The Diarrhoea Diary
#871
Geschrieben 12. Dezember 2009, 00:00
Japan 2006 Regie: Shusuke Kaneko
Der sechsjährige Sou ist mit einem sechsten Sinn ausgestattet, der ihn die bösen Taten anderer Menschen vorausahnen und am eigenen Leib erfahren läßt. Nach einem besonders grausamen Mord eines Serienmörders liegt er im Krankenhaus im Koma, kann aber noch via Zwischenwelt über ein defektes rotes Handy mit seiner älteren Schwester kommunizieren, die dem Mörder bald auf die Schliche kommt...
Für absonderliche Ideen, die zu vehementem Kopfkratzen führen, sind die Japaner doch immer wieder gut. Hier haben wir Hauptfiguren und einen Plot, der wie aus einem Kinderbuch entlehnt scheint ("Nehme den gelben Zug nach Westen, dort findest du ein blaues Mädchen mit einem blauem Handy, dies führt dich zu dem weißen Haus des Mörders!"), aber mit ziemlich derben, wenn auch zuweilen etwas billigen, Splatterszenen kontrastiert wird. Das ist möglicherweise eine bereits in der Manga-Vorlage von Kazuo Umezz bewußt angelegte Meta-Struktur, da auch der Killer seiner kleinen Tochter gerne blutige Märchen-Bilderbücher malt, aber auf beiden Ebenen so dermaßen überzogen, daß ich bei der Sichtung doch ernsthafte Zweifel hatte, ob die das tatsächlich alles ernst meinen. In seiner Disparatheit taugt das Ganze als Horrorfilm nicht wirklich, aber für Freunde von wunderlichen Genre-Ausreißern ist der Film schon einen Blick wert.
#872
Geschrieben 15. Dezember 2009, 00:00
USA 1957 Regie: Walter Grauman
Tonda will gerade mittels Woodoo-Puppe ihren Mediziner-Gatten gen Jenseits befördern, da taucht im Dschungel ein Filmteam auf, das einen Verletzten behandeln lassen will. Es dauert aber nicht lange, da hat sie einen neuen Plan, wie sie die Situation zu ihrem Vorteil wenden kann...
Recht mediokres Woodoo-Vehikel mit nicht besonders viel Zombie-Action, das alleine durch die Anwesenheit der betörenden Allison Hayes punkten kann. Mit der würde ich auch mal gern alleine im Dschungel landen! Die war im selben Jahr auch in Zombies of Mora Tau, der wesentlich kurzweiliger daherkam - und das will schon was heißen.
#873
Geschrieben 18. Dezember 2009, 00:00
GB 2005 Regie: Nicholas Laughland
Nach ihrer Ausbildung in der großen Stadt kehrt Fancy Day (wasn Name!) ins kleine Nest Mellstock zurück, um ihren kranken Vater zu pflegen und an der Schule zu unterrichten. Bereits in ihrer ersten Nacht im Dorf, dem Weihnachtsabend, verlieben sich gleich drei Männer in sie und wollen sie kurze Zeit später heiraten...
Wo in den letzten Tagen doch die ersten Schneeflocken fielen, dachte ich mir, könnte ich mal mit dem diesjährigen Weihnachtsprogramm anfangen, schließlich hatte ich zu diesem Zweck schon so einiges an britischen Literaturverfilmungen und anderem passenden Zeug zusammengesammelt, das ich ohnehin nicht alles an den Feiertagen selbst kucken kann. "Under the Greenwood Tree" ist wohl einer von Thomas Hardys bestgelaunten Texten, von der bitteren Gesellschaftskritik und den schweren Schicksalsschlägen etwa eines Jude oder Withered Arm ist hier nur wenig zu spüren. Stattdessen gibt es eine Liebesgeschichte mit ein paar Tiefschlägen und Wirrungen, bei denen aber nur die schlußendlich leer ausgehenden Nebenbuhler wirklich verletzt werden, und ansonsten viel gesoffen und gelacht wird und werden kann. Von den Darstellern kannte ich bis auf Steve Pemberton von der League of Gentlemen niemand, die sind aber alle solide und die Insel Jersey als Drehort trägt auch hervorragend zur Stimmung bei.
#874
Geschrieben 19. Dezember 2009, 00:00
Japan 1999 Regie: Yasuo Furuhata
Otomatsu Sato ist Stationsvorsteher des Bahnhofs eines kleines Städtchens in den Bergen von Hokkaido. Seitdem dort die Zeche geschlossen wurde, stirbt der Ort langsam aus, auch die Bahnlinie wird kaum noch frequentiert und soll aus wirtschafltichen Gründen stillgelegt werden. Oto ist aber Eisenbahner durch und durch und will sich mit einem anderen Job nicht anfreunden. Er läßt sein Leben Revue passieren, vor allem die wichtigen Momente, die er aus Pflichtbewußtsein dem Job opferte: Weder beim Tod seiner Tochter im Säuglingsalter noch bei dem seiner Frau war er anwesend, da er auf dem stets schneebedeckten Bahnsteig stand. Eines Tages bekommt er jedoch überraschenden Besuch...
Mehr Schnee draußen, mehr Schnee auf der Mattscheibe. Wunderschöner, trauriger Film, bei dem man sich auf jeden Fall ein Paket Taschentücher bereithalten sollte. Neben Ken Takakura in der Hauptrolle und zahlreichen liebenswerten Nebenfiguren bleibt vor allem die überwältigende Landschaft im Gedächtnis, kann man schon verstehen, wenn man da nicht weg will, auch wenn irgendwie tote Hose ist und kalt. Aber dafür wird immerhin das Herz erwärmt.
