Cine-Phil schreibt Filmgeschichte
#61
Geschrieben 14. Juli 2009, 23:54
(dt. Titel: DIE AFFÄRE DREYFUS)
Frankreich, 1899
Star Film
Regie: Georges Méliès
Produktion: Georges Méliès
Buch: Georges Méliès
Kamera: Georges Méliès
Darsteller: Georges Méliès (Fernand Labori)
Filmszene
Inhalt: Rekapitulation der Ereignisse der berühmten Dreyfus-Affäre, die Ende des 19. Jahrhunderts die Gemüter erregte.
Die Dreyfus-Affäre, das war der Justizskandal, der die französische Dritte Republik in ihren Grundfesten erschütterte. Im Herbst des Jahres 1894 wurde der hochdekorierte Artilleriehauptmann Alfred Dreyfus der Spionage für die Deutschen bezichtigt und wegen Landesverrats degradiert und zu lebenslanger Verbannung auf der „Teufelsinsel“ vor Französisch-Guayana (Schauplatz u.a. des Roman- und Filmklassikers PAPILLON) verurteilt. Trotz Zweifeln an seiner Schuld ging, bedingt und begünstigt durch offenen Antisemitismus, eine Vorverurteilung des jüdischen Militaristen durch Regierung, Medien und Bevölkerung. Widerwillig nahm man seinen Fall in langwierigen Verfahren wieder auf. Im September 1899 reduzierte man sein Urteil. Erst im Juli 1906, sieben Jahre nach Méliès’ Verfilmung, wurde Dreyfus von den Vorwürfen freigesprochen und restlos begnadigt.
Erstmals packt hier Kino ein wirklich heißes Eisen an. Und ausgerechnet Magier und Unterhaltungsfilmer Georges Méliès traut sich daran. Er verlässt hier sein erprobtes Metier, die Zauberstücke, den Sci-Fi- und den Horrorfilm und ein greift ein aktuelles Thema auf, um ein neues Genre zu begründen – den Politfilm. Und dabei sprengt er alle bisher da gewesenen Dimensionen: elf Szenen (die Geschäftsmann Méliès auch einzeln verkaufte), 2640m Film, die einer Lauflänge von knapp 11 Minuten ergeben, ein nie gesehener Aufwand an Kostümen und Ausstattung (sogar ein Gewitter erhellt die Kulissen) sowie an Darstellern und Statisten.
Minutiös stellt er originale Fotografien der Ereignisse nach, um eine möglichst genaue, wenn auch oberflächliche Rekonstruktion der Geschehnisse wiederzugeben. Politischen Zündstoff und Brisanz forderte der Film dennoch, der eindeutig Stellung pro Alfred Dreyfus bezog. Bei Aufführungen kam es zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Befürwortern des begnadigten Hauptmanns, was ein vorübergehendes Aufführungsverbot zur Folge hatte.
Watchout:
Der Film auf den die Welt gerade noch gewartet hat! coming soon
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#62
Geschrieben 15. Juli 2009, 21:40
Großbritannien, 1899
Bamforth Films
Filmszene
Inhalt: Ein Pärchen nutzt die Durchfahrt ihres Zuges durch einen Tunnel für einen flüchtigen Speichelaustausch.
Remakes sind mitnichten eine Plage der Neuzeit, sondern schon von Anbeginn der Filmgeschichte ein ständiger Begleiter, betrachtet man bereits die unzähligen Plagiate und Neuverfilmungen der ersten Lumiére-Filme.
Nun kann man sich bei jedem Remake aufs Neueste streiten, ob man dies nun bräuchte oder nicht. So etwa bei der Neuauflage von George Albert Smiths bereits besprochenen THE KISS IN THE TUNNEL. Die britische Firma Bamforth etwa machte den Großteil ihres Geschäftes mit Remakes, von denen man sicher die wenigsten wirklich benötigte. So etwa auch zu diesem, der zu Smiths erfolgreichen und innovativen Original einen beträchtlichen Rückschritt darstellt. Schwärmte ich bei Smith noch von der Dynamik der Bilder, die er in drei Einstellungen zu einem Werk aus einen Guss entwickelte, zeigt dieses Werk eines unbekannten Regisseurs, wie man es nicht macht.
Die drei Einstellungen, die er benutzt, wirken nicht gerade homogen auf den Betrachter. Wir sehen zunächst einen Zug, der in einen Tunnel fährt. Die Kamera ist weit weg von dem Geschehen und wir befinden uns nicht auf selbigem. Nur mit eigener Interpretation merkt der Zuschauer, dass das verliebte Pärchen aus der zweiten Einstellung sich in diesem Zug befindet. Die dritte Einstellung zeigt dann selbige Eisenbahn in einen Bahnhof einfahren. Keine Spur von dem Verlassen des Tunnels, der Smiths Film flüssig beendete. Das wirkt allenfalls laienhaft zusammengeschustert.
Dafür begab es sich aber zu etwa der Zeit, und zwar genau am 13. August 1899, dass die helle Zukunft des britischen Kinos in Leytonstone/London das Licht der Welt erblickte, in Form des jüngsten Sohns eines kleinen Lebensmittelhändlers. Der Name des Sprosses: Alfred Joseph Hitchcock.
Watchout:
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#63
Geschrieben 19. Juli 2009, 23:18
(int. Titel: CINDERELLA)
Frankreich, 1899
Star Film
Regie: Georges Méliès
Produktion: Georges Méliès
Darsteller: Barral, Bleuette Bernon, Carmely, Jeanne D’Alcy (Fee), Depeyrou, Georges Méliès
Erstaufführung: Oktober 1899
Filmszene
Inhalt: Das bemitleidenswerte Mädchen Aschenputtel schuftet hart im Keller, während ihre großen Schwestern Zucker in den Arsch geblasen bekommen. Da taucht eine Fee (Jeanne D’Alcy) auf und beschert ihr den schönsten Abend ihres Lebens.
