The Room-Files
#361
Geschrieben 10. März 2004, 13:01
Regie: Renato Polselli
Liebes Tagebuch...
Unübersehbar bei diesem Film ist, wie der Regisseur seine Schauspieler führt. Scheinbar ist er nur zufrieden, wenn sie regungslos, ja fast schon statisch seine/ihre überdramatisierten Dialoge aufsagen.
Dieser künstliche, aber auch kunstvolle Flair steht in guter Kombination mit den wirklich atemberaubenden Schnittabfolgen und obsessiven Schmuddeleinlagen, die stets mit durchgeknallten Musikeinlagen untermalt sind, die einfach glücklich stimmen müssen. Besonders ins Herz geschlossen habe ich das Lied, welches schon im Vorspann vermittelt, wie es sich anhört, wenn man mit Händen, Füßen und dem Gesicht gleichzeitig Orgel spielt.
Wenn man dem Film aber eine allzu ernsthafte Synchro verpaßt, kommt mit Sicherheit das heraus, was bei der deutschen Selbigen wohl passiert sein muß.
Leider war ich totmüde, bin huntermal eingeschlafen, mußte ebenso oft zurückspulen, hab zwei Stunden gebraucht bis ich durch war und bin dann, nicht aus Müdigkeit, sondern aus Protest, ins Bett gegangen...
Dienstag, 09.03.2004/in der Zeit zwischen 18:40 - 20:40 Uhr (100 Minuten)
#362
Geschrieben 14. März 2004, 11:49
Regie: Vicco von Bülow
Liebes Tagebuch...
Meisterlicher Humor zeichnet das Kinodebüt Vicco von Bülow’s als Regisseur aus. Was war auch anderes zu erwarten? Da stört es auch nicht weiter, daß der Film die eine oder andere inhaltliche Schwäche und ein zu abruptes Ende hat. Es ist dann zwar alles gesagt, aber trotzdem scheinen die Credits an der falschen Stelle zu kommen.
Das Wiedersehen nach vielen Jahren hat mich sehr gefreut. Die Wortklaubereien sollen mir ein Ansporn sein...
Donnerstag, 11.03.2004/18:50 - 20:15 Uhr
#363
Geschrieben 14. März 2004, 11:52
Dirigida por Jesús Franco
Liebes Tagebuch...
Nachdem ich ja dem Spanischen nicht wirklich mächtig bin, blieb mir gar nix anderes übrig, als mich heute mal auf die Musik und die Bilder, dieser Bram Stoker gerecht werden wollenden Dracula-Verfilmung aus dem Hause Towers/Franco zu konzentrieren.
Und bei der Musik von Bruno Nicolai bin ich sicher: Dies ist einer der besten Scores, die es in dem Genre zu hören gibt. Kraftvoll heraufquellende, wie Blut pulsierende Töne erklingen in meinen Ohren. Eindeutig, diese Musik schafft es, den Film fast allein zu tragen. So kann man sich doch glatt beim Gruseln erwischen, wenn man dem naiven Flair etwas entgegentritt und offen ist für Spinnenweben, Fledermäuse und Wolfsgeheule.
Von Seiten Francos gibt es dann wieder so zweifelhafte Dreingaben, wie spontan hergezauberte Zooms auf die versteinerten Gesichter von Christopher Lee und Herbert Lom, einen permanenten Schattenwurf der Kamera als Klaus Kinski sein Mittagessen an die Wand schmiert sowie extrem auffällige Tag/Nacht-Kontinuitätsfehler.
Wem diese Defizite egal sind, beziehungsweise ihr Dasein begrüßt und ihnen die Chance gibt, sich in das B-Film-Geflecht einzufügen, wird in der Nacht, wenn Dracula erwacht eine gute Zeit verleben.
Was man dem Film wirklich zu Gute halten muß, ist, daß er der Schauergeschichte von Bram Stoker so nah wie möglich kommen will und sich wohl deshalb am Ende mit etwas unsinnigen Nebenhandlungen die Zeit vertreibt. Des Weiteren freut man sich über bestaunenswerte Anzahl von bekannten Gesichtern. Neben den bereits erwähnten Herren Lee, Lom und Kinski sind im Angebot enthalten: Fred Williams, Jack Taylor, Paul Müller, Jess Franco, Maria Rohm und Soledad Miranda.
Die deutsche Fassung des Filmes ist gute 12 Minuten kürzer.
Samstag, 13.03.2004/09:15 - 10:45 Uhr
#364
Geschrieben 14. März 2004, 19:54
Regie: Ingmar Bergman
Liebes Tagebuch...
Ein hartes Stück Film hat Ingmar Bergman hier abgeliefert. Zwei Schwestern begleiten ihre Dritte auf deren Weg in den Tod. Um dieses Ereignis herum spinnt der Regisseur ein Netz aus Rückblenden und Alpträumen, welches alsbald erschreckende Ausmaße annimmt. Dabei bedient er sich rücksichtslos an Elementen aus dem Horrorgenre. Was sonst für wohliges Gruseln wirkt, wird hier zum Element eines beinharten Drama’s, dem man als Zuschauer um einiges verletzlicher gegenübersteht.
Ganz großes Lob an Ausstattung und Kameraführung, die für optische Strenge sorgen und es schaffen den üppigsten Bildern das größtmögliche Ausmaß an Nüchternheit zu verleihen. Einfach nur fantastisch ist dieses unendlich schöne Rot, daß fast durchgehend in den Dekors zu finden ist - und das, obwohl ich rot eigentlich hasse.
„Schreie und Flüstern“ ist keine leichte Hürde, aber man geht, ob der Gelungenheit des Filmes den beschwerlichen Weg gerne, begleitet das schlimme Sterben der Schwester (tut besonders weh, wenn man ähnliches schon mal selbst sehen müßte) und erbleicht um so mehr, wenn die Totgeglaubte wieder „zurückkehrt“...
Ich bin verschreckt, getroffen und gleichsam begeistert.
Samstag, 13.03.2004/13:00 - 14:30 Uhr
#365
Geschrieben 14. März 2004, 23:09
Regie: John Hamburg
Liebes Tagebuch...
Wenn Mr. Room unbedingt ins Kino will und ihm ein mageres Kinoprogramm gegenübersteht, kann es schon mal passieren, daß es ihn in eine normale Komödie treibt. Leider entpuppte sich die anscheinend normale Komödie als total verklemmtes Beziehungsfilmchen. Jedenfalls hätten die Siebtklässler, die vor kurzem etwas desorientiert in „Was nützt die Liebe in Gedanken“ saßen, hier perfekt reingepasst.
Alles beginnt mit einer Hochzeit (Nein, bitte keine Hochzeit!!!!). Ben Stiller heiratet ein Nullgesicht, welches ihm in den Flitterwochen schon untreu wird. Alsbald tritt Jennifer Aniston in Gestalt von Polly in das Leben des enttäuschten Hochzeitsbockes und macht einen auf Affäre, während er abermals vom Traualtar träumt (Nein, bitte nicht noch eine Hochzeit!!!!).
