Cold Mountain (USA 2003)
Regie: Anthony Minghella - Jetzt im Kino (BV)
- Part 1: Unterwegs nach Cold Mountain mit Bart Simpson -
- Part 2: Wenn ein Film im Kitsch versinkt -
- Part 3: Für Ihr Cameo bitte hinten anstellen -
(Meine Besprechung gliedert sich in drei Teile.)
Tjadele, diesem Film hätte man noch so manchen passenden Untertitel verpassen können. Aber der erste trifft's glaub ich ganz gut!
Zu Part 1:
Was hat jetzt der freche Simpson-Sprössling mit diesem als Kunstwerk verkauftem Film zu tun, mag sich der eine oder andere fragen. Nun, der dt. Verleih muss wohl gemeint haben, den Originaldialekt von Frau Zellweger (immerhin Topfavoritin auf den Oscar) in irgendeiner Art und Weise gerecht zu werden. Was tun? Bayerisch reden lassen? Nee, das wär ja lächerlich. Dann doch lieber Frau Schwittau engagieren, deren Stimme zu den markantesten der Synchro-Branche gehört und auch gerne mal für männliche Schauspieler ihr rauhes Stimmchen hergibt. Am bekanntesten dürfte sie durch die dt. Stimme für Bart Simpson bei uns geworden sein und da sie nicht wie etwa Dannenberg die Stimme variieren kann, klang dann Frau Zellweger auch immer sehr stark nach diesem Bart.
Doch damit nicht genug, nein: auch Norbert Gastell wurde als Synchronsprecher engagiert. Dieser hat u. a. Homer Simspon gesprochen und weil der dt. Verleih nun nicht völlig blöd ist, haben sie Gastell auf Donald Sutherland angesetzt, der stirbt, ehe Frau Zellweger auftritt. Clever! Nur war es dann dennoch um mich geschehen, als Bart äh... Frau Zellweger mal von ihrem Vater sprach, der Alkholiker gewesen sei. Danach habe ich nur noch darauf gewartet, dass sie das Wort "Bart" in den Mund nehmen würde: ich hätte das Kino zusammengebrüllt! Am Ende kam es dann sogar dazu, dass sie Herrn Law rasiert hat, aber da war das Synchrostudio wieder sehr schlau und hat in der dt. Fassung dieses Wort entweder rausgeschnitten oder anders übersetzt (welch böse Unterstellung, ich weiß!). Naja, wir haben dann im Kino noch den kompletten Abspann angeschaut, um jemanden namens Simspon oder Groening zu entdecken, aber diese Mühe war vergebens.
Soviel zu dieser kleinen Randnotiz, die aufzeigt, wie schnell eine Synchro einen Film kaputtmachen kann, aber das wäre mir jetzt zu einfach, denn:
Zu Part 2:
Nun zum Film ansich:
Natürlich war es nicht möglich, Cold Mountain nach dem Auftritt von Frau Zellweger noch ernst zu nehmen, aber sie trat ja erst relativ spät in Erscheinung und da der Film in zwei Handlungssträngen erzählt wurde, blieb sie einem ja auch immer mal wieder für einen kurzen Zeitraum erspart.
Zum Plot: Im Süden der USA kurz vorm Bürgerkrieg lernen sich Ada und der schweigsame Inman kennen und lieben. Doch dann muss dieser in den Krieg ziehen. Ada wartet daheim geduldig auf ihren Liebsten, der aber verschollen scheint. Dann stirbt ihr Vater und sie muss ihr Land allein bewirtschaften. Weil sie das nicht kann steht irgendwann wie aus dem Nichts ein resolutes und ordinäres Weib (richtig: Bart Simpson, äääh... Frau Zellweger) vor ihrer Tür und geht ihr zur Hand.
Gleichzeitig kämpft sich der desertierte Soldat Inman nach Hause durch, was wie die Odyssee (war bestimmt so gedacht) abläuft. So muss er unterwegs töten, sich vor geilen Frauen retten, helfen und durch so manchen Schlamm kriechen.
In Cold Mountain, der gelobten Heimat treibt unterdessen der böse Teague sein Unwesen. Er jagt Deserteure, um sie genüsslich zu ermorden.
Am Schluss des Films prallen alle Handlungsstränge aufeinander und das Ende ist so überraschend wie ein Gang zur Toilette.
Cold Mountain ist ein Musterbeispiel dafür, wie man einen anfürsich interessanten Stoff vollends vermurkst. Übertrieben dreiste Symbolik (als die weiße Taube vor's Kirchenfenster fliegt und kurz danach der Krieg ausgerufen wird, ahnte ich bereits Schlimmes!), Dialoge, die frei nach dem Motto Kitsch-as-Kitsch-can geschrieben wurden und ein Schluss, naja, dazu schrieb ich ja bereits oben etwas.
Handwerklich ist Cold Mountain zwar überdurchschnittlich geworden, doch habe ich immer wieder kleine Mängel wie beispielsweise zu hektische Schnitte ausmachen müssen. Auch sind einige Brutalitäten leicht übertrieben ausgefallen und was den Score betrifft: so stark er beginnt, so schnell ist dann auch wieder die Luft raus. Am Ende war's doch wieder nur der genretypische Einheitsbrei.
Dass Minghella derartig scheitern würde, überrascht mich doch sehr, da ich sowohl The English Patient (USA 1996), als auch The talented Mr. Ripley (USA 1999) sehr gemocht habe. So besticht sein neustes Werk allein durch die wirklich atemberaubenden Landschaftsaufnahmen und die beeindruckende Schlachtsequenz, gleich zu Beginn des Films. Ansonsten mutet Cold Mountain wie eine missglückte Mixtur aus Gone with the Wind (USA 1939) und O Brother, where art thou? (USA 2000) an.
Zu Part 3:
Beinahe noch aufdringlicher, als der hohe Kitschfaktor ist die Besetzungsliste des Films. Denn halb Hollywood hat sich für Gastauftritte die Ehre gegeben, ohne dem Film jedoch großartig darstellerische Qualität beizusteuern. Nach jeder Szene wartete man darauf, wer denn als nächstes auftauchen würde, was mitunter recht spannend war und zu der einen oder anderen Wette mit der Kinobegleitung führte.
Die Hauptrollen waren ganz passabel gespielt, wobei ich die Oscarnomnierung für Law nicht ganz nachvollziehen kann, denn in Filmen wie Road to Perdition (USA 2002) hat er mir dann doch weitaus besser gefallen. Dennoch passte er gut in die Rolle und dass sie so schlecht geschrieben war, dafür konnte er ja nichts. Kidman sieht zwar hinreißend aus und agiert mal ziemlich freizügig, enttäuscht aber nach ihren starken Auftritten aus Dogville (DK 2003), The Hours (USA 2002) oder The Hours (SPA 2001).
Fazit: Cold Mountain war selbst der stockkonservativen Academy zu schmalzig. Dazu brauche ich jetzt eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
3/ 10