Oskars Filmtagebuch
#1
Geschrieben 10. September 2003, 11:58
In letzter Zeit gefallen mir Kammerspiele außerordentlich gut und Hitchcocks 'Dial M for Murder' macht da keine Ausnahme (was mich als Hitchcock-Fan natürlich sehr erleichtert hat). Aufgefallen ist mir: Je beschränkter der Spielraum für die Figuren, desto klaustrophobischer das Filmerlebnis. Da ist es nur konsequent, dass ich von allen Kammerspielen, die ich bisher gesehen habe, Ishiis 'Freeze Me' am besten fand.
Dass Hitch hier als Film-Regisseur zurücktritt und, 'Rope' nicht ganz unähnlich, das gut durchdachte Drehbuch in den Vordergrund stellt, kann man gut finden oder auch nicht. Fakt ist: Die zurückhaltende Inszenierung hat dem Film eine Aufnahme in den Klassikerkanon verwehrt.
#2
Geschrieben 10. September 2003, 12:19
In jeder Hinsicht enttäuschend. Simple Bildmetaphern und überflüssige Zeitlupensequenzen wechseln sich ab; der knuddelige Bärtige, der Nicholsons Tocher überfahren hat, wird als krankhaft schuldbewusster Gutmensch dargestellt, der jederzeit in kindliches Geheuele ausbricht, sobald man ihn mit seiner Tat konfrontiert; und Nicholson sucht Trost in einem heruntergekommenen Striplokal, dessen Stripperinen er anscheinend alle genagelt hat. Geht es noch dümmer? Aber ja doch: Nachdem sich die beiden Protagonisten eine halsbrecherische Jagd geliefert haben (Nicholson jagt den Knuddelbär), kommen sie - ganz zufällig - am Grab der überfahrenen Tochter an, brechen in Tränen aus und fallen sich in die Arme. End Titles.
#3
Geschrieben 10. September 2003, 12:35
Unfreiwillig komischer Mix aus Gerichtsdrama und Erotik-Thriller, der aus dem Plagieren gar nicht mehr herauskommt. Großes "Vorbild", vor allem für die Sex-Szenen, war wohl 'Basic Instinct' - das Problem ist nur, dass Madonna alles andere als erotisch wirkt und vor allem im Vergleich mit Sharon Stone sehr blass wirkt. Mir schwant sogar, dass Madonna versucht hat, die Femme Fatale zu geben! Dabei passt doch schon ihr Aussehen zu dieser Rolle nicht, ganz zu schweigen von dem nicht vorhandenen schauspielerischen Talent. Was bleibt, ist die Freude über Willem Dafoe und die Tatsache, dass er auch einmal die Hauptrolle in einem "großen" Film spielen darf.
#4
Geschrieben 10. September 2003, 12:54
Die ersten 30 Minuten verpasst. Selten habe ich einen Thriller um eine Serienkiller als derart unterhaltsam empfunden . Fast scheint es so, als wäre der lakonischer Humor, der vor allem die erste Hälfte bestimmt, eine notwendige Konsequenz der Verpflichtung von John Goodman gewesen. Das Ende hingegen wirkt sehr unstimmig und zerstört die behumtsam aufgebaute Ballance vollends, nachdem allzuviele Liebesbekundungen in der zweiten Hälfte die Konstruktion bereits ins Wackeln gebracht haben. Um ehrlich zu sein, war ich fest davon überzeugt, dass sich Ellen Barkin als Schizophrene entpuppen würde, aber das hätte den Film wohl zu sehr in Psycho-Bahnen gelenkt, als dass er dem anvisierten Publikum hätte gefallen können.
#5
Geschrieben 10. September 2003, 16:41
Premiere in meinem Heimkino für Bette Davis (süßes Ding) und James Cagney (hässlicher Gnom, aber durchaus sympathisch). 'Die Braut kam per Nachnahme' ist eine außergewöhnlich phantasievolle Liebeskomödie, die mir einen außergewöhnlich angenehmen Nachmittag bescherte. Nur die Schlusswendung ist leider ähnlich ungeschickt hingerotzt wie bei Billy Wilders 'The Apartement'.
