The Room-Files
#781
Geschrieben 17. Juni 2005, 16:26
Regie: David Keith
Liebes Tagebuch...
Febbre della Baracca!
In der konservativsten Provinz der USA geht ein Meteorit nieder, der dort das ortsansässige Wasser verseucht. Jeder der in mit dem Wasser in Kontakt kommt verwandelt sich langsam aber sicher zum teuflischen Untoten. Manche sollen auch, so sagt man sich, von innen her verfaulen (Na? Klingelts?). Nur einer scheint die Gefahr, die von dem Wasser ausgeht, einschätzen zu können: der schüchterne Stiefsohn eines fanatisches Farmers, gespielt von Wil Wheaton.
Der von Lucio Fulci mitproduzierte Streifen erweist sich als passables B-Movie. Stereotype böse, unvernünftige aber auch hilflose Charaktere werden in mehr oder weniger spannenden Szenen danieder gestreckt, während stereotype gute, sympathische und heldenhafte Charaktere es mal wieder schaffen die Situation zu meistern. Hinzu kommen ordentliche Goreeffekte, die erst in der zweiten Hälfte an Wichtigkeit gewinnen. Weiter versteht es der Film seine Vorbilder zu zitieren. „Tanz der Teufel“, „Alfred Hitchcocks Psycho“ und viele andere Brüder im Geiste waren zu erkennen. Mit dem Fortschreiten der Geschichte und Hinarbeiten auf das Finale verliert der Film viel von dem anfangs dominierenden unfreiwilligen Witz. Überraschenderweise wird das Sehen ob dieses Verlustes nicht langweiliger. Spannung macht sich breit - genau in dem Maße, wie man sie sich von einem B-Film erwartet hätte, der Mitte der 80er Jahre entstanden ist. Das letzte Lob an die Musik: Da der Film im Backwood-Genre angesiedelt ist, darf natürlich gemafreies Countrygeschrubbel nicht fehlen. Daß sich das aber während des Filmes mit der ebenfalls standardisierten Synthesizerdudelei vermischt und sich dabei nicht mal schlecht anhört, überrascht mich und meine Ohren.
Ein „Schade“ zum Schluß:
Schade, daß der Film nicht mit der Szene endet, mit der er begann. Zu Beginn wird nämlich schon das Leben nach der Infektion in all seinem Chaos gezeigt. Diese Klammer hätte sich zum Schluß geschlossen gehört.
Dienstag, 07.06.2005/23:15 - 00:40 Uhr
#782
Geschrieben 17. Juni 2005, 19:05
Regie: Brett Leonard
Liebes Tagebuch...
Eigentlich ist „The Dead Pit“ nur ein Horrorfilm unter vielen. Er entstand in einer Zeit in der Videopremieren noch glücklich und reich machen konnten. So glänzt auch „The Dead Pit“ in makellosem Vollbild, das man zur Not matten könnte, sollte er jemals einen Kinosaal von innen zu sehen bekommen. Musik- und Geräuschkulisse entstanden ganz dem Trend nach auch auf elektronischem Wege. Wie gesagt, ein Film von vielen. Doch dieser schafft es, sich vom Gros der Videopremieren abzuheben. Hier wirkt alles bedrohlicher, verletzlicher und grausiger als bei vielen seiner Weggefährten.
„The Dead Pit“ ist ein wirklich aggressiver Film. Die Kamera ist entfesselt und will sich trotz 4:3-Format nicht an TV-Sehgewohnheiten halten. Farben haben den Film fest im Griff. Denkt man an „The dead Pit“ denkt man automatisch an Rot, Blau und Grün. Außerdem weiß Regisseur Brett Leonard (der heute nur noch langweilige IMAX-Filme macht) wie man mit Schockelementen und -momenten richtig umgeht, ohne die Erzählung einer Geschichte zu vergessen. Letzter Großer Schreckensfaktor: Der Sound. Das Grauen tobt ohrenbetäubend. Der Film ist belastend, aber auf einer horrormäßig guten Art und Weise.
Mittwoch, 08.06.2005/21:00 - 22:30 Uhr
#783
Geschrieben 19. Juni 2005, 17:24
Regie: Siggi Götz
Liebes Tagebuch...
Die Gemeinde Vögelbrunn steht kurz davor zur Marktgemeinde erhoben zu werden. Es muß also dringend Nachwuchs her und jedes Maderls, daß ein Kind gebiert, egal ob ehelich oder unehelich bekommt dafür eine satte Prämie.
Diese wirklich tolle Handlung ist natürlich die passende Ausgangssituation für einen Sexklamauk der 70er Jahre. Ich bin mir aber auch sicher, daß dieser Plot schon über jede noch so verranzte bayerische Bauernstodlbühne gewälzt wurde. Ich für meine Person bekomme natürlich genau das geboten, was ich sehen wollte. Stupide Menschen geraten von einer stupiden Rammelsituation in die Nächste, während hie und da bayerisches Volksgut, angeheitert mit prekären Zweideutigkeiten, zum Besten gegeben wird. Bekannte und unbekannte Nasen blamieren sich dabei ohne Rücksicht auf Verluste. Die Herren der Schöpfung werden mit Lederhose und Seppelhut vorgeführt während sich die Damen unter Wert verkaufen (Elisabeth Volkmann im Sarg...). Das alles zur Freude des Publikums und zu meiner Freude. Und zum Schluß immer wieder dieselbe Frage: Wie konnte und kann die Lisa-Film immer wieder so pervers unterhaltsame Scheiße produzieren?
Jawoll!!!
Heit’ bums’ma die Töchta vom Obabürchamoasta!!!
Samstag, 11.06.2005/09:45 - 11:05 Uhr
#784
Geschrieben 22. Juni 2005, 11:14
Regie: Alejandro González Iñárritu
Liebes Tagebuch...
Ruppiges Großstadtepos, welches man wirklich nicht mit "Pulp Fiction" vergleichen sollte, was aber vielerorts fälschlicherweise getan wurde. Ich meine, der Inhalt zählt mehr als die strukturelle und formale Aufmachung. "Pulp Fiction" wollte durch die krassen Situationen Spaß erzeugen, "Amores Perros" will seinen Zusehern eher weh tun oder sie einfach nur berühren. Die teilweise ziemlich drastischen Szenen sind mir fast schon zu heftig geworden. Lauter traurige Schicksale im Unglück, ein toter Hund nach dem anderen plumpst vor die Kamera und das gezeigte Leben ist gespickt voller Aussichtslosigkeiten. Nein! "Pulp Ficiton"-Feeling will da nicht aufkommen. Aber auch auf der dramatischen Seite wird einiges an Potenzial verschenkt. "Amores Perros" hätte mit ein wenig mehr Zutun noch viel anrührender werden können - auch ohne dabei unnötig auf die Tränendrüse drücken zu müssen.
Zurück bleibt ein schönes, aber nicht weltbewegendes Großstadtdrama mit ohrwurmeliger Musik und diversen Höhepunkten, die wert sind, gesehen zu werden.
Sonntag, 12.06.2005/12:40 - 15:10 Uhr
#785
Geschrieben 22. Juni 2005, 11:57
Regie: Thomas Freundner
Liebes Tagebuch...
Ein kleiner Junge wird tot in der Nähe eines Leipziger Steinbruches gefunden. Die Ermittlungen zeigen, daß der Bub im Steinbruch spielte und durch eine illegale Sprengung, an der sein Vater beteiligt war, ums Leben kam. Da das Rätsel, welches sich um den Tod des Jungen rankt, erst am Ende des Film gelöst wird, gibt es vorher jede Menge Verdächtigungen und Mutmaßungen, was in jener Nacht und dem darauf folgenden Morgen geschehen ist. Nicht einmal der Kindsvater selbst weiß, was auf Grund seiner illegalen Sprengung geschehen ist.