Das ist alles so verdammt harmlos, unspektakulär, vorhersehbar und altbekannt, daß man unentwegt den Kopf schütteln könnte. Um nicht komplett in einer Manhattan Love Story zu versickern, werden noch Dreingaben mit beigemischt, die sich nur allzu gerne an „Verrückt nach Mary“ anlehnen würden. Hier zu erwähnen wäre noch das recht niedlich und witzige blinde Frettchen, was ständig irgendwo gegen läuft. Was wirklich verkrampft und gezwungen wirkt, sind die, auf gut Deutsch gesagt, vollkommen deplatzierten Kack- und Furzwitze. Verwunderlich ist nur, daß nicht gerülpst und nur im Off gekotzt wurde. Des Weiteren gehen so viele Gags in die Hose und so viele Szenen laufen ins Leere, daß der Geruch eines toten Lachens immer und immer wieder durch den Saal zog. Im Hinblick auf seine ehemalige Filmpartnerin Cameron Diaz hat nun auch Ben Stiller sein ganz persönliches „Super süß und super sexy“. „...und dann kam Polly“ ist zwar bei Weitem nicht so nervig, kann sich aber problemlos als verlogenes und pastellfarbenes Ami-Gegrütze bezeichnen lassen.
Ben Stiller ist gefangen in einer spießigen Rolle und hat kaum Chance ausbrechen.
Jennifer Aniston habe ich heute zum ersten Mal gesehen.
Alec Baldwin ist unmöglich.
Bryan Brown ist nur ein Klischeekonstrukt des Drehbuchs und keine wirkliche Figur.
Philip Seymour Hoffman ist auch nur gut weil er dick ist.
Das positive des Kinobesuches: Ich bekam einen schönen Werner-Herzog-Film (ausgeliehen) und habe, man höre und staune, Pierre Geißensetter auf dem Klo getroffen.
Samstag, 12.03.2004/18:05 - 19:35 Uhr
#366
Geschrieben 17. März 2004, 23:21
Regie: Werner Herzog
Liebes Tagebuch...
Dies war der dritte Spielfilm von Werner Herzog, den ich sehen durfte, wobei ich „Nosferatu - Phantom der Nacht“ ausklammern möchte, da dies schon zu viele Jahre her ist. So ist’s quasi der zweite Herzog, der mir in die Quere kommt, meine aber zu merken, daß es sich bei Herzog um eben so einen verrückten Menschen handelt, wie es Kinski einer war, auch wenn Herzog nach außen hin wirkt, wie der nette Nachbar, der in der Früh um halb acht Brötchen für seine Frau beim Bäcker kauft.
Es scheint mir, als werde Herzog von unheimlichen Energien getrieben. Das verdeutlicht schon allein das Spektakel, das er für „Fitzcarraldo“ veranstalten ließ. Auch hier bei „Stroszek“ stürzt er sich kopfüber ins unglaublich kalte Wasser. Der Film gibt sich als scheinbar nebenher gefilmtes Sozialdrama, in dem die Laiendarsteller und Schauspieler improvisierte Texte und spontane Situationen in eine feste Handlung rüberbringen sollen. Für so ein Unterfangen einen Zuschlag zu erhalten, ist unmöglich. Auch weil der Leading Man nicht das eigentliche Talent zum Hauptdarsteller hat. Wie gut, daß Werner Herzog seinen Film alleine auf die Beine stellen konnte und dem Zuseher ein ungewöhnliches Erlebnis garantiert.
„Stroszek“, gehalten in unglaublich nüchternen und häßlichen Bildern (verdammt, sind die Drehorte scheußlich) könnte man sicher ohne Ende niedermachen. Aspekte wie, „Der Hauptdarsteller ist offensichtlich schlecht“/„Die Akteure stehen immer wieder der Kamera im Wege“/„Die Geschichte ist unglaubwürdig“ liegen nahe. Doch genau diese Merkmale im Zusammenprall mit urfilmischen Elementen machen die Stärke des Filmes aus. Herzog will Ausschnitte aus dem Leben zeigen und es sollte klar sein, daß da nicht alles perfekt aussehen/funktionieren kann. Aber die Behauptung, es handle sich hier um einen gespielten Dokumentarfilm geht zu weit, wobei „Stroszek“ eindeutig in diese Richtung schielt.
Wirklich groß sind folgende Ereignisse:
Bruno Stroszek singt in einem Berliner Hinterhof.
Die Aussteiger reisen von New York aus aufs Land. *Tränenalarm*
Herr Scheitz trifft auf die zwei Jäger.
Die Versteigerung des Wohnwagens.
Mutiger, ungewöhnlicher, unbequemer und, auch wenn er es nicht sein will, großer Film von Werner Herzog. Und auf den Film rückblickend schließe ich so, wie ich begann: Herzog muß verrückt gewesen sein.
Sonntag, 14.03.2004/13:00 - 14:50 Uhr
#367
Geschrieben 18. März 2004, 20:37
Regie: Walter Bannert
Liebes Tagebuch...
Beim Orgelspielen auf einer Kirchenorgel im Zuge eines Orgelwettbewerbs wird ein Orgelspieler vor einer Orgelpfeife erschlagen. Galt der Anschlag dem angereisten Bischoff (nicht der Visconti-Helmut-Berger)?
Lange habe ich keinen so uninteressanten Fernsehkrimi mehr gesehen. Gähnende Langeweile machte sind schnell in den kalten Klostermauern breit. Die Personenkonstellationen, die dieser Film auftischt, erscheinen unausgegoren und oberflächlich und bedienen nur die gängigen Klischees. Von Haus auf versteht es sich, daß sich alle Orgelschüler spinnefeind sind, ihre Lehrer auch und der anwesende Klerus ist auch mehr als verschlossen. Irgendeiner ist’s dann auch gewesen, der die tödliche Orgelpfeife fallen ließ. Diesen schnappt sich der Krassnitzer, der ebenfalls unterkühlt im Gemäuer vor sich hinsauert.
Jetzt, wo die Handlung schon recht öde war, kommt noch die lahme Inszenierung hinzu. Kein Tempo, keine Höhepunkte, nichts, was den Zuschauer überraschen könnte, wird geboten. Ein blasser Film.
Ps.:
Sich bewegende Credits sind zwar schön, aber längst out.
Immerhin waren die das Aktivste in diesem Film.
