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To Tell You the Truth... - Filmforen.de - Seite 2

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To Tell You the Truth...


34 Antworten in diesem Thema

#31 Zodiac

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Geschrieben 08. November 2009, 00:43

Den vermutlich letzten FTB-Eintrag vor meinem höchst unfreiwilligen, wenn auch zeitlich begrenzten Ableben bei “filmforen.de” möchte ich speziell pasheko und seinen Monstern vom Hotel Meinster widmen, damit auch sie mal wieder in den Genuss eines Gespensterfilms kommen, der nicht nur wegen seines unfreiwilligen Humors zum Lachen reizt:

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Zwei Engel ohne Flügel (Alternativtitel: Topper - Das blonde Gespenst)
(Topper, USA 1937)

Regie: Norman Z. McLeod
Darsteller: Constance Bennett, Cary Grant, Roland Young, Billie Burke, Alan Mowbray, Eugene Pallette, Arthur Lake, Hedda Hopper u.a.

1934 wurde der so genannte “Hays Code”, den die “Catholic League of Decency” gefordert hatte, für Hollywood-Produktionen verpflichtend. Er sollte dafür sorgen, dass Filme im Hinblick auf “Obszönität”, Vulgarität und Gewaltverherrlichung rigide überprüft und notfalls einer Zensur unterworfen würden. Der Kodex blieb bis in die 60er Jahre hinein in Kraft und wurde mal mehr, mal weniger streng angewandt. --- Die Moralapostel, die nach ihrem “Erfolg” vielleicht ernsthaft mit einer Überfülle an sittlichen und dem Seelenheil des Zuschauers bekömmlichen Filme gerechnet hatten, unterschätzten freilich den Erfindungsreichtum der verärgerten Regisseure und Produzenten. Diese sorgten dafür, dass gerade die - oft von raffiniert versteckten Freizügigkeiten wimmelnde - Hollywood-Komödie ab Mitte der 30er Jahre bis Mitte der 40er ihre Glanzzeit erlebte. Was vorher recht offen ausgesprochen worden war, wirkte als Anspielung in den Screwball Comedies, deren Erfindung je nach Vorliebe Howard Hawks oder Frank Capra (rückblickend gelegentlich auch Ernst Lubitsch) zugeschrieben wird, noch viel anzüglicher - was nicht zuletzt mit dem rasanten Tempo und dem Wortwitz dieses sich an der Grenze zur Farce bewegenden Subgenres zu tun hatte, in dem sich die Geschlechter einen unerbittlichen Kampf lieferten, der nicht selten mit einem Sieg der Frau und einem Kater am Morgen danach endete.

Als der komödienerprobte Regisseur Norman Z. McLeod (er hatte die Marx Brothers-Filme “Monkey Business”, 1931, und “Horse Feathers”, 1932, gedreht) 1937 von Hal Roach für die Verfilmung eines Romans von Thorne Smith eingesetzt wurde, bot ihm dies die Möglichkeit, die klassische Screwball Comedy auf interessante Weise zu variieren, indem er sie um die Komponente des Übernatürlichen erweiterte, sie also zum witzigen Gespensterfilm machte. - Marion und George Kerby sind ein äusserst lebenslustiges junges Ehepaar, das nicht nur fahrlässig mit seinem sportlichen Buick in der Gegend herumrast, sondern auch in den ersten zehn Minuten des Films mehr säuft als Nick und Nora Charles in der ganzen “Thin Man”-Reihe. Die beiden Turteltauben befinden sich auf dem Weg zur Bank, über die der langweilig-penible und von einer dominanten Gattin überwachte Cosmo Topper waltet - und vor der sie zuerst einmal vor den Augen der staunenden Passanten den halben Morgen verschlafen, bevor George als Mehrheitsaktionär an einer Aufsichtsratssitzung teilnimmt und diese mit seinem Benehmen sabotiert. Kurz darauf geschieht das Unausweichliche: George baut einen Unfall, und das Paar erhebt sich seltsam durchsichtig, um die eigenen leblosen Körper, die vor ihm auf dem Boden liegen, zu diskutieren. Die Erkenntnis folgt bald: Marion und George müssen tot sein, befinden sich aber noch nicht im Himmel. Also beschliessen sie, die zwar keine grossen Sünder, aber doch etwas gar frivol waren, eine gute Tat zu vollbringen - und als Opfer suchen sie sich ausgerechnet den biederen, bierernsten Toppy (wie ihn Marion liebevoll nennt) aus. Empfand dieser das freizügige Paar jedoch schon zu dessen Lebzeiten als Landplage, fühlt er sich von den sich nach Belieben sichtbar oder unsichtbar machenden “Engeln” erst recht in den Wahnsinn getrieben. Eine Katastrophe voller Gags bahnt sich an...

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“Topper” ist tricktechnisch alles andere als auf dem damals aktuellen Stand; die “Gespensterszenen” werden jedoch derart genussvoll in den Film eingebettet (etwa wenn Cosmo Topper nach einer Schlägerei vor dem Richter von einer unsichtbaren Marion zurecht gemacht oder ein Liftboy veräppelt wird), dass dies keine Rolle spielt. Besonders herrlich ist ein Radwechsel, den der nicht mehr unter den Lebenden weilende George Kerby auf Geheiss seiner Frau vornehmen muss. Er brummt: “All right, I’ll change the tire ... But I’ll be darned if I’ll waste any ectoplasm doing it!” - worauf er sich unsichtbar macht und vor den Augen des staunenden Cosmo die leidige Angelegenheit hinter sich bringt.

Für Constance Bennett, die als einst bestgekleidete Frau der Welt ihre grosse Zeit bereits hinter sich hatte, erwies sich “Topper” als kleines Comeback, Cary Grant konnte als Lebemann genau das Gegenteil jenes Männertyps spielen, den er ein Jahr später in Hawks’ “Bringing Up Baby” verkörpern sollte - und Roland Young erhielt eine Oscar-Nominierung als bester männlicher Nebendarsteller. Ebenfalls erwähnenswert: Billie Burke (sie sollte 1939 in Victor Flemings “The Wizard of Oz” die Glinda spielen) als vom eigenartigen Benehmen ihres von Geistern besessenen Gatten aus dem Alltag gerissene Mrs. Topper und Alan Mowbray als Butler der Familie (“Can’t you even look like a human being?” - “I don’t know, sir, I’ve never tried.”). Sogar Hedda Hopper, eine der grossen Klatschtanten Hollywoods, darf einen Kurzauftritt hinlegen.

