Geschrieben 22. November 2003, 12:16
„Mein letzter Film“ (GER 2002), TV (Das Erste);
Regie: Oliver Hirschbiegel
Liebes Tagebuch...
“Wenn das hier kommt, müßte schon Prime Time sein.“
Was für eine ambitionierte Idee vom Ersten Deutschen Fernsehen, diesen preisgekrönten, aber genau so sperrigen Film zur besten Zeit zu senden. Das letzte Mal gab’s das beim „Totmacher“, und das ist schon einige Jährchen her. Aber diese Ambitioniertheit ist aber eine sehr scheinheilige Welche. Schließlich läuft im ZDF Fußball-EM-Qualifikation. So hat man sich wohl gedacht, wo keine Quote ist, kann man diese auch nicht killen.
Marie Lorenz engagiert einen jungen Kameramann, der ihre Lebensbeichte auf Video festhalten soll. Unverblümt und schonungslos rechnet sie mit ihrem bisher gelebten Leben ab und wird am Ende ihresletzten Filmes dieses verlassen haben. Ob tot oder lebendig soll an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden.
Anfangs ist dieses Werk wirklich gewöhnungsbedürftig. Hannelores Elsners Monolog knistert so sehr nach Papier und Drehbuch, daß nicht klar wird, was die Figur der Marie Lorenz erzählen will, und vor allem, wie? Soll dies frei gesprochen wirken? Nimmt sie die Inszenierung ihres letzten Filmes fest in die eigene Hand, überläßt nichts dem Zufall und weiß genau was sie sagen will? Oder hab ich als verwöhnter Zuschauer nur ein Problem mit den einfachen und wahrhaftigen Mitteln, mit denen ein Großteil dieses Werkes gemacht wurde, wo der Text und dessen Hauptfigur so extrem dominant im Mittelpunkt stehen, daß alles andere nicht mehr wichtig ist?
Dieses Hadern ist aber schnell überwunden. Zu mitreißend sind die, wie ich mittlerweile erkannt habe, scheinbar wahllos zustande gekommenen Geschichten. Hannelore Elsner läuft zur Hochform auf. Beeindruckend das ist. Und dadurch, daß die Videokamera auch das Auge des Zuschauers ist, bekommt der Film genau diese beklemmend nahe Pseudo-Realität, die auch, sorry wegen des Genre-Wechsels, das „Blair Witch Project“ besitzt.
Umklammert wird diese Videoaufzeichnung von einer kurzen Rahmenhandlung, die mit Filmkameras gedreht wurde und dem Zuschauer noch ein bißchen vertrautes Filmfeeling verdeutlicht. Ob dieser Kompromiß nötig gewesen wäre oder ob man auch einfach auf diese Klammer hätte verzichten können, wäre sicher eine Diskussion wert. Aber nun ist es ja nicht mehr abänderbar.
„Mein letzter Film“ erwieß sich übrigens doch noch als echter Quotenkiller. 1,81 Millionen (5,7 Prozent Marktanteil) zeigen, daß wirklich nur wenige sich auf diesen Film einlassen wollten, was ich sicher hier mal als Kompliment auffassen würde. So waren hier prozentual sicher viel weniger Zuschauer dabei, die einen verschenkten Fernsehabend davontrugen wie es bei einer Massensendung der Fall gewesen wäre.
Mittwoch, 19.11.2003/20:15 - 21:45 Uhr
Out of Signature.