

Postutopische Räume
#1
Geschrieben 04. April 2011, 22:46
irgendwann wird auch der hartnäckigste Langzeitstudent mal fertig, oder versucht es wenigstens. Jedenfalls steht meine Magisterarbeit an, bzw hat bereits begonnen.
Thema:
Postutopische Räume. Die Großstadt im amerikanischen Film und Fernsehen
Idee dahinter ist folgende: Ich möchte untersuchen, ob die Großstadt (nicht im strikten Sinne von Wikipedia, >100.000 Einwohner) im Film so dargestellt wird, als sei hier ein ursprünglich utopischer Gesellschaftsentwurf bereits gescheitert oder im Scheitern begriffen. Dies kann sich anhand verschiedener Motive äußern, die zum großen Teil mit Sicherheit und staatlicher Autorität zu tun haben. Besonders interessiert mich dabei, wie diese scheiternden utopischen Möglichkeiten des Konzepts Stadt bereits durch neue, alternative Sicherheitskonzepte abgelöst werden.
Mögliche, aber nicht zwangsweise alle oder sich nicht überschneidende Themen, zu denen ich repräsentative Filme brauche:
- Kriminalität und Sicherheit: Großstadt als Moloch, in dem an jeder Straßenecke Verbrechen lauert.
- Politische Korruption vs. Idealismus
- Selbstjustiz als neue Ordnungsmacht
- „Verbotene Diplomatie“, also zB inoffizielle Duldungsabkommen zwischen Polizei und Kriminellen
- Alternative Hierarchien, zB organisiertes Verbrechen
- …
Aber auch in etwas andere Richtung muss/will ich schauen:
- Andere Aspekte städtischen Zusammenlebens, zB Bildung/Jugend (zB THE WIRE), Medien, Klassentrennung (zB WALL STREET)
- Stadt als positive Utopie: Gar nicht leicht, wohl. Wenigstens suche ich hier Beispiele, wo ein typisch „städtischer Mensch“ (O-Ton mein M.A.-Betreuer) entsprechend ausführlich dargestellt wird.
Und weil es so verdammt ungemütlich ist, zu Filmen eine verlässliche Stichwortsuche zu bemühen, wollte ich an dieser vertrauenswürdigen Stelle um Input fragen. Da geht es mir ganz und gar nicht um generelle Ideen oder Arbeitshinweise, sondern im Grunde nur um Filme. Wer eine Idee hat, welche Filme ich mir dafür dringend anschauen sollte, dem bin ich jedenfalls sehr dankbar. Und wer diese Idee noch mit einem Halbsatz begründen kann, dem gleich noch mehr.
Vielen Dank euch allen schon mal, zerbrecht euch nicht den Kopf, aber spontane Ideen wären toll!
Meine bisherige Liste folgt sogleich im nächsten Posting.
#2
Geschrieben 04. April 2011, 22:46
+: (so gut wie) sicher
?: vielleicht/noch nicht angeschaut/klingt passend, habe aber noch keine konkrete Idee, wie es reinpasst/klingt gut, aber könnte auf Grund der beschränkten Filmauswahl rausfallen
-: gesehen, aber (einigermaßen sicher) ausgeschlossen
? Point Blank
? Homicide: Life on the Streets
? The Shield
? Law Abiding Citizen
? Bad Lieutenant
? Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans
+ Watchmen
? Broken Flowers (“städtischer Mensch”)
? Wall Street
? Up in the Air („städtischer Mensch“)
? Taking of Pelham 123 (Original und Remake)
? State of Play
? Righteous Kill
? The Brave One
? Enemy of the State
? Eastern Promises
? American Gangster
+ The Dark Knight
+ Batman Begins
? Network
? We Own the Night
? WAZ
? Leben und Sterben in LA
? LA Story
- Hot Fuzz (wäre tatsächlich schön für den „städtischen Menschen“, aber britisch)
? Demolition Man
? Casino
? Usual Suspects
? Seven
? Brooklyn’s Finest
? Street Kings
? The Punisher (alle)
? Predator 2
? Escape from New York (und LA)
? Assault on Precinct 13
? Lord of War (“städtischer Mensch”)
? Land of the Dead
? The Departed (Meinung dazu?)
? Heat
? Gattaca
? Gangs of New York
? The Game
? Frau mit der 45er Magnum
? Fight Club
? Panic Room
+ Dirty Harry (alle)
+ Death Wish (alle)
? The Conversation
? Collateral
? Children of Men
? Batman (Burton, plus Returns)
? 25th Hour
?? Woody Allen, welche? Manhattan, Annie Hall…?
#3
Geschrieben 05. April 2011, 09:35
Ich frage mich gerade, wie du das theoretisch angehen willst. Denn zur Postutopie muss es ja die Utopie geben. Und mir scheint, dass die Großstadt sehr selten utopischen Charakter hat. Sie ist ja eigentlich schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Verruf geraten und wird stets dementsprechend dargestellt. Oder anders: War die Großstadt nicht schon immer postutopisch? (Aber vielleicht verwechsele ich das nur mit ihrem dsytopischen Charakter - überhaupt, Postutopie und Dystopie...) Aber ich weiß so wenig vom Thema allgemein als auch deiner Zielsetzung, um da jetzt wirklich tiefer zu gehen. Fällt mir nur so auf. Mir scheint, da besteht Bedarf zur Präzisierung.
Ansonsten: Hast dir viel vorgenommen! Obwohl du dich den Filmen wohl vornehmlich inhaltlich nähern wirst. Das gleicht dann vielleicht wieder aus.
Viel Glück also!

