Menschen gibt, die älter sind als 13 ½ Jahre.
Ich muß leider gestehen, daß ich den Film nach der Erstaustrahlung in der ARD wohl zu oft gesehen habe. Manche Gags und Witze lagen mir auf den Nerven, weil ich sie als noch recht junger Mr. Room nicht richtig auffassen konnte... Trotzdem: Eine Meisterleistung!
09.08.2003/21:15 - 23:00 Uhr
#164
Geschrieben 12. August 2003, 22:01
Regie: Brett Ratner
Liebes Tagebuch...
Auch ohne Kinoschlaf konnte ich sehen, daß dem Roten Drachen ein wenig Esprit fehlte. Es kommt nicht zur ultimativen Zündung, wie einst im „Schweigen der Lämmer“. Schon gar nicht will er der Grausamkeit von „Hannibal“ hinterherhechten. So bleibt ein spannendes, aber wenig überraschendes Wiedersehen mit Hannibal Lector übrig, daß sich inhaltlich reibungslos in die Reihe einfügt, nie aber deren Intenzität bekommen kann. Die Schauspieler können überzeugen. Ganz klar, daß der vermeintliche Leading Actor Anthony Hopinks in seiner Rolle perfekt aufgeht. Gleiches gilt für den eigentlichen wahren dunklen Part: Ralph Fiennes.
Nun ja, „Roter Drache“ ist sicherlich interessant, aber wirklich unter die Haut gehen tut er nicht.
Ta-ta!
10.08.2003/13:00 - 15:00 Uhr
#165
Geschrieben 13. August 2003, 22:32
Regie: Jess Franco
Ahhh, Sägge deß Toddeß!!!
„I know, you don’t like this movie very much” sagte mein Lieblingsarbeitskollege zu dem alten Mann. Doch der machte eine abstreitende Geste und unterschrieb bereitwillig das alte Videocover, während er sich etwas Unverständliches in den Bart brummelte, was wohl heißen sollte, daß der Film gar nicht so schlimm sei und daß er dem an ihn herangetretenen Fan den Spaß an der „Säge des Todes“ nicht madig machen will.
In der Tat, „Die Säge des Todes“ ist ein reiner Spaß und zugleich ein Zeugnis, für einen für Franco vollkommen untypischen, weil arg blutigen Film. Die deutschen Produzenten wollten um biegen und brechen ein Slasher-Ripp-Off haben und Jess Franco lieferte ihnen Eines. Besser gesagt: Er betet die Klischees mit dem flotten Tempo eines Leierkastenspielers herunter. Alles, was man aus einschlägigen US-Produktionen kannte, wird man hier wiedersehen - nur ungleich schlechter. Ganz klar, daß es gegen Ende knüppeldick kommt und Olivia Pascal über ewig viele Leichen stolpert. Und daß, obwohl niemand ihr glauben wollte, daß in der spanischen Sprachschule etwas umgeht. Die Lösung des Rätsels ist nicht schwer, versucht sich aber relativ lange verdeckt zu halten. Dazwischen weist der Film den einen oder anderen Spannungsmoment auf. Etwa da, als der Mörder um der Pascal ihr Appartement schleicht, während in dem Buch, das sie gerade liest, das Gleiche passiert. Das ist doch cool!
Alles andere als cool sind Otto W. Retzer als nerrischer Gärtner und die hoffnungslos hilflose Olivia Pascal, die sich mit diesem Film einen herrlichen Denkzettel eingehandelt hat. Kurzweilig, naiv, schön. Schade, daß die DVD so dunkel ist. Zu viele Details bleiben verborgen.
Viele der Mädchen träumen von erotischen Abenteuern. Doch was Tage voll Liebe und Sex, voll Lachen und Sonnenschein sein könnten, entpuppt sich bald als ein Exzess des Grauens. Ein Mörder schlägt zu, immer wieder...
„Die Säge des Todes“ meets „Zimmer mit Aussicht“!
10.08.2003/15:15 - 16:40 Uhr
#166
Geschrieben 15. August 2003, 16:43
Regie: M. Night Shyamalan
Liebes Tagebuch...