Das Duo Ehrlicher (Sodann) und Kain (Lade) ermittelt gewohnt gemütlich, leicht verschmitzt und mit pointinierten Dialogen. Von den anderen Darstellern glänzt Janina Hartwig besonders, die die Mutter des getöteten Kindes fantastisch darstellt.
Abschließende Bemerkungen:
Optischer Höhepunkt ist eine Sprengung im Steinbruch, der Flair von Amateurtheater entsteht, wenn die Kommissare zum Telefon greifen und Spannung entsteht, wenn der endgültig entlarvte Schuldige in das Riesenmalwerk, genannt "Steinbeißer" geschubst werden soll.
Ordentliche TV-Unterhaltung.
Sonntag, 12.06.2005/20:15 - 21:45 Uhr
#786
Geschrieben 27. Juni 2005, 11:55
Regie: Helge Schneider
Liebes Tagebuch...
Am Ende des Filmes steht: "Sie sahen einen Film zum Nachdenken (nachdenklicher Film)". Das trifft es so ziemlich auf den Punkt. Neben Klamauk und krassem Nonsens verbiegt Helge Schneider dieses Mal vor allem die Langweile so extrem ins Bizarre, daß ein vollkommen andere Stimmung diesen Film beherrscht, was somit zur Folge hatte, daß Helge Schneider viele seiner Fans verprellte.
Dabei zeigt er sich reichlich geschickt als genauer Beobachter einer kleinen Welt und schlachtet hemmungslos zwischenmenschliche Banalitäten und Harmlosigkeiten aus. Ich finde den Film rührend, obwohl Helge Schneider positiv angehauchte Lebensfragmente süffisant mit den Füßen tritt. Schön, aber anders und ehrlich gesagt: Ich wäre auch nicht böse gewesen, wenn alles so weiter gegangen wäre, wie es in "00 Schneider - Jagd auf Nihil Baxter" endete.
Mittwoch, 15.06.2005/21:15 - 22:45 Uhr
#787
Geschrieben 27. Juni 2005, 18:33
Regie: David Fincher
Liebes Tagebuch...
Anatomie eines Hauses - 1. Teil:
Was ein fröhlich spannender Thriller hätte werden können wird zur Belastungsprobe für den Zuschauer. In einem überdimensional großen Haus beginnt ein fieses Katz- und Mausspiel, dessen Drang nach Nervenkitzel über einen überdurchschnittlichen hohen Mitteilungsdrang verfügt. „Panic Room“ wäre eigentlich der ideale Film für den ersten Abend in meiner neuen Hütte gewesen, aber auch so bekommt man diesen Film wahrhaftig zu spüren.
David Finchers Spiel mit der Spannung ergibt einen rundum gelungenen, aber auch dementsprechend harten Film, ideal für unruhige Stunden auf der Couch oder im Kinosessel.
Sonntag, 19.06.2005/21:15 - 23:00 Uhr
#788
Geschrieben 29. Juni 2005, 11:50
Regie: Jaume Collet-Serra
Liebes Tagebuch...
Anatomie eines Hauses - 2. Teil:
Der nächste Streich aus dem Dark Castle. Erneut steht wieder ein das Grauen beherbergendes Haus im Mittelpunkt - Leitmotiv aller Dark-Castle-Filme (Ausnahme: „Gothika“). Der diesmalige Titel sagt’s: Heute geht die Reise ins Wachsfigurenkabinett und da die Damen und Herren von Dark-Castle recht gerne auf alte Stoffe zurückgreifen, handelt es sich hier natürlich und von Haus auf um das „Kabinett des Professor Bondi“. Bislang, so muß ich aber sagen, sind die Remake-Ambitionen von Joel Silver und Robert Zemeckis immer gründlich in die Hose gegangen, während eigene Ideen viel mehr Esprit in Sachen Horror vor die Linse des Kinematographen befördern konnten. Jetzt stellt sich die Frage: Wohin geht diesmal der Trend? Und hier kommt auch schon die Antwort: Ich weiß es nicht...
Gemäß dem Stil der Zeit steht das Wachsfigurenkabinett natürlich im Hinterholz, wo sich von Inzucht verkrüppelte Perverslinge mit schlechten Zähnen tote Tiere in Einweckgläsern auf den Kaminsims stellen. „Wrong Turn“ und Co. lassen grüßen. Ein paar gar nicht mal so großartig dumme junge Menschen haben in der Nähe dieses seltsamen Ortes eine Autopanne und machen sich auf die Suche nach Hilfe. An dieser Stelle könnte man nun in ewigen Absätzen beschreiben, was in der darauf folgenden Zeit alles geschieht, denn in der Tat gönnt sich „House of Wax“ in der ersten Hälfte den Luxus, sein Publikum mit tausend Nebenhandlungen zu konfrontieren, ohne daß auch nur annähernd eine wirklich schlimme Sache passiert (fehlendes Opening inclusive). Ich kann nicht erkennen, warum der Film anfangs langweilen will, kann nicht mal einschätzen, ob es wirklich beabsichtigt war. Ich selbst empfand es als unkonventionelle Herangehensweise an ein publikumswirksames Thema. „Laßt uns den Standart mit Füßen treten, zu Beginn die Leute verprellen um ihnen danach kräftig was einschenken, denn die zweite Hälfte ist gespickt mit Grausam- und Abscheulichkeiten die mit folgenden Wörtern beschrieben wollen werden: Achillessehne, Schädelknochen, Ferse, Backenzähne, Gehirn zuzüglich anschließender Krönung namens „Irreversibel-Matschbirne“.
Dem Original kann dieser Film, wie seine Vorgänger auch, nicht gerecht werden. Der Umgang mit dem alten Stoff wirklich lieblos, kühl kalkuliert und lässt auch den Charme alter Tage vermissen. Aber betrachtet man „House of Wax“ ohne seinen Hintergrund bekommt man schmuddelig, heftiges Horrokino geboten, dass seinen Ansprüchen trotz anfänglicher Langeweile gerecht wird. Den Machern muß man wirklich hoch anrechnen, daß sämtliche sichtbaren Special-Effects nicht im Computer entstanden. Schmelzende Wachsfiguren wären zwar ein ideales Objekt für den PC gewesen, wurden aber, wie alles anderes auch, von Hand gemacht. Großes Kompliment!
Nun zu Paris *Hi, I’m rich and I’m blond and that’s why everybody loves me* Hilton, diese strunzdumme Schlampe, neben der ein Stück Holz, eine Schaufel Erde oder ein Kilo Kalksandstein noch intelligent aussehen: Sie war den Produzenten hilflos ausgeliefert und hat wahrscheinlich bis heute noch nicht gecheckt, was sie vor der Kamera eigentlich gemacht hat. Ohne den geringsten Funken von Selbstironie wird sie in einen Oralsexwitz eingebunden, muß dann lasziv strippen und auf, anfänglich grauseliger Weise sterben. Und ganz klar: Man war froh, als sie endlich weg war (Überraschend: Sie war nicht mal die Erste). Viele im Saale konnten sich das Lachen nicht verkneifen und wäre das Kino voll gewesen, hätte es Szenenapplaus gegeben. Dabei ist Paris Hilton nicht mal sonderlich schlecht, nervt auch nicht, wird aber, so lange sie präsent ist, von der Kamera gefickt und nach Strich und Faden gnadenlos ausgenützt. Andere hätten so eine Rolle mit Humor genommen, sie aber nahm nur den Scheck.
Eine (bislang unbeantwortete) Frage zum Schluß:
Warum wurde der Film von Warner im Format 1,33:1 (!) in die Kinos gebracht? Ich dachte erst, man wollte dem Look der früheren Wachsfigurenkabinettsfilme nahe kommen. Diese Vermutung zerstreute sich aber, als plötzlich das Mikro im Bild baumelte. Sollte ich tatsächlich einer unmaskierten Kinoprojektion beigewohnt haben?