#875
Geschrieben 20. Dezember 2009, 00:00
Japan 1968 Regie: Tokuzo Tanaka
Auf der Suche nach einem Baum, der das perfekte Holz für eine Statue im Tempel bietet, gerät der junge Yosaku mit seinem Meister in einen Schneesturm. Sie übernachten in einer Hütte, bekommen dort aber nächtens Besuch von einer geisterhaften weißen Frau, die dem alten Meister das Leben nimmt und seinen jungen Lehrling nur unter der Bedingung am Leben läßt, daß er niemandem von dieser Begegnung erzählt. Nach langer Krankheit genest Yosaku und soll die Statue anstelle seines Meisters vollenden. Da stellt sich während eines heftigen Gewitters ein schönes junges Mädchen namens Yuki in seiner Hütte unter, in das er sich verliebt und die er auch bald heiratet...
Schneefilm zum dritten, heute scheint’s hier wieder wegzutauen. Tanakas Version der Geschichte ist nicht ganz so artifiziell-durchkomponiert wie Kobayashis Variante in dessen wunderschönem Kwaidan, bietet aber vor allem während der Auftritte der Schneefrau auch sehr prächtige Bilder. Zugunsten der Spielfilmlänge wurde noch ein Subplot um einen grausamen Verwalter eingefügt, der Yosaku die Vollendung der Statue schwer macht, vor allem weil er seiner betörend schönen Frau an die Wäsche will. Das ist keine besonders gesundheitsfördernde Idee! Auch wenn der Film ein wenig im Schatten der früheren Version steht und der männliche Hauptdarsteller nicht ganz so empathisch-traurig blickt wie Tatsuya Nakadai, ist diese Adaption für Freunde von derlei Stoff doch sehr zu empfehlen. Shiho Fujimura finde ich in der Rolle der Schneefrau sogar noch etwas faszinierender und ich stelle gerade verblüfft fest, daß sie jüngst auch in Barbet Schroeders Inju eine Rolle hatte.
#876
Geschrieben 21. Dezember 2009, 00:00
Kolumbien/Venezuela 1985 Regie: Jairo Pinilla
"There’s something very strange about all this!" Meta-Dialogzeile
Laura ist Studentin der Medizin und das Kind wohlhabender Eltern. Nachdem ihre Mutter von Einbrechern ermordet wird und die Polizei, was die Täter betrifft, hilflos im Dunkeln tappt, entschließt sie sich zu einer naheliegenden Entscheidung: Da einer ihrer Kommilitonen der festen Überzeugung ist, Tote wiederbeleben zu können, läßt sie sich mit Kohlendioxid vergiften, um im Jenseits ihre Mutter nach der Identität des Mörders zu fragen...
Die bislang von mir gesichteten kolumbianischen Horrorfilme Pura Sangre und Carne de tu carne waren ja verdammt gut, wobei sich die Frage stellt, ob es sich wirklich um Horrorfilme handelt oder nicht eher um politische Parabeln, die nur Motive des Genres aufgreifen. Diese Frage stellt sich hier nicht, denn Extraña Regresión kommt gänzlich ohne Subtext daher und will wohl tatsächlich nur Genrefilm sein. Mir lag nur eine relativ schludrige englische Synchronisation des Films vor, aber abgesehen davon scheint man sich auch sonst nicht viel Mühe gegeben zu haben, so exaltiert und unglaubwürdig hier der ein oder andere Darsteller herüberkommt. Wirklich talentierte Leute scheinen hier nicht am Werk gewesen zu sein, aber ich muß schon eingestehen, daß der wunderliche Plot dafür sorgte, daß ich die meiste Zeit keine Ahnung hatte, wo die Reise schlußendlich hingeht. Dafür gibt es auf jeden Fall Bonuspunkte, und die unfreiwillig komischen Szenen, in denen eher wunderliche Realitäts-Konzepte für bare Münze genommen werden, können auch für ein erstauntes Grinsen sorgen. In Sachen Montage und zusammengeklauten, meist hilflos übertriebenem Score ein überaus schlampiges Produkt, das aber durch seine Abseitigkeit durchaus zu unterhalten vermag.
#877
Geschrieben 23. Dezember 2009, 00:01
Sowjetunion 1988 Regie: Suren Babayan
Ein Inspektor wird damit beauftragt, den einzigen Überlebenden einer Mars-Expedition zu verhören, um Details über den genauen Verlauf der Geschehnisse in Erfahrung zu bringen. Der Befragte sitzt allerdings bereits in einer Anstalt für Geisteskranke, scheint doch weder sein Verhalten, noch die Dinge, die er erzählt, auf den ersten Blick irgendeinen Sinn zu ergeben...
Ein Jahr nach Veld folgte eine weitere Ray Bradbury-Verfilmung aus der UdSSR, die sich wie der Vorgänger weniger um eine Zurschaustellung der phantastischen Elemente der literarischen Vorlage (hier mehrere Erzählungen aus den "Mars-Chroniken") kümmerte als vielmehr um deren existentialistisch-philosophische Implikationen. Leider hat man diese aber noch mehr als im Vorgängerfilm in den Vordergrund gestellt, so daß der Film bei einigen langen Monologen schon ziemlich zäh daherkommt. Beeindruckend aber die an Wojciech Has erinnernde düstere Ausleuchtung des Sanatoriums voller dunklen Flecken und die Szenen in der "leeren Stadt", die man wohl kaum besser hätte inszenieren können. Mich würde ja mal interessieren, ob Bradbury selbst die russischen Adaptionen seiner Stoffe mal gesehen hat. Vergleicht man diese tristen Filme mit einigen seiner zahlreichen all-american-feelgood-Kindheitsgeschichten, ist es beinah unmöglich, dort noch irgendwelche Gemeinsamkeiten auszumachen, es sei denn man bricht es alles herunter auf das Wesen der menschlichen Natur.
#878
Geschrieben 26. Dezember 2009, 00:02
GB 2009 Regie: Tom Green / Tom Harper / China Moo-Young Written by: Howard Overman
Eine Gruppe Kleinkrimineller wird zu gemeinnütziger Arbeit verdonnert. Weder haben sie dazu besonders große Lust, noch können sie sich besonders gut leiden, bestehen sie doch aus sehr unterschiedlichen Typen, denen nur das Versagen in der Gesellschaft gemeinsam ist. Ein seltsamer Sturm, der sie beim Bänke streichen überrascht, sorgt jedoch dafür, daß einige von ihnen plötzlich mit verschiedenen übernatürlichen Kräften ausgestattet sind. Dies und der Umstand, daß sie gemeinsam in Notwehr ihren Bewährungshelfer töten und dessen Leiche verscharren, schweißt die Gruppe zusammen, die bald bemerken, daß sie nicht die einzigen sind, die der Sturm auf merkwürdige Art und Weise verändert hat...