Selten, daß ein Film so viel zu erzählen hat. Ebenfalls ist selten, daß so viel dahinter steckt. Sogar soviel, daß er, ähnlich wie „The Sixth Sense“, schnell an seine Grenzen stößt und außerhalb des Kinematographen (auf Deutsch: DVD-Player) nicht mehr überleben könnte. So viele tote Menschen und niemals hat jemand überlebt? Solche Fragen sollte man besser nicht stellen und lieber der Handlung folgen, zumal plötzlich doch jemand überlebt hat. Was Shyamalan dann für Seiten aufschlägt ist wirklich verwunderlich und faszinierend zugleich. Ob mir eine (eventuelle) morgentliche Traurigkeit sagen will, daß auch in mir ein Superman steckt? Na ja? Aber die Botschaft habe ich trotzdem verstanden.
Gänsehaut pur, nicht vor Spannung, sondern vor Begeisterung, begleitete mich während diesem Film, der mir glatt noch besser gefallen hat, als beim ersten Mal. Ebenfalls interessant ist es zu sehen, in welches falsche Licht der Trailer diesen Film rückt. Mein sechster Sinn sagt mir, welches Feeling er verbreiten wollte.
10.08.2003/20:30 - 22:10 Uhr
#167
Geschrieben 15. August 2003, 16:44
Regie: Sarah Moon, Patrice Leconte, Gabriel Axel, Claude Miller, Jacques Rivette, Michael Haneke, Fernando Trueba, Merzak Allouache, Raymond Depardon, Wim Wenders, Jaco van Dormael, Nadine Trintignant, Regis Wargnier, Hugh Hudson, Zhang Yimou, Liv Ullmann, Vicente Aranda, Lucian Pintilie, John Boorman, Claude Lelouch, Abbas Kiarostami, Lasse Hallström, Constantin Costa-Cavras, Kiju Yoshida, Idrissa Ouedraogo, Gaston Kabore, Youssef Chahine, Helma Sanders, Francis Girod, Cedric Klapisch, Alain Corneau, Ismael Merchant, James Ivory, Jerry Schatzberg, Spike Lee, Andrei Konchalovsky, Peter Greenaway, Bigas Luna, Arthur Penn, David Lynch, Theo Angelopoulos
Liebes Tagebuch...
40 Regisseure drehen 40 Kurzfilme mit der hundert Jahre alten Lumiére-Kamera. Jeder Film kann nur 52 Sekunden dauern, da nicht mehr Platz im Mutterschoß des Kinos ist.
01. Patrice Leconte läßt einen Zug einfahren, wo vor hundert Jahren schon mal ein Zug einfuhr.
02. Gabriel Axel zeigt zwei Duellisten in einem Lustgärtchen.
03. Claude Miller’s Darsteller dürfen Münzen in einen mir nicht bekannten Entertainmentautomaten werfen.
04. Jacques Rivette präsentiert Menschen, die sich auf einer Promenade immer wieder begegnen.
05. Michael Hanke zeigt, was hundert Jahre nach der Geburtsstunde des Kinos im Fernsehen lief und outet sich als RTL-Fan.
06. Fernando Trueba zeigt einen Gefangenen der die Anstalt verläßt.
07. Bei Merzak Allouache entdeckt ein islamisches Päärchen die Lumiére-Kamera.
08. Raymond Depardon läßt ein paar Kinder eine Statue verschönern.
09. Wim Wenders dreht Teil drei seiner Berliner Engel.
10. Jaco von Dormael zeigt ein verliebtes Päärchen.
11. Nadine Trintignant erfreut sich an einem großen Brunnen in Paris.
12. Regis Wargnier läßt Francois Mitterant in Erinnerungen schwelgen.
13. Hugh Hudson zeigt spielende Kinder in Hiroshima.
14. Zhang Yimou wandelt China in 52 Sekunden vom klassischen zur Moderne. Und das vor der großartigsten Mauer der Welt. Fantastisch.
15. Liv Ullmann macht das alte Spiel der Hobbyfilmer. Sie filmt ihren ebenfalls filmenden Gegenüber: Sven Nikvyst.
16. Vincente Aranda zeigt eine spanische Parade.
17. Lucian Pintilie’s Hochzeitspaar flieht mit dem Hubschrauber in die Flitterwochen.
18. John Boorman: Neil Jordan, Liam Neeson und Aidan Quinn wundern sich über die alte Kamera, die sie am Set von „Michael Collins“ entdecken.
