Oskars Filmtagebuch
#331
Geschrieben 02. August 2004, 14:09
In die erste halbe Stunde habe ich mich verliebt, der Rest ist die reinste Katastrophe. Gilliams offensichtlichstes Problem ist es, seine bizarren Einfälle einheitlich zu organisieren. In Brazil, 12 Monkeys und Fear and Loathing in Las Vegas klappt dies vorzüglich (auch wenn selbst diese Meisterwerke stellenweise auseinanderzubrechen drohen); Jabberwocky, The Fisher King und The Adventures of Baron Munchhausen sind hingegen völlig unzusammenhängend und halten weniger als sie versprechen, nämlich gar nichts...
#332
Geschrieben 02. August 2004, 14:11
Jenseits von gut und böse...
So stelle ich mir die perfekte Komödie vor: ihrer Lustigkeit unbewusst.
#333
Geschrieben 03. August 2004, 12:15
Ist mir lieber als Die Ritter der Kokosnuss. Schönes Debüt!
#334
Geschrieben 03. August 2004, 12:45
Aua, war der unlustig und debil. Über Rowan Atkinson lachen nur die Hühner. Und das verlogene Ende ist ein Geschenk an unsere passiven Moralisten.
#335
Geschrieben 04. August 2004, 18:26
Mittelmäßigkeit, wohin man schaut. Sonderbar, dass ausgerechnet das sogenannte "Unterhaltungskino" regelmäßig abgenutzte Klischees wiederkäut, wodurch seine Produkte nicht selten in absoluter Unterhaltungsarmseligkeit verenden. Ich war einmal wieder für den bad guy (äußerst charimatisch von Gary Oldman verkörpert); Harrison Ford flüchtet sich in prekären Situationen einfach zu oft in ein für ihn typisches grenzdebil entsetztes Grimassenschneiden, als dass ich mich mit ihm identifizieren könnte. Außerdem hat die Figur von Oldman einige überraschend überzeugende Argumente parat, die sein Verhalten mehr oder weniger legitimieren. Überraschend, dass die "First Lady" darauf keine gescheiten Antworten weiß...
#336
Geschrieben 05. August 2004, 10:42
Im Fahrtwind von Michael Bays "Bad Boys" entstanden, hat mich dieser Buddy-Movie mit Martin Lawrence angenehm überrascht. Es wundert mich überhaupt nicht, dass National Security als einer der schlechtesten Filme des letzten Jahres gilt. Denn dass ein Big-Budget-Movie im Endeffekt wie ein schlechter B-Movie aussieht, darf als Katastrophe angesehen werden. Drehbuch, Regie, Schnitt und Gags sind auf unterstem Niveau. Aber gerade daraus bezieht der Film für mich seinen angenehmen Reiz. Auf jeden Fall habe ich mich prächtig amüsiert. Nein, sehr charmanter Film.
#337
Geschrieben 05. August 2004, 11:09
George Kellerman (etwas bemüht: Jack Lemmon) zieht mit seiner Frau Sandy aus Berufsgründen nach New York. Bevor sie dort ankommen, haben sie mit Problemen aller Arten zu kämpfen: Wegen Nebels muss das Flugzeug nach 2 Stunden zielloser Kreisbewegungen um New York herum nach Boston ausweichen; dort bemerkt das Ehepaar den Verlust ihres in Ohio zurückgebliebenen Gepäcks. Zu allem Überdruss verpassen sie auch noch den letzten Zug nach New York. Irgendwie schaffen sie es doch noch, am selben Abend nach New York zu reisen. Entsetzt müssen sie feststellen, dass ihr Hotelzimmer anderen Gästen zur Verfügung gestellt wurde. Im weiteren Verlauf des Filmes werden sie bestohlen, unfreiwillige Zeugen einer lebensgefährlichen Polizeiaktion, an deren Ende sie von einer jugendlichen Gang angegriffen werden, die sie mitten in der Nacht am anderen Ende der Stadt zurücklässt. Am nächsten Morgen stehen sie im Verdacht, ein Kind sexuell belästigt zu haben, woraufhin sie vor einem Polizisten auf einem Pferd gejagt werden. Sie verstecken sich in einem Busch und streiten sich leidenschaftlich, da Miss Kellerman ihren Ehering verloren hat. Mr Kellerman muss sich gegen die körperlichen Attacken seiner Frau wehren. Zwei Jugendliche halten ihn für einen Angreifer und schlagen ihm in den Bauch.
