Body Double (USA 1984)
Regie: Brian de Palma - DVD Columbia
Vorab: wer den Film noch nicht kennt, sollte nicht weiterlesen und statt dessen zusehen, sich dieses Meisterwerk schnellstens zu beschaffen!
It's all an illusion - das wird bereits nach wenigen Augenblicken klar, als sich eine Wüstenlandschaft als (Film-)Kulisse entpuppt. Die Vorgaukelei, die Hollywood bis zur Perfektion zu betreiben im Stande ist, ist das zentrale Thema dieses Werkes, das gemeinhin als Erotikthriller beschrieben wird, womit man dem Film jedoch nicht gerecht wird. Kino von so universalem Ausmaß habe ich nur selten beigewohnt und wo ich schon immer große Achtung vor de Palmas Werk gehabt habe, so ist auch dessen Ausmaß noch einmal merklich angestiegen.
Der Vorwurf Form stehe über Plot, den sich der Regisseur oftmals gefallen lassen muss(te) wird hier in aller Deutlichkeit als unhaltbar hingestellt, denn in punkto Rafinesse steht de Palma hier Leuten wie etwa Lynch in nichts nach (der im Übrigen mit MULHOLLAND DR. merklich auf de Palmas Spuren wandelt).
Da wird rigoros mit den Erwartungshaltungen des Publikums gespielt, das sich zunächst auf dem selben Kenntnisstand des Protagonisten wähnt, nur um am Ende als Betrugsopfer dazustehen, welches man zunächst eben diesem Protagonisten anheften wollte. Tja, reingefallen! Doch BODY DOUBLE wäre kein Meisterwerk, wäre er lediglich auf einen finalen Twist ausgelegt (wie es zuletzt im Horrorthrillergenre reihenweise der Fall ist) - nein, BODY DOUBLE ist vor allem eine Reflexion über das Medium Film. Die Film-im-Film-Idee war meines Wissens zwar nicht neu, aber de Palma bedient sich ja sowieso gern bei anderen Filmschaffenden und treibt seinen Ruf als Hitchcock-Epigonen mit völlig überinszenierten Zitaten (visuell, wie musikalisch) aus dessen Meisterwerken auf die Spitze. Obsession, Voyeurismus und Trug als Hauptmotive.
Damit hält de Palma der Filmbranche den Spiegel vor's Gesicht, da diese insbesondere seit den 80ern verstärkt auf eben diese Motive zurückgriff: die Lust an nackter Haut und Gewalt wird nun auch im Mainstream zunehmend erfüllt. De Palma drängt den Zuschauer in seinem Film ganz bewusst in die Rolle des Voyeurs; verabreicht ihm eine Überdosis dessen, wonach ihm (scheinbar) giert, allerdings nicht ohne ihn auf die Billigkeit dieser Obsession zu erinnern: nicht umsonst handelt es sich im Rahmen der Film-im-Film-Idee bei der Filmproduktion um eine billige, anspruchslose Low-Budget-Firma. Und wie sehr hinter all dem Lug und Trug steckt greift BODY DOUBLE in den letzten Bildern nocheinmal überdeutlich auf: hier ist der Filmtitel Programm.
Kritik am Gefallen des Publikums und zugleich an der Filmindustrie, die diesen Wünschen nur allzu gern nachkommt. Aber bestimmt das Angebot nicht die Nachfrage? Die Schuldfrage lässt sich nicht eindeutig beantworten und das scheint de Palma mit seinem Film auch gar nicht zu wollen. Vielmehr zeigt er sich widersprüchlich indem er die Vorlieben des Publikums als Illusion entlarvt oder sie zumindest damit in Verbindung bringt. Ein Aspekt, den ich noch einmal überdenken muss, mir ggfs. aber auch durch Literatur erschließen werde, für den Fall, dass da etwas brauchbares auf dem Markt ist.
Aber mal ganz abgesehen vom reflexiven Charakter des Films, bietet er oberflächlich betrachtet einen sauspannenden und mords-(sic!)unterhaltsamen Thriller, der zuweilen trotz abtörnender 80er-Mode und -Frisuren einiges an Erotik versprüht. Formal läuft de Palma zu absoluter Höchstform auf und da ist es Schnurzpiep, dass er einige male Altmeister Hitch überdeutlich kopiert. Außerdem hat sich de Palma längst einen eigenen unverkennbaren Stil angeeignet, der mehr von Hitch inspiriert ist als dass man ihn als reines Plagiat bezeichnen könnte: Spiegelmotiv, schlängelnde Kamerafahrten und viele Totalen sowie der sehr spärliche wie sorgsame Einsatz von Montage finden sich hier genauso wie die schon obligatorischen Verfolgungsszenen (deren besten noch immer in CARLITO'S WAY zu finden sind) wieder.
Nur passte das alles selten so gut zusammen wie hier. Weisen de Palmas übrigen mir bekannten Werke zumeist einen stilistischen Höhepunkt auf, so bewegt der Mann sich bei BODY DOUBLE konstant auf höchstem Niveau, wozu auch die brillante Ausstattung beiträgt. Weiterer Pluspunkt sind die weitgehend unbekannten Darsteller, die dadurch nicht von ihren Rollen ablenken.
Jetzt muss ich unbedingt noch weitere de Palma-Filme schauen. CARRIE hab ich bereits parat, DRESSED TO KILL hoffe ich im Handel zu bekommen, was bei Filmen wie SISTERS sicherlich etwas schwieriger wird...