Sonntag, 14.03.2004/20:15 - 21:45 Uhr
#368
Geschrieben 20. März 2004, 17:59
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
In vielerlei Hinsicht ist „Faceless” ein Glücksgriff. Erkennbar daran, daß dies eine Auftragsarbeit war, bei der der Produzent, in diesem Falle René Chateau, die Zügel fest in der Hand hatte. Das hatte zur Folge, daß Jess Franco’s Experimentierfreudigkeit eingeschränkt werden konnte und daß mit dem ebenfalls von Chateau verfassten Drehbuch bereits ein festes Gerüst zur Verfügung stand, welches nur noch gefüllt werden mußte. Und hier kommt dann wieder Jess Franco ins Spiel, der trotz des vorgegebenen Rahmens viele persönliche Aspekte in den Film mit einbringen konnte. Dominante, herrschende Frauen und unterwürfige, diverser Sinnesorgane entledigter Männer fallen ebenso auf, wie viele Szenen in denen äußerst elegant Voyeurismus betrieben wird. So herrscht eine gediegene Balance zwischen den Absichten die die Herren Chateau und Franco verfolgten. Chateau bekam seine herben Splatterszenen, die schon fast der Direktheit eines Lucio Fulci’s entsprechen und Franco boxte sich ein paar Freiheiten heraus, durfte das Drehbuch abändern, brachte einen, für die Handlung nicht weiter hilfreichen, aber ungleich charmanteren Auftritt von Howard Vernon und Lina Romay als Ehepaar Orloff mit ein und verpaßte dem Film ein wirklich böses Ende. „Faceless“ bringt eine überaus gelungene Symbiose zwischen Regisseur und Produzent zu Tage. Kleine logische Ungereimtheiten im Drehbuch sind da schnell verziehen, auch weil hier viel Talent in Sachen Spannungsaufbau bewiesen wurde.
Ich finde auch den Einsatz von Humor ganz gelungen. Da wäre der immer wiederkehrende Witz mit Chris Mitchum erwähnenswert, der erfahren muß, daß in keinem Büro, welches er betritt, geraucht werden darf. Sogar sehr mutig ist die Figur des Leiters des Fotoshootings von Caroline Munro, dessen Überreaktionen einem Klamaukfilm entsprungen sein könnten welche sicher noch heute den einen oder anderen Zuschauer verschrecken oder zu Tode nerven. Helmut Berger (diesmal der Visconti-Berger) ist sehr charismatisch und herrlich großkotzig, auch wenn er manchmal etwas zu viel herumtänzelt, ähnlich wie damals bei Biolek in der TV-Küche. Telly Savalas ist saucool, Caroline Munro herrlich (festbetoniert in den 80’ern), Stephane Audran wunderbar dramatisch, Brigitte Lahaie erfreut allein durch ihre Anwesenheit und Anton Diffring als Nazi-Arzt Karl Moser ist ein diabolischer Genuß. Ihn habe ich ja im Laufe des letzten Jahres immer wieder per Zufall getroffen („Tusk“/„Valentino“/„Hexen, geschändet und zu Tode gequält“) und mich dann immer auf „Faceless“ bezogen, so daß er schon fast zum Running-Gag in den Room-Files wurde.
„Faceless“ bleibt eine Ausnahme im Schaffenswerk Franco’s, dem ich eine ähnliche Eleganz wie „Jack the Ripper“ zusprechen möchte. So schön auch Franco’s spontane Filme manchmal sein mögen, so schade ist es, daß er auf zu wenige Produzenten traf, die einerseits genügend Geld zur Verfügung stellten und anderseits mit Argusaugen über deren Verwendung gewacht haben.
Mittwoch, 17.03.2004/20:00 - 21:40 Uhr
#369
Geschrieben 21. März 2004, 19:56
Regie: Federico Fellini
Liebes Tagebuch...
Opulent, üppig und dekadent sind die Eigenschaften, die Fellini’s Querschnitt durch die römische Gesellschaft beinhalten. Diese anscheinend vollkommen übersättigte Gesellschaft ist ziemlich beängstigend gezeichnet. Sie wirkt wie überreife Früchte, welche schon längst vom Baum gefallen sind oder wie verwesendes Fleisch, in der Sonne liegend.
Nur der Hauch einer Handlung wird geboten, dazu gesellen sich diverse, manchmal wiederkehrende Nebenhandlungen und protziges theatralisches Beiwerk, so daß dieser Film schier aus allen Nähten zu platzen droht. Kein Wunder, daß sich während dieser permanenten Reizüberflutung schnell das Gefühl des Überdrusses breit machen kann. Ich selbst kam mir nicht umsonst etwas im Stich gelassen vor, denn die andauernde Flut von fressenden, geifernden und kopulierenden Mythologiegesichtern kann wirklich dazu führen, daß man auf Durchzug schalten und den Film teilnahmslos an sich vorüberziehen lassen könnte.
Und was sehe ich da? Als sich der Herr mit der riesigen Bullentonne auf dem Kopf selbige vom Haupt reißt, steckt doch tatsächlich George Eastman drunter. Na, daß nenn’ ich doch mal ’nen coolen Auftritt!
Samstag, 20.03.2004/08:40 - 10:45 Uhr
#370
Geschrieben 21. März 2004, 22:24
Regie: Gus van Sant
Liebes Tagebuch...
„Psycho“ ist einer der wenigen Filme, die ich seinerzeit ( ) zweimal hintereinander sah. Und beide Male war ich hellauf begeistert, bin es sogar heute noch. Auch wenn mir die Existenz dieses Filmes ziemlich fragwürdig erscheint und ich nicht genau weiß, was die Macher von ihrem Publikum erwarteten, als sie „Alfred Hitchcock’s Psycho“ 1:1 kopierten.
So schießt sich der Film quasi selbst aus dem Rennen ist aber dennoch ein kurioses Experiment geworden, welches aus qualitativer Sicht vollkommen gelungen ist. Wie könnte es auch anders sein, wenn man alles 1:1 übernimmt, die hitchcock’schen Gimmicks sanft aber effektiv aufpoliert und mit paar kniffigen Tricks frischen Wind in das modrige Motel von Norman Bates bringt. Gus van Sant’s „Psycho“ ist zwar knallbunt und technisch ziemlich modern, sitzt aber noch immer in dem, aus heutiger, Sicht harmlosen Gerüst des Filmes von 1960.
Dieser Film schadet weder seinem Vorbild, noch blamiert er sich mit pseudomoderner Neuinterpretation. Er will der Zwilling sein, der 40 Jahre später das Licht des Kinoprojektors erblicken darf. Und diese Situation ist um einiges erfreulicher als es bei manch anderen Remakes der Fall war, ist und sein wird.
Samstag, 20.03.2004/14:00 - 15:40 Uhr
#371
Geschrieben 23. März 2004, 22:13
Regie: Richard Kelly
Liebes Tagebuch...
Mein zweites Treffen mit Donnie Darko. Auch heute begleitete mich eine unheimliche Faszination durch das scheinbar undurchschaubare Zeitpuzzle. Natürlich verfolgte ich, da ich den Film ja schon kannte, das Geschehen genauer und aufmerksamer als beim ersten Male, um möglichst viele Hinweise zu erkennen und zu verarbeiten. Da ich diesen Vorsatz nicht hundertprozentig einhalten konnte, genoß ich wenigstens die vielen Passagen, die wirklich mit einem geschickten Händchen komponiert worden sind. „Donnie Darko“ hat Zeit, diverse eingespielte Songs möglichst lange ans Ohr des, in diesem Falle, Zuhörers zu bringen. Ein kleiner Luxus den sich viele andere Filme nicht herausnehmen und ihre Lieder nach den ersten Takten schon abwürgen.
Wunderschönes, aufregendes Mystery-Kino, daß mir ordentlich an den Nerven kitzelt.
Sonntag, 21.03.2004/15:20 - 17:15 Uhr
#372
Geschrieben 23. März 2004, 22:13
Regie: Oliver Herrmann
Liebes Tagebuch...
