The Diarrhoea Diary
#151
Geschrieben 19. Juli 2004, 21:23
Kanada 1999 Regie: Karim Hussain
Als der Protagonist einer der Episoden sich auf eine Hausgeburt vorbereiten will, starrt er eigentlich nur auf eine Doppelseite aus Amos Vogels „Film as a Subversive Art“. Ob das jetzt eine bewußte Verneigung vor diesem fabelhaften Buch sein soll, oder einfach nur kein anderes Buch mit Bildern von Geburten den Filmemachern zur Verfügung stand, weiß ich jetzt nicht. Aber der Film wirkt, als hätte man Kapitel nach Kapitel abgehakt, nach dem Motto „Wieviele Tabus können wir in einem Film brechen?“ Das wirkt streckenweise etwas arg konstruiert, selbst wenn der Film sich bewußt Plotlos gibt. Die Umsetzung ist jedoch teilweise sehr gut gelungen, auch wenn der Regisseur Jodorowsky als Vorbild angibt und in Ermangelung besserer Vergleiche von anderen Eraserhead ins Feld geführt wird, erinnerte er mich durch die hohe Schnittfrequenz und die vielen Halbnah-Aufnahmen nebst bunten Blitzen eher an das transgressive Kino von Richard Kern. Der Score, eine Mischung aus Neo-Folk und Industrial erweckte in mir auch Erinnerungen an die Videoclips aus der Hochphase von PSYCHIC TV, worauf ich spontan hochschreckte und überprüfte, ob das olle Tape mit dem „Terminus“-Zyklus sich noch nicht in seine Bestandteile aufgelöst hatte.
Es stellt sich natürlich die Frage, warum Tabus, die Buñuel teilweise schon vor 70 Jahren brach, auch heute noch mal gebrochen werden müssen, in dem man einfach noch einen draufsetzt, wie z.B. eine Frau, die mit den Gedärmen des ausgeweideten Jesus masturbiert. Aber es sind schon schlechtere Regisseure schlechter und häufiger kopiert worden.
#152
Geschrieben 24. Juli 2004, 00:46
Deutschland 1971 Regie: Niklaus Schilling
Zweiter Versuch. Als ich den Film vor ca. 7-8 Jahren das erste mal sah, winkte ich der allzu offensichtlichen Nosferatu-Anspielung freundlich zu, drohte aber kurz darauf, einzuschlafen. Aber verdammt, dachte ich mir, ein deutscher Film aus den 70er Jahren mit Horror-Elementen, da muß doch was interessantes dran sein! Also schaute ich ihn mir diese Nacht noch mal an. Und mußte nach ca. 30 Minuten wieder kapitulieren und erwischte meine Finger dabei, wie sie in einem Magazin blätterten, weil mich der Film einfach nicht fesseln konnte. Die dargebotene Nummernrevue aus Referenzen an Murnau, Dreyer und Bergman krankt vor allem an den hölzernen Dialogen und den statischen Innenaufnahmen. Mit mehr dieser wundervollen Außenaufnahmen der Heidelandschaft und nicht so verkopft agierenden Hauptdarstellern hätte das eine wunderbare Sache werden können. So bleibt der Film eine erwähnenswerte, aber immens langweilige Fußnote innerhalb der Deutschen Filmgeschichte.
#153
Geschrieben 27. Juli 2004, 18:59
USA 1991 Regie: Martin Campbell
Noir-Hommage mit Lovecraft-Motiven. Oder andersherum. Ich hätte auch ohne die vielen komödiantischen Elemente auskommen können, da ich sie nur stellenweise wirklich lustig fand und vor allem ohne den überbenutzten Gargoyle und die Gremlins-Referenz. Dafür werden immerhin auch kleine Tribute an Night of the Eagle und Night of the Demon abgeschossen. Und ich hatte mal wieder die Vermutung, der Film hat im Original mehr Lovecraft als die deutsche Fassung, die ich vor Jahren mal sah. Ach ja, immerhin eine ziemlich originelle und weit hergeholte Crossover-Idee, keine Langeweile und Yog-Sothoth schaut auch ganz gut aus.