Was wie eine Mischung aus SF und Comedy oder Parodie auf Formate wie "Heroes" beginnt, bekommt schon recht bald einen eigenen Drive und wird verblüffend unvorhersehbar. Sowohl bizarre Ideen aus zahlreichen anderen Genres wie auch extrem tragische Momente werden hineingeworfen, und die Figuren, die zunächst noch recht klischeebeladen scheinen, entwickeln auch immer mehr eigenständigen Charakter. Mein Favorit ist der an Ian Curtis erinnernde Simon (dessen einsame nächtliche Chat-Sitzung vor dem Rechner passenderweise mit "Atmosphere" unterlegt wurde), und selbst der in der ersten Episode noch extrem nervende Dummschwätzer Nathan wird im Verlauf der weiteren Episoden durchaus sympathisch. Absolut grandios ist das Ende geraten, das nicht nur als Abschluß der Serie funktioniert, sondern auch noch Möglichkeiten zur Fortführung offen läßt. (Auch ist es sehr witzig!) Nach dem Erfolg auf der Insel wird da wohl nächstes Jahr eine zweite Staffel kommen, die ich mir dann auch einverleiben werde.
#879
Geschrieben 27. Dezember 2009, 00:03
Thailand 2009 Regie: Banjong Pisanthanakun/Parkpoom Wongpoom/Paween Purikitpanya/Visute Poolvoralaks/Songyos Sugmakanan
Da Phobia scheinbar ziemlich gut ankam, wurde noch ein zweiter Teil produziert, diesmal sogar mit einer Episode mehr. Episode 1 erzählt von einem Jugendlichen, der gegen seinen Willen in ein Kloster verfrachtet wird und im umliegenden Wald einige unheimliche Entdeckungen macht. Hat in der Tat einige vortreffliche Gänsehautmomente, kaut in der Auflösung aber leider nur Altbekanntes wieder, das hier auch noch ziemlich weit hergeholt erscheint. In der zweiten Episode haben wir ebenfalls einen jugendlichen Rabauken, der diesmal im Krankenhaus landet und sich etwas unwohl fühlt mit einem sterbenden Abt im selben Zimmer. Old School-Horrorgeschichte in der Tradition der EC-Comics, die ich, so sehr ich es sonst auch altmodisch mag, nicht sehr prickelnd fand. Die dritte Episode hat ein japanisches Touristenpärchen, die beim Trampen in einem zwielichtigen Lastwagen landen, aus dessem Laderaum bald merkwürdige Geräusche dringen. Hier zeigt sich zunächst echtes Potential beim Anschnitt von ungemütlichen Themen aus der dritten Welt, die man im Horrorfilm normalerweise nicht so oft zu sehen bekommt – leider nimmt das Ganze dann aber doch eine eher konventionelle Wendung. #4 erzählt von einer Gebrauchtwagenverkäuferin, die hauptsächlich Nobelkarossen an wohlhabende Kunden verhökert – die meisten davon allerdings wieder hergerichtete Unfallfahrzeuge, was sie den Käufern freilich verschweigt. Die in den Fahrzeugen Verstorbenen schweigen allerdings nicht. Wenn auch hier die ein oder andere Konvention bedient wird, handelt es sich doch um eine der besten Episoden mit einigen originellen Ideen. Die letzte Episode macht den meisten Spaß und reanimiert die Besetzung aus der "lustigen" Episode des Vorgängers, die hier Teile eines Filmteams sind und einen Horrorfilm drehen. Die Darstellerin des Geistes hustet aber übel und muß ins Krankenhaus – doch plötzlich ist sie wieder am Set! Für Film-im-Film-Geschichten haben die Thailänder in letzter Zeit wohl auch ein Faible, siehe auch Coming Soon oder The Victim. Hier gibt es dann auch wieder zahlreiche amüsante In-Jokes.
Der zweite Teil des Thai-Omnibus hat ein wenig die selben Schwächen wie der erste: Hier sind teilweise wirklich originelle Ideen zu finden, diese tauchen aber oft nur am Rande auf, während sich meist auf bekannte Konventionen zurückgezogen wird, obwohl gerade das Episodenfilm-Format die Möglichkeit gibt, hier und da mal in unbekannte Regionen vorzustoßen. Andererseits kann man dem Film keine Langeweile vorwerfen, denn unterhalten kann er schon ganz gut. Was die Herren Wongpoom und Pisanthanakun betrifft, könnten die aber ruhig mal wieder einen Langfilm machen, finde ich.
#880
Geschrieben 28. Dezember 2009, 00:04
Japan 1975 Regie: Hiroshi Mukai
Nachdem Kumi von ihrem Freund, einem Boxer, verlassen wird, heiratet sie Hideo, den Sohn eines erfolgreichen Geschäftsmannes. Ein schwerwiegender Fehler – nicht nur streicht der dominante Schwiegervater die Hochzeitsreise, weil sein Sohn Geschäfte in Okinawa erledigen soll, er beobachtet das Ehepaar via Video und schon bald soll Kumi ihm selbst sexuell zur Verfügung stehen. Als sich diese weigert, besticht er ein paar Wissenschaftler, die ihre Klitoris in den Rachen verpflanzen sollen. Die Schwiegertochter kann nun nicht mehr sprechen und ist von der Operation verständlicherweise alles andere als begeistert, also muß sie gefesselt werden, und damit sie beim Oralverkehr nicht beißt, wird ihr der Unterkiefer ausgerenkt...