Warum gibt es dieses Kleinod nicht auf DVD?
#6
Geschrieben 10. September 2003, 17:14
Mit '1941' bewies Steven Spielberg (nicht zum letzten Mal), dass er ein kleiner analphabetischer Spackenverschnitt ist und besser Tankwart geworden wäre. In vielen Filmen weiß Spielberg sein Mangel an Talent geschickt zu kaschieren, aber die spastische und hysterische Montage in diesem Film ist echt zu viel für meine eh schon angeschlagene Sehkraft.
Die Deutschen haben anscheinend Spielbergs ich-will-um-jeden-Preis-originell-sein-und-mit-dieser-unzusammenhängender-Scheisse-auf-mich-aufmerksam-machen-Kacke durchschaut und einen adäquaten Untertitel hinzugefügt: 'Wo bitte geht's nach Hollywood?'
Lieber Steven, keine Ahnung, wo genau Hollywood liegt, aber bevor Du versuchst, mit Deinem hirnverbrannten Müll in die cineastischen Annalen einzugehen, solltest Du mal hier einen kurzen (oder gegebenenfalls längeren) Zwischenstopp einlegen.
#7
Geschrieben 10. September 2003, 17:30
Zitat
Beeindruckend und berauschend, aber nur sehr schwer verständlich. Außergewöhnlich, wie Cronenberg ohne besondere Stilistik die bedrückende Atmosphäre seiner Zukunftswelten vermittelt.
#8
Geschrieben 10. September 2003, 18:20
STANLEY KUBRICK
The Shining
Barry Lyndon
Eyes Wide Shut
Paths of Glory
2001: A Space Odyssey
Lolita
Full Metal Jacket
A Clockwork Orange
Dr. Strangelove
ALFRED HITCHCOCK
Vertigo
Psycho
Rear Window
North by Northwest
The Trouble with Harry
Frenzy
The Man Who Knew Too Much
Strangers on a Train
The Birds
Family Plot
Saboteur
Dial M for Murder
Rope
Shadow of a Doubt
Topaz
Marnie
Torn Curtain
TAKASHI MIIKE
Graveyard of Honour
Visitor Q
Rainy Dog
The Bird People of China
Audition
The Happiness of the Katakuris
Dead or Alive
Full Metal Yakuza
Fudoh: The New Generation
Ichi the Killer
TAKESHI KITANO
Getting Any?
Violent Cop
Kikujiros Sommer
Sonatine
Kids Return
Brother
Hana-Bi
A Scene at the Sea
DAVID LYNCH
Lost Highway
The Elephant Man
Blue Velvet
Eraserhead
The Straight Story
Mulholland Drive
Wild at Heart
Dune
Anmerkung: Ungefähre Reihenfolgen!!
#9
Geschrieben 11. September 2003, 10:38
Meisterwerk - viel ausgegorener als der gehypte erste Teil.
#10
Geschrieben 11. September 2003, 10:49
Die ersten 60 Minuten beinhalten die erbarmungslosesten Passagen, die ich je gesehen habe und kommen einer intensiven Albtraumerfahrung erschreckend nahe. Äußerst störend finde ich (sorry, folks!) die mittlerweile in die Jahre gekommenen Special Effects (allen voran das Stop-Motion-Ende) und die nicht ganz geschmackssichere Sexszene.
Schwarzeneggers minimalistische Schauspielerei ist absolut meisterlich.
#11
Geschrieben 11. September 2003, 11:03
Das epische Gesamtkonzept geht nur bedingt auf. Die beiden Terminatoren sind zu menschlich, besonders Patricks ausdrucksstarke Mimik fällt in diesem Zusammenhang negativ auf. Ich hätte mir einen ausgefeilteren Diskurs zum Thema "menschliche Maschinen" gewünscht.