#154
Geschrieben 09. August 2004, 21:44
Dänemark 2003 Regie: Anders Thomas Jensen
Wieder mal ein Film aus dem Norden mit liebenswert skurrilen Figuren und einem Haufen wirklich gelungener makabrer Gags. Anders als der handwerklich eher Action-Orientierte I Kina spiser de Hunde wird hier auch auf fantasievolle Kameraschwenks Wert gelegt, die neben den Metzgerprotagonisten Erinnerung an Delicatessen wachrufen. Highlight unter den Figuren ist freilich der neurotische Svend, mit einer hochgradig bescheuerten Frisur und einer gewissen Ähnlichkeit zu Christopher Walken. Aber auch sonst gibt’s wenig zu meckern, ich habe mich bestens unterhalten.
#155
Geschrieben 09. August 2004, 21:45
GB / Italien 1965 Regie: Michael Reeves
In größeren Käse ist Barbara Steele wohl noch nie geraten. Spannung oder Atmosphäre stehen hier nicht auf dem Programm, aber zumindest einige – möglicherweise improvisierte – durchaus witzige Dialoge. Eine über 10 Minuten lange Slapstick-Verfolgunsjagd kurz vor dem Finale gestaltet sich aber doch eher quälend. Und wir wollen es der Jugend des Regisseurs in die Schuhe schieben, daß er uns die ganze Zeit ein Gebäude als transsylvanisches Hotel verkaufen will, auf dem unübersehbar die Worte „Ristorante Rinaldo“ stehen.
#156
Geschrieben 10. August 2004, 01:03
USA 1994 Regie: Barry Poltermann / Wrye Martin
Zwei nette Old School-Motive (American Gothic + exotische Vampirlegende) treffen sich, steigern sich in der Mitte zu etwas Splatter und enden in vorhersehbaren Twists. Abgesehen vom männlichen Hauptdarsteller, der zum Ende hin noch mal eben alle Psychopathen-Klischees durchziehen muß, agieren die anderen No-Names recht anständig, und auch handwerklich geht das ganze OK, auch wenn man es mit den Evil Deadschen Kamerafahrten etwas übertrieben hat. Och jo, kann man gucken.
#157
Geschrieben 14. August 2004, 01:36
Italien 1989 Regie: Luigi Cozzi
Die Verantwortlichen für einen Horrorfilm müssen sterben, weil sie Baudelaire mit De Quincey verwechseln und sich den falschen Drehort ausgesucht haben. Mal wieder ein unglaublich prächtiger Scheißdreck dieser Film, der mich von Anfang bis Ende in gute Laune versetzt hat. Wesentlich unterhaltsamer als der vergleichbare Paganini Horror und in seiner Naivität genauso entzückend wie Star Crash. Man könnte ihn schon richtig lieb haben, den Cozzi.
#158
Geschrieben 14. August 2004, 01:41
USA 2003 Regie: John Woo
Trotz einer vergleichbaren Weichzeichnung der Dickschen Vorlage um Längen besser als der unsägliche Minority Report. Sogar die Unwahrscheinlichkeiten halten sich in Grenzen. Über große Teile sehr spannend und über die Actionsequenzen gibt’s bei dem Regisseur freilich auch nichts zu meckern. Doch doch, durchaus goutierbar. Wenn die Gerüchte stimmen, gibt’s demnächst mit A Scanner Darkly nach einem Haufen Kurzgeschichten auch noch mal eine Romanverfilmung vom alten Dick. Ist ein sehr schönes Buch und es wäre zu begrüßen, wenn statt dem geplanten Hauptdarsteller Keanu Reeves vielleicht doch ein Schauspieler zum Einsatz käme.