Das größte Manko dieses Filmes ist die Technik, mit der er gemacht wurde. Bildgewalt läßt sich mit normalen TV-Kameras nie erreichen. So gibt Regisseur Oliver Herrmann seine skurillen, bizarren und tiefgreifenden Bilder der Lächerlichkeit preis. Sämtliche künstlerische Bemühungen verpuffen im Nirvana.
Braucht's daß, frage ich mich? Denn immerhin wurde den Teilen des Filmes, die digital nachbearbeitet oder digital erstellt wurden, jegliche Art von TV-Ästhetik entzogen. Genau wegen diesem optischen Unterschied sind das die stärksten und am schönsten zu betrachtenden Szenen von "Le Sacre du Printemps". "Warum wurde diese Technik nicht auch auf die normal gefilmten Szenen ausgeweitet?", fragte Mr. Room anklagend.
"Le Sacre du Printemps" ist im Ansatz sehr ambitioniert, vor allem weil er sich nach der bereits bestehenden Musik von Igor Strawinsky richten muß. Verständlich, daß dies eine Aufgabe zum Haareraufen ist. Falsch ist es übrigens, den Film als Stummfilm zu bezeichnen. Er weißt kein Merkmal dieses vergessenen Genres auf, will sich auch nicht den Regeln des Stummfilms unterordnen, sondern verzichtet lediglich auf Dialoge und Geräusche und hat schlicht und ergreifend als Tonspur Strawinsky's Musik im Angebot.
Der Film handelt von vier Menschen die unabhängig voneinander in eine Voodoo-Vision hineingebeamt werden und dort einen mehr oder weniger schlimmen Alptraum erleben. Die Interpretation der restlichen Bilder bleibt dem Zuschauer überlassen, was sich als kein so leichtes Unterfangen darstellt, denn die Mord-und-Totschlags-Phantasien des Regisseur erscheinen undurchschaubar - und außerdem sind sie häßlich, wegen der dominierenden Scheiß-TV-Optik.
Weiß jemand, warum Oliver Herrmann im letzten Jahr verstorben ist?
Sonntag, 21.03.2004/17:30 - 18:05 Uhr
#373
Geschrieben 24. März 2004, 20:07
Regie: Hans Werner
Liebes Tagebuch...
Der Polizeiruf aus Halle feiert Jubiläum. Ob es nun 25 Jahre, 25 Folgen oder 25 Bratwürste sind, weiß ich nicht ganz genau. Jedenfalls stand endlich mal wieder ein Krimi von echtem Schrot und Korn auf dem Programm. Ein Mord, jede Menge Verdächtige und ein Kommissarenpäärchen (Jaecki Schwarz/Wolfgang Winkler), daß mit seinen privaten Kapriolen, dem Zuschauer die Zeit zwischen den Ermittlungen versüßt. Dazu gibt es Michaela Schaffrath, die den Eröffnungsfick anführt. Nur eine computergenerierte Explosion kann diesen untreuen Vorgang beenden. Frau Schaffrath bleibt die totale Versündigung vorenthalten, denn jemand hat zur falschen Zeit am richtigen Ort auf eine Klingel gedrückt und damit austretendes Gas entzündet. Das stört die Frau im Keller des brennenden Hauses wenig, denn sie liegt schon seit Nachmittag tot zwischen den Kartoffeln. Trommelwirbel und Tusch: Auftritt der ermittlungsgierigen Kommissare.
Witzige Dialoge, ein anfangs undurchschaubarer Tatverlauf, gute Darsteller, zünftige Spannung, etwas Nervenkitzel. Ein Krimi also, wie er im Buche steht - kurzweilig und bodenständig, aber nix fürs Langzeitgedächtnis.
Sonntag, 21.03.2004/20:15 - 21:45 Uhr
#374
Geschrieben 26. März 2004, 19:24
Regie: Steven Spielberg
Liebes Tagebuch...
Wow, hier hat der Spielberg aber einen wirklich anstrengenden Film zusammengestöpselt. Unmengen an Bildinformationen soll man aus den schnell geschnittenen und verzerrten Bildern zusammenklauben und sie dann noch irgendwie der Handlung zuordnen. Wenn man als Zuschauer etwas dazutut, kann man einen tatsächlich unterhaltsamen Filmabend erleben und sich danach selbst auf die Schultern klopfen, weil man trotz aller Blockbuster-Allüren nicht den dümmsten aller Filme gesehen hat.
„Minority Report“ ist großartig gemachte Sciene-Fiction, die zum Ende hin leider etwas an Qualität abnimmt, weil die Enthüllung des wirklich bösen Faktors im Film ein ziemlich lahmes Klischee bedient. Auch die Schlußszene ist etwas arg übertrieben dargestellt. Diese heile Welt wirkt viel zu gezwungen. Das abgrundtief gute Ende hätte sich der Spielberg auch noch verkneifen können. Immerhin war er den Rest des Filmes nicht zimperlich und aufdringlich positiv eingestellt.
Ich war übrigens sehr überrascht, welch unkonventionellen Humor „Minority Report“ an den Trage brachte. Ist ja schon fast peinlich, so laut lachen zu müssen...
Ps.:
Special Effects -> Sehr gut;
Cameron Diaz -> Gut versteckt, hab sie trotzdem gesehen;
Musik -> Trotz John Williams über weite Strecken gut, weil eher minimalistisch;
Montag, 22.03.2004/19:00 - 21:20 Uhr
#375
Geschrieben 29. März 2004, 17:43
Regie: Mel Brooks
Liebes Tagebuch...
Nicht ganz astreine aber dennoch urkomische Hitchcock-Parodie, bei der manche Gags gezwungen oder unpassend wirken und die vorherrschende TV-Ästhetik etwas fehl am Platze ist. Immerhin entschädigt Madeleine Kahn’s Telefonsex-Szene für die etwas unsinnige „Psycho“-Verarsche.
Mel Brooks zeigt auch bei „Höhenkoller“, daß er komisches Talent hat. Doch leider arbeitete er mal wieder zeitweise unsauber.
Dienstag, 23.03.2004/20:00 - 21:30 Uhr
#376
Geschrieben 29. März 2004, 22:07
Regie: May Spils
Liebes Tagebuch...
Werner (Enke) hat Geburtstag. Zur Feier des Tages verläßt der Stubenhocker sein Münchner Appartement und macht sich zusammen mit seinem Freund Henry (van Lyck) auf, um einen wilden Tag zu erleben.
Mit dem kargen Aussehen eines Sozialdramas geht „Zur Sache Schätzchen“ hausieren und entpuppt sich dabei eine waschechte Teenager-Komödie, jedoch fernab jeglicher Verpflichtungen, deutschen Urklamauk bieten zu müssen. Ja, es scheint sogar, dieser Film will sich von nichts und niemanden abhängig machen. Die Dialoge sind frech und teilweise improvisiert. Die Handlung besteht aus vielen einzelnen Fetzen. Der Verlauf der Geschichte scheint nicht wirklich wichtig zu sein. Leicht frivole Szenen (souverän: Uschi Glas) wirken nicht gezwungen wie bei Sexfilmen ähnlichen Jahrgangs. Der Humor ist leise, verschmitzt und wird unaufdringlich von den Darstellern dargeboten. Auch spart sich der Film das Holzhammer-Happy-End auf und will einfach nur einen (Geburts-) Tag im Leben des Hauptdarstellers gezeigt haben.