Camerons "trockener" visueller Stil kam 'Terminator' und 'Aliens' durchaus zugute, hier hätte er sich allerdings stärker um die Ästhetik kümmern müssen. So fallen manche Passagen erschreckend uninteressant aus.
#12
Geschrieben 13. September 2003, 12:25
Miike -> Gott
#13
Geschrieben 13. September 2003, 14:06
Mit Sicherheit ein neuer Lieblingsfilm. Selten habe ich bei der Sichtung eines Filmes einen derartigen Ekel verspürt (der Titel verpricht also nicht zu viel). Das liegt nicht nur an dem verstörenden Look und dem ganzen Psychopathen-Gehabe von Catherine Deneuve, sondern vor allem an der schröcklichen Soundkulisse (Mr. Lynch hat wohl hiervon für seinen Erstling abgekupfert). Wenn ich mir noch einmal vergegenwärtige, wie oft die ganzen grell bimmelnden Telefone und Türklingeln bei mir einen beinahigen Herzstillstand herbeigeführt hätten, muss ich rückblickend sagen, dass das Aufsetzen der Kopfhörer keine allzu weise Entscheidung gewesen ist. Aber hey, was kann man schon gegen eine 16-bit-Soundkarte tun?
Besonders gut gefallen hat mir der Umgang mit der Kamera: Irgendwie ein Zwischending zwischen Standkamera und verwackelter Handkamera, alles mit weitem Winkel. Oft scheint es am Anfang einer Einstellung so, dass das Bild sorgfältig komponiert und ein Kameraschwenk in weiter Ferne ist, damit die Komposition nicht zerstört wird. Dann setzt ein beinahe unmerklicher Schwenk ein, der mit ähnlich großer Sorgfalt einer bestimmten Bahn folgt und zur Dekomposition des Tableaus führt. Das Ganze hat zwei tolle Effekte: 1. es unterstreicht den subtilen Horror auf wunderbare Weise und 2. ist es ein Sinnbild des Wahnes, der durch Deneuve in das Haus (vor allem in die arme Inneneinrichtung, hehe) einbricht.
Catherine Deneuve ist meine neue Lieblings-Ice-Queen und trägt die Schuld an der endgültigen Überhandnahme meiner Telefonphobie.
#14
Geschrieben 14. September 2003, 10:59
Angeblich ein Lieblingsfilm von Quentin Tarantino. Mir hat er von der ersten bis zur letzten Minute nicht gefallen. Aseptisches production design, nervörs herumzappelnde Darsteller, zu wenig Style, noch weniger Substance und die riesigen Drehbuchlöcher bleiben auch nach Filmende nicht auffüllbar. Fehlt nur noch ein Score, der größtenteils aus belanglosem Franco-Pop besteht. Ja.
#15
Geschrieben 14. September 2003, 11:20
Was für ein liebenswürdiger Film, den Allen hier in imaginärer Kollaboration mit Sergei Prokovief geschaffen hat. Nur schade, dass Spitzen gegen die "Ruskies" (Maj. T.J. 'King' Kong) beinahe völlig ausbleiben.
Doch meine -nicht bloß instinktive- Abneigung gegen Komödien bleibt bestehen. Das liegt keinesfalls daran, dass ich nicht gerne lache, sondern an dem phantasielosen Look vieler Komödien (und Love&Death macht da leider keine Ausnahme). Wenn ich mir einen Film anschaue, erwarte ich etwas mehr als abgefilmtes Theater.
#16
Geschrieben 14. September 2003, 11:24
Der bestaussehendste schlechte Film, den ich je gesehen habe. Was soll eigentlich das ganze Theater um diesen okkulten Schwachsinn?
