Children Underground (Asphaltkinder in Bukarest) (2001) - Edet Belzberg
Dieser Dokumentarfilm begleitet eine Gruppe Straßenkinder, die in einem U-Bahnschacht in Bukarest leben. Dabei wird neben der Schilderung des harten Alltags, der vornehmlich durch Drogenkonsum in Form von Farbeschnüffeln sowie Gewalt gekennzeichnet ist auch auf die Biografien der Kinder eingegangen, die ihre Beweggründe darlegen. So steht hinter diesem "Leben" oftmals eine freie Entscheidung, wobei dies als die Wahl des kleineren Übels zu verstehen ist. Kann man sich ob der unmenschlichen Zustände unter denen hier schon Kleinkinder leben müssen schwer vorstellen, dass dies aus freiem Willen geschieht, so wird dies durch die Beleuchtung der familiären Hintergründe der Kinder zumindest ansatzweise nachvollziehbar.
Ein Film dieser Art, der sehr nah bei den Kindern ist und teilweise kaum zu ertragende Bilder zeigt kann man sicherlich den Vorwurf des Voyeurismus machen, zumal bei einigen Szenen wirklich nur noch schwer nachvollziehbar war, wieso die Filmemacher nicht eingriffen auch wenn es nur eine kurzfristige Hilfe dargestellt hätte. Andererseits wird hier ungeschönt in Spielfilmlänge eine Lebensart gezeigt, der man - insofern in Industrieländern lebend - weitgehend fern ist und höchstens ansatzweise durch kurze Nachrichtenbilder kennt. So ist CHILDREN UNDERGROUND ein Film, der für ein Thema sensibilisiert, das in den Medien größtenteils totgeschwiegen wird. Vor allem die Komplexität, die hinter dieser Problematik steht wird hier durch Einbezug aller Beteiligten (Straßenkinder, Eltern, Hilfswerkmitarbeiter) offengelegt und wenn einmal eine Mutter sagt, dass die Zeiten unter Ceausescu doch besser waren, als das hier und jetzt, gibt das zu denken.
Belzbergs Film ist somit auch ein Portät eines ehemaligen Ostblockstaats, der sich dem Westen geöffnet hat. Die trostlosen Verhältnisse lassen einen in Ansätzen einen Armutsbegriff "erfahren", der in seinem ganzen Ausmaß schwer vorstellbar ist. Vor allem mit seinen Konsequenzen. Zum Beispiel die Straßenkinder von Bukarest, die die Armut in den eigenen Familien nicht ertragen können und sich für ein unmenschliches Leben entscheiden, das für sie tatsächlich eine Alternative darstellt.
Der Film bewirkte bei mir eine große Bescheidenheit und lässt mir die Probleme des Alltags in einem gänzlich anderen Licht erscheinen. Ein Film über die hässlichen Seiten des Lebens in einer Welt, deren Entwicklung solche Umstände eigentlich unmöglich machen sollte.
Bearbeitet von Howie Munson, 06. Januar 2010, 13:38.