The Diarrhoea Diary
#331
Geschrieben 30. Juli 2005, 02:08
Italien / Frankreich 1960 Regie: Giorgio Ferroni
Es ist schon manchmal erstaunlich, was man über Google-recherche auf Ami-Seiten so alles lernt: Pierre Brice hat den Old Shatterhand gespielt und Holland gehört zu Skandinavien.
Ich persönlich bin dann beim Vorspann ein wenig zusammengezuckt, weil ich vom Autor der literarischen Vorlage, Pieter van Weigen, noch nie etwas gehört hatte. Nun, offensichtlich gibt es den auch gar nicht. Irgendwer hatte da wohl nach dem Erfolg der Corman-Poe-Filme gedacht, so was verkauft sich besser, wenn man eine literarische Vorlage angibt. Der Plot selbst liegt zwischen Wachsfigurenkabinett-Film und der zu dieser Zeit auch um sich greifenden tote Frauen-Mode, wobei die Hauptdarstellerin nichts dafür kann, daß sie nicht Barbara Steele ist. Die Kameraarbeit und die set pieces wiegen das schon auf – das sieht alles verdammt gut aus,und Wolfgang Preiss macht auch eine gute Figur als ungewohnter, aber wirkungsvoller Villain. Sehr lecker, das alles.
#332
Geschrieben 30. Juli 2005, 02:11
USA 1962 Regie: Roger Corman
"Ein routiniert gefertigtes Melodram, das niemandem wehtun möchte" urteilte der Filmdienst. Nun hört der Film verhältnismäßig harmlos auf und man hat schon schlimmeres gesehen, aber wenn sich niemand verletzt gefühlt hätte, hätte der Klan wohl kaum die Filmcrew vom ursprünglich geplanten Drehort verjagt. Corman wagte zwischen zwei Poe-Verfilmungen einen beherzten Seitenschritt mit einem auf einem tatsächlichen Fall beruhenden Rassismusdrama, sah sich Verleihern mit kalten Füßen gegenüber und drehte seinen ersten Film, der Geld verlor. Einige Rezensenten im Netz nennen das die beste schauspielerische Leistung des liebenswerten William Shatner, der hier einen Rechtspopulisten spielt, der langsam aber sicher die Kontrolle über den Mob einer Südstaaten-Kleinstadt verliert, aber ich weiß nicht so recht – viel mehr als in der herausragenden Star Trek-Folge „Enemy Within“ macht er hier eigentlich auch nicht, möglicherweise wirkt er einfach nur bedrohlicher, da der Kontext hier einer glaubwürdigeren Natur entspringt. An manchen Stellen landet der Film – den irgendein Kritiker die „Hardcore-Version von To Kill a Mockingbird“ genannt hat – treffsichere Schläge in die Magengrube und alles in allem macht er mir Roger Corman noch sympathischer, als er mir eh schon war.
#333
Geschrieben 30. Juli 2005, 02:15
Thailand 2004 Regie: Banjong Pisanthanakun / Parkpoom Wongpoom
Auch wenn hier wieder mal die mittlerweile stark überstrapazierten Konventionen des modernen asiatischen Horror/Geisterfilms eingesetzt werden, hat der Film doch einige Momente zu bieten, die mich erfreulich an die Ghost Stories alter westlicher Schule ala M. R. James erinnerten. Vermeidet der Aufbau bereits durch einige Verschachtelungen die Langeweile, so hat mir vor allem das letzte Viertel gefallen, das einen erfreulichen Mittelweg zwischen den erwarteten Auflösungen geht. Definitv einer der sehenswerten Kandidaten in diesem explodierenden Subgenre.
#334
Geschrieben 30. Juli 2005, 02:19
USA 1956 Regie: Roger Corman
Wieder mal so ein Fall, den ich in jungen Jahren auf dem dritten Programm fasziniert verfolgte, und der seitdem jahrelang vollkommen unauffindbar war. Im Vergleich zu den anderen frühen SF-Filmen Cormans sticht dieser hier ziemlich raus, denn er verzichtet auf „spektakuläre“ Monstren und konzentriert sich auf eine eher menschlich wirkende, aber dennoch erschreckende Bedrohung. Einige der Situationen finden sich auch später im wundervollen X – The Man with the X-Ray Eyes wieder. Das hier war freilich noch eine wesentlich billigere Angelegenheit, die aber sehr effektiv umgesetzt wurde. Vor allem der Hauptdarsteller Paul Birch überzeugt auf ganzer Linie und allein die Idee eines außeriridischen Vampirs, der das Blut seiner Opfer in Ampullen in seiner Aktentasche sammelt, hat schon etwas für sich. Wundervolles, aufs Wesentliche reduziertes Kino.