Die von einem jazzigen, ebenfalls für einen Oscar nominierten Soundtrack untermalte Geistergeschichte erwies sich als derart erfolgreich, dass sie zwei Fortsetzungen nach sich zog und später auch zu einer Fernsehserie verarbeitet wurde. In “Topper Takes a Trip" (1938) kehrt Marion noch einmal auf die Erde zurück, um ihrem Toppy, dessen Frau nun plötzlich die Scheidung will, beizustehen. Cary Grant ist in diesem mehr auf Situationskomik als auf Wortwitz setzenden Film bloss noch in der Eingangssequenz zu sehen, was ich den Machern nie verzeihen werde. “Topper Returns” (1941) lässt Roland Young ohne Constance Bennett, aber mit Joan Blondell als Gespenst in einem unheimlichen Haus einen Mordfall aufklären. Dieser dritte - enttäuschende - Teil zeigt, dass aus der Topper-Geschichte eigentlich schon alles herausgeholt war.

“Topper” war einer der ersten Filme, die nachträglich eingefärbt erneut ins Kino kamen, ein Versuch, der insbesondere im Zusammenhang mit Curtiz’ “Casablanca” erbitterte Diskussionen auslöste. Der kleine Klassiker “Zwei Engel ohne Flügel” ist zur Zeit im deutschsprachigen Raum nur als VHS-Kassette erhältlich, was eine Schande ist; denn das Original lebt nicht zuletzt von seinem Wortwitz, der sich nicht ohne weiteres in andere Sprachen übersetzen lässt.

Und zum Schluss: Für 2010 ist ein Remake des Films mit Steve Martin als Cosmo Topper angekündigt. Sollte sich diese Drohung bewahrheiten (der Kerl verhunzte schon den mir lieben Film “Cheaper by the Dozen”, 1950, mit Clifton Webb und Myrna Loy, aus dem er ein Pseudo-Remake machte!), laufe ich Amok. Ich hoffe, zahlreiche Leser von “filmforen.de” werden sich mir anschliessen.

Bearbeitet von Zodiac, 08. November 2009, 01:27.


#32 Zodiac

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Geschrieben 16. November 2009, 13:52

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Shadowlands - Ein Geschenk des Augenblicks
(Shadowlands, Grossbritannien/USA 1993)

Regie: Richard Attenborough
Darsteller: Anthony Hopkins, Debra Winger, Edward Hardwicke, Joseph Mazzello, James Frain, Julian Fellowes, Michael Denison, John Wood

“Shadowlands” ist einer jener Filme, denen Leute wie ich aus zwei Gründen mit Skepsis entgegentreten: Er scheint a) auf unangenehme Weise in jene effekthascherischen zwei Teile (aus charmanter Leichtigkeit entwickelt sich eine Tragödie mit Flenngarantie) zu zerfallen, die viele Liebesfilme so öde und vorhersehbar machen, und er wurde b ) von Kreisen, die das Christentum für sich gepachtet haben (womit hier insbesondere evangelikale Fundamentalisten gemeint sind), ihren Schäflein innigst ans Herz gelegt. - Da er “auf einer wahren Begebenheit” beruht, trägt jedoch vielleicht ein Blick auf die Hintergründe zum Abbau von Vorurteilen bei - und lässt mich vergessen, wie mich (womit ich mich als einst hübsches Kerlchen oute) diverse Schulkameradinnen zu Beginn der 70er Jahre mit einem Rucksack voller Papiertaschentücher und dem Zitat “Love means never having to say you’re sorry” auf den feuchten Lippen ins Landkino zu schleppen versuchten.

C.S. Lewis, ein nicht ganz unbedeutender “Oxbridge”-Gelehrter (die “Allegory of Love”, 1936, des Spezialisten für englische Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit geriet während eines Seminars auch mal unfreiwillig in meine Hände) und Verfasser der unsäglichen “Chronicles of Narnia”, war 1929 von J.R.R. Tolkien, einem fürs Altenglische zuständigen Kollegen und Verfasser des nicht minder unsäglichen “Lord of the Rings”, zum Christentum bekehrt worden und heiratete nach einem langen und zufriedenen Leben als Junggeselle 1956 die amerikanische Schriftstellerin Joy Grisham, um ihr einen bleibenden Aufenthalt in England zu ermöglichen. Vier Jahre später verlor er seine Frau an Knochenkrebs. Er verbrachte einen grossen Teil seines restlichen, noch mehr zur Frömmelei neigenden Daseins mit religiös motivierten öffentlichen Vorträgen, in denen er über den Grund von Schmerz und Verlust sinnierte und die zeigten, wie nahe ihm, der schon seine Mutter im Alter von zehn Jahren an Krebs verloren hatte, der Tod seiner Frau gegangen war.