Dienstag, 21.06.2006/21:00 - 22:45 Uhr
#789
Geschrieben 29. Juni 2005, 17:59
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Es ist doch schön, daß man sich nicht zu jedem Film den Inhalt merken muß. „Venus in Furs“ ist so ein Kandidat. Schon vor Beginn des Abspanns ist das Dickicht aus Rückblende, Traum und verschiedenen Realitäten kaum noch durchschaubar, aber vollkommen genießbar. Jess Francos Pre-Version von „Mulholland Drive“, „Femme Fatale“ und „The Sixth Sense“ überzeugt durch eine Vielzahl von Rafinessen. Diverse optische Effekte wie Zeitlupe, Parallelschnitt und Verfremdung des Blickwinkels begleiten die traumähnliche, kunstvoll erzählte Geschichte. Gebettet ist das ganze in Manfred Manns umwerfender Jazzmusik.
Ein Jazzmusiker (James Darren) wird auf einer Jet-Set-Party Zeuge einer Vergewaltigung. Eine blonde Schönheit (Maria Rohm), wird von drei Gästen (Dennis Price, Margaret Lee und Klaus Kinski) in die Mangel genommen. Wenig später findet er diese blonde Frau tot am Strand, just in dem Moment, als er seine Trompete ausgraben wollte. Später taucht am anderen Ende der Welt diese Frau wieder auf einem seiner Konzerte auf und bald sterben deren drei Peiniger auf mysteriöse Weise während er seiner Liebe zu der blonden Frau immer bewussterer wird. Wenig später ist er wieder am Strand, will wieder seine Trompete ausgraben und wieder wird eine Leiche angeschwemmt.
Zweifelsfrei der beste von vielen Höhepunkten: Dennis Price erliegt dem Wahn der Venus im Pelz. Auch das Ende, das mir seit der ersten Begegnung komplett aus dem Gedächtnis Verschwunden war, hat es in sich. Dieser Twist zieht den Zuschauern die Schuhe aus - garantiert.
Mittwoch, 22.06.2005/21:10 - 22:35 Uhr
#790
Geschrieben 05. Juli 2005, 12:00
Regie: Jean Rollin
Liebes Tagebuch...
Diesmal tischt Rollin eine reichlich unglaubwürdige Geschichte auf. Und mit dem Begriff "unglaubwürdig" sind nicht mal die weiblichen Vampire gemeint, die lustvoll jedem roten Blutkörperchen nachjagen. Eine Räuberbande hat einen Batzen Gold erbeutet. Sofort beginnen Streitereien über die Aufteilung des Schatzes. Bei Nacht und Nebel macht sich der Anführer mit dem Sack voll Gold aus dem Staub und verschanzt sich in einem nahe gelegenen Gut in dem zwei unbekümmerte Schönheiten die Rückkehr der Herrschaften und des Personals erwarten.
Inhaltlich paßt hier kaum etwas zusammen, denn die Handlungen der Personen sind nicht logisch. Sie scheinen mit Nieten an die wirre Dramaturgie geklammert worden zu sein. Ich habe keine Ahnung, warum die Charaktere in dem Film so und nicht anders/sinnvoller/nachvollziehbarer handeln.
Stilistisch wird der Film natürlich wieder voll und ganz von Jean Rollin getragen. Tolle, abstrakte Bilder erfreuen das Auge. Kurios ist das Schlachthaus, elegant das Finale. Brigitte Lahaie mit Sense ist natürlich auch eine echte Attraktion. Doch das alles wird durch den mittelmäßigen Inhalt beeinträchtigt, denn "Fascination" ist kein Film ohne Handlung. Nach vielen Vorschußlorbeeren macht sich etwas Enttäuschung breit. Der Film ist keineswegs eine Katastrophe, nur schwächer als erwartet.
Sonntag, 26.06.2005/15:15 - 16:45 Uhr
#791
Geschrieben 14. Juli 2005, 15:10
Regie: Jean Rollin
Liebes Tagebuch...
Ein junges Pärchen trifft sich zum unverbindlichen Date auf einem Friedhof. Sie vergessen die Zeit und ehe sie sich versehen ist die Nacht hereingebrochen. Der Friedhof ist zum undurchdringlichen Dickicht geworden aus dem es anscheinend kein Entkommen mehr gibt. Und während aus den Gräbern und Grüften kalt und klamm die modrige Feuchtigkeit empor steigt, bekommt es das verschreckte Pärchen mit der Angst zu tun. Panik und Verzweiflung machen sich breit, bevor die Schrecklichkeit dieser Situation die Sinne der beiden vernebelt. Die Angst wird zum gelebten Alptraum.
Jean Rollin läßt die Bedrohlichkeit aus der Situation heraus entstehen. Er verzichtet vollkommen auf übersinnlichen Hokuspokus. Allein die Gegenwart des Friedhofes ist die Grundlage für diesen gruseligen und bedrohlich unspektakulären Spielfilm, der es schafft seine eh schon kalte Atmosphäre zum Ende hin noch um einiges zu verdichten. Ich bin mir sicher, daß ein Film wie dieser im Kinosaal trotz seines Minimalität für Ruhe und Überwältigung im Raume sorgen könnte. Ich hoffe, ich habe mir die hypnotische Kraft, die mich bei der Sichtung übermannte, nicht eingebildet.
Abstriche gibt es kaum. Kurz vor seinem Ende hat der Film einen Durchhänger, den aber jeder Zuschauer dazu nutzen kann, das bevorstehende Finale auf seine Art und Weise zu durchdenken, denn Möglichkeiten für den Verlauf der letzten Szenen gibt es zuhauf. Des Weiteren sollte erwähnt werden, daß man den Film nur genießen kann, wenn einem die nicht sehr reale Beleuchtung die Laune nicht verdirbt. Die Nacht auf dem Friedhof ist teilweise mit sehr aggressiven Scheinwerfern ausgeleuchtet. Zum Abschluß soll noch ein Fehler in der sonst überaus gut gelungenen deutschen Synchronisation erwähnt werden. Dort wird erzählt die Rose sei aus Kristall, aber Friedhofskreuze sind bekanntlicherweise ja aus Schmiedeeisen.
Drei heftige Szenen:
1. Die Hauptdarstellerin wird gegen ein Eisengitter geschubst -> AUTSCH!
2. Der Hauptdarsteller stürzt in ein ausgehobenes Grab -> EXTRA AUTSCH!
3. Die Kamera beginnt sich zu drehen -> Magisches Gefühl zwischen Faszination und Schwindelanfall.
Sonntag, 26.06.2005/20:05 - 21:25 Uhr
#792
Geschrieben 15. Juli 2005, 11:50
Regie: M. Night Shyamalan
Liebes Tagebuch...
"The Village" sollte man, genau wie "The Sixth Sense", besser nicht hinterfragen. Zu viele Probleme würden die Geschichte nicht nur in Frage stellen, sondern auch ganz schnell in Erklärungsnotstand bringen. Bei "The Village" fällt es aber noch einen Zacken krasser aus als bei "The Sixth Sense". Hier sind die Geschichte, und damit auch die eingebundene Endauflösung um einiges fragiler. Problem: Es wird suggeriert, daß nur die Dorfältesten das Geheimnis des Dorfes kennen. Rein Optisch und rein logisch können sie nicht die Einzigen sein, die außerhalb geboren sind. Dieses Angelegenheit nimmt der Film aber nicht zur Kenntnis, ignoriert sie gar dickköpfig.
Auf technischer Ebene liefert Shyamalan natürlich wieder ein Meisterwerk. Die Musik, die Kamera, das Set, die Darsteller - allesamt erlesen auf höchstem Niveau. Das gilt auch dafür, wie die Geschichte erzählt wird, auch wenn sie selbst, wie oben beschrieben, Fragen aufwirft. Shyamalans bislang schwächster Film. Aber schön anzusehen ist er trotzdem – auch beim zweiten Mal.