„Zur Sache Schätzchen“ ist locker wie Baiser vom Konditor. Eine erfrischend andere Komödie, die ein Gehirn, welches von überkandidelten Humorattacken verseucht ist, mal ordentlich naß rauswischen kann.
Was machen Werner Enke und May Spils eigentlich heute?
Mittwoch, 24.03.2004/21:45 - 23:00 Uhr
#377
Geschrieben 31. März 2004, 21:42
Regie: Leander Haußmann
Liebes Tagebuch...
„Es war einmal, in einem Land, lange vor unserer Zeit...“ Mit diesen Worten könnte der Film von Leander Haußmann beginnen. Von Anfang ist es, als würde man in einem alten Bilderbuch blättern und dort bei Hempels unterm Sofa wühlen.
„Sonnenallee“ verweigert sich strikt, eine Geschichte erzählen zu wollen. Zwischen all den Momentaufnahmen werden die einen oder anderen Fragmente etwas mehr betont und länger behandelt, was sich in diversen kleinen roten Fäden bündelt, welche sanft durch die Sonnenallee geweht werden. Das verschafft dem Film ein großes Maß an Locker- und Unbekümmertheit. Am Schluß verläßt der Film dann endgültig den Boden des Realen und fliegt zu Gunsten filmischer Darstellungsmöglichkeiten auf und davon, läßt die Gedanken schweifen und schafft somit ein wohliges Gefühl in der Magengrube bei dem Zuschauer, der im Kino gerne mal vor der Realität flüchtet. Hätte nicht gedacht, daß genau das bei „Sonnenallee“ geschehen könnte.
Die Kulissen haben mir sehr gut gefallen, vor allem weil sie naiv, übertrieben wirken und doch irgendwie der Wahrheit entsprechen. Was mir noch aufgefallen ist: Der Film hat unheimlich viele Nebencharaktere, die viel zu seinem Facettenreichtum beitragen. Wohl, weil wir jeder dieser Personen einen der vielen roten Fäden zu verdanken haben, die sich durch den Film ziehen.
Montag, 29.03.2004/20:30 - 22:00 Uhr
#378
Geschrieben 04. April 2004, 21:22
Regie: Vincente Aranda
Liebes Tagebuch...
Eine junge Braut zieht mit ihrem frisch Angetrauten auf dessen Landsitz. Dort wird sie vom Geist einer Urahnin des Mannes heimgesucht und schon bald läuft sie, bewaffnet mit Messer und Gabel, mordend durch das Gemäuer.
"The Blood splattered Bride" ist ein kalter und klammer Versuch, Elemente des Exploitationkinos mit dem klassischen Gruselkino zu verbinden. Herausgekommen ist ein düsterer Film, der mir ein wenig zu unspektakulär erscheint und mich deshalb nicht vollends überzeugen konnte. Trotzdem ist die Mischung aus Blut und Sex, gebunden in ruhigen Bilder reizvoll und keinesfalls verschenke Zeit.
Dienstag, 30.03.2004/19:00 - 20:40 Uhr
#379
Geschrieben 04. April 2004, 21:24
Regie: M. Night Shyamalan
Liebes Tagebuch...
Tatsächlich einer meiner Lieblingsfilme! Die unheimliche Athmosphäre jagt mir noch heute kalte Schauer der Gänsehaut über den Rücken. Der Einsatz von Geräuschen und Musik in Verbindung mit diesen höchstedlen Bildern funktioniert perfekt, wie selten im Gruselkino. Wie gerne würde ich den an "Die Vögel" und "Die Nacht der lebenden Toten" angelehnten Showdown nochmal im Kino sehen dürfen! Auch die finale Zeichen-Auflösung halte ich für gelungen, vor allem wie Shyamalan brav darauf hinzugearbeitet hat.
Was ich nicht verstehe: Warum muß Mel Gibson Filme, in denen er auftritt, immer so eine platte Moralisierung aufdrücken (auch bei "Was Frauen wollen")? Die letzte Szene ist also für die Tonne. Das mußte ja mit der "Passion Christi" enden... Und mir graut jetzt schon vor einem möglichen vierten Teil der Mad-Max-Trilogie, wo ein australischer Wanderprediger mit Motorrad und Gebetsbuchgewehr eine amerikanische Rockoma zur Kirchenmusik bekehrt...
Mittwoch, 31.03.2004/18:45 - 20:30 Uhr
#380
Geschrieben 05. April 2004, 21:17
Regie: Helge Schneider
Liebes Tagebuch...
Als Helge-Schneider-Fan bist Du einsam auf dieser Welt. Im Kino: Ein Pärchen, zwei Freundinnen und drei weitere Menschen (incl. mich), die niemand ins Kino begleiten wollte. Trotzdem fühlte man sich nicht verloren, denn man war unter sich. Bei „Jazzclub“ findet man keine zufälligen Kinogänger, die nur im Saale sind, weil draußen das Wetter so scheiße ist oder die Startzeit des Filme gerade voll easy in ihren Tagesablauf paßt. Hier saßen nur Fans, und wir sieben hatten allesamt, egal ob allein oder zu zweit, unseren Spaß.
Bei „Jazzclub - Der frühe Vogel fängt den Wurm“ fällt sofort auf, daß der Hauptcharakter Teddy Schu eine sehr blasse und und viel zu normale Person ist. So ist Helge Schneider vor der Kamera als Teddy Schuh nur Helge Schneider - mehr nicht. Hier vermißt man den Wahnsinn dem Schneider’s frühere Friguren Kommissar Schneider, Nihil Baxter oder Doc Snyder verfallen waren. Das ist schade auf der einen Seite, aber die Wandlung des Helge Schneiders ist auf der anderen Seite auch interessant, denn Helge Schneider goes Dogma - na ja, meistens jedenfalls.
So blaß wie Teddy Schu auch ist, so glaubhaft ist das Leben, das er lebt. Das harte Leben als Jazzmusikers, der von keinem verstanden und allerhöchstens belächelt wird, zeichnet Helge Schneider im Stil eines dokumentarischen Sozialdramas, natürlich mit Klamaukeinlagen und Logikbrüchen. Im Gegensatz zu den früheren Filmen („00 Schneider“ & „Texas“) wird hier fast vollständig auf Kulissen und Dekoration verzichtet. „Jazzclub“ suhlt sich in der Mühlheimer Gosse, wurde an den häßlichsten Stellen des Ruhrpotts gefilmt und heimst sich damit einen erschreckenden Realismus ein. Dazu kommen dann noch ein paar von Schneiders bösen Einfällen und fertig ist eine erschreckend düstere Trashkomödie, die mehr zu zeigen hat als den blanken Unsinn. Bei „Jazzclub“ kann man zwar über das Austragen der Zeitungen Tränen lachen, aber auch einfach nur in schönen, kargen Bilder von Mühlheim an der Ruhr bei Nacht schwelgen und dem erfolglosen Loser Teddy bei seiner Passion zusehen. Manche der einfach nicht witzigen Passagen mögen langweilig sein, andere sind aber zum Träumen schön. Leider fällt auf, daß viele der improvisierten Szenen und Situationen nicht das gewünschte Potenzial an Humor entfalten können. Sätze wie „Wenn sie einen Fruchtcocktail möchten, dann greifen sie bitte ins Handschuhfach. Da ist eine Schatulle mit fünf gelben Äpfeln“ sucht man hier vergebens.