Nun muss eine solche Tragödie wohl zu einer Verfilmung nach einem bestimmten Muster mit gelegentlich kitschigem Einschlag verführen - und die selbsternannten Auserwählten des Herrn werden auch um eine bekehrte Seele nicht umhin kommen, obwohl ausser einem in Stunden des Leids verständlicherweise gehauchten “Sweet Jesus” der religiöse Aspekt nicht übermässig betont wird (Joy Grisham war selber eine “Bekehrte”, was einer ganz dem Herrn zugewandten Verfilmung Anlass geboten hätte, unsere Gläubigen vollends in Ekstase zu versetzen) - und J.R.R. Tolkien, dessen keineswegs gewaltfreier “Lord of the Rings” von “Christen” ja auch über den grünen Klee gelobt wird, während man die Autorschaft der “Harry Potter”-Bücher einem gewissen Herrn Satan persönlich zuschreibt, im Film erfreulicherweise gar nicht vorkommt! - Allein schon die überaus fähigen Schauspieler und die herrlichen Schauplätze (welch privilegiertes Land, in dem von den diversen “Gardens of England” des Südens bis zu den Yorkshire Moors die bedeutungsträchtigsten Aufnahmen gemacht werden können!) verhindern, dass sich die Verfilmung von Richard Attenborough, den ich üblicherweise als Schauspieler (“The Great Escape”, 1963, “The Human Factor”, 1979) mehr schätze denn als pompös nach Oscars gierenden Regisseur (“Gandhi”, 1982, “Chaplin” 1992), in die Gefolgschaft von Hollywood-Augenbefeuchtern wie “An Affair to Remember” (1957) oder “Love Story” (1970) stellt:

C.S. Lewis, von seinen Freunden “Jack” genannt, unterrichtet im Oxford der 50er Jahre als ziemlich selbstbewusster, gelegentlich zynischer Professor, der auf alles eine Antwort hat (er beantwortet etwa die Frage eines Kollegen, was ihn, der doch keine Kinder kenne, zum Schreiben von Kinderbüchern berechtige, indem er auf seinen Bruder Warnie verweist, den er als Kind gekannt habe - und mit dem er das Leben eines eigenwillig-schrulligen “English bachelor” lebt). Sein Selbstbewusstsein gerät jedoch ins Wanken, als er auf die ihm Paroli bietende amerikanische Lyrikerin Joy Grisham trifft, die mit ihrem Sohn Douglas nach England kam, um ihn zu treffen. Er reagiert unbeholfen auf die ihre Meinung offen aussprechende Frau, versichert aber seinem Bruder, der sich um den kleinen Douglas kümmert, die Sache sei “ungefährlich”. - Trotzdem kommt es zu weiteren Begegnungen und einer platonischen Beziehung; und als die mittlerweile geschiedene Joy erneut nach England reist, willigt er in eine “Scheinehe” ein, damit sie und ihr Sohn eine bleibende Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Es bleibt jedoch bei einer Feundschaft, und innerhalb der Universität, wo man langsam über die geheimnisvolle Brieffreundin munkelt, weiss niemand etwas von Jacks “Heirat“.

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Kurz darauf erkrankt Joy an Krebs und erfährt, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Erst jetzt gelingt es Jack, seine Angst vor der Liebe zu überwinden, und er heiratet Joy ein zweites Mal. Von nun an verwandelt sich der Film, dessen Interesse bis jetzt vor allem dem scheinbar über alles erhabenen Professor (“Fight me!”) und seiner komischen Hilflosigkeit gegenüber einer Frau, die den Kampf aufnahm, galt, in eine - durchaus sentimentale - Studie über die Liebe und das Verlieren. Die erneute Begegnung mit einem Studenten, der das Motto “We read to know we’re not alone” dem Kampf mit dem Gelehrten vorzog, führt zu einem Nachdenken über die Liebe und lässt Lewis erkennen “that we love to know we’re not alone”. - Joy, der es vorübergehend besser geht, schlägt ein Nachholen der Flitterwochen vor, da sie unbedingt ein Tal (“The Golden Valley”) besuchen möchte, das sie auf einem Gemälde im Büro von Jack sah. Die beiden reisen nach Hertfordshire (das Tal befindet sich - dies nur nebenbei - in Herefordshire), wo sie vielleicht die Romanze ihres Lebens, die in einem innigen Kuss in der verregneten Landschaft kulminiert, erleben. Diese Szene mag kitschig wirken; der Anblick des Tals von oben ist aber wohl zugleich der Höhepunkt des Films, der von nun an in ein langes, beinahe zu lang gezeigtes Sterben mündet, welches im Gesicht des Professors immer mehr die Züge eines hilflosen Kindes hervortreten lässt. - Nach Joy’s Tod macht Warnie seinen Bruder darauf aufmerksam, dass er sich nun um den auch immer als einsam gezeigten Douglas (es gibt eine Szene, in der man den Knaben an einem Weiher mit einem untergehenden Papierschiff spielen sieht, während Jack, der Autor von Kinderbüchern, einfach keine tröstenden Worte für ihn findet) kümmern müsse. Lewis begibt sich auf den Estrich, wo der Junge vor einem Wandschrank ohne die Wunder im Buch des Autors (“The Lion, the Witch and the Wardrobe”) sitzt. Er setzt sich neben seinen Stiefsohn und beginnt, während er ihn in die Arme nimmt, hemmungslos zu weinen. - Dies wäre vielleicht der adäquate Schluss für “Shadowlands”. Leider sieht man die zwei nach dem “winter of their discontent” (Jahreszeiten spielen während des Sterbens eine grosse Rolle!) noch durch einen Frühling mit neuer Hoffnung spazieren, wozu Hopkins aus dem Off Lewis zitieren darf: “Why love, if losing hurts so much? I have no answers anymore...”

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“Shadowlands” ist ein langer, gelegentlich langatmiger Film, der im Vergleich zu anderen Werken von Attenborough jedoch bemerkenswert einfach, bisweilen beinahe kammerspielartig daherkommt. Die einfühlsame Inszenierung darf sich ganz auf die schauspielerischen Leistungen (Debra Winger wurde für den Oscar nominiert) verlassen. Hopkins’ Verwandlung vom weltfremden und doch sich seiner selbst zu sicheren Gelehrten in den liebenden, hilflosen Mann, der von seiner Frau ein unermessliches Geschenk erhält (“the pain then is part of the happiness now”), berührt, auch wenn der grosse Schauspieler im gleichen Jahr mit “The Remains of the Day” einen weitaus bedeutenderen Film drehen durfte. --- Und “Shadowlands” ist natürlich, obwohl “based on a true story”, ein kitschiger Film, der gegen Ende die Grenzen des Erträglichen überschreitet. Man müsste dies einer amerikanischen Produktion zum Vorwurf machen. Gleichzeitig erinnert man sich jedoch daran, wie lieblos und völlig auf den Effekt (die Ankurbelung des Verkaufs von Papiertaschentüchern) hin etwa Arthur Hiller seine “Love Story” abgedreht hatte - und spätestens dann muss man zugeben, dass sich die Briten eben auf einen anderen Umgang mit Kitsch verstehen. Vielleicht war die “Washington Post” nicht weit von der Wahrheit entfernt, als sie “Shadowlands” als “a high-class tear-jerker” bezeichnete. Ich möchte hinzufügen: vor atemberaubender Kulisse!

