On her Majesty's Secret Service (GB 1969)
Regie: Peter Hunt - TV (ARD)
"Teresa was a Saint, people call me Tracy."
Der mit Abstand herausragendste und interessanteste Bond, maßlos unterschätzt und leider hierzulande noch immer nicht mit einer akzeptablen DVD bedacht.
Als Connery (vorerst) endgültig seinen Dienst quittierte, da war klar, dass es der Nachfolger nicht nur schwer haben würde, sondern nur verlieren konnte. Die Macher taten sich allerdings keinen Gefallen damit (aus kommerzieller Sicht), auf das australische Model George Lazenby zu setzen, der noch immer den einzigen Nicht-Briten im Geheimdienst seiner Majestät darstellt, allerdings nicht nur hier herausragt. Der Mann spielt lausig, sieht aus wie eine Mischung aus Tomas Rosicky und Mr. Bean und so ungelenk wie er hat sich nicht mal Spaß-Bond Moore präsentiert.
Und dennoch, er passte zu diesem Bond. Ein Bond, der niemals zuvor und auch danach nicht wieder so facettenreich, so menschlich, so sympathisch rüberkam.
Er quittiert seinen Dienst, ist traurig darüber, dass sein Chef seinen Abgang nicht bedauert, er heiratet, läuft mit Rüschenhemd herum und verzichtet auf Unterwäsche. Bond am Rande einer Witzfigur. Das war er jedoch auch vorher schon und Moore hat dieses Image dann später ja perfektioniert, bis Dalton und Brosnan dem Kerl wieder etwas mehr Ernsthaftigkeit verliehen. Nein, hier erleben wir einen Bond, der mehr Mensch und weniger Superheld ist.
Überhaupt ist der ganze Film schon durch seine lange Laufzeit (ursprünglich war der wohl an die drei Stunden lang) ein völlig aus der Reihe tanzendes 007-Abenteuer. Hunt nimmt sich viel Zeit, um den Plot zu entfalten; in den ersten 90 Minuten passiert für Bondverhältnisse erstaunlich wenig. Neben DR. NO und mit Abstrichen auch noch FROM RUSSIA WITH LOVE der einzige Bond, der nicht im Actionchaos versinkt. Zwar wird gegen Ende alles aufgefahren, was verfügbar war, indem eine atemlose Aneinanderreihung an Ski-, Fuß-, Auto und wieder Skiverfolgungsjagden geboten wird, die in einer spektakulären Sprengung des Alpensets kulminiert - und doch sind es andere Momente, die in Erinnerung bleiben.
Etwa als Bonds Frau getötet wird. "We have all the time in the world." - die letzten Worte eines Superagenten, der die schwerste Niederlage seiner Biografie erleben musste. Zum aller ersten und einzigen mal in der kompletten Serie ist man als Zuschauer emotional berührt. Und hätte man auf die völlig deplatzierte Musik während der End-Credits verzichtet: es wäre ein ganz großer Moment gewesen.
Was OHMSS ansonsten hervorhebt ist zweifelsohne Diana Rigg als Tracy. So viel Klasse hatten nur wenige Bondgirls; hier merkt man, dass erstmals eine Schauspielerin gecastet wurde und das tut dem Film verdammt gut. Mrs. Rigg besticht in jederlei Hinsicht und nicht nur Lazenby war ob des Anblicks ihres tiefen Ausschnitts am Casinotisch erschlagen.
Dann wurde wiederum zum einzigen mal (abgesehen von den Darstellungen in FROM RUSSIA WITH LOVE und THUNDERBALL) eine adäquate Darstellung für Bonds Erzfeind Blofeld gefunden. Savalas habe ich diese Figur jederzeit angenommen. Sehr wohltuend, v. a. vor dem Hintergrund der Witzdarstellung von Pleasance. Allerdings liegt hier auch einer der größten Fauxpas der Serie: da die Bonds chronologisch zu betrachten sind (hier schon durch den Vorspann impliziert), ist es unverzeihlich, dass so getan wird, als würde Blofeld seinen größten Widersacher nicht kennen. Stand er ihm zwei Jahre zuvor doch selbst gegenüber.
Ansonsten leidet OHMSS vor allem unter der Regie von Peter Hunt, dem man anmerkt, dass er noch nie zuvor auf dem Regiestuhl gesessen hatte. Allerdings ist es erstaunlich, wie mies dieser Bond geschnitten wurde, bedenkt man, dass Hunt ehemals der Cutter der Serie war. Insgesamt ist der Film ziemlich holprig inszeniert, was vor allem in den Kampfszenen augenscheinlich wird.
Entschädigend wirken allerdings die Bilder vom Alpenpanorama und das - wie ich meine - beeindruckendste Set der Serie. Blofelds Quartier ist eine Augenweide und als es am Ende kaputt ist war das irgendwie ziemlich traurig.
Brillant sogar Maurice Binders Vorspann - da gab's viel Grund zum Zungeschnalzen. Für mich seine beste Arbeit: sagt sie doch soviel über den Stellenwert von OHMSS aus. Unterstreicht den Neuanfang, den dieser Film schon durch die atypische Pre-Credit-Sequenz genommen hat (Bond wird aufs Kreuz gelegt und beweist zugleich die Selbstironie, an der es der Figur bis dato gemangelt hatte (Moore hat dieses Konzept später dann zu sehr ausgereizt)). Auch auf einen Titelsong wird verzichtet und stattdessen im Film platziert. Das gab es zuvor nur einmal: in DR. NO, der bekanntlich den Anfang der Serie begründetet. Wieder ein deutlicher Hinweis auf den angestrebten Neuanfang.
Leider wurde daraus nichts und mit Connerys Comeback ging's zwei Jahre später in JEDER Hinsicht bergab. Bond wieder als Superheld und Obermacho in einem Film, der wenig Story und viel Action bot, dabei aber sehr wenig stimmig wirkte.
So bleibt OHMSS sicherlich so etwas wie der Experimentalfilm der Serie, doch ging das Konzept m. E. voll auf und bot die Riesenchance, die Filme in eine völlig neue Richtung zu lenken. Diese wurde bekanntlich vertan und erst zwölf Jahre später bekannte man sich zu Bond 6, als 007 das Grab seiner Frau aufsucht.
Ich bekenne ich mich sofort dazu, diesen Bondfilm sehr zu schätzen zu wissen. Hut ab vor soviel Courage! Und auch den George sollte man nicht so schlecht machen - Connery oder Moore hätten
diese Art von Bond niemals spielen können.
8/ 10