#17
Geschrieben 14. September 2003, 21:31
#18
Geschrieben 16. September 2003, 10:03
OK, ich gebe es zu: Eigentlich mag ich Woody Allen überhaupt nicht. Dass es so lange gedauert hat, bis ich mit der bitteren Wahrheit herausgerückt bin, lässt sich nur damit erklären, dass ihm seine Neurosen eine Zeit lang meine uneingeschränkte Sympathie beschert haben. Doch spätestens mit 'Annie Hall' (dessen deutschen Titel 'Der Stadtneurotiker' ich eigentlich für treffender halte) hat er sich, zumindest was mein Heimkino anbelangt, ins Aus katapultiert.
Ich weiß nicht, wo ich mit der Aufzählung der zahlreichen Gründe anfangen soll, die für diese zugegebenermaßen traurige Entwicklung verantwortlich sind. Zunächst einmal denke ich, dass sich Allen die Bezeichnung 'Pseudo-Intellektueller' redlich verdient hat. Sein häufiger Gebrauch psychoanalytischer Begriffe riecht ein wenig nach Angeberei und psychologischer Halbbildung. Dass er sich dann auch noch im Kino über einen Typen lustig macht, der bei seiner Kurzkritik eines Fellini-Streifens nur prätentiöse Kacke daherschwafelt, finde ich gar nicht lustig. Anschließend taucht auch noch Marshall McLuhan auf, um ihn in seinem Wortkampf gegen den sonderbaren Filmanalytiker zu unterstützen. Zu diesem Zeitpunkt hat Allens Egozentrik schon lägnst das rechte Maß überschritten.
Allens nervöse Art zu sprechen und sich zu bewegen wirkt sehr inszeniert. Wir wissen ja, dass er an vielen Neurosen leidet, aber warum muss er damit immer so kokettieren?
'Annie Hall' erzählt nicht. Die Struktur ist in mehrere episodenartige Abschnitte aufgelöst, denen eine zwingende innere Kontinuität fehlt. Aber der Film ist an kontextgebundenem Erzählen sowieso nicht interessiert, er ist für Allen bloß eine Möglichkeit, seinem Egotismus zu frönen.
ANNIE
If you must know, it's a hectic time
for Tony. The Grammys are tonight.
ALVY
The what?
ANNIE
The Grammys. He's got a lotta records
up for awards.
ALVY
You mean they give awards for that
kind o' music?
ANNIE
Oh!
ALVY
I thought just earplugs.
#19
Geschrieben 16. September 2003, 10:11
Zu viele Close-Ups wollen über zu viele detailarme Hintergrundzeichnungen hinwegtäuschen.
#20
Geschrieben 16. September 2003, 10:45
Mein erster Miike, der von der ersten bis zur letzten Minute belanglos und uninteressant gewesen ist. Bei Miikes Arbeitswut ist es aber nicht weiter verwunderlich, wenn er ab und zu mal in die Kloschüssel greift.
#21
Geschrieben 17. September 2003, 09:13
Der letzte Auftritt des genialen Komikers ist recht enttäuschend, aber dennoch sehenswert, schon alleine deswegen, weil es sein letzter ist...
Frightening people man. Bush tried to buy votes towards the end of the election. Goes around, you know, selling weapons to everyone, getting that military industrial complex vote happening for him. Sold 160 fighter jets to Korea and then 240 tanks to Kuwait and then goes around making speeches why he should be Commander-in-Chief because, "We still live in a dangerous world."
Thanks to you, you fucker!
What are you doing? Last week Kuwaitis had nothing but rocks!
They're arming the fucking world man. You know we armed Iraq. I wondered about that too, you
know during the Persian Gulf war those intelligence reports would come out:
"Iraq: incredible weapons - incredible weapons."
How do you know that?
"Uh, well... We looked at the receipts Haar."
"Ah but as soon as that cheque clears, we're going in."
"What time's the bank open? 8? We're going in at 9."
"We're going in for God and country and democracy and here's a foetus and he's a Hitler. Whatever you fucking need, let's go. Get motivated behind this, let's go!"
(...)