#33 Zodiac

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Geschrieben 21. November 2009, 00:08

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Süsses Gift (Alternativtitel: Chabrols süsses Gift)
(Merci pour le chocolat, Frankreich/Schweiz 2000)

Regie: Claude Chabrol
Darsteller: Isabelle Huppert, Jacques Dutronc, Anna Mouglalis, Rodolphe Pauly, Matthieu Simonet

An den Filmen von Claude Chabrol zeigt sich auf eigenartige Weise, wie manche Kritiker dem Wunsch nach Pauschalisierung nachgeben: Da der Regisseur mit “Le Beau Serge” (1958) oder “Les Cousins” (1959) nicht bloss als Mitbegründer der Nouvelle Vague gilt, sondern auch bekennender Maoist ist und sich mit sozialkritischen Filmen über die Bourgeoisie (“Les biches”, 1968, “La femme infidèle”, 1969) einen Namen machte, liest man sozusagen von jeder neuen Regiearbeit des Franzosen schon floskelhaft, er halte mit seinem neuen Meisterwerk dem Bürgertum mal wieder gnadenlos den Spiegel vor - eine Meinung, die oft erst im Nachhinein und nach einigen ehrlichen Rezensionen in mehrfacher Hinsicht revidiert werden muss.

Denn erstens geht es Chabrol, der sich - um es deutlich auszusprechen - als Gourmet in der von ihm kritisierten Bourgeoisie mittlerweile bequem eingerichtet hat, gelegentlich auch einfach darum, eine Geschichte ohne “hintergründige Angriffe” auf eine bestimmte Gesellschaftsschicht zu erzählen (etwa im gelungenen Psychothriller “Le cri du hibou”, 1987, oder in “Une affaire des femmes”, 1988, dem schon beinahe nach einem Klassiker aussehenden Film über eine Engelmacherin im von den Deutschen besetzten Frankreich der 40er Jahre - mit Isabelle Huppert in einer ihrer grössten Rollen); und zweitens teilt er mit vielen etwas gar fleissigen Regisseuren das Schicksal, ein paar höchst durchschnittliche Filme gedreht zu haben, was nicht zuletzt die öfters eingesetzte Huppert zu verschleiern vermag, weil sie mit ihrem einzigartig herben Gesicht alles ausdrücken kann - und selbst wenn sie nichts ausdrückt, den Eindruck erweckt, ihr Schweigen spreche Bände...

“Merci pour le chocolat”, gerade von Schweizer Kritikern bejubelt (es handelte sich um eine Co-Produktion), scheint mir zu diesen mittelmässigen Arbeiten zu gehören: Mika, die Erbin eines Schokoladenkonzerns, lebt mit ihrem Mann André, einem berühmten Pianisten, der ohne das starke Schlafmittel Rohypnol nicht leben kann, in einer luxuriösen Villa hoch über Lausanne. Die beiden waren schon einmal verheiratet, trennten sich aber, weil sich André in Mikas Schwester Lisbeth verliebte, die bei einem Autounfall ums Leben kam. Jetzt scheint die Familienidylle, an der auch Mikas Stiefsohn Guillaume teilhat, perfekt zu sein - bis eines Tages die junge Musikerin Jeanne auftaucht und behauptet, sie könnte nach der Geburt vertauscht worden und vielleicht Andrés Tochter sein. Mika bemerkt, wie ihr zunächst skeptischer Mann zu seiner möglichen Tochter, die bei der Familie ein Wochenende verbringen darf, eine emotional starke Bindung entwickelt, ihr regelrecht “verfällt”. Er offeriert der jungen begabten Frau Piano-Lektionen, in denen er völlig aufgeht (der Trauermarsch von Franz Liszt wird bis zum Überdruss eingeübt!) - und darüber ganz vergisst, dass er noch eine Frau hat, die sich freilich nichts anmerken lässt, sondern weiterhin die freundliche und “perfekte” Gastgeberin spielt.

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Dies der Ausgangspunkt eines Psychothrillers nach einem Roman von Charlotte Armstrong, der auch in die Vergangenheit führen wird, dessen Plot man aber recht schnell durchschaut. Die eigentlich banale Geschichte, die - das Klavierspiel nachahmend - durch Andeuten und leichtes Akzentuieren einer Vernachlässigung gekonnt vorgibt, mehr zu sein als sie ist, bedarf schon allerhand interpretatorischer Kunststücke, wenn man sie zum in der Tradition von Chabrols frühen Filmen stehenden sozialkritischen Meisterwerk erheben will - indem man etwa zu erkennen glaubt, die Kernaussage von “Merci pour le chocolat” (ein inhaltlich ziemlich verräterischer Titel!) sei: Der in der bürgerlichen Familie lebende Mensch ist gezwungen, zum Künstler oder zum Mörder zu werden (so Georg Seesslen in einer Rezension, die nur stellvertretend für viele stehen soll). --- Natürlich geht es um eine kranke, verletzte Seele, die zum Unheil einer an sich kranken Familie, wie man sie übrigens in allen Gesellschaftsschichten finden könnte, wird (die Familienidylle erweist sich grundsätzlich als so trügerisch wie der ruhige Genfersee, der uns - um seine Symbolik zu verdeutlichen - ähnlich oft und mit aufdringlicher Regelmässigkeit vor Augen geführt wird wie das Sanatorium in Geissendörfers “Zauberberg”, 1982). Man darf sich jedoch fragen, wer in dieser Familie der Mörder ist; denn es gibt auch Seelenmörder. - Dies ist aber auch schon alles, was ich, der ich sonst jeder nicht allzu phantasievollen Interpretation gesonnen bin, der höchstens leidlich spannenden Geschichte zu entnehmen vermag. Der Film gibt nämlich all das, was man in ihn hineinzulegen versucht, bloss scheinbar her. Er könnte auch als durchschnittlicher “Tatort“, der ein klein wenig an der bürgerlichen Fassade kratzt, durchgehen.