Ach du lieber Himmel! Auch was das Kopieren amerikanischer Erfolgsfilme betrifft, gehen die Japaner schon sehr eigene Wege. Was die Sexszenen betrifft, handelt es hier nicht um einen Hardcore-Film, aber wie mit der armen Kumi umgesprungen wird, ist schon äußerst hart. Glücklicherweise bekommt sie nachher Gelegenheit, blutige Rache für ihren Rachen zu nehmen und auf geschickte Art und Weise die Firma ihres Peinigers zu übernehmen. Ziemlich unglaublich bleibt das alles trotzdem, auch wegen der lakonischen Selbstverständlichkeit, in der hier wirklich unerhörte Dinge geschehen. Auch erstaunlich, daß der Film es damals sogar zu einer deutschen Fassung gebracht hat: "Die erotische Filmsensation aus Japan!" prangt auf dem Cover der mittlerweile sehr raren VHS, "Ein Geheimtip für erotische Genießer", verspricht der Klappentext. Na dann, Mahlzeit.
#881
Geschrieben 29. Dezember 2009, 00:05
USA 1978 Regie: Curtis Harrington
Es ist ein bemerkenswerter Zufall, daß kurz nach dem Tode des geliebten Hundes der kleinen Bonnie ein Eisverkäufer des Weges kommt mit einem ganzen Wurf niedlicher Schäferhundwelpen. Doch war dies wirklich ein Zufall? Seit der Ankunft des neuen Wauwaus verändert sich so einiges in der Familie Barry: Das katholische Latina-Hausmädchen stirbt einen seltsamen Tod, die Kinder verhalten sich asozial in der Schule und auch Mutti verändert sich. Dem Hausherrn bleibt nichts anderes übrig, als bei einem Schamanen in Kolumbien um Rat zu fragen, da sonst niemand an die Bösartigkeit des Tieres glauben mag...
Bei der ausufernden Zeugungsszene zu Beginn des Films fragt man sich ja schon, was soll das ganze Brimborium, wenn man schon die Dämonen beschwört, kann man auch gleich alles Mögliche zeugen. Auch schade, daß Martine Beswick nur in diesen Szenen auftaucht und später nicht mehr, dafür immerhin Ken "Cliff Barnes" Kercheval, aber auch der ist als besorgter Klassenlehrer recht bald beseitigt. So streift der Film des öfteren das Gebiet der Lächerlichkeit (vor allem wenn der treu blickende Hund durch dämonische Musik bedrohlich gemacht werden soll), legt aber immerhin ein brauchbares Tempo vor, so daß keine Langeweile aufkommt und man als Zuschauer keineswegs hundemüde wird.
#882
Geschrieben 30. Dezember 2009, 00:06
Argentinien 1975 Regie: Leonardo Favio
Es warnt eine Hexe über eine Doppelbelichtung von Berg und Himmel herab, daß der Vater die Geburt eines siebten Sohnes verhindern soll, denn dieser sei verflucht, ein Werwolf zu werden. Der Vater ertrinkt aber zur gleichen Zeit mit den anderen Kindern und auch Gebete nach einem Mädchen werden nicht erhört: Ein Junge wird geboren und zur Sicherheit wird ihm der Name Nazareno Cruz gegeben. Der Junge entwickelt sich zu einem gar prächtigen Burschen, hübsch, fleissig, stark und bei Vollmond auch nicht anders als die anderen. Er verliebt sich in die schöne Griselda, da taucht ein Fremder im Städtchen auf und warnt ihn, jetzt, da die Liebe sein Blut in Wallung gebracht hat, würde auch sein Dasein als Wolf beginnen. Noch hätte er aber noch die Möglichkeit, sich gegen die Liebe zu entscheiden, zur Belohnung bekäme er dafür auch noch Unmengen von Gold. Der gescheite Nazareno merkt schnell, wer es ist, der ihm dieses Angebot macht und lehnt dankend ab. Sein Schicksal scheint damit besiegelt...
Einer der erfolgreichsten Filme in Argentinien basiert auf einer Radioserie und erinnert trotz des Werwolfs-Sujets weniger an einen Horrorfilm als an eine in opulenten Bildern umgesetzte Volkssage. Vor allem der Himmel über der Pampas wird in einigen prächtigen Totalen eingefangen, dann gibt es aber auch noch eine eindrucksvolle Unterwasser-Sex-Szene sowie den Abstieg in eine von Hieronymus Bosch-Gemälden inspirierte Unterwelt. Dies, sowie der häufige Einsatz von SloMo und Filtern bei den Nachtszenen machen den Film alles andere als realistisch, aber das will er auch gar nicht sein. Schon alles äußerst schön anzusehen, und neben den Hauptdarstellern können auch die vielen markanten Gesichter unter den Dorfbewohnern überzeugen. Ein Problem bei einer Sichtung in der heutigen Zeit dürfte allerdings die Verwendung des Instrumental-Hits "Soleado" (hierzulande eher bekannt in der Version "Tränen lügen nicht") während zwei zentraler Szenen sein.
#883
Geschrieben 31. Dezember 2009, 00:07
GB/Kanada 2009 Regie: Nick Copus
Die Menschheit sieht einer rosigen Zukunft entgegen, als man das Öl der Triffid-Pflanze als alternative, umweltfreundliche und kostengünstige Energie entdeckt hat. Überall auf der Welt gibt es seitdem Triffid-Farmen, was die Menschheit aber nicht weiß, ist, daß sich die Pflanzen von Fleisch ernähren und bewegen können. Auch ist man ignorant gegenüber der Tatsache, daß der bevorstehende Sonnensturm zwar ein tolles visuelles Spektakel sein wird, aber die Folge nach sich zieht, daß der Großteil der Menschheit erblindet. Die Welt versinkt in Chaos und Anarchie, während der Triffid-Forscher Bill zusammen mit der Moderatorin Jo nach einem Mittel sucht, die Pflanzen aufzuhalten. Dies wird aber unter anderem durch das von anderen Sehenden errichtete Militär-Regime erschwert...