30.06.2005/20:45 - 22:30 Uhr
#793
Geschrieben 15. Juli 2005, 12:00
Regie: Germaine Dulac
Liebes Tagebuch...
Surreale Schauermär: Ein Mann des Glaubens versucht sich seines Vorgesetzten zu entledigen, damit er an das Objekt seiner Begierde (ein Rokoko-Barbiepüppchen, dem man ab und an auch mal die Brust entblößen darf) herankommt. Letztendlich führt ihn das aber nur in eine traumatische Endlosschleife.
Filmischer Surrealismus erfordert zwar einiges an Fantasie, ist aber andererseits auch eine riesige Spielwiese, auf der man sich nach Herzenslust austoben kann und wo man niemanden Rechenschaft ablegen muß. Regisseurin Germanine Dulac beweist riesige Experimentierfreudigkeit. Ihr Motto lautete: Die Kamera ist zum Spielen da. Hübsch extreme Aufnahmepositionen unterstützen das irreale Geschehen, mit Schnitten werden Personen ins Bild gezaubert und Stop-Motion-Experimente angedeutet.
Der Film mit seinen 40 Minuten Laufzeit entpuppt sich als tricktechnisches Sammelsurium voller wunderschöner Einfälle, die nicht das Verlangen wecken, sie verstehen zu müssen. Ich weiß nicht, was und wie viel man in so ein Werk hineininterpretieren soll, wo die Grenze verläuft, zwischen dem, was die Regisseurin zeigen wollte und dem, was der Zuschauer darin erkennt und wie schlau man sein muß, um diese Frage klären zu können. Damit belasse ich es, und verweise auf die schönste Szenen des Filmes: Ein ausgelassener Tanz unter schwankendem Lüster, eingefangen mit entfesselter Kamera.
Sonntag, 03.07.2005/13:35 - 14:15 Uhr
#794
Geschrieben 16. Juli 2005, 12:34
Regie: Ernst Lubitsch
Liebes Tagebuch...
Der g’standene Xaver (Emil Jannings) hat sich in die dralle Gretel (Henny Porten) verguckt. Als die seine Liebe erwidert schmieden die beiden Hochzeitspläne. Doch Vater Kohlhiesel (Jakob Tiedtke) will Gretel erst freigeben, wenn seine Erstgeborene Liesel (Henny Porten) unter die Haube gekommen ist. Die aber denkt nichts ans Heiraten und ist auch so ein recht burschikoser Trampel, der als Männerschreck weit über die Grenzen des kleinen Dorfes bekannt sein dürfte. Aber Xaver hat einen Plan. Er heiratet nicht Gretel, sondern das Sturmtief Liesel, triezt diese so lange bis sie ihn davon haut und der Weg zu seiner Erstangebeteten ist frei. Der Plan wird in die Tat umgesetzt. Seine Durchführung erweist sich aber als problematisch. Während Liesel in ihrer Rolle als Ehefrau überraschende Geduld an den Tag bringt macht sich Xavers Kumpel Seppl (Gustav von Wangenheim) an Gretel heran, denn die muß getröstet werden. Schließlich liegt ihr Liebster mit der verhassten Schwester im Bettchen.
Aus heutiger Sicht mag vieles an dieser ersten Kohlhiesel-Version albern wirken. Aber an manchen Stellen blitzt erfrischender und geistreicher Humor hervor (so wie er nur von Ernst Lubitsch kommen konnte [verdammte Phrasendrescherei]). Sein Film ist sehr vom damals so beliebten Slapstick beeinflusst. Überregagieren steht ganz oben auf der Prioritätenskala. Da soll es auch nicht verwundern, wenn sich die Darsteller wie Berserker benehmen um ihre Gemütszustände auszudrücken. Wie schon bei der Version mit Liselotte Pulver (1962) kommt auch dieser Film nach der Hochzeit an einen Punkt, der einem auf den Magen schlägt. Wo Liesel, von den Plänen ihres Gatten nichts ahnend, von selbigem erniedrigend schlecht behandelt wird, erreicht das Geschehen den Mitleidsfaktor 10. Eine große Aufgabe, da das Steuer noch mal rumzureißen. Zwar wird das geschafft, hinterlässt aber Spuren. So ist „Kohlhiesels Töchter“ doch nicht nur bloßer Slapstick (Klamauk) sondern eher eine facettenreiche Komödie, die nur in ihren lieblos gestalteten, aber noch original erhaltenden Zwischentiteln Anspruchslosigkeit hervorbringt.
Montag, 04.07.2005/22:05 - 23:05 Uhr
#795
Geschrieben 17. Juli 2005, 18:51
Regie: George Lucas
Liebes Tagebuch...
Als ich „Die dunkle Bedrohung“ zum zweiten Mal im Kino sah, mußte der gute Eindruck ziemlich Federn lassen (hat sich mit der Zeit aber wieder geglättet), den „Angriff der Klonkrieger“ habe ich nur einmal im Kino gesehen und „Die Rache der Sith“ könnte ich glatt noch ein drittes Mal anschauen.
Der Film fiel nach der zweiten Sichtung nur wenig ab. Ein paar unlogische Situationen (Szenen in denen das Kriegsgetümmel vergessen wird), weggucken bei schlimmen Aktionen (Das Ende des Jedi-Nachwuchses) und diverse störende Details (Padmes Appartement, daß, obwohl so weit oben, offen ist und über kein Geländer zu verfügen scheint) konnte ich ausmachen. Sonst ist der Film das Entertainment geblieben, was er auch beim ersten Kinobesuch bieten konnte. Auch wenn die zweite Hälfte mit all ihren Bösartigkeiten nicht mehr ganz so intensiv herüberkam. Für’s Kullern von Tränen über die Backen langt es allemal und das wird sich wohl auch nicht mehr ändern.
George Lucas schuf großes, episches Gänsehautkino welches mich mit anscheinend dauerhafter Beständigkeit mit voller Breitseite umhauen kann. So bitter, wie die ganze Saga zu Ende geht, so tief beeindruckt hat mich diese Episode auch. Ich mag, wenn’s schlimm wird und es ist genussvoll zu erleben, wie es hier schlimm wird, da man das Ergebnis bereits kennt und man eingeladen wird, den Weg dorthin mitzugehen. Da öffne ich mich doch gerne.
Danke für diesen Film!
Dienstag, 05.07.2005/20:45 - 23:00 Uhr
#796
Geschrieben 17. Juli 2005, 21:29
Regie: Dr. Lucio Fulci
Liebes Tagebuch...
Der Regisseur Lucio Fulci hat zu viele Horrorfilme gedreht. Jetzt bekommt er die schrecklichen Bilder, die er ohne Unterlaß auf die Leinwand projizieren ließ, nicht mehr aus seinem Kopf. Ein Psychiater soll ihm über seine Krise hinweg helfen. Dieser hat aber nix besseres zu tun, als der armen Seele Fulci unter Hypnose einen Schläfer einzusetzen, der ihn meinen läßt, er wäre schuld wenn der psychisch ebenfalls schwer angeschlagene Psychiater mal wieder eines seiner vielen unschuldigen Opfer niedergemetzelt hat.