Das ist nur die Hälfte all der Missgeschicke, deren Zeuge wir innerhalb von nur 90 Minuten werden. So sympathisch die Grundpremisse auch ist, allein meine verkürzte Inhaltsangabe dürfte einigermaßen widergeben, wie unplausibel die Handlung ist und letztendlich nur noch nervt. Als George Kellermann es am Ende des Filmes doch noch schafft, rechtzeitig zu seinem Vorstellungsgespräch zu erscheinen, begeht das Drehbuch den größten Fehler, den man am Ende dieses anstrengenden Filmes machen kann: Es lässt uns höchst unbefriedigt mit einem vollkommen abstrusen und unmotivierten Ende zurück. Kellerman lehnt die Position des Vizepräsidenten dankend ab, da er und seine Frau endgültig genug haben von der Großstadt New York und ihrer wenig verlockenden Schikanen; sie sehnen sich nach ihrem Kleinstadtleben zurück. Erster großer Fehler. Als dann das Flugzeug, in dem sie zurückfliegen, von Terroristen übernommen wird und das neue Flugziel "Kuba" lautet, möchte man seinen Fernseher am liebsten aus dem Fenster schmeißen.
#338
Geschrieben 05. August 2004, 11:42
Argento versucht hier, aus kulturell Höherwertigem und Minderwertigen eine fruchtbare Synthese zu schaffen. Für's erstere steht die Oper - ein Treffort der bornierten Kultur-Schickeria, wie wir alle wissen. Für's letztere steht der Regisseur der aufzuführenden Oper, der sich eigentlich mit Horror-Filmen einen Namen gemacht hat und aufgrund dieser "wenig rühmlichen" Vergangenheit äußerst misstrauisch beäugt und letztendlich von der Kritik verissen wird. Natürlich steht er stellvertretend für den Regisseur dieses Filmes - Dario Argento, seines Zeichens Horror-Regisseur. Einmal mehr ein Beispiel dafür, dass Argentos besten Filme nie bloße Schlitzerfilme, sondern höchst autoreflexive Werke sind, die die eigentlichen Motivationen ihres Regisseur zu analysieren versuchen.
Zu Beginn des filmes haben wir klassisch ausgeleuchtete Sets, genial präzise Kamerafahrten, die zunächst auf alles andere als einen Horror-Film schließen lassen, sowie reichlich Opernmusik, die die Ausgangsposition des Filmes unterstreicht: die eines "seriösen" Filmes. Wie ungeniert Argento auf einmal ins Horror-Genre zu wechseln versucht, ist beeindruckend in Szene gesetzt. Die Mordszenen werden durch laute, aggressive Metal-Musik als Kontrapunkt zum Operngeschehen markiert. Etwas penetrant, aber sehr wirkungsvoll. Das Finale im strahlenden Gebirge ist dann ein Schlag ins Gesicht aller, die sich in einem gewöhnlichen Horror-Film wähnten - Heidi auf speed.
Letztendlich halte ich die Synthese für nicht ganz geglückt, man vermisst die optische Brillanz vergangener Meisterwerke. Desweiteren ist Argentos Wunsch nach einer Verschmelzung von europäischem Kunstfilm und sleazigem Giallo etwas zu offensichtlich: eben penetrant. "Suspiria", "Inferno" und "Tenebre" haben dies etwas subtiler behandelt und sind auch bessere Filme. Letztendlich halte ich "Opera" dennoch für einen brillanten, zumindest optisch sehr eleganten Film.
#340
Geschrieben 06. August 2004, 10:19
Wo ich schon mal das Gesamtwerk eines Regisseurs durchhabe...