War nur eine Frage der Zeit, bis John Wyndhams SF-Klassiker die nächste filmische Adaption erfährt, und immerhin kann man froh sein, daß sich die Engländer mit einem aufwendigen zweiteiligen Fernsehfilm dran gemacht haben. Dieser nimmst sich einige Freiheiten gegenüber der Vorlage heraus, was an sich ja auch legitim ist, aber vor allem in Sachen bedrohlicher Atmosphäre an die Version von 1981 nicht herankommt. Die Effekte und die Darsteller sind aber allesamt brauchbar und so kuckt sich das Ganze schon ganz gut weg, auch wenn man das ein oder andere Klischee ruhig hätte weglassen können. Die Kindheits-Flashbacks des Protagonisten sind zwar wichtig für den Plot, kommen aber eindeutig zu oft und sind arg konventionell inszeniert.
#884
Geschrieben 02. Januar 2010, 00:06
Spanien/Frankreich 1994 Regie: Bigas Luna
Der neunjährige Tete ist neidisch auf seinen neu geborenen Bruder, weil er an die Brust der Mutter darf. Tete beschließt, sich selbst eine Brust zu suchen und findet diese an der hübschen Tänzerin Estrellita. Er ist aber nicht der einzige, der es auf sie abgesehen hat, außerdem ist sie mit dem französischen Furzkünstler Maurice liiert...
Amüsant-absurdes Fetischkino mit zahlreichen bizarren Ideen und viel gesunder Milch. Mathilda May ist hinreissend, es stellt sich aber die Frage, warum ihre Brustwarzen hier eine viel dunklere Färbung haben als in Lifeforce. Diesem filmhistorisch entscheidenden Umstand werde ich weiter nachgehen müssen.
#885
Geschrieben 03. Januar 2010, 00:05
Südkorea 2009 Regie: Bong Joon-Ho
Als ein Schulmädchen ermordet aufgefunden wird, verdächtigt die Polizei den zurückgebliebenen Do-Joon, der nach einem Verhör sogar ein Geständnis unterschreibt. Dessen Mutter ist aber vollkommen von seiner Unschuld überzeugt und setzt alle Hebel in Bewegung, um den wirklichen Mörder zu fassen. Dabei deckt sie einige überraschende Zusammenhänge auf...
Elegisches Krimi-Drama, das vor allem in der zweiten Hälfte gehörig Fahrt aufnimmt. Man ist zwar auf die üblichen Wendungen vorbereitet, aber diese sind teilweise wirklich gelungen. Nicht so überzeugend wie Memories of Murder, aber durchaus einen Blick wert, wenn man das Genre mag und die überempathische Inszenierung Marke Korea verknusen kann.
#886
Geschrieben 05. Januar 2010, 00:04
Chile/USA 1945/1946/1964 Regie: Carlos Schlieper / Carlos Hugo Christensen / Jerry Warren
Während ein Maler ein pittoreskes leerstehendes Haus als Motiv gewählt hat, begegnet ihm ein alter Mann, der ihm die Geschichte des Gebäudes erzählt: Alle, die dort wohnten, hatten mit Tragödien zu kämpfen. Da ist zunächst der junge Ehemann, der aufgrund seiner Spielschulden einem bizarren Club beitritt, der auch vor Mord nicht zurückschreckt. Die zweite Episode erzählt die Geschichte zweier Brüder, die das selbe Mädchen lieben und sich bald einander nach dem Leben trachten...
Jerry Warren hat schon wieder geschnibbelt, anders als bei Face of the Screaming Werewolf waren sein Ausgangsmaterial diesmal keine mexikanischen Horrorfilme, sondern chilenische Melodramen aus den 40ern, ihrerseits wiederum Literaturverfilmungen nach Sudermann und Stevenson und durchaus stilvoll. Glücklicherweise hält sich Warren hier mit dialoglastigen selbstgedrehten Szenen halbwegs zurück, diese treten nur in der zweiten Episode auf, wirken aber auch hier auf den geneigten Zuschauer stark verwarren, äh, verworren. Highlight auf jeden Fall die Stelle, in der John Carradine an einem Tisch sitzt und genüßlich ein großes Bier trinkt, dann aber sein Antlitz verdeckt, um nicht von dem Chilenen, der nach dem nächsten Schnitt eine Kneipe betritt (deren Tische freilich nicht die geringste Ähnlichkeit aufweisen) gesehen zu werden. Glaubt man dieser bemerkenswert ausführlichen Analyse, so sind die Szenen in der Rahmenhandlung mit der steinernen Hand auch von Warren selbst, und die sehen eigentlich gar nicht mal so schlecht aus. Geht doch!
#887
Geschrieben 07. Januar 2010, 00:03
Australien 1977 Regie: Ken Hannam
Simon tritt in einem entlegenen Städtchen eine neue Stelle als Lehrer an, es sieht nach einer gemütlichen Arbeit aus, doch eins der Kinder ist anders als die anderen: Die kleine Sally lebt mit ihrer hübschen Mutter auf einer kleinen Insel, die normalerweise niemand sonst betreten darf...
Auch wenn die Ausgangssituation an Wake in Fright erinnert, haben wir es hier mit einem ziemlich anderen Film zu tun. Es wird sich viel Zeit genommen für Bilder der Landschaft in der flirrenden Hitze und zunächst schaut man dem auch gerne zu. Als dann aber die Auflösung kommt und es tatsächlich diejenige ist, die man schon vorher vier Meilen gegen den Wind gerochen hat, kommt man sich ein wenig verarscht vor. Das Ende kann zwar in seiner sehr drastischen Ausführung noch ziemlich überraschen, aber schlußendlich war ich doch enttäuscht, daß ein Film, der so hübsch und mit viel Potenzial angefangen hat, im letzten Drittel dann doch im Leerlauf versickert. Schade drum.