Was will Lucio Fulci mit einem Film wie diesem bezwecken? Seinen Fans und dem Kino an sich ein Geschenk überbringen? Zum Ende der Karriere noch mal einen letzten Höhepunkt setzen? Welche Intension es auch war, Fulci hat sie in den Sand gesetzt, aber gewaltig. Wie vieler seiner späteren Filme basiert auch „Nightmare Concert“ auf einer durchaus ansprechenden Idee, die aber auf Grund der mangelnden Umsetzung für Stirnrunzeln sorgt. Nein, hier sogar für Gelächter, denn dieser No-Budget-Film ist wirklich ein Armutszeugnis. Dem Zuschauer, im schlimmsten Falle Fan, wird ein wirrer Schnipselsalat geboten, in dem Fulci sich durch sein eigenes Filmschaffen klaut. Gedreht wurden dazu dürfte Handlungsfäden, die nur als Aufhänger für Sex- und Gewaltausschnitte aus anderer seiner Filme dienen. Fulci als er selbst in der Hauptrolle ist dabei so blaß und peinlich, das jendem Filmfan, im schlimmsten Falle Fulci-Fan, das Herz schmerzt. Man muß zusehen, wie Fulci in endlos langweiligen Szenen mit seinem Mercedes im ersten Gang durch die Gegend schleicht, ausdruckslos durch seine eigene Küche wackelt oder bei den Cinecitta-Studios rückwärts einparkt. Aber nicht nur als Schauspieler versagt der ehemalige Meister des italienischen Splatterkinos. Über die Story an sich braucht man schon keine Worte mehr zu verlieren, aber allein die Dramaturgie in den einzelnen Szenen ist aus der untersten Schublade inclusive sämtlicher dazugehöriger Klischees. Spektakuläres wurde kaum gedreht. Nur einmal kommt echte Spannung in Verbindung mit Fulci-Feeling auf. Dazwischen gibt es Häppchen aus den Filmen „When Alice broke the Mirror“, „Ghosts of Sodom“, „House of Clocks“ etc. Echte Highlights aus Fulcis Schaffenswerk werden dem Zuschauer vorenthalten. Nur Fabio Frizzis Musik zu „Geisterstadt der Zombies“ versprüht etwas von atmosphärischer Italo-Klasse, für die man Lucio Fulci so verehrt.
Am Ende des Filmes wird Fulci aber versöhnlich. Er ist in seiner Hauptrolle von seinen Alpträumen und Blutvisionen geheilt, stellt sich eine schöne Frau an seine Seite und schippert winkend auf seinem Segelboot aufs Meer hinaus. Eine rührende Verabschiedung von seinen Fans, eine Verbeugung eines, trotz allem, großen Regietalents vor seinen Wegbegleitern und seinen Filmen. Hat mich ein bißchen an „Louis und seine außerirdischen Kohlköpfe“ erinnert. Aber auch Fulci kam nach diesem Abschied noch mal zurück und drehte noch zwei weitere, ich befürchte auch wieder mittelmäßige Filme.
Mittwoch, 06.07.2005/21:15 - 22:45 Uhr
#797
Geschrieben 17. Juli 2005, 21:30
Regie: Thorsten Näter
Liebes Tagebuch...
Sascha ist ein unscheinbarer und zurückhaltender Junge der nicht viele Freunde hat. Er wird in einer Stahlgießerei ausgebildet. Seine Mitschüler hänseln ihn. Privat hat er sich längst in eine Scheinwelt zurückgezogen, hört laute Rockmusik, hat Poster von schlimmen Filmen in seinem Zimmer aufgehängt („Reservoir Dogs“, „Robocop“, „Hellboy“) und sein Lieblings-Ego-Shooter heißt „Death Message“. Über eine Internet-Webcam hat er gesehen, wie sein Vater, Besitzer einer Schießanlage, sich mit seiner Geliebten trifft. Kurzerhand klaut er seinem Erzeuger ein Gewehr aus der Waffenkammer und geboren ist der Todesschütze vom Reißbrett. Der Film heißt „Tatort - Todesengel“. Regie führte nicht Andreas Bethmann (wegen dem Todesengel, und so), sondern Thorsten Näter, und dieser muß aufpassen, daß er nicht den Weg von Bernd Schadewald einschlägt. Der nämlich mutierte vom sozialkritischen Skandalfilmmacher zum Moralprediger der Nation (siehe „Polizeiruf 110 - Vater unser“).
Schon nach 20 Minuten ist dem Zuschauer klar, daß der Filius der Todesschütze ist und Thorsten Näter läßt nichts anbrennen in Sachen Portraitierung eines Amokschützens. Also mir läuft dabei ein zäher Speichelfaden aus dem Mund, der auf mein T-Shirt tropft und es langsam kreisrund durchnässt. Vor allem, weil wirklich nichts ausgelassen wird. Nun ist es aber so, daß Thorsten Näter ein überaus guter Regisseur ist, dessen rabiate Darstellung sozialer Brennpunkte auf fast schon boulevardesker Ebene harte und temporeiche Unterhaltung in Verbindung mit gesellschaftlicher Problembewältigung bieten. So erweist sich dieser Film, trotz des roten Tuches der Standart-Portraitierung des Todesläufers, als mitreißendes, spannendes und diskussionswürdiges Eventfilmchen, welches ambitioniert gestaltet und aufwendig produziert wurde. Auch Hochspannung, Action und Tragik kommen nicht zu kurz. Im Todesengel-Tatort ist somit alles enthalten, was den Sonntagabend reizvoll macht.
Nett sind manche technischen Gimmicks gestaltet. Das „Death Message“-Videospiel ist keine animierte Ballerorgie sondern eine mit realen Darstellern auf Video gefilmte Tiefgaragen-Session, die reichlich naiv so bearbeitet wurde, daß sie den Anschein erwecken soll, sie sei am PC programmiert worden. Geht doch nix über niedliche und leicht entlarvbare Ideen aus der Trickkiste des Special-Effect-Teams. Zum Schluß soll noch erwähnt werden, daß Sabine Postel als Kommissarin Inga Lürsen mit dem Kollegen Stedefreund (Oliver Mommsen) ein energisch rastloses Duo bildet, dem man, trotz störender Faktoren, wirklich gerne zusieht. Noch ein Hinweis: Sollte jemand mal eine Tatort-Parodie drehen wollen, sollte er hier das inflationäre Auftreten von Megaphonen im Showdown nicht außer Acht lassen.
Sonntag, 10.07.2005/20:15 - 21:45 Uhr
#798
Geschrieben 21. Juli 2005, 12:02
Regie: Christian Alvart
Liebes Tagebuch...
Zuerst der Tadel, dann das Lob!
Tadel:
"Antikörper" hat so einiges, was Mr. Room nicht mag. Düstere Filme sind gut, so lange sie anständig beleuchtet sind. Wenn aber hässlich sparsame Beleuchtung meinen läßt, durch Dunkelheit soll das niedrige Budget verschleiert werden, dann ödet das an. Zumal das Kinoposter noch mit einem hell gekacheltem Raum mit je einmal Gut und Böse davor, nackt und blutverschmiert, mein Interesse an dem Film verstärkte. Mr. Room fühlte sich in die Irre geleitet. Weiter mag es Mr. Room nicht, wenn es in Filmen zu klerikal hergeht. Das macht ihm das Zuschauen mühsam und die Hauptpersonen erscheinen ihm fremd. Abschließend nervt es Mr. Room, wenn auf Biegen und Brechen Gossensprache den Film beherrschen muß. Natürlich nur weil die Straftäter total verdorben (Ficken) und die Gesetzteshüter absolut harte Burschen (Wichser) sind. Das geht auf die Ohren und wird eintönig.
Lob:
Trotz vieler Gründe, über die ich meckern mußte (meist aus persönlichen Motiven), ist "Antikörper" ein Film, der einen bleibenden Eindruck hinterläßt. Nicht mal die eindeutigen Parallelen zu Filmen wie "Sieben" oder "Das Schweigen der Lämmer" können an der Eigenständigkeit dieses Filmes rütteln. Genußvoll wird der Zuschauer, wenn auch relativ langsam, aber anscheinend unaufhaltsam in die Mangel genommen, was sich als Belastungsprobe des Durchhaltevermögens erweist. Dabei wird man nie wirklich Zeuge eines Mordes. Sämtliche Opfer des Filmes sind schon von Beginn an tot und der Zuschauer wird mit den Situationen danach konfrontiert, schonungslos. Wem das noch nicht unangenehm genug ist, darf sich auf viele tote Tiere freuen und fast schon perverse Direktheit des Handlungsverlaufs. So verbinden sich typische Motive des Serienkiller/Psychothriller-Filmes mit direkter Kaltschnäuzigkeit, wie sie ein Majorstudio niemals freigeben würde.