In sechs Szenen zaubert der Magier Méliès eine opulente Erstadaption des berühmten Märchens auf die Leinwand. Ausschweifend in Kostümen und Ausstattung beweist er wieder viel Fantasie und Liebe zum Detail, verzückt und verstört gleichermaßen und lässt das Ganze unvermittelt in eine Balletaufführung münden.
Méliès übernimmt selbst einige kleine Rollen und auch seine Ehefrau, Muse und Lieblingsdarstellerin Jeanne D’Alcy bekommt hier den tragenden Part als gute Fee. 1912 verfilmte er den Stoff ein weiteres Mal, unter dem Titel CENDRILLON OU LA PANTOUFLE MYSTÉRIEUSE.
Watchout:
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#64
Geschrieben 28. Juli 2009, 00:08
(int. Titel: THE ONE-MAN BAND)
Frankreich, 1900
Star Film
Regie: Georges Méliès
Produktion: Georges Méliès
Darsteller: Georges Méliès, Georges Méliès, Georges Méliès, Georges Méliès, Georges Méliès, Georges Méliès, Georges Méliès
Filmszene
Inhalt: Georges Méliès versiebenfacht sich und spielt alle Parts in einer Band.
Ein neues Jahrhundert bricht an. Vieles verändert sich auf einmal schnell. Die Industrialisierung schreitet voran, die Welt wird per Telefon vernetzt, in Deutschland treten zum 1. Januar 1900 das Handelsgesetzbuch und das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft. Der Straßenverkehr fordert Todesopfer und mit dem FC Bayern München, Borussia Mönchengladbach, 1. FC Kaiserslautern und dem 1. FC Nürnberg werden allein im Jahr 1900 vier nicht ganz unbedeutende Bundesligavereine gegründet.
Auch im Kino waren Entwicklungen und Fortschritte zu vernehmen...
Der clevere Geschäftsmann Méliès brachte seine Filme mit dem Star Film-Katalog an den Mann. Eingeteilt wurden seine Filme in zwei Klassen, unterschieden nach Alter, Entstehungskosten und Länge. In Klasse I bot er den amerikanischen Kinobesitzern im Jahr 1905 Filme mit einer Durchschnittslänge von 20 Fuß an, zum Preis von 9,75 $. Dabei so Unspektakuläres wie sein Frühwerk UN PARTIE DE CARTES von 1896 an. In Klasse II folgten dann die echten Kracher – für 13 Cent pro Fuß! Darunter der besprochene CENDRILLON (1899) oder JEANNE D’ARC (1900), zu dem wir später noch kommen werden. Auch L’HOMME ORCHESTRE war dabei.
THE ONE-MAN BAND, wie er in den Staaten hieß war gegen seine epischen Mehrakter vergleichsweise günstig zu bekommen, bei einer Länge von etwa 28 Metern, was einer Laufzeit von ca. 3 Minuten entspricht. Weniger bedeutsam als L’AFFAIRE DREYFUS oder eben JEANNE D’ARC ist er jedoch mitnichten. ORCHESTRE erzählt keine Geschichte, sondern zeigt wieder einen verspielten Méliès von der besten Seite. Beinahe hundert Jahre bevor sich Michael Keaton in MULTIPLICITY per Computerhilfe vervierfachen ließ, klonte sich der Magier gleich siebenmal. Sicher sind die Stop-Motion-Tricks und Doppelbeleuchtungen durchschaubar, faszinieren und erstaunen doch immer noch durch ihr Timing und die Ausdauer, die Méliès bei der Fertigstellung an den Tag legen musste. Zu seinem UN HOMME DE TÈTES von 1898 haben sich seine Effekte quantensprungartig verbessert.
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#65
Geschrieben 29. Juli 2009, 23:17
Großbritannien, 1900
Bamforth and Company Production
Filmszene
Inhalt: Wir schauen den Wellen zu.
Bereits im Jahr des Herrn 1895 zeigte Burt Acres mit einer von Robert W. Paul entwickelten Technik (welche Paul von Edison plagiierte) schweren Seegang vor der Küste Englands.
Nun darf sich der geneigte Zuschauer zurecht fragen, warum 1900, nach den ganzen innovativen Leistungen von Leuten wie Méliès oder Smith, noch einmal abgefilmtes Wasser braucht. Sicher kann das sehr entspannend sein, was bei dieser Länge von knapp einer Minute schnell verpufft, doch was heute gar nicht mehr denkbar wäre, lockte auch zur vorletzten Jahrhundertwende niemand mehr hinter dem Ofen vor.
Verbrochen hat dies, man mag es bereits ahnen, die Bamforth Produktionsschmiede, die uns im Vorjahr bereits ein unnötiges und schlecht gemachtes Remake von George Albert Smiths Lustspiel THE KISS IN THE TUNNEL bescherte.
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#66
Geschrieben 30. Juli 2009, 21:18
Großbritannien, 1899
George Albert Smith Films
Regie: George Albert Smith
Produktion: George Albert Smith
Darsteller: Tom Green (Mann), Laura Bayley (junge Frau)
Filmszene
Inhalt: Reality sucks – das merkt ein Ehemann (Tom Green), der aus seinem Traum, der ihn schmusend mit einer jungen hübschen Dame (Laura Bayley) auf einer Party zeigt, neben seiner etwas betagten, kratzbürstigen Ehefrau erwacht.
Als very british könnte man diese kleine Pointe bezeichnen, die mit einer gesunden Portion Frauenverachtung daherkommt. George Albert Smith ist in seinem Element.