#888
Geschrieben 09. Januar 2010, 00:03
Spanien 1980 Regie: Tomás Aznar
"Terror ist unser Leben, uns stoppt nur der Tod." (VHS-Cover)
Eine skrupellose Bande von jungen Menschen mit Motorrädern versucht sich so sehr wie möglich zu bereichern, Menschenleben gelten ihnen nicht viel. Nach einem Banküberfall nehmen sie ein Paar als Geisel und verschanzen sich während der Flucht im einsamen Haus einer alten Dame, die dort alleine mit einem Knaben wohnt. Dort wird ihnen aber bald langweilig, also schlagen sie die Oma zusammen und zünden die Hütte an. Dies soll sich als weniger gute Idee herausstellen, war die gute Frau doch eine Hexe und die werden nunmal nicht gerne angezündet und kommen des öfteren aus dem Totenreich zurück...
Das ist mal eine dufte Mischung: Asozialste Verbrecher, übernatürliches Grauen, Sleaze und Gekröse in einem Film! Dramaturgisch gesehen geht dem Werk zwischendrin zwar schon mal die Puste aus (den Darstellern auch), ist aber nicht weiter schlimm. Habe zudem auch leider nicht die deutsche Synchronisation sehen können, die vermutlich für noch einiges an zusätzlicher Kurzweil sorgt, wenn dort eine vergleichbare Poesie am Werke ist wie der oben zitierte Spruch auf der Hülle.
#889
Geschrieben 10. Januar 2010, 00:02
GB 1993 Regie: Colin Cant
Zusammen mit ihren Eltern zieht der Teenager Tess von London in die kleine Ortschaft Century Falls. Erst einmal von der neuen Umgebung fasziniert, stellt sie bald fest, daß hier so einiges nicht stimmt: Zum Beispiel sind hier seit 40 Jahren keine Kinder mehr geboren wurden, überhaupt scheint seit damals, als ein Tempel abgebrannt ist, einiges im Argen zu sein. Wieso überhaupt Tempel? Eine Kirche gibt es auch weit und breit nicht. Dann lernt sie auch noch den telepathisch begabten Ben kennen...
Für die Jugend konzipierte Miniserie, die schon ein paar brauchbare unheimliche Momente liefert. Vor allem der Drehort, ein nur aus alten Steinhäusern bestehendes Dörflein, ist sehr hübsch. Außergewöhnlich auch die Idee, ein übergewichtiges Mädchen zur Hauptfigur zu machen. Nur mit dem ganzen Telepathie-Kram hätte man etwas sparsamer umgehen können, der nervt manchmal ein wenig. Wer Appetit auf eine harmlosere Wicker Man-Variante mit übernatürlichen Elementen hat und englische Landschaften mag, kann sich das aber durchaus mal antun.
#890
Geschrieben 14. Januar 2010, 00:01
USA 1946 Regie: Archie Mayo
Der ziemlich rabiate, aber auch recht naive Gangster Eddie wird nach vier Jahren aus dem Kahn entlassen und von seinem Kumpanen Smiley abgeholt. Letzterer zieht es vor, das zusammen erwirtschaftete Geld für sich zu behalten und pumpt Eddie mit Kugeln voll. Dieser findet sich an einem seltsamen Ort wieder, wo es nach faulen Eiern riecht und jede Menge merkwürdige Leute herumlaufen. Der Obermacker dort schlägt ihm einen Deal vor: Er bekommt die Gelegenheit, mit Smiley abzurechnen, wenn er den Körper eines ehrenwerten Richters in Beschlag nimmt, der mit seinen Jugendcamps dafür gesorgt hat, daß die Jugendkriminalität stark abnimmt und der Obermacker von unten kaum noch Kundschaft abbekommt...
Güldenes Kino aus der alten Zeit voller Witz und Charme. Die Höllensequenzen hätte ich mir zwar etwas ausführlicher gewünscht, aber der Teil auf der Erdoberfläche kann auch durchaus unterhalten und ist mit Paul Muni, Anne Baxter und Claude Rains fein besetzt. Vor allem letzterer verdreht als Fürst der Finsternis allerliebst die Augen, wenn seine bösen Pläne aufgrund von Zufällen und/oder der Naivität von Eddie ins genaue Gegenteil verkehrt werden. Um den Film sehen zu können, ist übrigens kein Pakt mit dem Teufel notwendig, ein Klick auf archive.org genügt auch.
#891
Geschrieben 17. Januar 2010, 00:00
Südkorea 2009 Regie: Yong-Joo Lee
Da ihre kleine Schwester verschwunden ist, kehrt Hee-jin aus Seoul in ihre Heimatstadt zurück. Dort gerät sie direkt wieder mit ihrer Mutter aneinander, die zur Hardcore-Katholikin geworden ist und meint, mit Beten würde alles wieder gut. Die Polizei bemüht sich auch nicht sonderlich, das kleine Mädchen wiederzufinden, selbst dann nicht, als im selben Haus mehrere bizarre Selbstmorde stattfinden...
Auch wenn hier bei manchen Szenen die übliche Schock-Inszenierung Marke J-Horror verwendet wird, ist der Film doch trotz seines generischen englischen Titels größtenteils recht originell und kaut keineswegs altbekanntes herunter. Da die Geschichte recht bald einen eigenen Verlauf nimmt, bleibt das Ganze auch bis zur Auflösung spannend und unvorhersehbar. Den Schlußgag hätte man sich sparen können, versaut aber auch nicht den Rest des Films.
#892
Geschrieben 18. Januar 2010, 00:00
Finnland/Tschechische Republik 2008 Regie: Antti-Jussi Annila
Am Ende des russisch-schwedischen Krieges im 16. Jahrhundert werden Abgesandte von beiden Seiten in unwirtliches Gebiet entsandt, um dort die neuen Grenzlinien zu ziehen. Auf schwedischer Seite sind dies zwei ungleiche Brüder, deren Streitigkeiten aber erst einmal Einhalt geboten wird, als sie in der Wildnis auf ein bewohntes Dorf stoßen, das bislang auf keiner Karte verzeichnet ist und dessen Einwohner relativ außergewöhnlich sind...