Abenteuerliches Kino, daß zum Ende hin immer besser und besser, aber auch heftiger und heftiger wird. Zu den vielen brisanten Situationen und optimalen Drehbucheinfällen gesellt auch eine hervorragend gestaltete Klangkulisse, das Sahnehäubchen dieses kranken Spiels.
Verdammt, ich habe Norman Reedus nicht erkannt und bis zum Schluß gewartet, daß er endlich auftaucht. Als Entschädigung dafür gab es animierte Rehe.
Dienstag, 12.07.2005/20:45 - 22:45 Uhr
#799
Geschrieben 23. Juli 2005, 11:01
Regie: Sergei M. Eisenstein
Liebes Tagebuch...
Opulentes Revolutionsepos, dessen technische Details keine Wünsche offen läßt, wenn man sie auf das Jahr 1925 bezieht. Sowohl Tempo als auch Tragik wird durch die abenteuerliche Montage auf ereignisreiche Weise beeinflußt und „Panzerkreuzer Potemkin“ erreicht dadurch eine mitreißende Wirkung.
Die aber hier auf DVD vorliegende Fassung bremst die Energie, die dieser Film an den Tag legen könnte, merklich ab. Verwendet wurde die deutsche DEFA-Version, die auf der russischen Fassung von 1949 basiert. Die eingespielte Musik wirkt blechern, die unrestaurierten Bilder erinnern an alte Ausschnitte einer x-beliebigen Wochenschau. Und niemand, der den Film nicht schon kennt, kann behaupten, auf die Treppe von Odessa zu warten, die den Höhepunkt des Filmes darstellt. Da kann das Davor und Danach schon etwas desillusionierend wirken.
Die im TV ausgestrahlte Fassung ist, soweit ich das einschätzen kann, der Variante auf DVD vorzuziehen. Wie groß die Unterschiede aber wirklich sind, kann ich im Moment nicht bewerten. Aber auf alle Fälle hinterließ die rot-colorierte Fahne, die die Revolution einläutete, einen ungeheuerlichen Eindruck. Auf der DVD vermisst man diesen Farbklecks, was dem Panzerkreuzer Potemkin ohne Zweifel etwas den Wind aus den Segeln nimmt. Kleinigkeit oder wichtiges Detail? Das sollte jeder für sich beurteilen.
Mittwoch, 13.07.2005/21:15 - 22:20 Uhr
#800
Geschrieben 24. Juli 2005, 22:32
Regie: Frank Capra
Liebes Tagebuch...
Temporeiche Gruselkomödie, die auch noch, nach 60 Jahren, viele Lacher bereit hält und immer und immer wieder zum Anschauen geeignet ist. Cary Grant geht in seiner Rolle als Mortimer Brewster natürlich voll auf. Er gibt den Hampelmann auf sehr edle Weise. Seine Gesichtsausdrücke sind einmalig und die Filmgeschichte wäre ohne sie um einiges ärmer.
Den jazzigen Vorspann der späteren deutschen Version finde ich auch sehr passend, aber heute genoß ich die US-amerikanische Variante mit einer noch filigraneren Tonspur, der einfach keine Synchronisation gerecht werden kann. Schöner Film, den man sich aus heutiger Sicht natürlich noch etwas gruseliger wünschen könnte, aber auch so wird „Arsenic and Old Lace“ dem Begriff Schwarzer Komödie gerecht.
Donnerstag, 14.07.2005/20:20 - 22:15 Uhr
#801
Geschrieben 24. Juli 2005, 22:32
Regie: Pedro Almodòvar
Liebes Tagebuch...
Pedro Almodòvar versteht es einfach, absolut brisante Themen auf so eine schöne Weise anzupacken, daß man, egal was er zeigt, der Umsetzung einfach nur fasziniert folgen muß. Ja, es scheint, als wäre Almodòvar fürs Erste erwachsen geworden. Vorbei die Zeiten, als seine schrillen Geschichten einfach nur unterhalten konnten. Mit seinen letzten Filmen ging er ganz schön tief rein in die Substanz der Gefühle und Ernsthaftigkeit umgarnte die weiterhin ungewöhnlich grellen Personen.
Schön zu sehen, daß man abseitige Themen auch so wie hier inszenieren kann und sie nicht in der Sozialdramatik versinken ließ.
Sonntag, 17.07.2005/14:30 - 16:20 Uhr
#802
Geschrieben 27. Juli 2005, 11:53
Regie: Christian von Castelberg
Liebes Tagebuch...
Ein Mädchen wird nach dem Besuch eines Dorffestes vergewaltigt. Am nächsten Tag können die vermeintlichen Täter gestellt werden, müssen aber aus Mangel ein Beweisen freigelassen werden. Es kommt, wie es kommen mußte. Keiner glaubt der jungen Frau. Alle vermuten, es handle sich hier um eine Verleumdung. Schlimm, denn wir, die Zuseher, wissen, was in jener Nacht nach dem Fest geschah. In ziemlich bedrückenden Bildern wurde uns die Vergewaltigung schon kurz nach der Tat als Flashback illustriert. Während der Film noch damit beschäftigt ist, die Spannungsbögen zwischen den einzelnen Fronten auszuloten fährt das Drehbuch die erste Leiche auf: Tot im Dreck liegt einer der Verdächtigungen - kastriert...
Markante Personen mit hohem Identifikationsfaktor bestimmen diesen Fernsehkrimi. Ja, es sind tatsächlich die Gesichter dieses Filmes, die mir die Erinnerung an ihn wach halten: Imogen Kogge, Anna-Maria Mühe, Hinnerk Schönmann, Horst Krause, Sven Pippig, sowie die Frau des Vergewaltigers (Name unbekannt). Apart, apart!
Sonntag, 17.07.2005/20:15 - 21:45 Uhr
#803
Geschrieben 30. Juli 2005, 17:44
Regie: Alex Proyas
Liebes Tagebuch...
„Dark City“ - der Film, den ich schon seit fünf Jahren nicht mehr sah, in dem die Darsteller so kurzatmige Namen wie Mr. Book, Mr. Hand oder Mr. Wall tragen und dem ich meinen Usernamen zu verdanken habe. Er überzeugt durch eine großartige Klangkulisse und die vielen Fragen, die in ihr gestellt werden, machen reges miträtseln möglich. Das Geheimnis der dunklen Stadt schien mir diesmal aber relativ leicht zu durchschaubar zu sein. Schließlich wird man unentwegt darauf hingewiesen. Ich meine mich aber erinnern zu können, daß ich bei der ersten Sichtung nicht so viel von der tatsächlichen Situation mitbekommen habe. Oder aber hob mich die Erkenntnis, wo die dunkle Stadt tatsächlich liegt, damals so sehr aus dem Stuhl, daß sie meine Erinnerung in der Weise prägte, daß die vollkommene Auflösung erst zum Ende hin erfolgt. Könnte sein...
Jedenfalls ist der Film durch und durch schnieke geworden. Schicke Sets, bedrückende Atmosphäre, schnelle Schnitte und detailreiches einbringen von Ideen machen „Dark City“ zum besonderen Erlebnis. Vielleicht sollte ich Alex Proyas’ „The Crow“ auch noch mal eine Chance geben. Da nervte mich die Dunkelheit und ständig meinte ich, mal wolle den ausgetauschten Hauptdarsteller vertuschen.
Mittwoch, 20.07.2005/21:30 - 23:05 Uhr
#804
Geschrieben 31. Juli 2005, 22:15
Regie: Frank Hollmann
Liebes Tagebuch...