Das bemerkenswerte an dem Streifen ist nicht, dass er trotz (oder gerade wegen) seines Alters recht amüsant ist, sondern ein besonderer Kniff, den Smith hier anwandte. Er verlinkte die Traumsequenz zu der zweiten (der „realen“) Einstellung mit einer verschwommenen „Match Cut“, um den Traum als solchen zu kennzeichnen. 1901 drehte Ferdinand Zecca in Frankreich für die Pathé ein Remake unter dem Titel RÊVE ET RÉALITÉ, der die Szenen mit einer Überblendung verband, die von da an und noch immer zum kleinen Einmaleins des Filmemachens gehört.
Smith verfilmte hier mitnichten einen Wunschtraum, er war schließlich mit Laura Bayley, der jungen Dame aus der Traumszene verheiratet.
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#67
Geschrieben 03. August 2009, 02:47
(int. Titel: THE FAT AND THE LEAN WRESTLING MATCH)
Frankreich, 1900
Star Film
Regie: Georges Méliès
Darsteller: Jeanne d’Alcy
Filmszene
Inhalt: Bizarrer Ringkampf, in dem im wahrsten Sinne des Wortes die Fetzen fliegen.
Ein surreales Kabinettstückchen von Monsieur Méliès. Die zur vorletzten Jahrhundertwende so populären Jahrmarktshowkämpfe reizten ihn zu dieser Parodie. Er lässt zwei Kämpfer im Stoptrickverfahren aufeinanderprallen. Hier wechseln mal blitzschnell die Geschlechter und auch in bester Splattermanier werden einem Kämpfer Arme, Beine und Kopf abgerissen, um ihn wieder zusammenzusetzen.
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#68
Geschrieben 04. August 2009, 01:53
Filmszene
USA, 1898
Edison Manufacturing Company
Erstaufführung: 28. Februar 1900
Inhalt: Ein Pärchen geht Essen. Doch statt Hähnchen und Hasenbraten zaubert ihnen der Kellner lebende Tauben und Kaninchen hervor.
Die Amis entdecken die Magie des Kinos für sich. Oder so ähnlich. Hier steckt viel von Méliès drin. Aber doch eher als billiges Imitat. Von der Raffinesse seiner Special Effects und der damit verbundenen Verblüffung ist dies doch beklagenswert weit entfernt. Es kann halt nur einen geben.
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#69
Geschrieben 04. August 2009, 02:19
Großbritannien, 1900
Hepworth Film Manufacturing
Regie: Cecil M. Hepworth
Darsteller: May Clark (Passagier), Cecil M. Hepworth (Fahrer)
Filmszene
Inhalt: Eine Kutsche kommt auf die Kamera zu – und fährt vorbei. Im Gegensatz zu dem Auto, das auf uns zurast...
Wie fühlt es sich an überfahren zu werden? Die Lumière-Brüder trauten sich anno 1896 noch nicht ihren berühmt-berüchtigten Zug aus L’ARRIVÉE D’UN TRAIN À LA CIOTAT ins Publikum rasen zu lassen. Der Brite Cecil M. Hepworth jedoch tuts. Hepworth erwies sich als sehr experimentierfreudiger Pionier des viktorianischen Kinos und hielt sich noch sehr lange im Geschäft.
Etwas seltsam mutet der Schriftzug an, der den Film abschließt: „Oh mother will be pleased“. Was mag uns der Künstler damit sagen? Ich weiß es nicht.
Ich jedenfalls widme diesen Film Henry Bliss, am 13. September 1899 in New York City erstes Todesopfer bei einem Autounfall.
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#70
Geschrieben 04. August 2009, 12:57
USA, 1899
Edison Manufacturing Company
Erstaufführung: 10. Mai 1899
Filmszene
Inhalt: Ein Betrunkener randaliert in einem Saloon, doch die resolute Wirtin sorgt für Ordnung.
Ein kurzer Sprung zurück ins Jahr 1899, in dem ich noch ein paar Entdeckungen machen konnte.
Der heute leider unauffindbare CRIPPLE CREEK BAR ROOM von William Dickson von 1898, der ebenfalls aus der Edison-Produktion stammt, ist möglicherweise der erste Western der Filmgeschichte.
Wie in der Zeit damals so üblich zog er eine unüberschaubare Menge an Remakes und Imitaten nach sich. So auch diesen in den Black Maria Studios in West Orange/New Jersey entstandenen Streifen von unbekannter Meisterhand. Er zeigt eine Barschlägerei, wie sie bis heute zum festen Western-Repertoire gehört. Fehlt eigentlich nur noch das Glas, was auf einem Kopf zertrümmert wird.
Bearbeitet von Cine-Phil, 04. August 2009, 12:58.
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#71
Geschrieben 04. August 2009, 23:58
USA, 1899
Edison Manufacturing Company
Regie: James H. White
Darsteller: Hadji L. Cheriff
Erstaufführung: 20. März 1899
Filmszene
Inhalt: Ein Araber (Hadji L. Cheriff) jongliert mit einem Gewehr.
Der Waffenfetischismus treibt gelegentlich seltsame Blüten. Bei den Dreharbeiten kam kein Araber zu Schaden.
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#72
Geschrieben 07. August 2009, 01:33
Großbritannien, 1900
Bamforth and Company Production
Filmszene
Inhalt: Ein kleiner Frechdachs verpasst einem Gärtner eine unfreiwillige Abkühlung.
Remake des Lumière-Films L’ARROUSEUR ARROSÉ (1895).
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#73
Geschrieben 27. August 2009, 21:22
USA, 1900
Edison Manufacturing Company
Erstaufführung: 14. April 1900
Filmszene
Inhalt: Treck britischer Kriegsgefangener im Burenkrieg in Südafrika.