Weshalb erwähne ich ihn also überhaupt in meinem FTB? - Es geht mir einzig um die grosse Isabelle Huppert, die ich bewundere, seit ich sie in Claude Gorettas “La dentellière” (1977), einem vergessenen Zeitdokument, das früher oder später auch hier landen wird, zum ersten Mal sah. Es wäre ein Leichtes, sie für einen ihrer grossen Filme zu loben. Dass sie jedoch - umgeben von blass gezeichneten Darstellern - den kammerspielartigen “Thriller” von Chabrol zu einem Ereignis macht, ist ein Verdienst sondergleichen. Man muss sie bloss als scheinbar geduldige Gattin still auf dem Sofa sitzend oder bei der Zubereitung der allabendlich ihrem Stiefsohn kredenzten Schokolade (sie lässt - malheureusement! - die Kanne fallen) beobachten; dann weiss man, was “Merci pour le chocolat” in den fähigen Händen eines das Abgründige betonenden Regisseurs tatsächlich sein könnte. Sogar ihr letzter Blick auf ihren Mann lässt Zweifel aufkommen, ob die Schein-Idylle nicht doch aufrecht erhalten bleibt. Er lässt den Zuschauer verunsichert zurück. - Es ist sicher eine undankbare Aufgabe für eine Schauspielerin, die ich als Jahrhundertereignis bezeichnen möchte, Mittelmass mit ihrem Glanz zu erfüllen; dass sie es dennoch mit Bravour bewältigt, scheint mir eine Erwähnung wert.

Zum Schluss eine kleine Anregung für unsere Freunde der etwas abwegigen und weit hergeholten Interpretationen: Warum rücken sie nicht den Genfersee mit seiner im wahrsten Sinne des Wortes tiefgründigen Bedeutung etwas mehr ins Zentrum des Interesses? Führt Chabrol mit ihm nicht sämtliche Vorstellungen des für unsere antik-christlich geprägte Kultur so entscheidenden Begriffs vom Grunde - von der “causa” der antiken Philosophie mit all ihren Implikationen bis zum der mittelalterlichen Mystik zu verdankenden religiösen “Seelengrund” - ad absurdum und läutet ein völlig neues Zeitalter ein, weil man auf dem Grund des Sees schlicht --- ersäuft?

Bearbeitet von Zodiac, 21. November 2009, 01:11.


#34 Zodiac

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Geschrieben 27. November 2009, 04:20

Von allen Regisseuren, die zwischen etwa 1934 und 1945 die grossen Hollywood-Komödien drehten, ist mir Howard Hawks zweifellos der liebste, weil er es mehr als seine Kollegen darauf abgesehen hatte und auch schaffte, die Moralapostel vom Hollywood Production Code (Hays Code) hinters Licht und an der Nase (herumzu-)führen. Die bigotte Bagage erkannte wohl, dass ihnen hier einer überlegen war und ihre rigiden Vorschriften mit hämischem Grinsen zu umgehen verstand; und sie rächten sich etwa, indem sie den grossen Pessimisten, dessen Regiestil ohnehin aufs Publikum abzielte (seine “Kamera auf Augenhöhe” wurde oft kritisiert, gilt aber heute als klassische Alternative zu den Experimenten von John Ford oder den Spielereien eines Stanley Donen, über dessen “Arabesque”, 1966, sich Hitchcock, neben Billy Wilder grundsätzlich auch ein Verfechter klassischer Kamerapositionen, lustig machte), bei den Oscars stets übergingen - was aber nichts daran ändert, dass wir Hawks in verschiedenen Genres epochale Meisterwerke verdanken.

Es scheint, als habe die Natur Howard Hawks regelrecht dazu auserkoren, dem frömmelnden Pack, das hinter dem Hays Code stand, die Grenzen seiner Macht aufzuzeigen; denn mögen seine späteren Komödien (vielleicht mit Ausnahme des reichlich kindisch geratenen “Monkey Business”, 1952) auch verdientermassen zu kleinen Klassikern geworden sein - sie erreichen nicht annähernd den boshaften, angriffigen Witz, der die “grossen Drei” des Meisters auszeichnet. Ich lasse “His Girl Friday”, 1940, den Film, der mit den “fastest spoken dialogues ever” die Sittenwächter (“Kommt wohl eine Wort vor, das auf unserer No-Go-Liste steht?”) vom Geschlechterkrieg ablenkte, der tatsächlich über die Leinwand fegte, bei dieser Gelegenheit mal aussen vor; stattdessen möchte ich neben der schlicht unumgänglichsten Screwball Comedy auch an ein hierzulande leider weitgehend vergessenes Meisterwerk erinnern.

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Leoparden küsst man nicht
(Bringing Up Baby, USA 1938)

Regie: Howard Hawks
Darsteller: Cary Grant, Katharine Hepburn, May Robson, Virginia Walker, Charles Ruggles, Barry Fitzgerald, Walter Catlett, Fritz Feld, Leona Roberts u.a.

Der Film, in dem das Chaos in Gestalt einer Frau in das Leben eines Mannes eindringt, dem bloss noch ein “Knochen” fehlt, gilt vielen als der Inbegriff von Screwball, wimmelt es doch in “Bringing Up Baby” nur so von skurrilen Figuren wie einem Psychiater mit deutschem Akzent (!), der Leuten einfach nicht über den Weg traut, die - was doch alle Tage vorkommt - einen Leoparden vom Dach seines Hauses heruntersingen wollen, dem Grosswildjäger Major Applegate, der einer seltsam verwirrten Tischgesellschaft den Unterschied zwischen dem Schrei einer Eule und dem eines Leoparden zu erklären versucht, einem dem Alkohol nicht abgeneigten Gärtner - oder einem völlig überforderten Kleinstadt-Sheriff, der “the usual suspects” einfach mal kurz hinter Gitter befördert...