Immer wieder, wenn ich „Sie tötete in Ekstase“ anschaue, muß ich feststellen, wie schön dieser Film eigentlich geworden ist. Jedes Bild, jede Szene wirkt so vollkommen und gelungen und strahlt dabei trotz allem so viel von Jess Francos Experimentier- und Improvisationsfreudigkeit aus. Ganz zu schweigen von dem wunderschönen ehrlichen B-Film-Flair, dessen Unabhängigkeit dem Film den Rücken freihält und man sich nicht an der Naivität oder Konstruiertheit reiben muß, weil das klassischer Bestandteil eines solchen Streifens sein muß.
Den Film objektiv als gut einzustufen ist mir nicht mehr möglich, dafür liebe ich ihn subjektiv viel zu stark. Das sollen andere übernehmen und ich würde mich freuen, wenn „Sie tötete in Ekstase“ auch objektiv auf einen Meisterwerkssockel gehoben wird, wenn er da nicht schon sitzt...
Mittwoch, 20.07.2005/23:20 - 00:35 Uhr
#805
Geschrieben 01. August 2005, 22:20
Regie: Helge Schneider
Liebes Tagebuch...
Lady Mamma: „Wie war’s in der Schule?“
Mendy: „Gut.“
Lady Mamma: „Was sagt der Lehrer?“
Mendy: „Nix.“
Vater: „Moment mal!“
Lady Mamma: „Wie war’s in der Schule?“
Mendy: „Gut.“
Lady Mamma: „Was sagt der Lehrer?“
Mendy: „Nix.“
Vater: „Moment mal!“
Lady Mamma: „Wie war’s in der Schule?“
Mendy: „Gut.“
Lady Mamma: „Was sagt der Lehrer?“
Mendy: „Nix.“
Vater: „Moment mal!“
Lady Mamma: „Wie war’s in der Schule?“
Mendy: „Gut.“
Lady „Mamma: „Was sagt der Lehrer?“
Mendy: „Nix.“
Vater: „Moment mal!“
Lady Mamma: „Wie war’s in der Schule?“
Mendy: „Gut.“
Lady Mamma: „Was sagt der Lehrer?“
Mendy: „Nix.“
Vater: „Moment mal!“
Helge Schneider seziert auf seine ganz spezielle, unnachahmliche Art und Weise die Abgründe einer deutschen Durchschnittsfamilie. Brachial geht er dabei vor. Derbheiten sind neben überspitzen Klischees zu finden und alles ist in einem bodenlos unkorrekten und dramaturgisch zurückgebliebenen Rahmen voller Anarchie und Widersprüchlichkeiten gepresst. Scharfe Witze bestimmen die kindische Inszenierung ebenso wie bewusste Tabubrüche und offensichtliche Schweinereien, in denen die fast schon zu guten Darsteller im Niveau des schneiderschen Universums herumschwirren wie fehlgeleitete Gelehrte, die den Spaßfaktor eines Ballpools entdeckt haben.
Die alte Stute wird zum letzten Mal besaaahmt.
Die alte Stute wird zum letzten Mal besaaahmt.
Die alte Stute wird zum letzten Mal besaaahmt.
Die alte Stute wird zum letzten Mal besaaahmt.
Die alte Stute wird zum letzten Mal besaaahmt.
Kuriose Dinge geschehen auf der Bühne des Schauspielhauses Bochum. „Mendy - Das Wusical“ ist ein schmetterndes Kasperltheater, dessen debile Perfektheit schnell mit dem übereinkommt, was man von Helge Schneider sonst gewohnt ist. Das ist köstliche Unterhaltung für die einen, während andere auf dem Boden zerstört mit dem Kopf schütteln. Ein Zuckerschlecken!
„Boah, datt die datt zur Kinderstunde zeigen! Watt machn die denn da? Wo steckt er ihr datt denn rein? Hab gar nicht gewusst, datt datt geht...“
Freitag, 22.07.2005/20:45 - 22:45 Uhr
#806
Geschrieben 02. August 2005, 11:56
Regie: Paul Morrissey
Liebes Tagebuch...
Tragisch poetisches Horrordrama, daß viel Grund zur Freude bereitet, wenn man kein Problem mit Arthouse-Exploitation hat. Wovon ich jedoch abrate: dem Film nach durchzechter Nacht eine Chance zu geben (seltsamer Weise bei mir immer der Fall). Udo Kier reagiert, wie sicher so manch einer schon miterleben durfte, etwas heftig auf das unreine Blut, das ihm ständig untergejubelt wird. Seine Figur ist aber auch ohne dieses elendige und ständige Erbrechen grenzenlos tragisch, was die Wirkung des Filmes auf seine Zuseher nachhaltig beeinflusst.
„Andy Warhols Dracula” ist ein Meisterwerk, welches auch nach mehrmaligem Ansehen, Freude, Ekel, Begeisterung, Überraschung und Faszination bieten kann. Extrem ungewöhnlich gelungen. Nicht mal gut im eigentlichen Sinne, weil teilweise zu billig, teilweise zu langweilig, teilweise zu strange, aber im Ganzen herrlich.
Sonntag, 24.07.2005/15:20 - 17:05 Uhr
#807
Geschrieben 04. August 2005, 11:43
Regie: Hartmut Griesmayr
Liebes Tagebuch...
Ein Italiener wird erschossen. Ein brisanter Fall. Schließlich gehört er einer in Italien alteingesessenen Mafiasippschaft an. Weitere Fragen türmen sich auf: War er ein Auftragskiller und wurde bei der Ausführung seines Auftrages erschossen? Stammt der Mörder aus seiner eigenen Familie, weil er für diese nicht mehr tätig sein wollte? Was hat seine Freundin damit zu tun, die er noch, kurz bevor er ermordet wurde, verlassen hatte? Diese Fragen beschäftigen nicht nur Dich, liebes Tagebuch, sondern auch Kommissar Bienzle, der seine Fälle mit gleicher Gelassenheit trägt, wie seine Hüte.
Felix Hubys Drehbuch ist nicht nur kurzweilig und spannend, sondern steckt auch voller Lokalkolorit, was einem des Öfteren ein Schmunzeln bereitet. Als Gesamteindruck liefert dieser Film ein positives Bild ab. Er ist nicht weltbewegend, langweilt aber auch nicht. Ein wenig enttäuscht nur das an den Haaren herbeigezogene Ende, welches zu konstruiert wirkt.
Zum Schluß noch der Standartdrehbuchclou eines jeden TV-Krimis. Die Einbindung des privaten Umfelds des Kommissars in den Fall: Der Sizilianer wird just in der Nähe des Örtchens erschossen, wo die Frau Kommissar Bienzle zu Kur ist und der Herr Kommissar Bienzle zwischen Pizzeria und Schweinebraten ständig grübeln muß, ob er sie zwischen frischem Salat und Knäckebrot besuchen soll oder nicht.
Sonntag, 24.07.2005/20:15 -21:45 Uhr
#808
Geschrieben 07. August 2005, 12:56
Regie: Steven Spielberg
Liebes Tagebuch...
Steven Spielberg ist zum Sadist geworden. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen er in sämtlichen Genres gefühlsbetonte Schmonzetten drehte oder einfach nur gut kalkuliertes Popcornkino inszenierte. Selbst in „Der Soldat James Ryan“ überwog nach dem harten Beginn die emotionale Geschichte und „Jurassic Park“ ist Unterhaltungskino in Reinkultur. So ein T-Rex-Angriff hat es einfach in sich. Es wird sich sicher niemand finden, der diese vor Spannung knisternde Szene nicht genießen konnte, es sei denn er fand „Jurassic Park“ von Haus auf Scheiße.