#5
Geschrieben 05. April 2011, 09:55

#6
Geschrieben 05. April 2011, 09:58
#7
Geschrieben 05. April 2011, 10:07
Positive, utopische Großstadt-Darstellungen, die nicht SEX AND THE CITY sind?

#8
Geschrieben 05. April 2011, 11:40
Als positiven Entwurf vielleicht New York, I Love You. Selbst noch nicht gesehen, aber der Titel klingt verdächtig danach. Vielleicht eignet sich auch Blue in the Face gut, wobei die große Stadt an sich eher im Hintergrund steht. Zumindest wird dort gerne kommuniziert.
Mit Tati's Play Time wärst du bestens bedient, leider spielt der in Fronkreich. Vielleicht kannst du ja hier tricksen, da die Stadt fast komplett entworfen wurde und nicht wirklich existiert.
Und bei den Muster-Dystopien nicht den tollen Brazil vergessen.

#9
Geschrieben 05. April 2011, 20:05
bekay sagte am 05. April 2011, 09:35:
Dem würde ich widersprechen. Du hast sicher recht, dass Großstadt auch sehr schnell antiutopische Züge angenommen hat. Im kulturellen Gedächtnis allerdings waren/sind Großstädte immer aber auch Exponenten von technischem und sozialem Fortschrittsgeist (civitas, citoyenneté): Gesellschaftliche Randgruppen erhalten bsplsweise auch eher in einer Großstadt ein Refugium als auf dem 'platten' Land. Dieser Fortschrittsgeist schlägt freilich dann nicht selten in sein Gegenteil um("Dialektik der Aufklärung" halt ...).
Lit.wiss. und kulturwiss. Texte in diesem Zusammenhang (hab ich gehortet, weil das ja auch mit meinen Forschungsinteressen konvergiert):
- Dolf Sternberger: Die Stadt als Urbild (Frankfurt am Main 1985 u.ö.) - Stadt als Keimzelle des Verfassungsstaates (hier liegen sicher auch die Wurzeln des Utopischen)
- Kirstin Hertel: London zwischen Naturalismus und Moderne. Perspektiven einer Metropole (Heidelberg 1997) - Diss., die verschiedene Londonbilder (Großstadtmythos, Sündenpfuhl) im Roman untersucht. Das Theoriekapitel ist aber auch im Hinblick auf nichtlitwiss. Themen ergiebig.
- Andreas Mahler (Hrsg.): Stadt-Bilder. Allegorie - Mimesis - Imagination (Heidelberg 1999) - da ist die ganze Bandbreite von Stadtrepräsentationen vertreten: Von der Idealisierung bis zur Verteufelung.
Und zum Thema "Film und Stadt" gibt es natürlich massenhaft Literatur. Kleine Auswahl:
- Guntram Vogt: Die Stadt im Kino. Deutsche Spielfilme 1900-2000 (Marburg 2001)
- Rüdiger Dirk/Claudius Sowa: Paris im Film (München 2003)
- Astrid Ofner/Claudia Siefen (Hrsg.): Los Angeles. Eine Stadt im Film (Marburg 2008)