#159
Geschrieben 14. August 2004, 01:44
Spanien/Ecuador 1973 Regie: Manuel Cano
Wenn man Poe vom Englischen ins Spanische und dann ins Deutsche übersetzt, kann schon mal „und der Rabe sagte nichts mehr“ dabei rauskommen. Wenn man in Mittelamerika einen Horrorfilm inszeniert, kann man schon mal auf ganz wirre Beleuchtungsideen kommen. Wenn man einigen Nachschlagewerken (Weldon, Trebbin) glauben schenkt, ist der Film teilweise in Florida gedreht und für die Autopsieszene eine echte Leiche verwendet worden, aber das stimmt beides ganz bestimmt nicht. Wenn man den Synchronsprecher Thomas Reiner und zeitlose Mad Scientist-Monologe mag, kommt man auf seine Kosten.
#160
Geschrieben 14. August 2004, 01:48
USA 2003 Regie: Marcus Nispel
Die ungemütliche schwül-bedrückende Atmosphäre des Originals weicht hier einem kühlen Stilismus. Sowohl die Hütte als auch der Wald sehen so nicht schäbig und realistisch genug aus, um in mir ein ähnlich beklemmendes Gefühl auszulösen. Durch das Fehlen des Overactings geht auch ein Großteil des subversiven Humors verloren. Die Heldin hat größere Brüste, trägt zwar einen BH, kommt aber oft genug vom Regen in die Traufe. Alles in allem besser als erwartet mit ein paar netten Einfällen.
#161
Geschrieben 15. August 2004, 03:41
USA 2002 Reige: Herschell Gordon Lewis
Das wurde aber auch langsam Zeit! Wirkliche Innovationen hat wohl keiner erwartet, aber wer mehr Gore und Humor erwartet hat, bekommt genau dies und auch noch jede Menge nackte Brüste dazu. Stilvoll unterlegt mit hauptsächlich Songs von SOUTHERN CULTURE OF THE SKIDS und einem Klassiker der BUTTHOLE SURFERS beim ersten Mord. John Waters’ Gastrolle als Priester ist auch für einige Gags gut. Ein wenig schade, daß die ursprüngliche Idee einer Gameshow, bei der die Kandidaten einzelne Körperteile einsetzen müssen, die uns Lewis in einem Interview anno 1991 erzählte, nicht verwendet wurde und statt dessen mehr oder weniger ein Remake des ersten Films gemacht wurde. Aber Spaß macht es auf jeden Fall, Lewis’ Handschrift nach so vielen Jahren wiederzusehen. Ruhig noch mehr machen, wie war das jetzt mit 2001 Maniacs?
#162
Geschrieben 15. August 2004, 03:43
Italien 2000 Regie: Ivan Zuccon
Aua, das war wohl nix. Von den „Großen Alten“ wird nur geredet, stattdessen gibt es auf Endzeit getrimmtes 08/15-Zombiegehampel in einer fürchterlich sterilen Digitalvideoästhetik. Glücklicherweise hat der Regisseur dazugelernt und mit Shunned House bewiesen, daß er Lovecraft durchaus angemessen umsetzen kann. Meinetwegen sollte er unbedingt damit weitermachen, aber dieses frühe Werk sollte man bewußt übersehen.
#163
Geschrieben 15. August 2004, 03:48
USA 2004 Regie: Zack Snyder
Sehr schöner Anfang und auch ein gutes Ende. Dazwischen auch ein paar nette Ideen und ein durchaus brauchbares Ensemble. Aber ich fürchte, ich kann Remakes generell immer weniger abgewinnen. Das letzte, was ich richtig gut fand, war Cape Fear und das liegt ja jetzt auch schon ein paar Jährchen zurück. Liegt vielleicht an den Remakes, vielleicht an mir: Auch im vorliegenden Fall finde ich wenig Neues, Originelles, sondern nur eine Anpassung an die zeitgenössische Ästhetik und Montage mit fortgeschrittenen Spezialeffekten. OK, das Resultat hätte weitaus kitschiger und weniger deftig ausfallen können, wollen wir dafür dankbar sein. Aber es blieb halt nur ganz nette Unterhaltung, die mich – abgesehen vom Anfang – nicht wirklich vom Hocker gerissen hat.