Grandios
Brazil (1985)
Twelve Monkeys (1995)
Sehr gut
Fear and Loathing in Las Vegas (1998)
Monthy Python and the Holy Grail (1975) / Terry Jones
Jabberwocky (1977)
in Ordnung
The Meaning of Life (1983) / Terry Jones
Rohrkrepierer
The Fisher King (1991)
The Adventures of Baron Munchhausen (1988)
Time Bandits (1981)
#341
Geschrieben 06. August 2004, 11:04
Japanische Mainstream-Ware... immer noch sehr gut.
#342
Geschrieben 06. August 2004, 12:20
Während der ersten 45 Minuten empfand ich ein leichtes Unbehagen; ich sehnte mich nach einer etwas zielorientierteren Handlung - stattdessen bekam ich nur hochpoetische Bilderreigen in Schwarzweiß. Dies sollte bis zum Schluss des Filmes anhalten... aber mit dem Unterschied, dass ich mich mit dem handlungsarmen Charakter des Werkes nach und nach anfreundete. Das dramatische Ende sollte mich schließlich endgültig in meinem Glauben bestärken, es hier mit einem durch und durch meisterhaften Film zu tun zu haben. Die Idee mit den farbigen Fischen wäre in den Händen eines weniger talentierten Regisseurs sicherlich zu einer prätentiösen und überflüssigen Showman-Einlage verkommen; Coppola hingegen schafft es, mit kleinsten Mitteln einen äußerst emotionalen Schluss grandiosen Ausmaßes zu schaffen.
#343
Geschrieben 06. August 2004, 12:58
Brillante Bilder von Michael Ballhaus (dessen Kameraarbeit in Petersens "Air Force One" mich sehr enttäuscht hat), auch der Rest ist auf konstant hohem Niveau. Und dennoch werde ich mit Fassbinder einfach nicht warm, dieses theatrale Spiel seiner Akteure geht mir nämlich ziemlich auf die Nerven...
#344
Geschrieben 06. August 2004, 19:23
Großes Kino, voller Reinheit und subtiler Sinnlichkeit. Es lohnt sich, durchzuhalten.
#345
Geschrieben 08. August 2004, 09:21
Eigentlich hatte ich eines dieser bierernsten Kostümdramen erwartet, die das Programm von Artsmagic nun mal (leider?) dominieren. Überrascht war ich über den unterschwellig satirischen Unterton und die zahlreichen parodistischen Elemente, die in die eigentlich ja hochkonventionelle Handlung (Staatsvertreter vs. Bauern) eingebettet wurden. Das Resultat ist nicht ganz homogen, aber dennoch interessant genug, um mich fast zwei Stunden lang an der Stange zu halten. Dem großartigen Toshiro Mifune hätte ich derartige komödiantischen Fähigkeiten gar nicht zugetraut. In Rashomon und The Seven Samurai blödelt er zwar bisweilen herum, doch dass er in seiner Rolle als Red Lion fast vollständig auf trotteligen Humor vertraut, hat mich wirklich überrascht.
#346
Geschrieben 08. August 2004, 09:28
Im selben Jahr wie der meiner Meinung nach überschätzte "The Godfather" entstanden, ist "The Conversation" leider beinahe vollkommen in Vergessenheit geraten. Dabei handelt es sich doch um einen höchst außergewöhnlichen Thriller, der anstatt nur oberflächliche Spannung zu erzeugen lieber auf eine fundierte Psychologisierung seiner Figuren setzt. Dadurch entsteht eine ganz tiefe Spannung, die im Gegensatz zu einem Agatha Christie Film (um es bei einem zufällig ausgewählten Beispiel zu belassen) sicherlich auch bei wiederholtem Sehen noch faszinieren und begeistern kann. Dessen bin ich mir wirklich sicher, weshalb ich "The Conversation" durchaus als einen potenziellen Lieblingsfilm bezeichnen würde.
