Gestern habe ich nach längerer Zeit mal wieder den psychisch für mich härtesten Film aller Zeiten gesehen: Michael Hanekes „Funny Games“. Ein wirklich fertigmachender, extremer Film der einem schwer auf den Magen schlägt.

Das Ehepaar Anna (Susanne Lothar) und Georg (Ulrich Mühe) fahren zusammen mit ihrem Sohn Schorschi (Stefan Clapczynski) in die Ferien. Begleitet von Opernmusik machen sie sich inklusive Boot am Anhänger auf zu ihrem Haus am See. Doch plötzlich wird aus der Opernmusik psychedelischer Heavy Metal der sehr irren Sorte. Doch das hört nur der Zuschauer. Anna, Georg und Schorschi kommen im Haus an, doch nach ein wenig Zeit des Einlebens kommt der tollpatschige Peter (Frank Giering) und will von Anna vier Eier zum kochen. Anna übergibt ihm die Eier höflicherweise, doch Peter fallen sie auf den Boden. Schon ziemlich genervt gibt Anna ihm abermals vier Eier in einer Verpackung, doch davor stößt Peter noch das Telefon in die mit Wasser gefüllte Spüle. Als Peter das Haus verlässt, hört Anna ihren Hund bellen und sieht dann Peter und seinen Freund Paul (Arno Frisch) an der Tür. Die Eier sind wieder mal kaputtgegangen. Angeblich wegen dem „gefährlichen“ Hund, den Paul mal radikal mit einem Golfschläger getötet hat. Als Annas Mann Georg aus Wut dann Paul eine Ohrfeige gibt, rastet Peter aus und schlägt Georg mit einem Golfschläger das Bein ein. Ab jetzt beginnen die „Funny Games“ bei denen die zwei Einbrecher wetten, dass bis um 9 Uhr alle Familienmitglieder tot sein werden. Denn Peter und Paul bringen die ganze Familie ins Wohnzimmer und terrorisieren sie. Die Türen werden verschlossen. Auch der Fluchtversuch des kleinen Schorschi schlägt fehl. Paul findet ihn. Kurz darauf, nach einer Demütigung Annas, erschießen die zwei Irren Schorschi. Dessen Blut bedeckt nun den Fernsehbildschirm. Statt Trauerschreien gibt es erst minutenlange Stille (die mich ziemlich genervt hat, d.h. ich habe zum ersten Mal direkt in einem Film vorspulen müssen). Peter und Paul gehen weg, Georg und Anna fühlen sich sicher und erst nach einiger Zeit schreit sich Georg den Frust aus dem Leib. Beide versuchen zu fliehen und Anna rennt auf die Straße und möchte Hilfe holen. Doch Peter und Paul kommen mit ihr zurück. Dann macht Paul ein Spiel mit Anna bei dem sie Peter erschießt. Das gefällt Paul natürlich nicht und so nimmt er einfach die Fernbedienung und spult das Geschehen zurück. Als Anna dann zum zweiten Mal den Tötungsversuch startet, unterbindet dies Paul und erschießt Georg gnadenlos. Anna wird gefesselt und am Ende im Boot ins Wasser geschmissen. Die Familie ist tot. Die verrückte Wette gewonnen. Und Paul klingelt schon am nächsten Haus und möchte ein Ei haben...
„Funny Games“ ist ein verdammt harter Film. Physische Gewalt sieht man zwar auch, aber nicht so explizit und schlimm, dass dies die FSK 18 rechtfertigen würde. Den Tod Schorschis sieht man nicht direkt, nur das Resultat (Blut auf dem Fernseher). Auch Georgs Ableben wird recht subtil dargestellt. Nur Peters vorläufiger Tod, den Paul ja zurückspult, wird genauer gezeigt. Tja, und genau bis zu dieser Szene wird die Darstellung extremer physischer Gewalt eher vermieden. Jetzt bricht die Gewalt durch, Haneke zeigt, dass man sich Anno 2004 (bzw. 1997, als der Film gedreht wurde) jegliche Gewaltdarstellung und Brutalität herbeizappen kann, sie mehrmals erleben und detailliert betrachten kann. Doch ebenso, und das ist hier das schockierende, dass man sie verhindern kann. Paul „behebt“ einen Fehler in seinem „Film“ indem er Peters Tod rückgängig macht. Mit Medien lässt sich der Tod also nicht nur endlos wiederholen, sondern auch rückgängig machen. Diese Botschaft vermittelt uns Haneke gewollt explizit und drastisch. Doch nicht nur diese extrem medienkritischen Untertöne machen „Funny Games“ zum Gegenteil des klassischen Filmvergnügens, auch die psychische Härte. Der Film baut eine so erdrückende und beängstigende Atmosphäre auf, das man in jeder Sekunde mit einem schockierenden Gewaltausbruch rechnet, dieser aber erst sehr spät am Ende kommt. So ist man dauernd angespannt und erlebt eine niedermachende Tour de Force.
Schauspielerisch sei nicht zu viel zu erwarten. Der Film setzt ganz auf seine Botschaft und das Drehbuch. Der ziemlich amüsante, österreichische Dialekt von Paul müsste die Situation eigentlich verharmlosen, doch das unterstreicht noch die Bedrohlichkeit dieses Hauptdarstellers. Irgendwie macht diese Stimme gepaart mit den völlig geisteskranken und zynischen, aber doch leicht vernünftigen und höflichen Kommentaren eine Art Verzweiflung beim Zuschauer breit. Denn Paul wirkt eigentlich völlig harmlos und sympathisch, ist aber ein psychisch gestörter Massenmörder. àMassenßmörder weil er ja am Ende gleich bei der nächsten Familie klingelt und wir genau wissen was er mit ihnen vor hat.
Bei all dieser fertigmachenden Medienkritik und psychischer Gewalt bleibt ein inszenatorisch unausgereiftes Filmchen. Das ganze wirkt sehr billig und hat optisch TV-Niveau. Doch das untermalt eigentlich nur die Glaubwürdigkeit des grausigen Geschehens.
Dennoch, Haneke treibt das komplizierte Thema zur sehr auf Spitze. Die Medienkritik wird uns aufgedrückt, das Szenario wirkt beleidigend für Freunde des Horrorfilms und klassischen Thrillers. „Funny Games“ ist mir heute einfach zu aufgezwungene Medienkritik, die einfach zu weit geht und mit der Rückspulszene doch etwas ins Lächerliche, wenn auch gut Interpretierbare ausweicht. Ich liebe ja eigentlich richtig niedermachende Psycho-Thriller und dieses Horrorkonzept klappt durch die Klaustrophobie in „Funny Games“ auch exzellent, doch im Endeffekt ist mir das ganze doch zu sehr beleidigende, wenn auch tiefgründige Medienkritik. Ich finde zwar die Gespräche von Paul mit uns Zuschauern gut geglückt und ebenso die 1A Atmosphäre, doch das tiefer gehende Thema ist mehr Anti-Film als Film und schlägt zu sehr in die kritische Kerbe.
Bewerten möchte ich den Film nicht, da er zwar sehr zum nachdenken anregt und auch sehr harter Stoff ist, aber einfach nicht mit einer Wertung abgeschlossen werden kann. Ein weiteres Mal werde ich mir den Film wohl lange Zeit nicht ansehen, da er mich und uns Filmfans einfach zu sehr beleidigt und als schaulustige Gewalt-Voyeure bezeichnet. Haneke greift (zu) tief in die Materie, war mit „Die Klavierspielerin“ aber klar besser.