19. Claude Lelouch: Ein Kuß in Front von hundert Jahren Kamerageschichte - der schönste Kurzfilm.
20. Abbas Kiarostami brät sich ein Spiegelei.
21. Lasse Hallström läßt Lena Olin einem Zug nachwinken.
22. Costa-Cavras zeigt die Erwachsenen von morgen.
23. Kiju Yoshida erklärt, was das Kino nicht kann.
24. Idrissa Ouedraogo spielt ein paar Fischern einen Streich.
25. Gaston Kabore zeigt Diebe vor einem afrikanischen Kino.
26. Youssef Chahine: Der witzigste Film. Vor den gigantischen Pyramiden nimmt ein übereifriger Ägypter den Herren Lumiére die Kamera weg und haut sie kurz und klein.
27. Helma Sanders präsentiert eine Hommage an die Filmbeleuchter.
28. Francis Girod schickt Wandmaler zu einem Filmplakat.
29. Cedric Klapisch hat eine Kurzversion von Carmen zu bieten.
30. Alain Corneau bringt Farbe ins Spiel einer Tänzerin. Wunderschön!
31. Ismael Merchant und James Ivory zeigen den Einfluß des goldenen M’s.
32. Jerry Schatzberg bringt in New York den Müll runter.
33. Spike Lee filmt ein Kind.
34. Andrei Konchalovsky schwebt dem Abgrund entgegen. Oooh!
35. Peter Greenaway: Es geht um Jahreszahlen...
36. Bigas Luna zeigt eine vollkommen glückliche Mutter, die ihr Kind stillt.
37. Arthur Penn: Schwarz/Weiß in Südafrika. Provokativ und brisant.
38. David Lynch: Ein kryptischer Alptraum. Eine Geschichte - keine Worte.
39. Theo Angelopoulos erzählt eine griechische Sage.
„Lumiére et Compagnie“ ist Film, Doku und Making of in Einem. Er zeigt die Regisseure bei der Arbeit, wie sie ihre Vision verwirklichen und hinterfrägt, was sie antreibt. Dazu werden dann auch noch diverse Lumiére-Kurzfilme vorgestellt. Das alles ist kurzweilig, ungewöhnlich und vor allem interessant.
Eine cineastische Erkundungstour mit vielen Überraschungen und ein paar Enttäuschungen. Von Zeit zu Zeit machte sich Gänsehaut breit, da mancher Beitrag wirklich bedeutend und tiefgreifend ist.
11.08.2003/18:45 - 20:15 Uhr
#168
Geschrieben 15. August 2003, 18:27
Regie: Dario Argento
Liebes Tagebuch...
Hab den Film eigentlich schon oft gesehen, da ich ihn aber jetzt rischtisch uncut habe, viel es mir überraschend leicht ihn nochmal einzulegen, zumal die andere DVD noch immer ungesehen rumliegt.
Ein kleines Meisterwerk - mal wieder. Spannend und herrlich kantig. Mehr brauche ich dazu nicht sagen.
12.08.2003/20:15 - 22:00 Uhr
#169
Geschrieben 15. August 2003, 18:29
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Der Titel dieses Filmes ist ein wenig irreführend. Passender ist tätsächlich der Name der Hardcore-Version: „Exorcisme et Messes Noir“. Denn „Exorcism“ hat keine schleimspuckende und ans Bett gefesselte Linda Blair zu bieten, sondern beschränkt sich auf das Zelebrieren diverser schwarzer Messen in Form einer Bühnenshow a’ la Jess Franco.
„So viele blutjunge nackte Mädchen, die man alle bekehren muß“, denkt sich der fanatische Priester Mattis Vogel (Jess Franco) und holt zum Rundumschlag gegen die versündigten Performancedamen aus. Dabei hat Franco, jetzt als Regisseur gesehen, nicht die Kirche im Visier. Es gibt also keine blasphemischen Provokationen wie in „Die Liebesbriefe einer portugiesischen Nonne“. Im liegt es hier mehr an der Bühnenshow, die die Darstellerinnen hinlegen. Wie in vielen seiner anderen Filme sind das auch hier die Höhepunkte - weirdo, bizarr, bunt beleuchtet und verwackelt gefilmt. Dazu gibt sehr schöne Orgelmusik und ne saubere Orgie wird auch noch abgehalten. Die eigentliche Rahmenhandlung wird aber zusehends langweiliger und aktionsloser. Das liegt vielleicht auch an der sehr ruhigen Inszenierung und den langen Einstellungen. Tempo ist tabu.