#347
Geschrieben 10. August 2004, 11:41
In den nächsten Tagen werden Einträge nachgereicht zu den Filmen:
Bully
West Side Story
Misfits
Ambush at the blood pass
#348
Geschrieben 11. August 2004, 15:46
Zu Anfang war ich darüber überrascht, dass die Produzenten dieses Filmes tatsächlich von mir erwarten, sich mit dem titelgebenden Protagonisten Marty identifizieren zu können, der sowohl von seinem Aussehen als auch Verhalten her fast schon übelerregend mittelmäßig und langweilig ist. Glücklicherweise ist Delbert Manns oscarprämiertes Werk so gut, dass ich die Nachteile, die diese unglückliche Ausgangsposition mit sich bringt, nach und nach vergessen habe. Es wird ein glaubwürdiges Bild eines 34-jährigen Muttersöhnchens gezeichnet, welches allem Anschein nach noch nie mit einer Frau zusammen war. Letztendlich wird er auf einer Party von seinem Leid erlöst: Aufgrund lauter glücklicher Zufälle lernt er eine 29-jährige Lehrerin kennen, die genauso spießig und uninteressant wie Marty zu sein scheint. Der Kennenlernprozess ist ohne melodramatische Mätzchen und äußerst kühl inszeniert, was meinem Geschmack entgegenkommt. Als Folge davon empfinde ich für Marty sogar einen Hauch von Sympathie. Es ist einfach rührend, den beiden zuzuschauen, wie sie sich aufgrund ihrer Mittelmäßigkeit so viel mitzuteilen haben. Das antiklimatische Ende bestärkt mich in meinem Gefühl, ein außergewöhnliches Hollywood-Drama gesehen zu haben. Dieses plötzliche Wegblenden aus der Telefonzelle, das hat schon was. Einer der wenigen Filme, die mit einem Oscar für den besten Film ausgezeichnet wurden ("Marty" erhielt insgesamt sogar vier der begehrten, für mich aber wenig aussagekräftigen Statuen) und mir trotzdem gefallen haben. Ernest Borgnine als Marty ist übrigens sehr, sehr gut. Erst nach ungefähr 20 Minuten ist mir aufgefallen, dass ich ihn bereits in "The Wild Bunch" gesehen habe.
#349
Geschrieben 12. August 2004, 14:07
#350
Geschrieben 25. August 2004, 11:08
Regie: Carlos Saura
Im ersten Viertel des recht kurzen Filmes (die Laufzeit beträgt ca. 70 Minuten) sehen wir einer sichtlich im Flamenco beheimateten Theatergruppe bei den Vorbereitungen auf ihre Probe des Stückes "Bluthochzeit" zu. Der Rest des Filmes besteht aus der Durchführung eben jener Probe, in deren Mittelpunkt vier Tänzer stehen, die die minimale Handlung ohne Worte, lediglich von sporadischer Musikbegleitung unterlegt, vorwärtsbringen.
Kunst, die sich selbst genügt und jeglichen außerästhetischen Gebrauchswert leugnet - diesen, meinem Ideal übrigens sehr stark entgegenkommenden, Eindruck macht Sauras Buchadaption auf mich. Die Probe findet in einem kleinen Raum statt, in dem auf jegliche Dekoration verzichtet wird; auf ein prächtiges Bühnenset, welches wohl in der öffentlichen Aufführung zum Einsatz kommen würde, weist hier noch gar nichts hin. Interessant, dass Sauras Kamera den leeren Raum trotzdem permanent in unterschiedlichsten Bahnen durchquert und aus höchst ungewöhnlichen Blickwinkeln das Geschehen einfängt - so, als ob sich dadurch eine aus dem Vakuum des Raumes und den dazu geradezu gegensätzlich komplexen Bewegungsabläufen der Tänzer entstandene unsichtbare Synthese einfangen ließe. Im Jahr darauf sollte Saura einen Schritt weiter gehen und in dem allseits gefeierten "Carmen" die Handlung der berühmten Oper Bizets auf kunstvolle Weise mit den Handlungsabläufen der realen Handlungsebene der Protagonisten verschmelzen. Auch ein guter Film, doch hat mich "Bodas de Sangre" mit seinem absolutistischen Kunstverständnis stärker beeindruckt.