Im Mittelpunkt steht jedoch der weltfremde Paläontologe Dr. David Huxley, der hinter den Mauern “seines” Museums seit Jahren an der Rekonstruktion eines Brontosaurus arbeitet, zu dessen Fertigstellung ihm bloss noch ein einziger Knochen (der sagenumwobene Claviculus intercostalis, von dessen Existenz die Forscherwelt bis heute nicht ganz überzeugt ist) fehlt - und der kurz vor der Heirat mit seiner Assistentin steht, die auf Flitterwochen verzichtet und den Bronto als ihr zukünftiges Kind betrachtet. Dass ein in solch geordneten Verhältnissen lebender Mann (ohne “Knochen”) das Auftauchen eines geschwätzigen Weibsbildes, dessen Verhalten ihm schon in den ersten Minuten des Films mehrfach ein “I’ll be with you in a minute, Mr. Peabody!” abnötigt, als unangenehm empfindet, überrascht nicht, wobei der “psychoanalytisch fundierte” Hinweis, den Dr. Fritz Lehman der turbulenten Susan Vance, die sich bald einmal als Nichte von Mrs. Random, einer möglicherweise grosszügigen Spenderin für das Museum, in dem David arbeitet, erweist, gibt (“Without my knowing anything about it, my rough guess would be that he has a fixation on you.”), sich vielleicht als gar nicht so abwegig erweist, revanchiert sich der Paläontologe doch für jede chaotische Untat, die Susan während der traumatisch endenden Begegnungen begeht, mit einer anderen. So reisst er etwa auf einer Party, nachdem ihm das holde Unwesen seinen Frack zerrissen hat, vielleicht unbewusst gar nicht so ungern den hinteren Teil ihres Abendkleides herunter, was zu einem äusserst “nahen” Abgang führt:
David: “I am behind you.”
Susan: “Well, get closer.”
David: “I can’t GET any closer!”
(Warum wohl nicht?)

Nachdem Susan David, der sie und den dem Song “I can’t give you anything but love, Baby” zugeneigten zahmen Leoparden Baby auf dem Weg zum Haus ihrer Tante begleiten muss, auch noch die Kleider voller Federn (man hat so nebenbei einen Wagen voller Schwäne zu Schrott gefahren) entrissen hat, trifft der Mann, den sie mittlerweile zum Mann ihrer ihrer Träume erkoren hat, endlich auf die mögliche Spenderin. Er trägt - Susan’s flauschigen Morgenmantel. Die Frage, was er hier zu suchen habe, beantwortet er mit einem der legendär gewordenen Sätze der Filmgeschichte: “I’m sitting in the middle of 42nd street waiting for a bus.” (Ich frage mich in diesem Zusammenhang, wie sich der bisexuelle Cary Grant, der noch eine weitere von einer tuckigen Bewegung begleiteten Bemerkung von sich geben darf, beim Dreh dieser Szene wohl fühlte. Tony Curtis etwa soll nämlich das Rumlaufen in Frauenkleidern in “Some Like It Hot”, 1959, gehasst haben - als hätte dies seine Neigung zu beiden Geschlechtern offen gelegt).

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Es folgt die berühmte Nacht, die aus der Jagd nach dem vom Hundi vergrabenen Claviculus und dem entlaufenen Baby, dem sich ein wesentlich weniger liebenswerter Leopard zugesellt, besteht und die zentralen Figuren dieses Chaos in Bildern hinter Gitter bringt, wo sie alle auf das gleiche Niveau gebracht, sprich: der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Der Zuschauer weiss allerdings zusammen mit den wohl ebenso mit den Zähnen knirschenden wie hilflos dem “harmlosen” Geschehen ausgelieferten Zensoren vom Hays Office längst, dass es sich beim “Baby”, das da hochgebracht werden soll (der deutsche Titel “Leoparden küsst man nicht” bemüht sich wie so oft um ein himmeltrauriges Verschleiern der Doppeldeutigkeit), keineswegs bloss um den Leoparden handelt. Und das Beste: David’s allererster Satz im Film (er sitzt im Museum auf seinem Gestell und dreht geistesabwesend einen Knochen in der Hand herum) weist bereits auf das hin, was nicht bloss dem Brontosaurus noch fehlt: “Alice, I think this one belongs in the tail.” - Während der heutige Fan von Screwball Comedies voller Genuss miterleben darf, wie das “Baby” in einer Komödie, in der es um nichts anderes als Sex, Sex, Sex geht, nach und nach auch ohne Knochen hochgebracht wird, erwiesen sich die Stossgebete der Zensoren wenigstens für kurze Zeit als erfolgreich: Der Film war zuerst ein Flop und besiegelte den Ruf von Katharine Hepburn als “Kassengift”.

Man sollte meinen, eine solch wilde und von Andeutungen überquellende Komödie sei nur in einer Zeit realisierbar gewesen, in der sich der Witz gegen etwas (hier die Zensurversuche) richten konnte. Dass es Peter Bogdanovich 1972 gelang, mit “What’s Up, Doc”, einer Hommage an seinen Lieblingsfilm, die chaotische Susan Vance dank Barbara Streisand auf würdige Weise noch einmal zum Leben zu erwecken, grenzt für mich deshalb an ein Wunder, musste er doch in einem Zeitalter der sexuellen Freiheit und scheinbar fehlender Tabus ohne die reizvollen Anspielungen auskommen, die einen Film wie “Bringing Up Baby” so herrlich machen. Manchmal frage ich mich, ob Arthur Hillers “Love Story” (1970) von der Welt der “Liebenden” als derart unantastbar betrachtet worden war, dass alleine die Demontage eines Ryan O’Neal für den Erfolg ausreichte. - Bessere Erklärungen werden jederzeit gerne entgegengenommen.

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Die merkwürdige Zähmung der Gangsterbraut Sugarpuss (Alternativtitel: Wirbelwind der Liebe)
(Ball of Fire, USA 1941)

Regie: Howard Hawks
Darsteller: Barbara Stanwyck, Gary Cooper, Oskar Homolka, Henry Travers, S.Z. Sakall, Tully Marshall, Richard Haydn, Dana Andrews u.a.