Zu loben wären dann noch die „Kulissen“ in denen der Film gedreht wurde, die sicherlich keine gewesen sind, weil das viel zu teuer geworden wäre. Die Sets sind sehr schön arrangiert, ausgeleuchtet und toll ins Bild gerückt. Nicht alltäglich für Franco. Nicht alltäglich für so eine kleine Produktion.
Eine Szene aus „Exorcisme et Messes Noir“ vermisste ich dann aber doch: Lina Romay nackt von unten. So wie sie die Kamera da zwischen den Beinen hat, ist daß einfach nur als kurios zu bezeichnen. Die Szene „Senor Franco en acción“ vermisste ich aber nicht .
06.08.2003/19:25 - 21:00 Uhr
#170
Geschrieben 17. August 2003, 19:50
Regie: Marco Zimmer
Liebes Tagebuch...
Beim Sockensuchen verschwinden zwei Videofilmer im Zillertal. Jetzt machen sich ihre Freunde auf die Suche nach den Sockensuchenden.
Meine Güte, wie lange habe ich diesen Film schon nicht mehr gesehen? Jetzt, wo ich ihn überspielen mußte, konnte ich nicht anders: Dranbleiben und ablachen. Ich war überrascht, wie herrlich ich doch über die schlechten Witze lachen konnte („Er hat nur eine gelbe Jacke“, „Ich schlage vor, wir teilen uns nicht auf, sondern gehen zusammen“, „Er ist tot, und es ist meine Schuld“, „Da is’ a Breedl obe’gfall’n“).
Scheinbar stört es mich nicht im Geringsten, daß der Film kein richtiges Ende hat, mittendrin eine seltsame Geburtstagsfeier stattfindet oder daß die Handlung kaum nachvollziehbar ist. Mein uneinsichtiger Trotzkopf sagt: Ich finde, es paßt alles zusammen. Nun gut, ich muß es ja wissen!
13.08.2003/21:15 - 21:55 Uhr
#171
Geschrieben 17. August 2003, 19:53
Regie: Dario Argento
Liebes Tagebuch...
Hier handelt es sich wohl um Dario Argento’s Meisterstück. Nicht, weil es sein bester Film ist oder gar mein persönlicher Favorit wäre, aber es ist doch unübersehbar, daß hier eine Häufung von perfekt gelösten Problemen zu sehen ist. Kein anderer Argento schaut so edel aus wie „Opera“, und doch ist es ein typischer Argento voller Gegensätze.
Da wäre auf der einen Seite die Oper, diese Hohe Kunst, die in diesem Film von häßlichen Fernsehkameras beobachtet, und, aus der Sicht der jetzigen Zeit, von ungeliebten Audio-Magnetbändern konserviert wird. Egal, wie grausam die Oper wird (in diesem Falle „Macbeth“), wenn der Film grausam wird, greift Argento zum Heavy Metal. Diese Deplatzierung der Musik kann man nur so jemanden wie Argento durchgehen lassen. Gleiches gilt für den Showdown in der Schweiz: Heidi goes Hammerfall.
Ansonsten ist der Film eine Abfolge von Überraschungen. Relativ wenige, aber extrem grausame Morde, Kameraspielchen bis zum Exzess und die hier vor kurzem schon mal erwähnte Erfindung der Bullet-Time. Dazu kommen ungewöhnlich spannende Gruselpassagen, ebenso lange Operneinlagen. Letztere sollte man eigentlich einem durchschnittlichen Horrorpublikum besser nicht bieten. Argento nimmt aber keine Rücksicht und zieht sein Ding durch. Gut gemacht!
Übrigens, ich habe einen neuen Witz:
Sagt das kleine Mädchen zu seiner Mutter:
„You’re disgusting! You’re always naked!“
15.08.2003/12:40 - 14:30 Uhr
#172
Geschrieben 17. August 2003, 20:22
Regie: Brian de Palma
Liebes Tagebuch...
Viel Ruhe hatte ich nicht, um Brian de Palma’s “Vertigo”-Reminiszenz erstmals zu genießen. Ist aber auch schwer bekömmlich. Er jubliert mal wieder extrem, während Bernard Herrmann überbordend aufgeblasene Musik über die Zeitlupe legt.
Nach dem Opening passiert nicht viel in diesem aktionslosen Film, der dann zum Ende hin trotzdem richtig überraschen kann. Ich als Zuseher hatte die Lösung mal wieder so dermaßen nah vor der Nase, daß ich sie natürlich nicht gesehen habe. Dann hat de Palma ja erreicht, was er wollte: Mr. Room Eins auswischen.