#351
Geschrieben 25. August 2004, 11:23
Regie: Hirokazu Koreeda
Den schaue ich mir ein Mal im Jahr an - öfter kann und will ich nicht. Während der Sichtung spüre ich jedes Mal, wie mir der Film nach und nach einen imaginären Maulkorb anlegt: ich presse die Lippen zusammen und gebe keinen Laut von mir. Nachdem der Film geendet hat, verpüre ich eine seelische Ausgewogenheit und Ruhe, die mich rundherum glücklich macht. Und ich schweige immer noch, möchte mit niemandem reden, einfach nur mein seltenes Glück genießen.
Ich kann mir kaum vorstellen, dass man einen Film drehen kann, der dem Zuschauer seine unendliche Schönheit und Meisterschaft auf subtilere und unaufdringlichere Weise näherbringt. Das genaue Gegenteil von "Maboroshi no hikari" ist gewissermaßen Wong-Kar Wais "In the Mood for Love".
#352
Geschrieben 03. September 2004, 13:13
So, jetzt war ich auch mal auf einer Filmpremiere. Und es war sehr schoen. Nicht wegen der neureichen Snobschicht, die im Saal zahlreich vertreten war, sondern weil vor mir jemand sass, den ich sehr sehr schaetze. Zunaechst einmal habe ich ihn gar nicht erkannt - in einer Lederjacke in dem schwuelen Kinosaal sitzend und laessig mit einer Cola light Flasche herumhantierend sah er etwas verwirrend aus (gemessen an seinem hohen Alter!). Doch dann erinnere ich mich an dieses Gesicht, und bevor ich mir darueber im Klaren bin, wer da vor mir sitzt, stellt sich auch schon ein Kameramann vor ihn (und mich) und filmt ihn bei einem Gespraech mit seiner Frau (wie ich nach der Vorstellung erfahren durfte). In diesem Moment wird mir bewusst, dass ich hinter Slawomir Idziak sitze! Bei dem Gedanken, dass er eine Handvoll persoenlicher Lieblingsfilme photographiert hat, wird mir schwindelig. Die Angst vor einer Bitte um ein Autogramm ist leider zu gross, und als das Licht ausgeht, versuche ich mich mit einem Schluck Cola abzukuehlen und gebe mich einigermassen konzentriert der bevorstehenden Filmauffuehrung hin. Ein Kinomitarbeiter weist noch schnell auf die Premiere von OLDBOY hin und ueberrascht mich mit der Aussage, dass dessen Regisseur noch vor einem halben Jahr voellig unbekannt in der Filmwelt war (oehm, ja...). Dann faengt der Film endlich an.
Die erste Haelfte ist eher komoediantisch angelegt (Tuntenwitze galore) und scheint mir etwas banal - nicht nur, was das witzige Element anbelangt, sondern auch die Bildsprache und Handlung. Doch bereits die stark an Bernard Herrmanns VERTIGO-Score angelehnte Musik, die in den Opening Titles erklingt, gibt uns einen Vorgeschmack auf die Genre-Verlagerung in der zweiten Haelfte des Filmes: Mit dem Drehbeginn von "La visita" wechselt der Film auf die Thriller-Ebene, scheint sich in eine waschechte Hitchcock-Hommage zu verwandeln, was durch deutlich sichtbare Rueckprojektionen waehrend einer Autofahrt noch unterstrichten wird (der Sinn dieser offensichtlichen Bezuege erschliesst sich mir jedoch auch nach Ende des Filmes nicht). Diese deutliche atomsphaerische Zweiteilung des Filmes ist dann auch Grund fuer meinen einzigen Kritikpunkt: Ich fand die daraus resultierende Uneinheitlichkeit naemlich schon ein bisschen stoerend und ungeschickt. Ansonsten ein ausgesprochen schoener und inspirierter Film, dessen Sexszenen mich ueberraschenderweise ueberhaupt nicht angeekelt haben. Irgendwie auch kein Wunder - ein schwuler Regisseur wird den Sex zwischen zwei Maennern wohl so aesthetisch und sanft wie moeglich drehen wollen, damit ihm die Zuschauer nicht aus dem Kino rennen.