#164
Geschrieben 15. August 2004, 03:52
USA 1947 Regie: Edmund Goulding
Tyrone Power arbeitet sich im Zirkusgeschäft hoch, um sich anschließend als spiritualistischer Schwindler etwas zu übernehmen. Highlights sind eine wundervoll gefilmte Fake-Geistererscheinung und das unrühmliche Ende des Hochstaplers. Eine Art Freaks ohne Freaks, ein Thriller mit guten Ideen und Spotlight auf die düstere menschliche Seele. Fein.
#165
Geschrieben 15. August 2004, 03:55
Philippinen 1994 Regie: Peque Gallaga / Lore Reyes
Eine philippinische Superheldin mit großen Brüsten kämpft gegen eine Sekte, die sich mittels Fernsehen und Hypnose die Bevölkerung hörig machen will. Dazu wird heftig in die Old School-Spezialeffektkiste gegriffen, daß es eine Freude ist. Im Mittelteil wird es etwas arg dialoglastig, aber wenn das Mondlicht auf die wogenden Brüste scheint und die Heldin in den Himmel über Manila steigt ergibt das eine wunderbare Mischung aus Exotik und Nostalgie, daß einem warm ums Herz wird.
#166
Geschrieben 15. August 2004, 20:02
USA 1957 Regie: Edward Ludwig
Kein Monster-Klassiker vom Status der vorangegangenen Them! und Tarantula (dessen weiblicher Star Mara Corday auch hier eine Hauptrolle spielt), aber durchaus prickelnd und unterhaltsam. Die Close-Ups der Monster wirken heutzutage etwas cheesy, aber in den Totalen zeigt sich mal wieder die erstaunliche Willis O’Brien-Handarbeit. Der Spannungsaufbau in einem von Vulkanausbruch und Erdbeben verwüsteten mexikanischen Landstrich funktioniert gut, nur ein kleiner Rotzbengel, der ständig auftaucht, um die Lage unnötig zu verkomplizieren, nervt etwas.
#167
Geschrieben 15. August 2004, 20:06
USA 1940 Regie: Boris Ingster
Dieser gemeinhin als erster Film Noir geltende Thriller besticht vor allem durch eine entzückend lange Traumsequenz in seinem Zentrum. Da haben der Art Director Van Nest Polglase (später u.a. für Citizen Kane verantwortlich) und der Licht-und-Schatten-Magier Nicholas Musuraca an der Kamera ganze Arbeit geleistet und so viele visuelle Ideen verarbeitet, die für ein dutzend weiterer Filme gereicht hätten. Zusätzlich gibt es noch Suspense nicht zu knapp, Elisha Cook Jr. als unschuldig Verurteilter und Peter Lorre als psychopathischer Mörder mit Schal-Tick. Viel mehr kann man eigentlich nicht verlangen! Was für ein immens begabter Haufen, der sich in den 40er Jahren bei der RKO versammelt hatte.
#168
Geschrieben 15. August 2004, 20:09
Türkei 1982 Regie: Çetin Inanç
Macht mit Untertiteln in leicht unbeholfenem Englisch noch viel mehr Spaß. Wer die Kostüme in beispielsweise Krieg der Infras oder die Kampf-Choreographie in indonesischen Krachern wie Warrior schon bizarr findet, bekommt hier noch ordentlich einen draufgesetzt. Vor allem die roten Plüschdinger und die Mumien haben es mir sehr angetan. Dazwischen gibt es noch ganze Sequenzen aus anderen Filmen, neben dem offensichtlichen Titelgeber u.a. aus Bert I. Gordons The Magic Sword, und ein Kampftraining, das man einfach gesehen haben muß, um es zu glauben. Ein klarer Kandidat fürs Weltkulturerbe.