Beim nächsten Mal werde ich mir mehr Zeit nehmen, um den Film in Ruhe genießen zu können. Hektik ist in dem nett überzeichneten, süßlich romantischen Mittelteil fehl am Platze.
16.08.2003/13:20 - 15:00 Uhr
#173
Geschrieben 17. August 2003, 20:24
Regie: Joseph McGinty
Liebe Cameron Diaz...
Brav. Genau so und nicht anders will ich das sehen. „Supersüß und supersexy“ ist Dir zwar noch nicht verziehen, aber Du bist auf dem richtigen Weg.
Verdammt, was für eine geile Peepshow. 105 Minuten vollgestopft mit unterhaltsamer Entertainmentessenz - für vergnügliche Zeiten im Kino bestens geeignet. In keiner Sekunde wollte mich der berühmt-berüchtigte Blockbuster-Schlaf übermannen. Ich saß nur da, mit großen staunenden Augen und freute mich.
Wunderschöne Einfälle, abgedreht kranke Witze und dazu ein Tempo, daß ein Verfolgen der Handlung nicht mehr nachvollziehbar macht. Warum jetzt Hafen? Warum jetzt dieser junge Bursch? Warum jetzt Demi Moore? Keine Ahnung, irgendeinen Sinn wird das Ganze schon haben. Ist auch nicht weiter wichtig. Frei nach Kai Pflaume: „Nur der Spaß zählt“, fernab jeglichem Anspruch. Eine irre Achterbahnfahrt.
Folgendes fiel mir leider negativ auf. Wenn man schon in den Actionszenen so exorbitant übertreiben muß, daß James Bond zum Parkinsonpatient abgestempelt wird, sollte man doch bitte dafür sorgen, daß die Trickaufnahmen auch gut aussehen. Mir schien es, daß sowohl im Opening als auch bei dem Motor-Cross-Rennen sich die Crew ein wenig übernommen hat. Das sieht nicht so aus, wie es aussehen sollte. Für Teil drei gilt: Zwei Gänge runterschalten, dem Spaß wird es keinen Abschlag tun.
Und übrigens: Wer hätte gedacht, daß man Demi Moore und Bruce Willis nochmal in ein und demselben Film sieht - wenn auch ohne eigene Szene?
16.08.2003/21:15 - 23:00 Uhr
#174
Geschrieben 18. August 2003, 18:57
Regie: Lionel Delplanque
Liebes Tagebuch...
Das Rotkäppchen und all die anderen Gesichter, die sich um jenes herumtreiben standen Pate für diesen französischen Alternative-Slasher. Fünf junge Schauspieler treffen in einem Schloß, welches tief im Wald liegt, auf einen Mörder im Wolfspelz.
Um möglichst viel Atmosphäre zu schaffen, packt der Regisseur in seinem Langfilmdebüt ganz schön viel Material in die zügig vergehenden 80 Minuten. Leider liefert er keine Erklärungen, warum die eigentlich recht verängstigte junge Meute des Nachts das Schloß verläßt und im duschteren Wald herumstrawanzt. Auch fallen dem Regisseur keine wirklichen Erklärungen ein, wie er beliebt, die Opfergruppe zu trennen. Plötzlich sind sie halt allein... Und jetzt: „Habt Angst!“ Die ganzen Szenen im Wald sind zwar sehr stimmungsvoll, haben aber keinen Bezug zu der eigentlichen Handlung, die sich nur im Schloß abspielt.
Spannend ist „Deep in the Woods“ allemal, nachvollziehbar eher weniger. Gruselige und überraschende, zum Ende hin ausartend brutale Unterhaltung ist geboten und sorgt für kurzweiliges Sehvergnügen. Kann man gerne wieder sehen.
17.08.2003/13:25 - 14:55 Uhr
#175
Geschrieben 18. August 2003, 18:59
Regie: Maren Ade
Liebes Tagebuch...
Er trifft Sie nach Jahren wieder. Beide spielen dann Verstecken in einer (alten, verlassenen, schön beleuchteten) Tiefgarage. Alte Wunden brechen wieder auf. Die sind nur ein Vorwand dafür, die Darsteller Frank Giering und Laura Tonke durch das unterirdische Labyrinth zu hetzen und diverse Spannungsklischees zu dreschen.