Nach Ende der Vorfuehrung sehe ich dann noch Andrzej Wajda, wie er sich vor ein paar Fotografen in Szene setzt, aber den mag ich nun wirklich nicht, deshalb verlasse ich auch ganz cool das Kino.
#353
Geschrieben 07. September 2004, 17:14
Durch die deutliche Zweiteilung mangelt es dem Film an einem kohaerenten emotionalen Zentrum, um das die Handlung kreisen koennte. Desweiteren ist mir aufgefallen, dass die Zeichnungen niedriger anzusiedeln sind als jene aus den fruehesten Ghibli-Filmen. Wie ist das moeglich? Ansonsten ein einigermassen vergnueglicher Trickfilmspass, der sich am Ende leider in allzu kindertauglichem Familienkitsch suhlt.
#354
Geschrieben 07. September 2004, 17:22
Unmotiviertes und stellenweise unsaeglich pathetisches Betroffenheitskino, welches stets grosse Emotionalitaet behauptet, dieses Versprechen aber mit ausgeleierten Kniffen aus der vermieften Hollywood-Drama-Kiste einzuloesen versucht.
#355
Geschrieben 07. September 2004, 17:25
Mit der dick aufgetragenen Artifizialitaet sollen wohl die beschissenen Songs gerechtfertigt werden? Ganz, ganz schlimm! Und spiessig.
#356
Geschrieben 07. September 2004, 17:29
Wunderbar, wie hier die Balance zwischen atemberaubender Action und psychologisch plausiblem Drama gewahrt wird. Bei manchem Flug zwischen den Wolkenkratzern stockte mir gar der Atem! Sam Raimi hat mit Spiderman 2 einen feinen Film geschaffen - und gemessen an der gequirlten Scheisse, die Hollywood zur Zeit im Action-Genre produziert, halte ich es sogar fuer gerechtfertigt, hier von einem kleinen Meisterwerk zu sprechen.
#357
Geschrieben 07. September 2004, 17:38
Aha, so sieht zur Zeit also das polnische sozialkritische Kino aus: schon beinahe abstrus unsubtil mit dem Hammer philosophierend sowie gnadenlos ueberzeichnet und modellhaft figuriert, um die auktorialen Unzulaenglichkeiten zu kaschieren. Wundert mich nicht im geringsten, dass der Film von Presse und Publikum abgefeiert wurde.
#358
Geschrieben 07. September 2004, 17:41
Nicholas Cage in seiner Doppel-Rolle ist der Hammer und stellenweise zum Totlachen! Ansonsten muss ich zugeben, dass ich nicht verstanden habe, warum der Film so ist, wie er ist.
#359
Geschrieben 07. September 2004, 17:45
Mel Gibson beim Beten zuzuschauen hat mich ja so beruehrt. Nach dem obligatorischen Heilige-Familien-Stumpfsinn im ersten Drittel folgt ein dramaturgisch laues Gemetzel, an dessen Ende eine Botschaft verkuendet wird, die in ihrer Banalitaet allzu bezeichnend fuer Gibsons und Braveheart-Autor Randall Wallaces Intelligenz ist.
#360
Geschrieben 07. September 2004, 17:52
Wirkt so, als ob ein beruehmter und erfolgreicher Schauspieler sich eine aus technisch versierten Leuten bestehende Film-Crew zusammengestellt haette, und trotz des ihm zur Verfuegung stehenden ueppigen Budgets nur sein nicht vorhandenes Verstaendnis fuer filmisches Handwerk unter Beweis gestellt haette. Folgerichtig sieht der Film wie ein mit Millionen von US-Dollars finanziertes Fiasko aus.
Besucher die dieses Thema lesen: 8
Mitglieder: 0, Gäste: 8, unsichtbare Mitglieder: 0