Fundamentalist Christianity - fascinating. These people actually believe that the the world is 12 thousand years old. Swear to God.
What the..? Based on what? I asked them.
"Well we looked at all the people in the Bible and we added 'em up all the way back to Adam and Eve, their ages - 12 thousand years."
Well how fucking scientific, okay.
I didn't know that you'd gone to so much trouble. That's good.
You believe the world's 12 thousand years old?
"That's right."
Okay I got one word to ask you, a one word question, ready?
"Uh huh."
Dinosaurs.
You know the world's 12 thousand years old and dinosaurs existed, they existed in that time, you'd think it would have been mentioned in the fucking Bible at some point.
"And lo Jesus and the disciples walked to Nazareth. But the trail was blocked by a giant brontosaurus... with a splinter in his paw. And O the disciples did run a shriekin': 'What a big fucking lizard, Lord!'
But Jesus was unafraid and he took the splinter from the brontosaurus's paw and the big lizard became his friend.
And Jesus sent him to Scotland where he lived in a loch for O so many years inviting thousands of American tourists to bring their fat fucking families and their fat dollar bills.
And oh Scotland did praise the Lord. Thank you Lord, thank you Lord. Thank you Lord."
#22
Geschrieben 18. September 2003, 10:40
Meine nunmehr dritte Sichtung eines der besten Animes der 80er Jahre hat nur spärlichen Erkenntnisgewinn gebracht. Ich liebe Laputa seit unserer ersten "Begegnung". Dennoch kommt es immer wieder vor, dass ich bestimmten Teilen des Filmes wenig Aufmerksamkeit schenke, an macnehn Stellen sogar in einen wachen Schlaf verfalle. Daran konnte der gestrige Abend zwar nur in groben Zügen rütteln, aber immerhin... Erklären lässt sich dieses ausschließlich bei diesem Film auftretende Phänomen wohl am besten dadurch, dass Miyazaki doch nicht die suggestiven Bilder findet, die ein derartig episches Abenteuer nun einmal benötigt, um den Zuschauer über die gesamte Laufzeit zu fesseln.
Die ersten 45 Minuten sind gleichwohl grandios und stellen die gelungenste Exposition eines Abenteuerfilmes dar, die ich je gesehen habe. Wie uns bereits wenige Einstellungen die Topographie dieser phantastischen Welt erschließen, in der wir die nächsten zwei Stunden verbringen werden, ist wirklich großartig gelungen. Bemerkenswert auch die geschickte Projektion von realen Elementen auf den Fantasy-Kontext. Mit Witz und sprühender Leichtigkeit führt Miyazaki die verschiedenen Charaktere ein, und so sollte es bis zum (mehr oder weniger bitteren) Ende auch bleiben. Leider verfällt der Film anschließend, also nach der Gefangennahme von Pazu und Sheeta, einer starren Ernsthaftigkeit, von der er sich trotz des mitreißenden Finales nicht mehr erholt und die ja im Laufe der Jahre bekanntlich zu einem großen Quark führen sollte (ich spiele hier auf den depressiven Pathos von Mononoke Hime an).
In der ersten Hälfte zeigt uns Miyazaki staunende Gesichter zweier Kinder, die über die nichtigsten Kleinigkeiten lachen und über alle Maße froh sind, sich begegnet zu sein. Auf was für eine selbstverständliche Art und Weise deren Kindlichkeit und naive Verspieltheit gezeigt wird, veranlaßt mich jedes Mal zum Vergießen der einen oder anderen Träne... Kritiker weisen häufig auf Miyazakis missionarischen Humanismus hin, der sich in jedem seiner Werke findet (auch in Castle of Cagliostro!), doch nur selten wird bemerkt, dass die einzigen durch und durch humanen Geschöpfe in seinen Filmen Kinder sind oder, wie in Porco Rosso, ein Zwitter aus Mensch und Schwein - aber in keinem seiner Filme zeichnet sich ein erwachsener Mensch durch allumfassende Güte aus. Selbst die vordergründig positiven erwachsenen Gestalten haben ihre Schattenseiten; so ist Lupin ein Dieb und Dola eine Piratin.