Die Geheimniskrämerei um die Beziehung der beiden zueinander nervt zusehends. Ebenso das überzogen pathetische Ende, in dem sich jeder in seiner eigenen Einsamkeit dahingrämt. Soviel Beziehungsstreß in einem 15-minütigen „Ich krieg Dich/Du kriegst mich nicht“-Thriller ist mir einfach zu viel.
17.08.2003/15:00 - 15:15 Uhr
#176
Geschrieben 19. August 2003, 11:40
Regie: Pablo Ros Cardona
Liebes Tagebuch...
Was will man mir mit diesem seltsamen Film sagen? Etwa, daß da jemand eine Doku über nordafrikanische Gastarbeiter drehen will, dabei etwas von einem Zauberer erfährt, diesen in Afrika trifft, zurückkommt und seine Doku vom TV-Cheffe abgelehnt wird?
Es könnte vielleicht eine Kurzvariante des Films "Adaptation" sein. Aber irgendwie will mir das nicht gefallen. Das alles ist schlecht und scheinbar wahllos zusammengeschnitten. Die "reale" Handlung wurde mit Videokameras gefilmt - grauenvoll unästhetisch. Die Geschichte vom Zauberer und der objektive Blick der Regisseurin erscheinen in echtem Filmmaterial. Beides mischt sich wie Essig und Öl oder Wasser und Fett - nämlich gar nicht!
Außerdem kommt noch aufgesetzte Pseudokünstlichkeit dazu, die versucht, dem Film Anspruch geben, das aber nie schafft - eher das Gegenteil erreicht!
Weg damit!
17.08.2003/22:50 - 23:15 Uhr
#177
Geschrieben 22. August 2003, 20:03
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Was habe ich mich gefreut, diesem Film wieder begegnen zu dürfen. Und dabei ist er doch nur ein halbfertiger Krimiwirrwarr, dessen Raum/Zeitgefüge einem logistischen Rübenfeld gleicht.
Dieses Sammelsurium der Anschlußfehler überzeugt, durch Witz (gleichermaßen freiwillig, wie unfreiwillig), Charme, Tempo und durch die größte Anhäufung der schrägen Musik von Manfred Hübler und Siegfried Schwab. Außerdem kann der Film mit sehr gelungenen Gemeinschaftsszenen erfreuen. Ich spiele auf die Unterhaltung zwischen Soledad Miranda, Fred Williams, Jess Franco und Ewa Stroemberg an der Bar an.
Der Handlung kann man erst nach mehrmaliger Sichtung folgen. Jedenfalls ist sie ebenso schlecht, wie unbekümmert erzählt. Und das alles in einem Film, der so naiv und unschuldig ist, daß man ihn fast in den Arm nehmen und trösten möchte...
„Armes kleines Filmchen... Duzi, duzi, duzi... Ja, wo iss’es denn, das kleine Filmchen?
Daaaaaaaaaaaaaaaahhhhhhh!!!!!“
19.08.2003/20:00 - 21:25 Uhr
#178
Geschrieben 23. August 2003, 10:41
Regie: Zbynek Brynych
Liebes Tagebuch...
Dies scheint mir der Inbegriff des Kolportagefilms zu sein - grell, aggressiv und vollkommen deutsch. Und das alles, obwohl er absolut ungewöhnlich ist. Alles spielt sich in nur einer Nacht an ein und demselben Ort ab. Nämlich in einem Münchner Wohnklotz, der identisch mit dem aus David Cronenbergs „Shivers“ sein muß.
Ein junger Mann tötet den Liebhaber seiner Mutter, den sie in einer angemieteten Studentenbude traf. Ein junges labiles Mädchen, daß Zeuge des Mordes wurde, nimmt den Mörder, der sie mit seiner Tat beeindruckt hat, mit in das Appartement ihrer verlotterten Mutter. Bald trifft nicht nur die Polizei ein, sondern auch der Vater des Mörders, der, zusammen mit seiner untreuen Ehefrau, seinen Sohn in Schutz nehmen möchte.
Das Haus ist ein einziges Labyrinth, gepfercht in einen riesigen Quader. Totalentertainment steht den Bewohnern zur Verfügung. Man trifft sich im Swimmingpool, an der Bar, in der Disco oder beim Kegeln, bevor man sich in seine Wohneinheit zurückziehen darf, nachdem man hunderte von Metern in diversen Gängen zurückgelegt hat, die alle mit großblumigen Teppichen ausgelegt sind. Permanente Urlaubsatmosphäre, den lieben langen Alltag lang -eine grausige und eisige Vorstellung. Inmitten dieser gemeinschaftlichen Anonymität tun sich Abgründe auf, und „Engel, die ihre Flügel verbrennen“ weiß, diese darzustellen.