Der Zweite Burenkrieg beschäftigte die Briten zwischen 1899 und 1902. Der mit dem Sieg der Briten enden werdende Krieg diente auch als Kulisse für frühe Dokumentaraufnahmen, wenn sie auch, wie in diesem Fall, für die Kamera gestellt worden.
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#74
Geschrieben 27. August 2009, 22:44
Großbritannien, 1900
Hepworth Film Manufacturing
Regie: Cecil M. Hepworth
Darsteller: Cecil M. Hepworth, Henry Lawley
Filmszene
Inhalt: Ein heranfahrendes Auto explodiert unversehens. Ein Polizist eilt herbei und muss erst mal ob der vom Himmel regnenden Körperteile in Deckung gehen.
Autounfälle sind das beliebteste Thema des britischen Komödienpioniers Cecil M. Hepworth. Nach seinem HOW IT FEELS TO BE RUN OVER aus dem selben Jahr inszeniert er wieder einen aberwitzigen Zwischenfall mit einem vierrädrigen Gefährt... und liefert dabei Splatter deluxe!
Technisch innovativ ist der Stoptrick im Jahre 1900 nicht mehr. Dafür bietet der Film einen ungeheuren Bodycount auf und einen für die Zeit unfassbare Ansammlung abgetrennter Körperteile, die in bester britischer Tradition tiefstschwarzen Humor darbieten.
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#75
Geschrieben 22. September 2009, 21:40
Frankreich, 1900
Star Film
Regie: Georges Méliès
Produktion: Georges Méliès
Buch: Georges Méliès
Kamera: Georges Méliès
Darsteller: Jeanne d’Alcy (Jeanne D’Arc), Georges Méliès, Bleuette Bernon
Filmszene
Inhalt: Der Weg Jeanne D’Arcs (Jeanne d’Alcy), die im Hundertjährigen Krieg die Franzosen gegen die Engländer anführte bis zu ihrer Verurteilung und Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen.
Jeanne D’Arc (1412 – 1431), auch bekannt als Johanna von Orléans, ist unbestritten die Nationalheldin bzw. –heilige Frankreichs. In einer kurzen Zeitspanne in dem von 1337 bis 1453 geführten Hundertjährigen Krieg, dem Bürgerkrieg zwischen den Engländern und den Franzosen, wurde sie zur Symbolfigur, die den fast schon unterlegenen französischen Truppen neuen Mut einflösste und letztendlich zum Sieg tragen sollte. Vom Ende des Krieges bekam sie selber nichts mehr mit. Sie wurde nach Verrat durch die mit den Engländern verbündeten Burgundern inhaftiert und schließlich durch Pierre Cauchon, dem Bischof von Beauvais, wegen vorgeblicher Verstöße gegen die Gesetze der Kirche zu Tode verurteilt und schließlich am 30. Mai 1431 in Rouen auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
In Frankreich ist sie jedem Kleinkind bekannt. Von daher war auch eine Verfilmung der Geschichte im Filmpionierland Frankreich auch abzusehen. Ausnahmsweise war Georges Méliès hier aber nicht der Erste. Bereits 1898 widmete sich Georges Hatot dem Thema, der bereits schon, wie auch Méliès, die Passion Christi auf die Leinwand zauberte.
Méliès drückt dem Ganzen natürlich seinen eigenen Stempel auf. Wie zuvor schon mit L’AFFAIRE DREYFUSS (1899), einem weiteren urfranzösischen Thema, entschied er sich für epische Ausmaße und drehte einen Mehrakter der mit zehn Minuten genau zehnmal länger war als die Erstverfilmung Hatots. Er ließ sich auch nicht lumpen und kleckerte und klotzte mit aufwändigen, selbstgestaltenen Bühnenbauten und Mattezeichnungen, einem Aufwand an Kostümen und einer Riesenschar an Statisten. Verzichtet wird natürlich auch nicht auf seine Special Effects, die mit Doppel- und Dreifachbelichtungen für eine Gänsehautfeeling sorgen. Auch sonst ist alles wieder typisch Méliès, so spielt er selber wieder die ein oder andere Rolle, während der Hauptpart „natürlich“ an Muse, Ehefrau und Jeanne D’Arc-beinahe-Namensvetterin Jeanne d’Alcy gegeben wurde.
In einer liebevollen Handcolorierung ist dieses filmhistorisch ungemein wichtige Dokument glücklicherweise noch immer erhalten. Kritisch anzumerken wäre höchstens, dass Méliès auch hier wieder nicht über eine oberflächliche Inszenierung hinauskommt und ein ums anderemal in den Kitsch abgleitet. Bedeutendster Pferdefuß dürfte allerdings sein, dass damals noch nicht mit erklärenden Zwischentiteln gearbeitet wurde und der Handlung größtenteils nur folgen zu imstande ist, wer die Geschichte nicht eh schon gut kennt. Ein wenig Vorwissen sei schon angebracht. Kann ja nicht jeder ein Franzose sein.
Bearbeitet von Cine-Phil, 22. September 2009, 21:43.
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#76
Geschrieben 23. September 2009, 00:13
Frankreich, 1900
Lumière
Regie: Louis Lumière(?)
Produktion: Louis Lumière
Filmszene
Inhalt: Mehrere Toreros, per pedes und zu Pferd, versuchen in einer Arena einem wutschnaubenden Stier die Lebenslichter auszuknipsen.
Auch wenn wir schon lange nichts mehr von ihnen gehört haben – es gab sie noch, die Lumière-Company! Während die Filmkunst in den vergangenen fünf Jahren bereits Quantensprünge der Entwicklung hinter sich brachte setzten die „Väter des Kino“ auf ihre bewerten Actualities, die das zeitgenössische Publikum mit Attraktionen aus aller Herrenländer bekannt machen sollten.