Wenn es um perfekt getimte Action-Szenen geht, ist Miyazaki ein Meister und wird deshalb völlig zu recht in vielen Kritiken mit Superlativen bedacht. Steven Spielberg bezeichnete die Verfolgungsjagd in 'Lupin - The Castle Of Cagliostro' als die spektakulärste der Kinogeschichte und das finale Duell in 'Proco Rosso' genießt den Ruf einer der besten Flugzeug-Szenen aller Zeiten. In Laputa findet sich, natürlich in der ersten Hälfte, eine Sequenz, die letzteren in nichts nachsteht: Pazu und Sheeta werden sowohl von den Piraten als auch von Col. Muska und seinen Schergen gejagt und fliehen inmitten eines riesigen Tales auf Eisenbahnschienen, die nur von einem schwachen Gerüst aus Holzpfeilern getragen werden, vor Muskas Armee, die die beiden bombadiert, was das Gerüst natürlich nach und nach zum Einsturz bringt. Nachdem auch der letzte Pfeiler umgenickt ist, fallen die beiden Protagonisten in die Tiefe, werden zu immer kleineren schwarzen Punkten und... fangen auf einmal an zu glühen. Sheetas Levitationsstein ermöglicht den beiden ein müheloses Herabschweben zum Grund des Tales. Diese Szene hat eine derart magische und wundervolle Wirkung, dass selbst die (wie sich später herausstellen wird, nur bedingt) böse Dola ganz verzückt das Spektakel geniesst.
Selbst in der schwächeren zweiten Hälfte finden sich ähnlich gelungene Sequenzen. So werden Pazu und Sheeta in Laputa nach einem recht anstrengen Flug in windigen Höhen von einem (wohlgemerkt organischen) Roboter begrüßt, der ihren Flieger zur Seite schiebt, weil dieser auf einem ein Vogelnest lag und möglicherweise die ungeschlüpften Eier beschädigt hätte. Anschließend finden die beiden heraus, dass er anscheinend der letzte intakte Roboter auf der Insel ist und beobachten gerührt, wie er Blumen auf die Gräber der mittlerweile verstorbenen Einwohner legt. Dieser Moment ist nicht nur aufgrund seiner Rührseligkeit großartig; als viel auwühlender habe ich die nahegelegte Friedensschließung zwischen Organismus und Anorganismus empfunden. Wenn am Schluss der untere, mechanische Teil der Insel explodiert und nur der obere, praktisch nur aus einer riesigen Baumwurzel bestehende obere Teil übrigbleibt, wissen wir erstens, dass etwas Organisches für das Schweben der Insel verantwortlich war und das Anorganische bloß ein Anhängsel gewesen ist, das ehemals zur Abschreckung der Beherrschten diente, und nun in einer autodestruktiven Wendung zu seiner eigenen Zerstörung geführt hat; und zweitens wissen wir, dass Miyazaki über Umwelt und deren Ausbeutung/Zerstörung noch nicht sein letztes Wort gesprochen hat....
#23
Geschrieben 20. September 2003, 18:04
Drei Mal ist Bremer Recht... Zum dritten Mal gesehen und zum ersten Mal nicht eingeschlafen! Im zweiten Drittel gab es mal wieder ein paar Momente, die ich noch immer als etwas zu komatös empfinde, aber ansonsten scheine ich große Fortschritte gemacht zu haben. Mittlerweile habe ich mich mit der sturen Bildsprache des Filmes abgefunden und viele Metaphern verstehen und sogar deuten können (tadaa).