Die Umstände hätten für Steven Spielberg nicht besser sein können. Sein lang geplantes Wunschprojekt über einen feindlichen Angriff aus dem All konnte er zur richtigen Zeit realisieren. Jetzt, wo Filme bevorzug düster gestaltet werden, zog auch Spielberg eine Kiste voller schauerlicher Ideen hinter dem Ofen hervor und flugs wandelte er den „Independence Day“ zu „Schindlers Liste“ um. Von Beginn an ist in „Krieg der Welten“ die bedrückende Atmosphäre hautnah spürbar. Die Kameraführung ist gekonnt schmucklos und bewußt häßlich. Tom Cruise ist der perfekte Antiheld. Sorglos, antiautoritär und egoistisch. Jedoch kein Unsympath.
Es dauert nicht lange, bis die dunkle Bedrohung, die laut Werbespruch längst schon unter uns ist, angriffslustig wird. Hier zeigt Spielberg wie böse man so eine feindliche Übernahme gestalten kann. Bald werden im Sekundentakt Menschen eingeäschert, während die anderen panisch kreischend und heulend um ihr kleines, armseliges Leben rennen. Das Spezialeffekte-Team, die Leute hinter der Kamera, am Schneidetisch und am Mischpult geben der Apokalypse dann den fiesen Feinschliff. CGI-Effekte sind als solche nicht mehr erkennbar. Die Klangkulisse geht, wie im viktorianischsten Spukhausfilm, durch Mark und Bein. Die Kamera treibt perverse Spiele in dem sie sich zum Beispiel schier unermüdlich um Tom Cruises Auto drehen muß. Auch Herr Spielberg selbst versetzt mit seinen Ideen dem Zuschauer diverse Tritte in den Magen. Ich erinnere da an die herabschwebenden Kleidungsstücke, die gerade noch von x-beliebigen Menschen getragen wurden, an die brachiale Methode wie die Zua’groaßten ihr frisch erobertes Territorium zu düngen pflegen oder an die Leichenberge, auf die Roland Emmerich in seinem „Day after Tomorrow“ noch verzichtete. Spielberg muß alle seine Ideale verloren haben. Wie sonst konnte dieser verstörende Film zu Stande kommen? Hoffentlich läßt er sich nicht gerade von seiner Frau scheiden.
Aber Spielberg ist auch nur Spielberg, und irgendwo muß der gute Herr ja auch mal wieder Land gewinnen. So kam es, daß „Krieg der Welten“ in der letzten halben Stunde etwas die Luft ausgeht. Die Szenen im Keller von Tim Robbins will ich noch gar nicht kritisieren, auch wenn sie sicher an „Signs - Zeichen“ erinnern. Schon allein wenn ich daran denke, was Tom Cruise da unten veranstalten muß, finde ich diesen Part des Filmes vollkommen gerechtfertigt. So, wo war ich jetzt? Genau, bei der Luft, die in der letzten halben Stunde ausgeht. Je handlungsunfähiger die Außerirdischen werden, je mehr verliert der Film an Drive. Ein Umstand, den man so ja noch akzeptieren kann. Als aber die Menschen die Oberhand gewinnen verströmt der Film aber zu viel von bratzigem militaristischem Heroismus und John Williams spielt auf, als wollte er sich mit Heldenfanfaren für die bislang so wirkungsvolle Deprimusik entschuldigen. Daß Spielberg zum Schluß wieder ein, wenn auch kleines, Loblied auf die von ihm so gern zitierte Familie singt, finde ich nicht mal so falsch. Klischeebesudelte Standartsituationen konnte er da meines Erachtens noch geschickt umfahren. Zurück bleibt ein schockierendes Kinoerlebnis mit brachialer extraterrestrischer Angriffswut, wobei nicht mal vergessen wurde, die Aliens samt ihrer Gerätschaften noch ein wenig klassisch im Stile eines Sci-Fi-Horrors der 50’er Jahre aussehen zu lassen.
Ich weiß nicht, was ich von Spielbergs nächstem Projekt halten soll. Wie soll man das Olympia-Attentat in München ordentlich umsetzen? Sicher dokumentarisch gestaltet und auch schockierend, inklusive Appell an die Menschlichkeit mit einer deftigen Moralpredigt. Spielberg, ich weiß nicht, ob mir das gefallen kann. Soviel Engagement könnte nach hinten losgehen...
Dienstag, 26.07.2005/21:30 - 23:30 Uhr
#809
Geschrieben 07. August 2005, 21:14
Regie: Jean-Louis Richard
Liebes Tagebuch...
Mata Hari (Jeanne Moreau), Nachtclubsängerin und Spionin, geschieht das, was einer Frau in ihrer Position niemals geschehen darf: Sie verliebt sich in einen Mann, den sie zu allem Übel auch noch auskundschaften muß. Hin- und hergerissen zwischen Pflicht und Hingebung steht sie bald zwischen den Fronten.
Nach einem Drehbuch von Francois Truffaut und Jean-Louis Richard entstand diese Version über die geheimnisvolle Tänzerin in der Hochzeit des europäischen Kinos. Das sieht man dem Film auch deutlich an. Viele unkonventionelle Ideen vermischen sich mit einem recht simpel gestrickten Plot. Von tiefschürfender Dramatik ist hier nicht die Rede. Vielmehr dominieren einfach gehaltene Handlungsfäden die Inszenierung. An manchen Stellen sprüht der Einfallsreichtum aber aus allen Löchern. Dann zum Beispiel, wenn wir Mata Hari zum ersten Mal auf der Bühne beim Auftritt sehen. Alle Herren in der ersten Reihe machen sich Notizen für die Zeitungsartikel, die sie der unnahbaren Schönen widmen möchten, während einer aus ihrer Choreographie einen Zahlencode liest und diesen niederschreibt. Im Verlauf des Filmes finden sich solche kleinen Schätze immer wieder und bringen die sonst an sich recht schlichte Verfilmung zum Glänzen.
Donnerstag, 28.07.2005/20:45 - 22:20 Uhr
#810
Geschrieben 07. August 2005, 22:43
Regie: Uwe Langmann
Liebes Tagebuch...
Ein junger Mann (Michael Tierse) tritt nach dem Regen eine lange Reise an. Auf dieser Reise, so hofft er, wird er Antworten auf all seine Fragen bekommen. Doch die erhofften Antworten bleiben aus. Das einzige, was er findet, ist die Leere.
In statischen Bildern voller Melancholie begleitet der Zuschauer den Hauptdarsteller auf dessen Reise. Mit voranschreitender Zeit erkennt man, wie die Leere ihn umklammert, obwohl er sich an ganz und gar unleeren Orten bewegt. Ganz klar, Schauplatz der Handlung ist nicht London und wir gucken auch nicht „28 Days later“, aber auch hier, an weitaus unspektakuläreren Plätzen, muß es schwer gewesen sein, ein dermaßen menschenleeres Bild einer eigentlich bewohnten Welt abzulichten. Dem Film gelingt das auf sehr gute, bedrückende Weise.
Wenn sich am Ende des Filmes die inhaltliche Klammer schließt und man das ganze Ausmaß dieser zum Standbild verdonnerten, sonst belebten Welt begreift, hat man mehr als ein kurzes „Aha!“ vor dem geistigen Auge. Man ist getroffen, betroffen, von den eindrucksvollen Bildern besoffen.
Sicher kann man sagen, man hätte so manches in weitaus höher angelegten Filmen schon mal gesehen/gehört. Egal ob „Eyes Wide Shut“-Musik oder „Irrevesibel“-Flimmern, die übernommenen Ideen schaffen es, die Aussage von „Nach dem Regen“ zu unterstreichen, ohne als bloße Nachahmung abgestempelt zu werden. Gilt für mich persönlich für das „Irreversibel“- Filmmern, was auf wirklich schöne Weise fortgeführt wird.
Bin echt überrascht und sage dazu, daß kein Wort hier auf spekulativer Schleimerei basiert.
Kritik: Ich wünschte, der komplette Film wäre in Widescreen produziert worden. Vollbild ist out.
Mittwoch, 03.08.2005/18:30 - 18:55 Uhr
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