Bekannterweise ist die spanische Tradition des Stierkämpfens eine fragwürdige Attraktion. Eine perverse Belustigung des Publikums, das zur damaligen Zeit noch nicht so auf das Thema Tierschutz sensibilisiert wurde wie das heutige. Auch dieser kurze Lumière-Streifen macht sich dessen schuldig, das blutrünstige „Vergnügen“ unreflektiert als exotische Gaudi in Szene zu setzen. Dabei filmen sie hier auch nur ab ohne eine Stellung zu beziehen. Jedoch wird vor der bitteren Konsequenz ausgeblendet. Das Publikum aus dem schrecklichen Geschehen ausgeklammert und nicht mit der Wahrheit konfrontiert.
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#77
Geschrieben 24. September 2009, 02:40
Großbritannien, 1900
Bamforth and Company Production
Filmszene
Inhalt: Zwei Tratschtanten bekommen ihre Röcke von zwei Spaßvögeln an einem Zaun festgenagelt.
Ein weiteres inhaltlich nicht wirklich originelles Produkt aus der Bamforth-Schmiede, die uns bereits mit wenig geglückten Remakes und Imitaten bekannterer Vorbilder „beglückte“. Bei LADIES’ SKIRTS handelt es sich um einen weiteren, wenig originellen Vertreter der „ich spiele dir einen Streich“-Burlesken der Kinopionierzeit. Der Titel umreißt die Handlung schon perfekt, auch wenn die Damen ganz offensichtlich in Wirklichkeit gar keine sind und eher an die Pepperpots Marke Monty Python erinnern.
Bekannt ist der Film dafür sehr früh mit der Schuß-Gegenschuß-Technik zu arbeiten, aber auch für dessen dilettantischen Umgang damit. Zunächst sehen wir die beiden titelgebenden „Damen“ beim intensiven Meinungsaustausch an eben jenem Bretterzaun. Nach etwa einem Drittel der Laufzeit erfolgt ein Gegenschnitt. Wir sehen die Vorgänge auf der anderen Seite des Zaunes. Hierbei wird aber nicht die Position der Kamera verändert, sondern die Personen befinden sich nun auf der anderen Seite des Geschehens. Peinlicherweise ist das sofort als billiger und missglückter Trick entlarvt, nicht nur dadurch, dass die ganze Umgebung unverändert erscheint, sondern gar die beiden Mädels genauso in der Ansicht dastehen wie in der vorangegangenen – nämlich die Hellbekleidete links, die Dunklere rechts.
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#78
Geschrieben 25. September 2009, 00:33
(alt. Titel: BLUEJACKETS TO THE RESCUE)
Großbritannien, 1900
Williamson Kinematograph Company / Charles Urban Trading Company
Regie: James Williamson
Produktion: James Williamson
Buch: James Williamson
Kamera: James Williamson
Darsteller: Mr. James (der Offizier), Mr. Lepard (der Missionar), Florence Williamson (das Mädchen)
Filmszene
Inhalt: Angriff auf ein chinesisches Missionshaus während der „Boxerrebellion“, bei dem ein Missionar stirbt.
Im Frühjahr des Jahres 1900 begann mit dem Angriff der „Boxer“ auf „imperialistische Einrichtungen“ japanischer und amerikanischer Herkunft in China der sogenannte „Boxeraufstand“. Die Filmindustrie zögerte nicht lange und machte sich die aktuellen Ereignisse zu Nutze.
James Williamson
Der Schotte James Williamson (1855 – 1933), der bis dorthin bereits mehr als 120 Filme drehte, bannte eine Randnotiz der Geschehnisse auf die Leinwand und schuf damit die Blaupause für den Actionschnitt. Der heute noch erhaltene Teil von ATTACK ON A CHINA MISSION besteht aus einer nur einer einzigen vierminütigen Szene, die durch eine hohe Schnittfrequenz besticht. Dabei nutzt Williamson die Bewegung aus einer Einstellung, um sie nach Umschnitt in die nächste zu rüberzutransportieren, womit er eine ungeahnte Dynamik erzeugt. Film verlor damit seine Statik. Es gibt heute keinen Regisseur mehr, der so nicht arbeitet.
Nachfolgend die Originalsynopsis aus dem Charles Urban Katalog 1903-04:
“The scene opens with the outer gate of the premises; a Chinaman with flourishing sword approaches and tries the gate. Finding it fastened, he calls the others, who come rushing up; one leaps over the gate, and the combined attack results in forcing it open; nine Boxers in Chinese costumes of varied character now swarm in, stopping occasionally to fire in the direction of the house.
The second scene shows the front of the house - the missionary walking in front with a young lady; wife and child are seated a little further off. At the first alarm, the missionary drops his book and sends the young lady into the house to fetch rifle and pistols; he then rushes to his wife and child, and sees them safely into the house; takes cover behind some bushes, discharges his revolver at the Boxers advancing in different directions, kills one, then picks up rifle and discharges it at another; his ammunition exhausted, he comes to close quarters with another Boxer armed with a sword, and, after an exciting fight, is overcome, and left presumably killed. Meanwhile, others of the attacking party have closed round the young lady and followed her, retreating into the house.
Missionary's wife now appears waving handkerchief on the balcony; the scene changes and shows party of bluejackets advancing from the distance, leaping over a fence, coming through the gate, kneeling and firing in fours, and running forward to the rescue, under command of a mounted officer.
The fourth scene is a continuation of the second. The Boxers are dragging the young lady out of the house, which they have set on fire, at the moment the bluejackets appear; a struggle takes place with the Boxers; mounted officer rides up and carries off the young lady out of the melée.