Helge Schneider hat sich geändert. Er zeigt, daß er nicht nur schlechte, sondern auch gute Musik machen kann, daß er auch spontan und spartanisch gute Ideen verarbeiten kann, daß er gerne der Mühlheimer Kaurismäki wäre und daß er noch immer gerne in kränke Rollen wie der des Professor Henry schlüpft.
Auch wenn es über weite Strecken nicht groß was zu lachen gab: Ich fühlte mich größtenteils wohl, ob der hässlichen Schönheit und der Ehrlichkeit, die mir hier entgegen gebracht wurde.
Ps.:
Was hat Andreas Kunze die letzten Jahre nur alles gegessen?
Samstag, 03.04.2004/16:10 - 17:35 Uhr
#381
Geschrieben 06. April 2004, 22:18
Regie: Rob Schmidt
Liebes Tagebuch...
Mein Lieblingsarbeitskollege und ich sind zu der Erkenntnis gekommen, daß wir filmtechnisch überhaupt nicht mehr auf dem neuesten Stand sind. Das mußte geändert werden. Der folgende Videoabend stand unter dem Thema „Europäisches Geld, gut angelegt“.
Hurra, das Hinterholzfilmchen ist wieder da. Ein paar unbekümmerte Twens verlaufen sich im Wald und wir stellten uns die Frage, ob es nun Perverse oder Zombies werden, die über das Jungfleisch herfallen. Das es dann eine Mischung aus beiden war, nahmen wir dankend zur Kenntnis.
„Wrong Turn“ ist herrlich fieser Terror, der lustvoll seine Vorbilder „Muttertag“ und „Blutgericht in Texas“ zitiert und sich nicht davor scheut, mit billigen Dialogen und langweiligen Personenkonstellationen den naiven Flair der 70’er Jahre in den Himmel zu loben. Technisch ist der Film dann doch richtig clever. Spannung bis zum Fingerkauen und Terror bis zum Kopfschütteln wird geboten. Immer atemloser werdendes Tempo und deftige Schocks ließen den Aktionsradius des Filmes gewaltig anschwellen. „Wrong Turn“ ist Horrorunterhaltung, die leichtfertig am Abgrund tänzelt und zeigt, daß man keine 120 Minuten benötigt um den Spannung aufs Äußerste auszureizen. Es ist also durchaus salonfähig, nach 75 Minuten mit den Endtiteln zu beginnen. Schade, daß der brennende Holzturm nie in einer Totalen gezeigt wurde und urplötzlich verschwand, als die Flüchtenden ins benachbarte Geäst sprangen.
Ob der Herr, der den Film einst bei der FSK begutachtete, seinen Vollrausch schon ausgeschlafen hat?
Samstag, 03.04.2004/20:00 - 21:20 Uhr
#382
Geschrieben 07. April 2004, 11:35
Regie: Brian Yuzna
Liebes Tagebuch...
Ist schon vier Jahre her, daß ich die ersten beiden Teile der mittlerweile zur Trilogie aufgestiegenen Reihe sah, und so konnte ich nicht wirklich eine Brücke zwischen "Bride" und "Beyond" schlagen. Ist aber nicht weiter schlimm. Dr. Herbert West schlägt sein Labor diesmal in einem Gefängnis auf, in dem unwahrscheinliche viele Latinos einsitzen und arbeiten. Bald geraten seine Experimente abermals außer Kontrolle und der Film beginnt zu hantieren.
Die Produktion "Beyond Re-Animator" hat beachtliche Ausmaße angenommen, scheut sich nicht vor großen Massenszenen, tickt zum Ende hin regelrecht aus und gipfelt in einem Showdown der in Sachen Dynamik, Tempo und Einfallsreichtum einem "Braindead" in nichts nachsteht. Auch wirkt die Erzählung viel sauberer und eleganter, als bei den Vorgängern, die Mangels Budget eher krude in Erscheinung traten. Die Spezialeffekte sind herb, aber nicht aufdringlich, Jeffrey Combs hat sein Gesicht besser unter Kontrolle und neigt, wie schon bei "The Frighteners" eher zur Komik als zum Overacting.
Vollkommen gelungene Horrorkomödie. Macht sehr viel Spaß!
Samstag, 03.04.2004/21:30 - 23:00 Uhr
#383
Geschrieben 07. April 2004, 12:04
Regie: William Malone
Liebes Tagebuch...
"Dieser Film könnte ihnen mißfallen, wenn sie "Ring" mochten und "House on haunted Hill" doof fanden!
Jeder der die superhinterhältige Homepage www.feardotcom.com besucht, wird erstes von einem kleinen weißen Mädchen verfolgt, zweitens nach 48 Stunden von seiner eigenen Angst gekillt und hat drittens noch die Möglichkeit, nebenbei einen Serienkiller dingfest zu machen.
Das ist aber mal ein 1:1 Ripp-Off vom "Ring"-Film. Die Parallelen sind unübersehbar! Nur durchschaubar ist diese ganze Serienkiller/Internet/Geistergeschichtenkiste nicht, es sei denn, man hat "Ring" gesehen - daran kann man sich nämlich orientieren, was mit Sicherheit ein Armutszeugnis für die Drehbuchautorin darstellt.
Regisseur William Malone hat sich mit "Feardotcom" auch keinen Blumentopf erarbeitet. Schließlich macht er das Gleiche, was er schon in "House of haunted Hill" gemacht hat. Er knallt seinen Zusehern ellenlange Alptraumvisionen vor die Nase, die zwar hübsch krank und nett anzusehen sind, aber keinerlei inhaltliche Tiefe besitzen deshalb relativ kalt und emotionslos rüberkommen.
"Feardotcom" mit samt seinem übersättigten Bilderwirbel ist mit Sicherheit kein Langweiler, aber auch keinesfalls gelungens. Und außerdem hat man alles schon mal gesehen. In "Ring" besser und in "House of haunted Hill" genauso lutscherhaft.
Natasha McElhone verchwendet ihre Zeit.
Stephen Dorff stibt des Klischeetod.
Stephen Rea ist interessant aber überflüssig.
Anna Thalbach habe ich garnicht gesehen.
Udo Kier hat mich erfeut.
Jeffrey Combs ebenso.
Matthias Schweighöfer fand ich witztig.
Samstag, 03.04.2004/23:45 - 01:20 Uhr
#384
Geschrieben 08. April 2004, 22:19
Regie: Thorsten Näter
Liebes Tagebuch...