Warum ich seit jeher solche großen Probleme mit Hana-Bi habe, ist nur schwer zu erklären... schließlich ziehe ich Filme mit quälend langsam voranschreitendem Plot hysterischen Schnittorgien vor. Beispiele für solche 'langsamen' Filme, die ich mag, sind: Kore-edas 'Maboroshi no hikari', Miikes 'DoA2', 'Rainy Dog' und 'Ley Lines', Kubricks 'Barry Lyndon' und vor allem 'Mouling Rouge' - äh nein, kleiner Scherz am Rande.
Weshalb tue ich mich aber mit der Hana-Bischen Ruhe und Langsamkeit so schwer? Nun, während der Sichtung habe ich mir diese Frage mehrere Male gestellt und bin nach längerem Überlegen zu dem Schluss gekommen, dass mich die Bildkompositionen auf den ersten Blick nicht so ansprechen wie z.B die eines Kore-edas. Als ich den Film zum ersten Mal gesehen habe, konnte ich an ihm nichts Schönes entdecken und fand die Bilder ziemlich spröde und uninteressant. Heute hingegen sah es schon ein wenig anders aus, an vielen Stellen haben die Bilder eine große Anziehungskraft auf mich ausgeübt und ich konnte manch wunderschön komponiertes Tableau entdecken!
Ich glaube, ich bin erst heute dahinter gekommen, was an Kitanos Ästhetik so raffiniert ist: Sie stellt die Schönheit nicht in den Vordegrund, sondern eher in den Hintergrund... und sie ist von einer Kälte, die an manchen Stellen durchaus an das große Vorbild Kubrick erinnert (Brother, der stilistisch 'kälteste' Film Kitanos, zitiert sogar aus mehreren Kubrick-Filmen). Das meinen also die Kritiker, wenn sie vom typisch Kitanoschen Blaugrau sprechen...
Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich meine Beziehung zu Hana-Bi in den nächsten Monaten noch deutlicher verbessern wird - ich spüre einfach, dass wir uns mittlerweile ganz gut vertragen und einer zukünftigen Freundschaft (vielleicht sogar Liebe?) nichts im Wege steht. Es ist aber auch ein höllisch anstrengender Film, dass müsst Ihr, ehrenwerte Kitano-Fans, zugeben!
#24
Geschrieben 20. September 2003, 18:33
Ich kann mich mit Woody und seinen Filmen einfach nicht anfreunden... Ohne dem Kerl und diesem "Film" jetzt zu viel Zeit widmen zu wollen, schreibe ich einfach ein paar Punkte auf, die mich gestört haben:
1. Manhattan ist der unfilmischste Film, den ich je gesehen habe. Uninteressanter und astilistischer kann man einen Film nicht inszenieren. Diese Kritik gilt allerdings fast allen Komödien, die ich kenne, nur hat sich 'Manhattan' die Bezeichnung "Unfilm" mehr als jeder andere Film, den ich gesehen habe, verdient - "Unfilm" nicht in Bezug auf schlechte Qualität, sondern in Bezug auf Allens Ignoranz aller ihm zur Verfügung stehenden filmischen Ausdrucksmittel.
2. Wenn ich mich richtig erinnere, sagt Allen in dem Film gleich zwei Mal, wie lustig er doch sei. Wenn man sich die stark autobiographische Färbung des Filmes vergegenwärtigt, ist es durchaus legitim, die ganzen Prahlereien als typisch Allensche Selbstdarstellung zu deuten.
3. Dass er eine Zeit lang die hässliche Diane Keaton der bezaubernden Mariel Hemingway vorzieht, spricht nur gegen ihn. Aber wenigstens findet er am Ende zu der richtigen Frau zurück, also ist das eigentlich kein ernstzunehmender Kritikpunkt...
#25
Geschrieben 21. September 2003, 17:48
Guter Film, durschnittlicher Miike-Film.
Die Musik hingegen ist richtig Scheiße.
#26
Geschrieben 22. September 2003, 09:09
Heather Donahue: I'm scared to close my eyes. I'm scared to open them.