The missionary's wife now rushes out of the house pointing to the balcony, where she has left her child; a bluejacket has secured it, but his passage down the stairs being blocked, three sailors mount on each other's shoulders and land the child safely in the mother's arms.
The struggle with the Boxers continues, but they are finally overcome and taken prisoners.
This sensational project is full of interest and excitement from start to finish, and is everywhere received with great applause.“
Bearbeitet von Cine-Phil, 25. September 2009, 00:33.
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#79
Geschrieben 29. September 2009, 00:36
Großbritannien, 1900
George Albert Smith Films
Regie: George Albert Smith
Produktion: George Albert Smith
Kamera: George Albert Smith
Filmszene
Inhalt: Ein Mann betrachtet durch ein Teleskop seine Umgebung, wobei seine Aufmerksamkeit auf den Knöchel einer holden Dame gelenkt wird.
Ein so einfacher wie innovativer Trick etabliert den Point-of-View-Shot in der Filmästhetik. Eine über das Kameraobjektiv gelegte Maske mit kreisförmiger Öffnung täuscht den Blick durch eine Sehhilfe - in diesem Fall ein Fernrohr – vor, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf ein bestimmtes Detail zu lenken.
Die technische Erneuerung wiegt freilich weit schwerer als der lapidare Inhalt dieser kurzen Komödie, die Quentin Tarantinos Fußfetischismus um etwa 100 Jahre vorwegnimmt.
Bearbeitet von Cine-Phil, 29. September 2009, 00:37.
Watchout:
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#80
Geschrieben 29. September 2009, 00:41
Großbritannien, 1900
George Albert Smith Films
Regie: George Albert Smith
Produktion: George Albert Smith
Darsteller: Harold Smith (Willy, der Enkel)
Erstaufführung: November 1900
Filmszene
Inhalt: Durch das Vergrößerungsglas seiner Großmutter betrachtet ein Junge (Harold Smith) die Dinge in seiner Umgebung.
Im Zusammenhang mit AS SEEN THROUGH A TELESCOPE muss auch GRANDMA’S READING GLASS genannt werden, den George Albert Smith im selben Jahr realisierte.
Den von ihm in erstgenannten Film eingeführten Point-of-View-Shot erweitert er hier auf mehrere Einstellungen. Im Gegensatz zu dem jedoch verzichtet er hier völlig auf Handlung und die für ihn sonst übliche Pointe, was GRANDMA’S READING GLASS einen deutlich experimentelleren Charakter verleiht.
Watchout:
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#81
Geschrieben 29. September 2009, 23:15
(int. Titel: THE MAN WITH THE RUBBER HEAD)
Frankreich, 1901
Star Film
Regie: Georges Méliès
Produktion: Georges Méliès
Darsteller: Georges Méliès
Filmszene
Inhalt: Ein Mann (Georges Méliès) legt den lebendigen Kopf eines anderen Mannes (Georges Méliès) auf einen Tisch und bläst ihn mit einer Pumpe auf wie einen Luftballon.
In diesem Dreiminüter ist der Illusionist Méliès ganz in seinem Element. TÊTE EN CAOUTCHOUC ist nicht nur einer der beliebtesten Filme aus dem Schaffenswerk des Meisters, sondern auch ein Paradebeispiel für seine Filmkunst und sein Handwerk. Wie selbstverständlich gibt er auch hier wieder die beiden Hauptrollen, die des „Bläsers“ als auch die des „Gummikopfes“. Den noch heute verblüffenden Trick erzeugte er durch die von ihm bereits häufig erprobte Doppelbelichtung. Clou des Ganzen ist aber der Effekt, den titelgebenden Kopf größer werden zu lassen. Dies erzeugte er mit einem Mittel, das heute unfassbar simpel und alltäglich scheint, aber damals aufgrund der ungeheuer schweren Biester von Kameras als schier unmöglich galt: eine Kamerafahrt auf das Objekt zu.
Watchout:
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#82
Geschrieben 30. September 2009, 00:34
Großbritannien, 1900
Hepworth Film Manufacturing
Regie: Cecil M. Hepworth
Filmszene
Inhalt: Prozessionszug mit dem Sarg der englischen Königin Victoria.
The Queen is dead...
Am 22. Januar 1901 war das viktorianische England keins mehr. Die populäre Queen Victoria I. starb nach 64jähriger Regentschaft im Alter von 81 Jahren. Die aus dem deutschstämmigen Haus Hannover abstammende Monarchin herrschte über gut ein Fünftel der Erde und hinterließ eine große Lücke, nicht nur in Großbritannien sondern in ganz Europa, die nie mehr geschlossen werden konnte.
Sie starb im Beisein ihres Enkels, dem deutschen Kaiser Wilhelm II., der zusammen mit ihrem Sohn und Thronfolger Eduard VII. den prächtigen Sarg unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit zur letzten Ruhestätte begleitete. Auch waren Filmteams zugegen. So filmten nicht nur Abgesandte der Edison Manufacturing Company die Zeremonie, sondern auch ausgerechnet der für seine schwarzen, experimentierfreudigen Komödien bekannte Cecil M. Hepworth, dem ein beeindruckender Blick auf das Prozedere gelang.
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Der Film auf den die Welt gerade noch gewartet hat! coming soon
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#83
Geschrieben 30. September 2009, 21:23
Großbritannien, 1901
Williamson Kinematograph Company
Regie: James Williamson
Produktion: James Williamson
Darsteller: Sam Dalton (Tramp)
Erstaufführung: Oktober 1901
Filmszene
Inhalt: Ein Tramp (Sam Dalton) stiehlt ein Stück Fleisch und löst damit eine Verfolgungsjadg aus, die ihm unliebsame Bekanntschaft mit einigen Hunden machen lässt.