Rückhalt bietet dem Film natürlich die fantastische Musik von Peter Thomas. Es ist wirklich nicht schwer, sich hierbei die Kleider vom Leibe zu reißen. Psychedelisch, swingend, berauschend. Daß dazu noch die Darsteller so verausgabend agieren und der Kameramann dabei noch zwischen ihnen herumspringt, ist die letzte Hürde, die problemlos genommen wird, um absolut mitreißend zu wirken. Quasi die finale Zündung um einen Film perfekt funktionieren zu lassen. Und es paßt wirklich alles zusammen. Vor allem das außergewöhnlich runde Ende möchte ich loben, daß zwar nur den Regeln einer logischen Filmerzählung folgt, man also so aufhören soll, wie man begonnen hat, aber dennoch habe ich nur wenige andere Filme gesehen, in denen diese Idee dermaßen gut umgesetzt worden ist. Weiterhin ist es verzeihbar, daß manche Musikthemen gehäuft auftreten oder der Film schnell an irgendwelche technischen Grenzen stößt.
Ein meisterhaftes, trashiges und schmuddeliges Bahnhofskinovergnügen mit vielen bekannten Gesichtern (Nadja Tiller, Werner Kreindl, Siegfried Rauch, Jochen Busse, Ellen Umlauf, Wolfgang Völz und die klui Susanne Uhlen). Für mich als Freund der 70’er Jahre ein Film mit hohem Wiederholungsfaktor. Fast traurig stimmte mich die Tatsache, daß ich von diesem schönen Jahrzehnt nur zwei Jahre mitgenommen habe. Ich würde nur ungern die Vorteile der digitalisierten Welt von heute aufgeben, aber, wenn mir so ein Film entgegen tritt, würde ich die Zeit zu gerne zurückdrehen...
20.08.2003/20:15 - 21:35 Uhr
#179
Geschrieben 24. August 2003, 22:13
Regie: Brian de Palma
Liebes Tagebuch...
Man hat mir gesagt, dies sei ein Klassiker. Ich habe gesehen, dies ist ein Meisterwerk. Ich habe gemerkt, ich habe ihn trotzdem nicht verstanden.
Anfänglich auftauchende Fragen kann man noch dadurch abwälzen, daß es ein Frühwerk ist, welches de Palma nicht ganz so glatt hinbekommen hat. Ich beziehe mich hier auf den Wechsel der Identifikationsfigur von Madame Kidder zu Miss Salt. Das ist hübsch psychoesk - nur andersherum, aber sehr aufgesetzt. Dann gehts irgendwann in die Klinik und mit de Palma gehen die Pferde durch. Die grausigen Gänsehaut-Rückblenden vermischen sich mit der Realität und alles läuft auf eine Nullrunde hinaus - und aus!
Ja, es ist ein böses Anti-Ende. Nicht mal einen Abspann bekommt man geboten. Aus - einfach so. Irgendwo im Mittendrin zwischen Kuh und Kanada. Mmmh, ein Meisterwerk, vielleicht? Aber eins ist sicher: Anschauen kann man „Sisters“ wirklich gut. Es wird einiges geboten, was de Palma später so unvergleichlich machte.
Und die Moral von der Geschicht’:
Ich freu’ mich über meine erste Criterion, oder etwas nicht?
22.08.2003/22:00 - 23:35 Uhr
#180
Geschrieben 24. August 2003, 22:14
Regie: Hans-Christian Schmid
Liebes Tagebuch...
Ein Videoabend: Trotz des Protestes meines Lieblingsarbeitskollegen („Ich mag keine deutschen Filme“), war „23“ fällig. Noch immer spannendes Paranoia-Kino und für mich der beste Beweis, daß Hans-Christian Schmid und Co. verdammt gut recherchiert haben und den Film sehr interessant erscheinen lassen können.
Ich führe jetzt aber keine 23 Gründe auf, warum der Film so richtig gut ist, denn ich bin ja kein Missionar und außerdem: Meinem Arbeitskollegen hat er sowieso nicht gefallen. Dafür durfte er sich den nächsten Film wünschen...
23.08.2003/22:05 - 23:40 Uhr
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