Thorsten Näter mach mal wieder das, was er am besten kann: Eine spannende Geschichte um eine Sekte herum zu spinnen. Diesmal geht es um Satanisten, die sich auch gerne mal an Kindern vergreifen und vergehen. Ich selbst bin froh, den Film nicht als kleiner Bub gesehen zu haben. Ich wäre sicher zutiefst geschockt gewesen, als die krakeligen Kinderzeichnungen in die Kamera gehalten wurden, die die dämonischen Erwachsenen darstellen sollten. Diese Dokumente erinnern schon sehr an die Schrott-Abbildung aus „Es geschah am hellichten Tage“, und den sah ich als Kind und ich war da zutiefst geschockt. Ebenso schlimm sahen die Satanisten dann auch in echt aus. Jeder hatte 'ne andere Tierfratze auf der Nase sitzen und war in einen langen schwarzen Umhang gehüllt - das ist doch der Alptraum eines jeden Kindes...
Der Selbstmord eines Mädchens ruft die Kommissare Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) auf den Plan. Zu Unrecht verdächtigen sie einen ehemaligen Soldaten, eine Kampfmaschine im Schafspelz, des sexuellen Mißbrauches. Zu Recht erkennen sie bald, das eine religiöse Sekte dafür sorgt, daß ihre Ermittlungen in die falsche Richtung laufen.
Nach den ersten 55 Minuten des spannenden Aufbau’s der Geschichte (großartig: Monica Bleibtreu als Mentor, die aber leider den Mentorentod sterben muß) beginnt „Tatort - Abschaum“ dann urplötzlich damit, voll auszuticken. Die aufgebrachte Bevölkerung stürmt das Behindertenwohnheim, in dem der mutmaßliche Kinderschänder lebt. Derweil werden die Geschwister des toten Mädchens von einem ausführenden Organ der Sekte entführt und auf ihre Rolle als Opferlämmer vorbereitet. Der dem Lynchvorgang entkommene Soldat greift daraufhin zur Waffe und steckt sämtliche Sektenmitglieder nieder. Alle Täter tot, bis auf den letzten Täter, der für den Zuschauer zum Wohltäter wurde. Jetzt in der Haut des Gesetzes zu stecken, ist schwer.
Die letzten dreißig Minuten dieses Filmes strotzen nur so vor intensiver Spannung. Gewalttätige und gewaltige Bilder hämmern auf den Zuschauer ein - atemlos, laut, irre. Dabei vernachlässigt Regisseur und Autor Näter nicht die Geschichte. Er kann diese trotz des Trommelfeuers noch gelassen zu Ende erzählen und hat somit inhaltlich wie erzählerisch einen hochspannenden Thriller geschaffen. Das Ende vom Lied: Vierzehn Tote, ein Medienskandal und ein großartiger Tatort.
Sonntag, 04.04.2004/20:15 - 21:45 Uhr
#385
Geschrieben 09. April 2004, 10:25
Regie: Mel Gibson
Liebes Tagebuch...
Passend zum heutigen Karfreitag hier mal ein paar Sätze und Gedanken zu Mel Gibsons „Die Passion Christi“.
Zu Beginn: Ich weiß nicht, ob ich Mitleid oder Schadenfreude für die Leute empfinden sollte, die in diesem Film ihre Offenbarung sehen, die sonst schon bei der Gewalttätigkeit einer „Derrick“-Episode auf den Barrikaden stehen, hier aber ihre geschundenen Körper gegen die Kinosessel schlagen und die erlebte Selbstgeißelung als das Größte beschreiben, was ihnen ihre Glaubenskraft je bescheren konnte...
Mel Gibson wollte, anhand der Bibel, die Passion Christi so realistisch wie möglich darstellen. Ein interessantes Unterfangen, daß aber von Haus auf zum Scheitern verurteilt ist. Denn er bemerkt dabei nicht, daß die sehr naiven Texte nicht mal der stupidesten filmischen Darstellung standhalten können.
Keine Frage, Mel Gibson liefert technisch eine saubere Leistung ab und beweist Einfallsreichtum in Sachen Gefühlklaviatur - leider aber kein Talent. Seine Kitschattacken sind plakativ, engstirnig, scheinheilig und noch dazu in höchstem Maße unfreiwillig komisch. Nur wenige Gesten wirken ehrlich, glaubhaft oder bewegend. Unerträglicher Pathos, geschwollene inhaltsleere Dialoge, die die Leser der Untertitel nur auf das Minimalste fordern sollen, keine Einführung der Charaktere, endlose Zeitlupen, Pseudosymbolik, aufdringliche Wichtigkeit und ein Jesus der so langweilig wirkt, daß man tatsächlich glauben könnte, daß Milliarden von Christen im Irrglauben leben. Und überhaupt: Es dramaturgisch einfach nicht ratsam, Jesus hundertmal in den Dreck fallen zu lassen.
Unerträgliche Schwarz/Weiß-Malerei gibt’s noch dazu. Als ob der Teufel nix besseres zu tun hätte, ständig um den gequälten Jesus herumzuschwänzeln, fies zu gucken und dabei theatralisch auf die Kacke zu hauen. Auch eine Frechheit ist, wie Herr Gibson Barrabas darstellt. Ein sexlüsterner, inner- und äußerlich mit Dreck beschmierter Mörder, der seine Zunge nicht unter Kontrolle hat, wird da anstatt von Jesus freigesprochen. Das ist ebenso mutig, wie dreist, auch doof und beleidigend.
Die als Ruhepol angelegten Rückblenden sind genauso fehl am Platze, wie die selbstzweckhaft und egoistischen Gewaltszenen, die unter dem Deckmantel der Realität vollkommen erzwungen und angestrengt wirken und aus filmischer Sicht in diesem Genre keine Daseinsberechtigung haben.
Mel Gibson’s Passion ist nicht nur altmodisch, konservativ, propagandistisch und verlogen sondern auch vollkommen langweilig, zieht sich wie Kaugummi und zeigt das vollkommene Versagen eines großartigen Schauspielers, der es nicht unterlassen konnte, seine Missionierungsversuche in die Welt hinauszukotzen. Mir kommt das so vor als hätte Queen Elizabeth einen Film über den Linksverkehr gedreht...
Dienstag, 06.04.2004/19:10 - 21:10 Uhr
#386
Geschrieben 09. April 2004, 23:12
Regie: Billy Wilder
Liebes Tagebuch...
Also, der Wilder’s Billy, der hatte es einfach drauf. 135 Minuten bietet er pure Unterhaltung. Sein Film ist so rund, daß diverse Längen in der Story überhaupt nicht ins Gewicht fallen. Auch steckt „Irma La Douce“ voller Charme. Der Regisseur fing das französische Flair wunderbar ein. Keine Ahnung ob es da wirklich so zugeht. Das spielt auch keine Rolle - in den Film paßt es perfekt.
Heute mag man sich vielleicht daran reiben, daß Shirley MacLaine zu aufdringlich an ihrer Bettdecke zieht, daß ja keine verbotenen Stellen sichtbar werden, aber immerhin schreckt Wilder nicht vor diversen nackten Rücken zurück, und die können, Entschuldigung für die Phrase, ja auch entzücken.
Irma La Douce ist nicht perfekt, aber man kann sich in sie verlieben!