James Williamson erwies sich mit seinem ATTACK ON A CHINA MISSION als Pionier und Meister des Filmschnitts sowie der Multishots und legte im folgenden Jahr mit STOP THIEF! Noch eine Schippe rauf.
Er verfeinerte seinen dynamischen Actionschnitt und kreierte hiermit den bis dato rasantesten Film, der je über eine Leinwand lief. Damit sollte er besonderen Einfluss auf den amerikanischen Film nehmen (er wurde 1903 in den USA uraufgeführt), die Verfolgungsjagden in den drauffolgenden Jahren zu ihrer ganz eigenen Spezialität erkoren sollten.
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#84
Geschrieben 30. September 2009, 23:35
Großbritannien, 1901
Williamson Kinematograph Company
Regie: James Williamson
Produktion: James Williamson
Kamera: James Williamson
Erstaufführung: 15. Oktober 1901
Filmszene
Inhalt: Eine Familie ist eingeschlossen in einem brennenden Haus. Ein Polizist alarmiert die Feuerwehr, die auch sogleich zur Tat schreitet.
James Williamson setzt in diesem Drama die heroische Arbeit der Feuerwehr in seiner Heimatstadt Hove in Szene.
FIRE! bildet noch eine Steigerung zu Williamsons fast zeitgleich erschienenen STOP THIEF!. Dramaturgie und Schnitt in bisher nicht da gewesener Perfektion machen aus ihm den spannendsten und dramatischsten Film seiner Zeit, der auch heute noch überzeugen kann. Zumal sich alle Filmemacher seither an die von Williamson entwickelten Techniken halten.
Wenn es jemandem zu verdanken ist, dass der Film ein eigene Bildsprache, die Narration, entwickelte, dann sicher den Briten James Williamson und George Albert Smith, die mit ihren Innovationen im (post-)viktorianischen England die sogenannte Brighton-Schule begründeten. FIRE! gilt in der Entwicklung des narrativen Films als Schlüsselwerk und ist einer der bekanntesten Filme Williamsons schlechthin.
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#85
Geschrieben 01. Oktober 2009, 01:07
(alt. Titel: THE COUNTRYMAN’S FIRST SIGHT OF THE ANIMATED PICTURES)
Großbritannien, 1901
Paul’s Animatographic Works
Regie: Robert W. Paul
Produktion: Robert W. Paul
Filmszene
Inhalt: Ein Landei wohnt zum ersten Mal in seinem Leben einer Filmvorführung bei. Dabei zeigt er verschiedenste Reaktionen auf die gezeigten Szenen.
Bleiben wir in Großbritannien und wenden uns einem anderen alten Bekannten zu: Robert W. Paul.
Selbstreflektierende Filme über das Kino gab es bis dato noch nicht wirklich. Das sollte sich mit dieser kunstvollen Hommage Pauls an den Cinematographen ändern. Auf einer per Doppelbelichtung eingefügten Leinwand werden diverse Szenen gezeigt, die die verschiedenen Facetten widerspiegelt, die das Kino zu bieten hat. Der Zuschauer (hier in Person des ungebildeten Pöbels) erlebt schmachtend Liebesszenen, lacht über die komischen Burlesken und erschreckt sich vor der berühmten Lumière’schen Zugeinfahrt.
THE COUNTRYMAN AND THE CINEMATOGRAPH ist nur noch fragmentarisch erhalten. 1902 drehte Edwin S. Porter für die Edison Company ein Remake – UNCLE JOSH AT THE MOVING PICTURE SHOW.
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#86
Geschrieben 02. Oktober 2009, 00:02
(int. Titel: WHAT HAPPENED TO THE INQUISITIVE JANITOR)
Frankreich, 1901
Pathé Frères
Regie: Ferdinand Zecca
Filmszene
Inhalt: Der Putzmann eines Hotels wagt den Blick durch ein paar Schlüssellöcher.
Wie bereits erwähnt begann mit der von Charles Pathé gegründeten Produktionsfirma Pathé Frères die Industrialisierung des Films. Die frühesten Jahre des Films waren sie marktbeherrschend, was sich auch auf die Production Values ihrer Filme auswirkte. Ihre Filme waren größer, länger und teurer als die der Konkurrenz – und auch erfolgreicher.
So bekam dann ein aufstrebender Regisseur wie Ferdinand Zecca die entsprechenden Mittel, um sich auszutoben. Zecca sollte sich im Laufe der Zeit als einer der wichtigsten Regisseure der „zweiten Generation“ etablieren.
PAR LE TROU DE SERRURE ist ein intimer, komischer Blick durchs Schlüsselloch. Aus heutiger Sicht leidlich amüsant. Und der Trick mit der als Schlüsselloch maskierte Kamera hat sich Zecca von den Point-of-View-Shots eines George Albert Smith abgeschaut. Was PAR LE TROU ausmacht, ist die Interaktion mit dem Zuschauer, die ausufernden Gesten, die den Weg in Richtung Schauspielkino deuten.
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#87
Geschrieben 07. Oktober 2009, 01:28
(int. Titel: BLUEBEARD)
Frankreich, 1901
Star Film
Regie: Georges Méliès
Produktion: Georges Méliès
Buch: Georges Méliès, nach dem Märchen Barbe-bleue von Charles Perrault
Darsteller: Georges Méliès (Blaubart), Jeanne D’Alcy (Blaubarts Frau), Bleuette Bernon (Fee)
Filmszene
Inhalt: König Blaubart (Georges Méliès) nimmt ein junges Mädchen (Jeanne D’Alcy) zur achten Ehefrau, nachdem seine ersten sieben Gattinnen einen grausamen Tod erleiden mussten. Als Blaubart auf Reisen geht, kommt seine junge Gemahlin hinter das grausame Geheimnis ihres Angetrauten.