Ich würde aber sagen, dass du vor weiterer Materialsichtung über eine Themen-/Korpuseingrenzung nachdenken solltest.
Edit: Jetzt noch mal nachgelesen - es geht um eine politikwissenschaftliche/sozialwissenschaftliche Arbeit? (In der Litwiss. ist der Dystopiebegriff recht unumstritten. Interessant könnte auch das Heterotopie-Konzept sein - siehe mein Artikel im PoMo-Lexikon, so eine Art Dystopie, die zurückschlägt ... "Dystopia strikes back" ist überhaupt ein prima Titel. *notier*)
Bearbeitet von philosophus, 05. April 2011, 20:13.
#10
Geschrieben 16. Juni 2011, 19:26
Vielen, vielen Dank jedenfalls schon mal im Voraus!
#11
Geschrieben 16. Juni 2011, 19:38
The Truman Show
Matrix
Synecdoche, New York
Dogville als umgekehrtes Beispiel?

Pleasantville
Star Trek: Insurrection
Das Cabinet des Dr. Caligari
Aeon Flux
#12
Geschrieben 16. Juni 2011, 19:53
#13
Geschrieben 16. Juni 2011, 20:33
Bob sagte am 16. Juni 2011, 19:38:
The Truman Show
Matrix
Synecdoche, New York
Dogville als umgekehrtes Beispiel?

Pleasantville
Star Trek: Insurrection
Das Cabinet des Dr. Caligari
Aeon Flux
Danke erstmal... TRUMAN SHOW, PLEASANTVILLE, DOGVILLE würd ich ausschließen, weil es ja hier eher um kleinstädtische Strukturen geht, die ich in meiner Arbeit gerne komplett ausklammern möchte. CALIGARI fällt durch meine Beschränkung auf amerikanische Filme raus, MATRIX hab ich ein ähnliches Problem wie mit INCEPTION, dass ich darin nicht so sehr das spezifisch städtische sehe... Den Kaufman werde ich mir definitiv mal vormerken, da ist ja schon der Titel vielsagend, den STAR TREK hab ich gar nicht mehr im Kopf, und AEON FLUX steht bei mir mit großem Fragezeichen beim Kapitel zu Gründungsmythen, wo auch GANGS OF NEW YORK auftaucht...
@Bastro:
INSEL, ja... hab auch LOGAN'S RUN ins Auge gefasst, der geht ja in dieser Hinsicht in eine ähnliche Richtung.
Danke schonmal für die Vorschläge!
#14
Geschrieben 29. September 2011, 09:45


Veröffentlichen möchte ich die Arbeit erst einmal nicht, da würde ich gerne die Korrektur abwarten, und das dann entscheiden - in meiner erlittenen Betriebsblindheit hab ich auch überhaupt keinen Blick mehr darauf, ob ich die Arbeit als Ganzes jetzt überhaupt noch gut finde, es ist definitiv etwas ziemlich anderes herausgekommen, als ich mir eingangs vorgestellt hatte. Wer trotzdem Lust hat, mal reinzuschauen, dem schicke ich sie aber gerne per Email...

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