#27
Geschrieben 22. September 2003, 10:32
Aaargh, ich bin überwältigt... was für ein Erlebnis: Pink Floyd spielen im Amphitheater in Pompeji ausschließlich für die Kameras und vielleicht noch für die Ewigkeit. Aber der größten Band der Musikgeschichte gebührt auch der größtmögliche Konzertort...
Mabens Montage wirkt etwas anachronistisch, aber das ist auch der einzige Kritikpunkt, den sich dieser Film gefallen lassen muss - und ich glaube sogar, dass ich nur in Echoes diesbezügliche Mängel entdeckt habe. Ungefähr im Mittelteil des Stückes wird die Montage mit den Viertelschlägen synchronisiert, was eine schrecklich unmoderne Wirkung zur Folge hat.
Höhepunkt des Filmes ist eine erschreckend harte Version von "A Saucerful Of Secrets". Was die vier Herren hier an kakophonischen Klängen produzieren, dürfte sogar einen Karlheinz Stockhausen (beinahe) verlegen machen. Wenn nach diesem etwa fünf Minuten anhaltenden orgiastischem Rausch sanfte Orgelakkorde einsetzen und eine simple Melodie ihre einfache Schönheit entfaltet, fühle ich mich in eine andere Bewusstseinssphäre versetzt...
Bild
#28
Geschrieben 22. September 2003, 11:13
Analysen
No matter where you go, everyone's connected.
There was no reason for me to stay in the real world any longer. In the real world, it didn't matter if I was there or not. When I realized that, I was no longer afraid of losing my body.
#29
Geschrieben 24. September 2003, 19:37
Nun habe ich sie gesehen, die angeblich "brachialste Komödie aller Zeiten" (Ippolit) und ich wurde sicherlich nicht enttäuscht, oder, um das 'sicherlich' durch ein ehrlicheres Wort zu ersetzen, fast nicht enttäuscht. In Erwartung, ein zweites "Getting Any?" vorgesetzt zu bekommen, musste ich mit Schrecken feststellen, dass ich den Film sehr lustig und hervorragend gelungen fand. Meine Liebe zu Kitanos Klamaukfilm gründet sich nämlich auf dessen chronischer Unlustigkeit: Zwei (viel zu lange) Stunden, die an Dämlichkeit, Geschmacklosigkeit und Dilettantismus nicht zu überbieten sind, obendrein recht ansehnlich photographiert, was die endültige Ver-/Beurteilung des Streifens erschwert.
Zu Tom Green und seinem vielgeschmähten Erstling: Der Film ist unglaublich komisch, sehr originell und herrlich absurd, und obendrein hässlich photographiert, was (->Umkehrschluss!) die Beurteilung des Filmes für mich sehr einfach macht: Er ist nicht so gut, wie ich's mir erhofft hatte, aber sehr sehr lustig und meine abschätzige Haltung gegenüber dem Komödien-Genre bekräftigend.
#30
Geschrieben 24. September 2003, 20:21
Knife in the Water - Nur drei Charaktere, ein sehr begrenzter Ort der Handlung (nämlich eine kleine Yacht) und fast gar keine Plotentwicklung - Gott, wie ich solche Filme liebe!!! Und wenn dann noch Polanski Regie führt, kann das Resultat nur hervorragend sein.
Interessant, wie Polanski die Unterschiede zwischen den beiden Generationen, die sich in dem Ehepaar und dem jungen Blondschopf manifestieren, zeichnet: Auf der einen Seite die ca. 40-jährigen, die sich eine gesicherte Existenz aufgebaut haben, sich auf dem angesammelten Reichtum ausruhen und vor kaltem Zynismus nur so triefen; auf der anderen Seite die jungen, jugendlichen, die per Anhalter reisen, auf die Güte der Erwachsenen hoffen müssen und gegenüber diesen eine durch und durch aggressive und unsichere Einstellung haben.
Wunderschön photographiert und von einem beeindruckenden Realismus durchdrungen zählt Knife in the Water neben Repulsion und für mich zu den besten Polanskis.
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