Mit ausschweifender Theatralik adaptiert Georges Méliès das bekannte Märchen um den barbarischen König in einer Version von Charles Perrault, der die fatale Neugier der Frau in den Mittelpunkt der Handlung stellt.
Méliès selbst spielt den brutalen Regenten mit Frauenverschleiß, Gattin Jeanne D’Alcy selbstredend dessen Eheweib. Als künstlerische Kontinuität im Werk Méliès’ lässt sich die Darstellung des Leibhaftigen ausmachen, der in allen Werken des Meisters ein exakt gleiches Erscheinungsbild hat.
ACHTUNG SPOILER: Was den originellen und (vor allem in der Traumsequenz) stilbildende Mehrakter aus heutiger Sicht erstaunlich wirken lässt, sind die deftigen Schocksequenzen, die selbst heute an keinem hartgesottenen Horrorfan vorbeigehen. Méliès (siehe auch meine älteren Einträge) war in vielen Genres Vorreiter, so auch in dem noch nicht existenten Horrorfilm. Seine frühen Versuche in dem Sujet muten aber eher naiv an. Kaum gruselig, wie da etwa mit mechanischen Spinnen versucht wird, Urängste hochzukochen. Dagegen kommt hier eine kurze Einstellung voll zu tragen und jagt uns einen dicken Schauer über den Rücken, in dem ein dunkler Raum plötzlich erhellt wird und wir uns sieben gehängten weiblichen Leichen gegenübersehen. Was heute noch durch die Glieder fährt, muss damals noch erschreckender gewesen sein.
Auch die Ermordung Blaubarts zum Ende durch eine explizite Durchbohrung mit dem Schwert hätte man in einem Werk von 1901 noch nicht vermutet. Méliès – the Grandfather of Gore.
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#88
Geschrieben 07. Oktober 2009, 21:56
(dt. Titel: GESCHICHTE EINES VERBRECHENS)
Frankreich, 1901
Pathé Frères
Regie: Ferdinand Zecca
Buch: Ferdinand Zecca
Kamera: Ferdinand Zecca
Darsteller: Jean Liézer, Bretteau, Ferdinand Zecca
Filmszene
Inhalt: Ein Mann wird des brutalen Raubmordes bezichtigt und zum Tode verurteilt. In der Todeszelle beginnt ein Rückblick auf die Vorgeschichte des Verbrechens.
Bereits in seinem ersten Spielfilm, der starken Einfluss auf die Entwicklung des Kriminalfilms haben sollte, zeigt Ferdinand Zecca sein Talent und sein Gespür für Innovationen. HISTOIRE D’UN CRIME ist ein bewegendes Drama um einen gesellschaftlich Gescheiterten, der auf die schiefe Bahn gerät. Inspiriert wurde von einer Wachsfigurenreihe in einer zeitgenössischen Pariser Kunstausstellung.
Die besondere Neuerung in dem Debüt des späteren Pathé-Vorzeigeregisseurs ist die Traum-/Rückblicksequenz, die den dramaturgischen Höhepunkt des 5 Minuten langen Films bildet und deutlich als eine solche zu erkennen ist. Anstatt hier wie sonst üblich mit Rückprojektionen oder Doppelbelichtungen zu arbeiten, macht Zecca etwas so einfach wie effektiv wie aufwendiges: er „bricht“ die Mauer des Gefängnisses auf und baut ein zweites Set hinter das Erste.
Augenfällig auch die Darstellung der Gewaltszenen. Bereits in der Eingangsszene wird das Publikum mit einem kaltblütigem Mord geschockt, bevor es am Ende noch die erste explizite Köpfungsdarstellung der Filmgeschichte über sich ergehen lassen muss. Nach der deftigen Schocksequenz aus Georges Méliès’ BARBE-BLEUE ist das schon der zweite Film des Jahres 1901, der überraschend grausam und uncodiert mit den Folgen brutaler Gewalt kokettiert.
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#89
Geschrieben 07. Oktober 2009, 23:01
Großbritannien, 1901
Williamson Kinematograph Company
Regie: James Williamson
Kamera: James Williamson
Darsteller: Sam Dalton
Erstaufführung: 15. Oktober 1901
Filmszene
Inhalt: Ein ziemlich unfreundlich dreinschauender und wild gestikulierender Gentleman (Sam Dalton) bewegt sich auf die Kamera zu, öffnet seinen Mund und schluckt Kamera nebst Kameramann.
Da schluckst du! „I won’t! I won’t! I’ll eat the camera first!” ruft der grimmige Kerl von der Leinwand, bzw. dessen Narrator im Stummfilmkino. Eine kleine experimentelle Spielerei ist diese Burleske von James Williamson (FIRE!). Und dennoch so viel mehr. Williamson bricht in der Burleske auf ironische Weise Realitätsebenen und Blickwinkel auf. Freilich mit sehr viel größeren Kunstverständnis wurde und wird dieses Stilmittel immer wieder aufgegriffen. Ohne die damals noch nicht erfundene Zoomfunktion und ohne Kamerafahrt geht er über von einer Totalen zu einer extremen Nahaufnahme, wie sie bis dahin so noch nicht gesehen wurde und gar das Publikum mitverspeist.
Eine vergessene Perle des Kannibalenfilmgenres, hihi.
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#90
Geschrieben 12. Oktober 2009, 20:37
(int. Titel: DREAM AND REALITY)
Frankreich, 1901
Pathé Frères
Regie: Ferdinand Zecca
Filmszene
Inhalt: Ein Mann träumt von einem Date mit einer bezaubernden jungen Dame, bevor er sich der grausamen Realität stellen muss.
Kaum variiertes Remake von George Albert Smiths Burleske LET ME DREAM AGAIN (1900).
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