Ich freu mich ja immer über noch nicht ausgelutschte Settings, und die hat dieser Film sowohl zeitlich als auch geographisch zu bieten. Zudem ist er recht ansprechend fotografiert und die Geschichte greift zwar bekannte Versatzstücke auf, bleibt aber durchaus rätselhaft und spannend. Zum Ende hin wird es mir ein bißchen zu mystisch-metaphysisch, kann ich aber noch mit leben.
#893
Geschrieben 19. Januar 2010, 00:00
Belgien 2005 Regie: Olivier Smolders
Oscar präpariert Insekten für ein Museum, das sein Vater gegründet hat. Er wird verfolgt von Alpträumen und Schuldgefühlen, da er meint, für den Tod seiner Schwester verantwortlich zu sein. Die Welt, in der er lebt, ist aber eigentlich schon bizarr genug, da braucht es nicht noch extra Alpträume. So gibt es zum Beispiel nur 15 Sekunden am Tag Tageslicht...
Durchkomponierte dunkle Bilder am Stück, so sieht dann wohl heutzutage ein Traum in Spielfilmlänge aus. Die Insekten-Close-Ups sind vielleicht ein wenig ermüdend, ansonsten gibt es hier aber schon einige tolle Einstellungen. Die Figuren und Situationen erinnern an Kafka, greifen aber auch das Thema des belgischen Kolonialismus auf. Wenn man in einer geduldigen Stimmung ist, ist der Film schon ein feiner Trip.
#894
Geschrieben 20. Januar 2010, 00:00
Japan 1999 Regie: Kiyoshi Kurosawa
Haru stromert Tag und Nacht durch die Gegend, ab und zu nimmt er mit seinem Mitbewohner zusammen auch mal ein Musikstück auf. Michi arbeitet im Postamt und stempelt monoton Pakete ab. Ähnlich monoton läuft auch die Beziehung der beiden ab: Man kocht zusammen, streicht die Wohnung, geht zu McDonalds, spielt Ball im Park, es gibt aber keine wirkliche Nähe und man redet nur das Nötigste. Mehrfach will Michi Haru, die Stadt und ihren Job verlassen, doch jeder Versuch scheitert aus unterschiedlichen Gründen...
Wie später Tokyo Sonata spielt der Film in der Zukunft, genauer gesagt im Jahr 2005, was man aber nicht merken würde, würde es nicht explizit postuliert. Einzig das ein oder andere bizarre Detail (hier der extreme Pollenflug und ständige Wind - letzteres eine weitere Parallele zu Kurosawas neuestem) scheint den Film in einer anderen Welt als der Gegenwart zu verorten. Wiewohl der Regisseur sich immer viel Zeit nimmt, um die nötige Stimmung zu evozieren, dürfte dies wohl der Kurosawa-Film mit der wenigsten Handlung und den wenigsten Dialogen sein. Stört aber nicht weiter: Auch wenn ich persönlich Barren Illusions im Vergleich zu seinen anderen Werken eher im Mittelfeld ansiedeln würde (womit er in einer allgemein gehaltenen Filmliste immer noch ziemlich weit oben erscheint), ist er doch feines Kino mit tollen Bildern und Ideen. Bemerkenswert die Szenen, in denen der gelangweilt in seiner Bude sitzende Haru aus- und wieder eingeblendet wird - und das Kurosawa trotz aller existenzialistischen Tristheit auch Humor besitzt, beweisen nicht nur die Gastauftritte von Shinji Aoyama als kommerzieller Filmproduzent, der nachts die Müllsäcke nach Nylon-Strumpfhosen durchwühlt.
#895
Geschrieben 21. Januar 2010, 00:00
Belgien 1983 Regie: Patrick Lebon
"Godverdomme!" Meta-Dialogzeile
Zaman ist ein routinierter und desillusionierter Cop in Antwerpen: Sein Job besteht hauptsächlich darin, illegale afrikanische Einwanderer aus den Hafenkneipen zu ziehen oder die Jagd auf einen berüchtigen Einbrecher aufzunehmen, der als Markenzeichen nach jedem seiner Brüche einen Kothaufen in der linken Zimmerecke hinterläßt. Als er den jungen und übereifrigen Frank als neuen Partner zugeteilt bekommt, kann er ihn zunächst gar nicht leiden. Zusammen stoßen die beiden aber auf eine Spur, die zu einem richtig großen Fisch in der Unterwelt führt. Zu dumm nur, daß dieser auch ein persönlicher Freund des Bürgermeisters ist...
Auf Realismus bedachte Mischung aus Krimi und Drama mit Elementen aus Buddy Movie und Komödie. Bemerkenswert zurückhaltend sowohl im Schauspiel als auch in der Inszenierung, bekommt man hier ein wohl recht authentisches Bild von Kriminalität und Polizeiarbeit des in diesem Jahrzehnt noch nicht zur Touristenattraktion grundsanierten Antwerpens. Bemerkenswert neben den vielen echt wirkenden Kiez-Nebenfiguren auch das ernüchternde Finale, das so plötzlich und furztrocken serviert wird, daß einem unwillkürlich das oben zitierte Lieblingswort der Titelfigur aus dem Mund rutscht. Hat aber auch einen schönen Klang.
P.S.: Oder um es mit einem Satz auf der deutschen Videohülle (die aus Antwerpen Amsterdam macht) zu umschreiben: "Der Film ist spannend, actiongeladen, hart, aber trotzdem menschlich!"
#896
Geschrieben 22. Januar 2010, 00:00
GB 1990 Regie: Terry Johnson
Die Lehrerin Kate genießt die idyllische Landschaft während ihres Urlaubs in Wales, das schrullige alte Pärchen, welches ihre Pension leitet, geht ihr allerdings ziemlich auf die Nerven. Auch kann sie abends nicht in den Pub gehen, ohne vom Dorfvolk auf plumpe und aggressive Art und Weise angegraben zu werden. Die Spaziergänge im endlosen Grün machen das aber wieder wett, bis eines Nachts plötzlich ein Fremder mit einem zerbrochenem Brillenglas in ihr Schlafzimmer stürzt, entsetzt "Oh my god!" ausruft und anschließend spurlos verschwindet. Niemand sonst will den Mann gesehen haben. Zurück auf der Arbeit, vergißt Kate dieses Erlebnis aber recht bald, lernt sie doch auch einen neuen sympathischen Kollegen näher kennen. Die beiden verlieben sich und er nimmt sie mit auf einen Wochenendausflug. Kate staunt nicht schlecht, als sie sich nach einem Nickerchen im gleichen Waliser Kaff wiederfindet, in dem sie schon einmal gewesen ist...