In der berühmten Gefängnisszene von “Bringing Up Baby” durfte Katharine Hepburn als scheinbar zum Singen bereites Gangsterflittchen dem Zuschauer bereits eine Kostprobe jener Sprache bieten, die man damals als “Slang” bezeichnete. “Ball of Fire” scheint sich überhaupt nur mit “Slang” zu beschäftigen - scheint! Denn auch hier soll die möglicherweise unflätige Sprache die Zensurbehörden lediglich davon ablenken, dass Barbara Stanwyck Beine zeigt, die bis zum Hals hinaufreichen - und ich kann versichern: Ihr Hals befindet sich wesentlich weiter oben als der von Marlene Dietrich. --- Umso erstaunlicher mag es anmuten, dass es sich bei diesem Film im Grunde genommen um eine romantische Liebeskomödie handelt. Sie ist sogar, wie viele romantische Liebeskomödien, im Bereich des Märchens angesiedelt, was uns bereits eine Ankündigung zu verstehen gibt: “Once upon a time - in 1941 to be exact - there live in a great, tall forest - called New York - eight men wo were writing an encyclopedia.”

Tatsächlich handelt es sich bei den acht Professoren, die im Auftrag eines verstorbenen Wohltäters seit Jahren zurückgezogen und unter der Fuchtel der strengen Haushälterin Miss Bragg am gesammelten Wissen der Menschheit arbeiten, um recht drollige, weltfremde Gelehrte, die sich sogar während eines Small Talks gegenseitig mit ihrem Fachwissen bereichern. Der Jüngste von ihnen, Professor Bertram Potts, ist Sprachexperte und als solcher gerade dabei, einen Artikel über “Slang” zu schreiben. Mit Erstaunen muss er feststellen, dass Slang (wie Sprache eben überhaupt) dem ständigen Wandel unterworfen ist und sich seine gesammelten Daten als völlig veraltet erweisen. Es bleibt also nur eine Möglichkeit: Potts muss Feldforschung betreiben!

Und so begibt er sich unter die Menschen eines ihm fremden New York, sammelt in der U-Bahn, auf den Strassen und vor der Uni ihm so fremde Begriffe wie “plenty gestanko”, “just a jerk” oder “killer diller”, lädt Leute, die er für typische Slang-Sprecher hält, zu einem Seminar ein, das er im weltfremden Refugium seiner Freunde abzuhalten gedenkt - und endet in einem Nachtclub, wo die Sängerin “Sugarpuss” O’Shea gerade den “Drum Boogie” (das Wort “Boogie” wird sofort notiert!) hinlegt und sogar Potts ein rhythmisches Mitklopfen mit den Fingern entlockt. Bei einem anschliessenden Gespräch erweist sich die Sängerin, die nebenbei die Freundin von Gangsterboss Joe Lilac ist, als Slang-Sprecherin par excellence. Sie lehnt die Einladung des Sprachgelehrten brüsk ab, klingelt jedoch bald an der Pforte der von den Professoren bewohnten Villa, weil die Polizei ihren Freund verhaftet hat und nun auch nach ihr sucht. In ihrem Versteck, in dem sie Potts für weitere Studien (herrlich, wie in einer Sitzung das Wort “corny” auf seine Bedeutungen im Alltag abgetastet wird!) zur Verfügung steht, stellt sie bald einmal erstaunt fest: “We have a lot of books! All of them different?” - und bringt Leben in den von der Theorie beherrschten Alltag, indem sie etwa den anderen Professoren, die sie weniger als Studienobjekt denn als ganz neue Erfahrung betrachten, das Tanzen des Boogies beibringt. Doch auch Potts kann sich dem Charme von “Sugarpuss” auf die Länge nicht entziehen, und spätestens als ihm die Schönheit die Bedeutung von “yum yum” beibringt, stellt er sich möglicherweise als Märchenprinz heraus - was die Geschichte zu einer Neuauflage von “Schneewittchen und die sieben Zwerge” für Erwachsene machen würde. Allein schon die herrliche “yum yum”-Szene lässt jedoch die Frage aufkommen, ob das intellektuelle Fundament von “Sugarpuss” (sie braucht diverse Bücher als Unterlage, um Potts Lippen für “yum yum” zu erreichen) für eine nachhaltige Beziehung ausreicht. Und Gangsterbräute haben es leider an sich, dass sie von ihrer Vergangenheit eingeholt werden...

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Dieser umwerfend liebenswerte Spass zeigt, was Barbara Stanwyck, die mir abgesehen von “The Lady Eve” (1941) vor allem als Leidende, Gequälte oder als “femme fatale” (“Double Indemnity”, 1944) bekannt war, als Sexbombe, die langsam zum liebenswerten Mädchen gezähmt wird, zu bieten hat. Wer sie den “Boogie” oder “Sugar, Sugar” hinlegen sieht, käme nie auf die Idee, dass die Schauspielerin in Wirklichkeit dem “Sewing Circle”, einem privaten Zusammenschluss lesbischer und bisexueller Frauen in Hollywood (Greta Garbo, die Dietrich, Joan Crawford und natürlich die berüchtigte Mercedes de Acosta, von der es scheint, als habe sie in den Betten sämtlicher lesbischer Frauen ihrer Zeit genächtigt, waren berühmte Mitglieder) angehörte. Dass ihr “Ball of Fire” eine ihrer vier Oscar-Nominierungen einbrachte, darf als mehr als berechtigt bezeichnet werden. - Und Gary Cooper war mir persönlich nie näher denn als völlig weltfremder Sprachexperte, der von sich behaupten kann, er habe schon als Einjähriger Blake’s “Tyger Tyger, Burning Bright” rezitiert, der aber der Liebe so wundervoll ahnungslos gegenübersteht.