#169
Geschrieben 16. August 2004, 01:07
Hong Kong 2002 Regie: Chi-Leung Law
Gekonnt inszenierter Geisterthriller mit einigen melodramatischen Elementen, einem netten Twist und tollen Hauptdarstellern. Etwas zwiespältig das Ende: Werden zunächst die Terrormomente noch intensiver ausgespielt als im bereits beachtlichen Anfang, folgt im Anschluß eine Wendung in selbst für HK-Verhältnisse viel zu dick aufgetragenem Schmalz. Dafür war die Liebesgeschichte, bzw. die Liebesgeschichten zuvor zu fragmentarisch geblieben, als daß einem dieser sentimental aufwimmernde Score am Ende nicht zu übertrieben erscheinen würde. Ansonsten aber ein durchaus sympathischer, keineswegs langweiliger Film. Und definitv ein würdiger Abschluß von Leslie Cheungs leider viel zu kurzer Karriere.
#170
Geschrieben 16. August 2004, 01:13
Spanien 1973 Regie: Eugenio Martín
Als eine englische Touristin auf dem Dach einer Pension in einem spanischen Touristenkaff oben ohne sonnenbadet, reißt einer der beiden katholischen Besitzerinnen des Etablissements der Toleranzfaden und befördert sie unsanft eine Treppe hinunter. Dummerweise fällt sie in ein mit Heiligenbildern bemaltes Fenster, was nicht nur zur Folge hat, daß sie stirbt, sondern daß die Täterin das Ganze auch als Zeichen Gottes interpretiert. “Vor einigen Jahren hätten man so eine schamlose Person noch auf dem Dorfplatz verbrannt.“ Ganz bestimmt sogar. Dummerweise kommt aber ein paar Minuten später die Schwester des Opfers (Judy Geeson, die in den 70ern ganz schön oft gefesselt und geknebelt dem Tod entgang), um sie zu treffen, bzw. zu suchen, bzw. als erster Verdächtigungen gegenüber den Pensionsbesitzerinnen zu äußern. Die beiden religiösen Schwestern haben aber auch noch keine Menopause eingelegt: Während sich Veronica mit dem 20 Jahre jüngeren Gärtner vergnügt, masturbiert Marta munter im nahegelegenen Dornengestrüpp. Indes reißt der Strom von schamlosen Gästen nicht ab und Gott möchte natürlich, daß die alle bestraft werden. Recht so.
Prima 70s-Euro-Thriller mit einem hübschen Treppenhaus und mittlerem Sleaze-Faktor.
#171
Geschrieben 16. August 2004, 04:31
USA 1944 Reige: Lew Landers
Béla bringt den Werwolf mit. Fürchterliches Chaos beim Weltkrieg in London. B-Film-Charme par excellence, dessen Drehbuch trotz offensichtlicher Kompromisse doch noch einige gute Ideen zusteuert. Und überhaupt, Lugosi in seiner letzten ernstzunehmenden Vampir-Rolle. Das ist Geschichte, das.
#172
Geschrieben 16. August 2004, 04:34
USA 1945 Regie: Arch Oboler
Diese originelle Geschichte über eine gespaltene Persönlichkeit muß das zeitgenössische Publikum stark überfordert haben. Obwohl er zwei Jahre zurückgehalten wurde, konnten die Zuschauer auch später wenig damit anfangen. Dabei handelt es sich um ein handwerklich und schauspielerisch hervorragendes Produkt, das vor allem auf auditiver Ebene – der Regisseur war vorher hauptsächlich beim Hörfunk tätig – neue Maßstäbe gesetzt hat. Die Doppelbelichtungen zum Ende hin mögen zwar etwas cheesy erscheinen, ändern aber nix daran, daß es sich hierbei um einen bemerkenswerten Thriller handelt, der die Psychoanalyse in seinen Plot einbezieht – irgendwo zwischen Pabsts Geheimnisse einer Seele und Hitchcocks Spellbound.