Leise und langsam erzählte Mischung aus klassischer Horrorgeschichte und Romanze, die eher auf subtiles Grauen denn auf blanken Horror setzt und vor allem durch ein verblüffendes und überraschend düsteres Ende punkten kann. Zwischendurch gibt es zwar ein paar Längen und vorhersehbare Wendungen, die aber von der Atmosphäre der Locations und den guten Darstellern wieder aufgefangen werden. Schon verblüffend, daß die Briten für's Fernsehen über die Jahrzehnte hinweg konsequent hochwertige unheimliche Filme produzieren, während die Genre-Highlights im Kino seit den 80ern eher spärlich ausfallen.
#897
Geschrieben 23. Januar 2010, 00:00
Philippinen 1974 Regie: Pablo Santiago
Ein Detektiv, der ihn für den Tod seines Bruders bei einem Minenunglück verantwortlich macht, hat den Sunnyboy-Gauner Steve aufgespürt und möchte ihn nun per Schiff vor das passende Gericht bringen. Während der Überfahrt wird das Schiff aber von Piraten gekapert. Den beiden gelingt die Flucht, zur Sicherheit vom Detektiv mit Handschellen verbunden. Sie stranden auf einer abgelegenen Insel, die von einem friedlichen Stamm bewohnt wird. Besonders freundlich werden sie von zwei jungen Damen behandelt, eine davon die Tochter des Häuptlings. Eines Tages landen jedoch die Piraten auch an jenem Strand. Aus Prinzip empfängt der Häuptling sie freundlich, was aber bald dazu führt, daß der Oberpirat das Ruder mit Gewalt und Einschüchterungen in die Hand nimmt. Am großen Badetag eskaliert die Situation: Die Piraten wollen alle Frauen vergewaltigen und schlachten dabei jeden ab, der sich widersetzt...
Kurzweilige Sleazepackung mit teilweise sehr drastischen Gewaltszenen. Scheinbar erschien der Film auf VHS in einigen unterschiedlichen Versionen: In Deutschland fehlte die Gewalt, in Holland der Sex (was außergewöhnlich genug ist), auf dem US-Tape war beides drin, dafür aber weniger Handlung und Dialoge. Man kann halt nicht alles haben.
#898
Geschrieben 24. Januar 2010, 00:00
Türkei 1977 Regie: Melih Gülgen
Kompromißlos geht Kommissar Kemal gegen das Verbrechen vor. Seine unkorrupte Art ist den mächtigen Gangstern der Stadt ein Dorn im Auge und nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen heiern sie den Berufskiller Tahir an, der gerade frisch aus dem Knast entlassen wurde. Dieser hatte seiner Mutter eigentlich versprochen, mit den kriminellen Aktivitäten aufzuhören, doch als sein Sohn Ali ankündigt, selber durch den Verkauf von geschmuggelten Zigaretten die für den Schulbesuch nötigen Schuhe zu finanzieren, nimmt er den Auftrag doch an. Ironischerweise empfindet auch Kemal eine starke Zuneigung gegenüber dem kleinen Ali, und das ist nicht das Einzige, was die beiden gemeinsam haben...
Nach einem Action-betontem Anfang wendet sich der Film erst einmal dramatischen Elementen zu, ähnlich wie Intikam prangert er die Situation der Kinder in den Großstädten an, die durch Armut und Hunger in die Arme skrupelloser Gangsterbanden getrieben werden. Zum Ende hin darf Cüneyt Arkin mit der gewohnten Effizienz Rache nehmen, am Schönsten in einer Art Spiegelkabinett, in dem nach Auftritt von Kommissar Kemal kaum noch Spiegel, geschweige denn Gangsterfressen heile sind. Solide, aber nicht ganz so unterhaltsam wie etwa En Büyük Yumruk.
#899
Geschrieben 25. Januar 2010, 00:00
Japan 2009 Regie: Toshiaki Toyoda
Ein wandernder Masseur wird zu einem tyrannischen Fürsten gerufen. Diesem gefällt die Massage so gut, daß er den Dienstleister fest einstellen will. Als sich dieser seiner Grundsätze wegen weigert, wird er kurzerhand enthauptet. Unterwegs in die nächste Welt steht ihm der Weg in den Himmel offen, der Masseur möchte aber auf die Erde zurückkehren, um noch diverse Dinge zu erledigen...
Ein mystisches Mittelalterdrama hätte man jetzt von Toyoda nicht erwartet, und an sich ist es auch zu begrüßen, wenn der Regisseur mal etwas anderes ausprobiert. Seine Markenzeichen wie hübsche langsame Kamerafahrten und ein außergewöhnlicher, interessanter Score sind auch hier enthalten, aber die recht minimalistische Handlung des Films führte bei mir zu heftigem Kopfkratzen. Vielleicht muß man sich mit den Jenseits-Konzepten des Shintoismus besser auskennen, um das alles zu kapieren oder vielleicht auch Drogen nehmen, idealerweise wohl beides um auch das ziemlich bizarr geratene Finale zu verkraften. Ich vermute mal, viele Freunde wird sich Toyoda mit diesem Film nicht machen, was wiederum für seine Integrität als Künstler spricht. Ich selbst fand einige Sequenzen wundervoll, bin aber ziemlich ratlos, was den gesamten Film betrifft.
#900
Geschrieben 26. Januar 2010, 00:00
Passenderweise hatte der letzte Film das Thema Wiedergeburt, denn weiter geht es im Filmtagebuch-Blog.
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