Dass “Ball of Fire” (gelegentlich auch als “The Professor and the Burlesque Queen” vermarktet), in Deutschland dermassen vernachlässigt wurde und immer noch wird (die deutsche Uraufführung fand in den 70ern im TV statt, mittlerweile ist der Film scheinbar in der Versenkung verschwunden), ist unverständlich, erhielt doch die herrliche Liebeskomödie aus der Feder von Billy Wilder (!) vier Oscar-Nominierungen und gefiel Howard Hawks so sehr, dass er sich - leider! - 1948 zu einer Neuverfilmung des Stoffs mit einem peinlichen Danny Kaye und Virginia Mayo mit dem Titel “A Song Is Born” hinreissen liess. - Dass es bis heute keine DVD in deutscher Sprache gibt, ist für jemanden, der der englischen Sprache halbwegs mächtig ist, verkraftbar; denn was seinerzeit als “Slang” galt, ist entweder weitgehend Bestandteil der Alltagssprache geworden - oder wirkt zum Brüllen komisch!

Ich bewundere “Bringing Up Baby” ausserordentlich; für “Ball of Fire” würde ich - metaphorically speaking - sogar meine letzte Unterhose verkaufen, so ich denn noch eine hätte. Es ist einfach ein himmlisch-rührendes Vergnügen, den Professoren, von denen jeder einer exakten Zeichnung gewürdigt wird, zuzusehen, wie sie sich an Potts’ Polterabend vom Biologen “aufklären” lassen oder sich in sentimentaler Stimmung an alte Melodien zurückerinnern. Und die Feststellung, dass geballter Intellekt jeder Gangsterbande überlegen ist, darf als das Tüpfelchen auf dem “i” bezeichnet werden!

Bearbeitet von Zodiac, 27. November 2009, 06:44.


#35 Zodiac

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Geschrieben 01. Dezember 2009, 15:52

“Amores Perros” (Mexiko 2000), das Spielfilmdebüt von Iñárritu, das zum ersten Klassiker des neuen Jahrtausends - und meines Erachtens zum bisher besten Film des Regisseurs - werden sollte, ist allgemein bekannt, was eine Zusammenfassung der Handlung unnötig macht. Der Film wurde auch hier schon mehrfach besprochen, weshalb ich ihn nicht ins Filmtext-Register eintragen lassen möchte. Erfreulicherweise ist niemand der Werbung der Vertriebsfirma aufgesessen, wonach es in “Amores Perros” vor allem um die Frage “Was ist Liebe?” gehen soll. Es geht, dies wurde vielleicht auch hier nie deutlich genug ausgesprochen, vor allem um die Pläne, die oft auf dem unsicheren Grund einer Illusion von Liebe geschmiedet werden - und notwendig zum Scheitern verurteilt sind. - Susana formuliert es in einer Schlüsselszene gegenüber Octavio sinngemäss folgendermassen: Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl ihm von deinen Plänen. --- Und es geht nicht zuletzt um die Frage, wie man nach dem Scheitern noch weiterleben kann!

Am Ende von “Amores Perros” schreitet El Chivo in einer Szene, die wohl als Hommage an den Schluss von Chaplins “Modern Times” (1936) aufgefasst werden darf, zusammen mit seinem “Hund” über den trockenen, aufgerissenen Boden ausserhalb des Molochs New Mexico einer ungewissen Zukunft entgegen. Ein musikalisches Flirren begleitet die beiden, als sie dem Zuschauer langsam entschwinden. Ich habe dieses Flirren (die Musik wird bei Iñárritu sehr bewusst eingesetzt) immer als jenen Hoffnungsschimmer betrachtet, der die Hoffnungslosen zum Weitermachen anregt, wenn sie ihn denn vernehmen wollen.

Der Film steht mir, was bei Filmen gelegentlich der Fall ist, persönlich ausserordentlich nahe. Ich sah ihn zum ersten Mal im Frühjahr 2004 während einer gesundheitlichen Krise, die meinen Körper derart schwächte, dass ich ernsthaft an den Abbruch einer Therapie dachte. Es war eigentlich eher ein Zufall, der mir, der ich kein “Hundemensch” bin, eine Sichtung schmackhaft machte: Ich las von den mehr als fünfzig Preisen, die Iñárritus Erstling erhalten hatte - und dachte, ich könnte mir den Beginn der Ausstrahlung auf “arte” ja mal ansehen. Am Ende des Films wusste ich, weshalb ich weiterkämpfen wollte. - Seit diesem Erlebnis habe ich mir “Amores Perros” sicher an die dreissig Mal angesehen, war mal auf eine noch genauere Analyse des perfekt konstruierten Meisterwerks, mal “lediglich” auf eine dankbare Wiederbegegnung mit der kaum in Worte zu fassenden Einsicht aus, die es dem Zuschauer (oder zumindest mir) zu vermitteln vermag. - Ich bin noch heute davon überzeugt, dass “Amores Perros” mehr als jeder andere Film, den ich je gesehen habe, von der Hoffnung handelt, die Gescheiterte (Octavio, Valeria) in ihrer Verbohrtheit zurückweisen oder auf die sie wie El Chivo setzen können - wobei es sich bei dieser Hoffnung um eine fragile Angelegenheit ohne Erfolgsgarantie handelt. Und ich bin davon überzeugt, dass Iñárritu nach Mexiko, in seine gewohnte Umgebung zurückkehren muss, wenn er noch einmal einen derart eindringlichen und authentischen Film drehen will.

Mit diesem Eintrag möchte ich mich von meinem Filmtagebuch für mehrere Wochen, möglicherweise für Monate verabschieden. Das Schreiben über Filme hat mir grosse Freude bereitet; und mit der intensiveren Beschäftigung entstand in dieser kurzen Zeit auch eine immer länger werdende Liste mit “Leinwand-Erzeugnissen”, zu denen ich noch meinen Senf geben wollte. - Aber was Susana Octavio über Pläne erzählte, gilt auch für mich.

Ich bedanke mich bei allen, die mich mit ihrem Feedback unterstützt haben. Ich danke auch jenen, die meine unmenschlich langen Einträge taktvoll übersahen.
Und an die anonym mitlesenden Filmfreunde: “filmforen.de” macht Spass!

Zodiac





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