Mittwoch, 07.04.2004/19:00 - 21:15 Uhr
#387
Geschrieben 10. April 2004, 10:30
Regie: Jeferey Levy
Liebes Tagebuch...
Nach einer live im Fernsehen gesendeten Geiselnahme werden die beiden Überlebenden Cliff Spab (Stephen Dorff) und Wendy Pfister (Reese Witherspoon) zu Volkshelden. Jeder Schritt, den sie nach ihrer Freilassung machen wird fortan von der Mediensau verfolgt.
Der Film beschreibt auf sehr eigenwillige Weise, wie es aussieht, wenn Normalos ins Mühlrad der Öffentlichkeit gezogen und nach Strich und Faden durchgemolken werden. Blickt man auf unsere Medien-Landschaft erscheint das Thema aktueller denn je. Der Weg vom Unwichtigsten Niemand auf der Straße zum wichtigsten Niemand auf der Titelseite scheint nur eine kleine Stufe zu sein. Es braucht sicher Glück, diese zu finden, danach geht aber alles von selber.
Ob das Thema in den USA 1994 schon so aktuell gewesen ist, oder ob der Film nur in weiser Voraussicht gedreht wurde, weiß ich nicht. Jedenfalls ist es beängstigend, wie genau „S. F. W.“ den Ton trifft und viel mehr Satire bereithält, als er auf den ersten Blick preisgeben möchte. Es ist halt doch nicht nur ein Gewaltmovie mit hohem F-Wort-Faktor. So fucking what?
Donnerstag, 08.04.2004/19:00 - 20:30 Uhr
#388
Geschrieben 11. April 2004, 10:31
Regie: Helmut Käutner
Liebes Tagebuch...
Jui, seit Jahren nicht mehr gesehen!
In der ersten halben Stunde stellt sich heraus, daß es ein ziemlich schweres Unterfangen ist, den „Märchenkönig“ Ludwig II ins rechte Licht zu rücken. Schließlich soll dies fernab der Niedlichkeit der österreichischen K.u.k.-Filme geschehen. Und tatsächlich verzetteln sich Regisseur und Drehbuchautor in der Darstellung des Königs als Good-Guy. Denn nur der Kini allein ahnt, was welche Wege ein großdeutsches Reich einschlagen würde, weshalb er sich der Idee Bismarcks nicht beugen will, jenem Reich beizutreten. Mag sein, daß dies wirklich so war, aber die zu offensichtliche Distanzierung von den Nazis wirkt in diesem Film und seiner Nähe zum zweiten Weltkrieg, wie dem König in den Mund gelegt.
Nach einer gewissen Zeit fallen diese Brücken zur zukünftigen Geschichte Deutschlands aber immer weniger ins Gewicht und der Film konzentriert sich mehr auf das Innenleben des Monarchen. Seine verbotene Liebe zur Kaiserin Elisabeth (jah maj, die Siessie), seine zum Scheitern verurteilte Beziehung zu Helene von Bayern und sein Rückzug aus der Öffentlichkeit wird geschildert. Dabei ist der Film wieder mit sich im Reinen, protzt mit Originalschauplätzen gleichermaßen wie mit Kulissen und zeigt gediegene Kostümfilmdramatur (Hah! Neues Wort erfunden!!), die ein tricky gebasteltes Ende bereit hält, daß zwar sicher fernab des realen Geschehens liegt, dem Film aber ein schönes Sahnehäubchen aufsetzt.
O. W. Fischer geht voll auf in der Rolle des Ludwig II und hält fast jedem Portrait des Königs stand. Des Königs Bruder, von Schizophrenie geplagt, wird in weiser Voraussicht so manch kommenden Wahnsinns von Klaus Kinski verkörpert. Ruth Leuwerik und Marianne Koch sind Sissi und Nene - Figuren, bei denen man nur schwer auf Romy Schneider und Co. verzichten möchte. Und ein Graf von Holnstein taucht auch noch auf. In dessen Ex-Schloß hab ich mal in der Hausmeisterei gearbeitet...
Freitag, 09.04.2004/14:05 - 15:55 Uhr
#389
Geschrieben 11. April 2004, 10:32
Regie: Raffaele Mertes
Liebes Tagebuch...
Richard Harris in einer seiner letzten Rollen als verschrumpelter Apostel Johannes, der von wahnsinnigen Visionen der Apokalypse gequält wird. Schaut man auf die imdb, sieht man, daß der Film in Italien 180 Minuten lief. Daraus ist erkennbar, daß die deutsche Fassung nicht nur um die Hälfte erleichtert, sondern der Bibel-Zyklus weit hinter den Erwartungen des deutschen Publikums und sicher auch der TV-Station zurückgeblieben ist. Immer aufwändig ausgestattet, geleckt bis zum Scheitel und publikumswirksam wie Rosamunde Pilcher wurden Geschichten und Geschichtchen aus der Bibel ausgegraben und zu TV-Event breitgewalzt. Das Ergebnis: Teurer Durchschnitt!
Irgendwie war für mich die eigentliche Handlung der „Apokalypse“ nicht nachvollziehbar. Im Nachhinein - kein Wunder! Wenn man aber vor dem Fernseher sitzt, und überlegt, wer jetzt wen warum aus dem Arbeitslager holen will, was diese breitgewalzten Visionen bezwecken sollen und man immer nur die tränendrüsigen Attacken der Autoren versteht, ist man zweifelsfrei etwas verwirrt.
Die apokalyptischen Visionen sind die sehenswertesten Szenen dieses anscheinend letzten Teils des Bibel-Zyklus. Bildgewalt und Symbolhaftigkeit halten sich die Waage. Dazu gibt es nettes Gemorphe vom PC des Vatikans. Im Gesamten bleibt aber ein leerer Eindruck zurück. Ich kann mir kaum vorstellen, daß die lange Version besser ist, vielleicht kitschiger: Teurer Durchschnitt - vom Ersten im Vorabendprogramm versteckt.
Freitag, 09.04.2004, 17:40 - 19:10 Uhr
#390
Geschrieben 11. April 2004, 19:09
Regie: Steven Spielberg
Liebes Tagebuch...
Wer hätte gedacht, daß Spielberg jemals so böse sein könnte. Sein Film verletzt, schmerzt und geht an die Nieren. Spielberg attackiert die Gefühle seiner Zuschauer mit Situationen, Schockbildern und Tatsachen, daß einem Hören und Sehen vergeht.
Es ist einfach bestaunenswert umgesetzt, wenn kleine oder größere Unperfektheiten der Roboter entlarvt werden. Ständig ist auch diese immense Spannung zwischen Menschen und Robotern spürbar. Große und kleine Konflikte, große und kleine Probleme, große und kleine Katastrophen. Der Film tut weh - 140 traurige Minuten lang. Immer und immer wieder. Ein seltsam, berührendes Meisterwerk.
Nur wenige Sachen fallen negativ auf. Hie und da konnte sich Spielberg manch kleine Süßlichkeiten nicht verschmerzen. Ansonsten stimmt bei „A. I.“ alles, sogar die Musik von John Williams - zumeist jedenfalls.
Freitag, 09.04.2004/20:15 - 22:35 Uhr
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