#173
Geschrieben 16. August 2004, 04:38
Hong Kong 1980 Regie: Chin Hung Kuei
Auch wenn es möglicherweise eine alte chinesische Legende in einer ähnlichen Richtung gibt, erinnert das erste Drittel des Films doch stark an Les Diaboliques, nimmt dann aber scheinbar eine Wendung ins Übernatürliche. Nun war hier das Potential zu prächtigen unheimlichen Szenen in farbenforhen Shawscope gegeben, statt des leisen Grauens der japanischen Geisterfilme wählte man aber lieber den typischen Gross-Out im Hong Kong-Stil, der zweifellos auch seine Vorteile haben kann. Leider scheint das in der Mitte des Films aber nicht wirklich zusammenzupassen und zu funktionieren, wenn aber später in sinnlich-erotischer Weise die „Hoichi the Earless“-Episode aus Kwaidan zitiert wird, war ich hin und weg ob der inszenatorischen Schönheit. Kein auf dramaturgischer Ebene überzeugender Horrorfilm, aber ein prächtiges Kaleidoskop von suggestiven Bildern mit einem angenehmen Nachgeschmack von Exploitation. Recht bemerkenswert, daß der asiatische Geisterfilm mit Chinese Ghost Story ein paar Jahre später auf stilistisch völlig andere Art und Weise wiederbelebt werden sollte.
#174
Geschrieben 21. August 2004, 00:11
USA 1997 Regie: Richard Donner
Das hätte ein wirklich guter Film werden können, wenn man die Hauptrollen nicht mit Superstars besetzt hätte. So war man gezwungen, ein wirklich übelriechend sentimentales Happy End draufzupappen, um nicht den Unmut der Superstar-Fans auf sich zu ziehen. Geholfen hat es nichts, denn wenn ich die Zahlen auf der imdb richtig interpretiere, war das ganze Wohl ein Flop, der gerade mal die Unkosten eingespielt hat. Woran’s liegt? Keine Ahnung, vielleicht hat das Gros des Publikums von Gibson eine „männlichere“ Rolle erwartet mit mehr Action-Szenen. Ich fühlte mich jedenfalls bis zum Epilog auch beim zweiten Sehen sowohl vom Komödien- als auch vom Thriller-Aspekt der Geschichte bestens unterhalten.
#175
Geschrieben 21. August 2004, 00:17
USA 1945 Regie: Erle C. Kenton
Der letzte ernsthafte Universal-Horrorfilm der klassischen Periode gibt noch mal ordentlich Gas. Nicht nur wurden einige originelle Ideen hineingestopft, es wird auch durch eine Verschiebung der aus den Vorgängern bekannten Figurenkonstellationen ein bemerkenswerter Effekt erreicht. Statt einfach Monsterkonfrontation an Monsterkonfrontation zu reihen, hat sich hier anscheinend tatsächlich mal jemand Gedanken gemacht. In einer frühen Szene sehen wir eine sehr hübsche Dame an einem Labortisch sitzen. Als die Kamera zurückfährt und sie aufsteht, sieht der Zuschauer jedoch, daß sie einen beachtlichen Buckel hat. Dr. Edelmann (ja, der heißt wirklich so) bekam vorher bereits nächtlichen Besuch von einem zwielichtigen Baron, der sich kurze Zeit später als Graf Dracula herausstellt und den ehrenwerten Doktor darum bittet, ihn zu heilen. In Wirklichkeit hat der Arsch es allerdings darauf abgesehen, ein wenig an der nicht-buckligen Sprechstundenhilfe des Doktors herumzusaugen und als Gipfel der Infamie pumpt er sogar etwas von seinen verpesteten Blut in den bewußtlosen Doktor, was zu einer unschönen Persönlichkeitsspaltung des guten Mannes führt. Nachdem er Dracula vernichtet hat (John Carradine sollte erst in den 60ern von William Beaudine und Al Adamson als Dracula reanimiert werden), findet er sich dann plötzlich in der Rolle des Hauptmonsters des Films wieder! Zwischendruch war freilich noch der Wolfsmensch Larry Talbot in der Sprechstunde und in einer Höhle ward Frankensteins Monster entdeckt. Und natürlich gibt es auch wieder aufgebrachte Dorfbewohner, die nach dem – übrigens großartig inszenierten – ersten Mord des wirren Wissenschaftlers mit ihrer Stammtischflennerei aufhören und zur Fackel und zur Mistgabel greifen. Angeführt werden sie von Skelton Knaggs, der zu dieser Zeit die Rollen übernahm, die sonst der viel zu früh verstorbene Dwight Frye gespielt hatte. Während Frye sich allerdings immer einer sehr expressiven Mimik bediente, um schräg und irre auszusehen, gelang das Knaggs aufgrund seiner bizarren Physiognomie automatisch. Ich muß unbedingt noch mehr Filme mit dem sehen!
Aber zurück zum Film: Eine wirklich ordentliche Arbeit, die ruhig länger als eine gute Stunde hätte sein können. OK, Glenn Strange wird mit zu wenig Screentime diskriminiert und ein bißchen leid tut mir auch die Figur der Buckligen, die gegen Ende hin vom wahnsinnigen Edelmann, der gerade noch rechtzeitig vor den Endcredits Frankensteins Monster wiedererweckt hatte, eine Treppe heruntergestoßen und danach nicht mehr erwähnt wird. Dabei war es gerade ihrer Selbstlosigkeit zu verdanken, daß der geheilte Wolfmann am Schluß mit seiner blonden Mieze ins Happy End schlendern kann.
#176
Geschrieben 21. August 2004, 00:23
Italien 1980 Regie: Mario Landi
Bislang immer einen Bogen um den Film gemacht, weil mich Telepathie-Geshichten meistens annerven. Als jedoch ein Freund erwähnte, daß der eine ähnliche Stimmung wie der erfrischend degenerierte Zombi 3 von Andrea Bianchi hat, klang das dann doch interessant. Also rein mit der Laser Paradise-DVD, deren üble Qualität und Aufmachung im Nachhinein durchaus zum Film paßt. Sascha Pitoeff gibt den Mad Scientist, daß es eine Freude ist, die Synchro führt zu dem ein oder anderen Lachkrampf, wobei die Dialoge im Original wahrscheinlich nicht viel besser waren, und die Sleaze-Elemente stapeln sich ins Unermeßliche. That’s Entertainment. Man muß halt gucken, wie man seine handwerkliche Unfähigkeit und die Inhaltsleere seines Produkts mit entscheidenden primitiven Schlüsselreizen überdeckt. Das funktioniert selbst im dominanten prüden Amikino immer noch, wer würde Catwoman gucken, wenn Halle Berry keine Brüste hätte? Während da noch das fadenscheinige Fähnchen der „political correctness“ weht und man nur Andeutungen zu sehen bekommt, ziehen im italienischen Film von 1980 sämtliche DarstellerInnen blank. Das wirkt primitiver, ist aber nur ein gradueller Unterschied. Außerdem sieht Anna Veneziano besser aus als Halle Berry.
#177
Geschrieben 28. August 2004, 14:38
USA 1959 Regie: Edward L. Cahn
Schade. Hätte man den Film nicht mal eben innerhalb einer Woche mit winzigen Budget heruntergekurbelt, hätte das ein richtiger Klassiker werden können. So hat man nur ein Mischmasch aus wirklich originellen inhaltlichen und visuellen Ideen und dreisten inszenatorischen Schlampereien. War man eben noch überraschend gebannt von Spannung und Atmosphäre, muß man im nächsten Moment schon wegen einer naiven Peinlichkeit aufschreien. Interessanterweise verweigert sich der Film dadurch einer Schubladenhaften Rezeption: Er will weder als klassischer Gruselstoff noch als Trash-Gurke funktionieren. Ähnlich ambivalent verhält sich auch das durchaus sehenswerte Finale: Die zum Leben erweckten Toten sind unheimlich, aber alles Männer im mittlerem Alter in sauberen Anzügen. Etwas unglaubwürdig, aber trotzdem unheimlich.
Alles in allem kann man den Film nicht nur wegen dieser Szene irgendwo zwischen It came from outer space und Night of the living dead einordnen, und zwar nicht nur chronologisch, sondern auch formal und inhaltlich. Hätten die Verantwortlichen sich nur mehr Zeit genommen und etwas mehr Mühe gegeben, wäre das Ganze mittlerweile wahrscheinlich nicht so in Vergessenheit geraten.
#178
Geschrieben 31. August 2004, 00:21
GB 1992 Regie: Leslie Manning
Die BBC mal wieder, immer für eine Überraschung gut! Eine live ausgestrahlte Fake-Dokumentation über ein Spukhaus mit bekannten Moderatoren und einer authentischen Hotline, bei der Zuschauer von ihren eigenen paranormalen Erfahrungen berichten konnten. Handwerklich top-notch mit einigen echten Schrecksekunden. Zum Ende hin übertreibt man ein wenig, da fehlte dann doch das Fingerspitzengefühl für apokalyptisches Grauen eines Nigel Kneale. Das erstaunlichste daran ist eigentlich, daß hier bereits das Reality-TV verarscht wurde, bevor es das überhaupt gab. Und Blair Witch Project sowieso. Ursprünglich wollte der Drehbuchautor auch Hochfrequenztöne aussenden, damit an einer besonders dramatischen Stelle plötzlich alle Hunde Englands zu bellen anfingen, aber das war der BBC dann doch zuviel des Guten. Sie haben’s auch nie wiederholt, aber sämtliche spätere Ausstrahlungen verblassen auch im Vergleich dazu, das ganze Halloween 1992 live erlebt zu haben. Trotzdem sehr zu begrüßen, daß der Film mittlerweile auf DVD vorliegt, denn der Spannungaufbau ist vorzüglich und die Liebe zum Detail sehr ausgeprägt.
#179
Geschrieben 31. August 2004, 00:23
Hong Kong 1990 Regie: Dan Pan
Dr. Kwok sammelt Hypophysen, um daraus eine Medizin für seine zwergenwüchsige Tochter zu gewinnen, die so gerne Tänzerin wär. Ein anderer Zwerg besorgt sie ihm, doch man kennt das Problem: An frische Hypophysen heranzukommen, ohne fickende Pärchen zu ermorden, kann schon ganz schön schwierig sein. Es gibt wesentlich geschmacklosere Filme aus Hong Kong (etwa Ebola Syndrome oder Red to kill), aber ich glaub, was billigeres und schäbigeres als den hier hab ich noch nicht gesehen. Das merkt man schon an den Untertiteln, die einem über die etwas unspektakuläre erste Hälfte des Films hinweghelfen, von denen kein einziger in korrektem Englisch verfaßt zu sein scheint. Dann ist der Score wahllos aus anderen Quellen zusammengeklaut worden und wird vollkommen planlos eingesetzt: So ertönt das Thema von „Peter Gunn“, als man einen Irren Renfieldscher Prägung mit einer lebenden Ente aus der Kanalisation locken will, und sogar Das Boot, während der Zwerg sich selbstkasteienderweise in den Oberschenkel schneidet, nachdem er vehement auf ein Sylvester Stallone-Poster eingeschlagen hat. Am Ende gesteht der verstorbene Dr. Kwok auf einem Tonband, daß seine Medizin leider überhaupt keine Wirkung gezeigt hat, und der Giftzwerg erhebt sich blutüberstörmt noch mal kurz, um ein mittlerweile auch totes Vögelchen zu streicheln, das er kurz vor dem Showdown vor einer Katze gerettet hat. Ich warte gespannt auf eine Fortsetzung.
#180
Geschrieben 05. September 2004, 16:19
USA 1999 Regie: David Koepp
Sehr netter Geisterfilm mit einem sympathisch altmodischen Plot. Die Konventionalität des Endes führt dann dazu, daß bei einer zweiten Sichtung die Spannung etwas verloren geht. Trotzdem ist es den Verantworltichen hoch anzurechnen, den Mut zu haben, einen recht unbekannten Roman von 1958 zu verfilmen und das mit einem erstaunlichen Ernst. Handwerklich und darstellerisch überzeugend, hatte man dann allerdings das Problem, kurz nach The Sixth Sense veröffentlicht zu werden und somit ein wenig unterzugehen. Bleibt zu hoffen, daß trotzdem noch weitere Versuche unternommen werden, den ein oder anderen Schatz der älteren Genre-Literatur (und davon gibt es noch einige) zu heben.
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