#335
Geschrieben 30. Juli 2005, 02:24
Italien 1963 Regie: Antonio Boccaci
„Bring mich weit, weit weg von diesem schrecklichen Ort, an dem schon so viel passiert ist!“
„George, das ist wirklich nicht zum Lachen!“ – Meta-Dialogzeilen
Oh, Queen Elizabeth spielt in diesem Film mit! Nein, doch nicht, es ist Elizabeth Queen, vermutlich das Pseudonym einer Italienerin, evtl. Flora Carosello. Mein Lieblings-Italiener-Pseudonym bleibt aber immer noch „Boris Lugosi“ in Il Castello della paura. Aber zurück zum Thema: So in etwa stelle ich mir einen „Gruselkrimi“ vor. Offensichtlich inspiriert von Gothic Horror, den Edgar Wallace-Filmen und einem häßlichen Fussel, den der Regisseur eines Morgens unter seiner Fußsohle fand, wird im Grunde so einiges in die Ministrone geworfen: Entstellter Damenfolternder Buckliger im Keller, ein Mädchen, das der verschwundenen Geliebten eines ortsansässigen Inders („Der Turban meint wohl, er wäre was besseres.“- Dorfpolizist) ähnlich sieht und dazu noch Zwangsvorstellungen, Visionen und „somnambule Zustände“ (wäre auch ein guter Name für eine Band) hat. Dann noch eine Szene, in einer sachlich gefilmten Traumsequenz mit unsachlichem Make-Up eingebettet, die möglicherweise in Inferno zitiert wurde; ein italienischer Eddi Arent als renitenter Dorfpolizist in einer Art Bobby-Uniform (Aha, Schloß Monte Christo steht also in England. Oder wie? Das würde jedenfalls den Inder erklären und die Vornamen „Anne“ und „George“), der Humor und die Synchronisation gemahnen an Don Camillo (taugen eigentlich die deutschen DVDs was?), mit Standbild läßt sich auch ein wenig Nudity entdecken. Mittlerweile kriecht der bucklige ex-Butler Bartholomé wieder aus seinem Sarg und wir erkennen, er hatte sich zum Einschlafen ein totes weißes Kaninchen mit reingenommen. Ah, ein Schatz ist da auch noch irgendwo versteckt. Schon im Prolog hätte man merken können, wer wirklich für all diese häßlichen Vorkommnisse verantwortlich ist, doch erst müssen noch einige Protagonisten von einem wirkungsvollen minimalistischen Score begleitet durch Geheimgänge schlurfen, bevor George, der Inder und die somnambulen Zustände dem Happy End zulächeln können. Nun, alles in allem ist das gute Unterhaltung.
#336
Geschrieben 06. August 2005, 16:43
Italien 1969 Regie: Piero Schivazappa
Sicherlich könnte man diesen Film auf den ersten Blick frauenfeindlich finden, aber mir scheint er eher ein bildgewaltiger Essay über Misogynie und Sadomasochismus zu sein, und zugleich eine Ode an die Schönheit des weiblichen Körpers, hier vertreten durch Dagmar Lassander. Eine Menge Totalen hats in prächtigen Beat Generation-Dekors, deren Ausleuchtung an Kubrick erinnert und stilistisch ist das ganze dem Entstehungsjahr gerecht genau zwischen den Sixties und Seventies anzusiedeln. Nach einer halben Stunde zieht das Tempo an, gleichzeitig zu den Horrorelementen kommen aber verstärkt auch grotesk-schwarzhumorigen Züge zum Einsatz, neben einigen amüsanten Props wie dem Ganzkörperfön oder einem unmöglichem Marmaladenbrot. (Aprikose oder Orange.) Die stark übersymbolisierte Fellatio-Szene ist recht erstaunlich: Dagmar Lassanders Kopf ist im Auto nicht mehr zu sehen, Philippe Leroy guckt entspannt verkrampft und hat eine Vision von Saxophonspielerinnen in Schulmädchenuniformen, die mit einem Schnellzug vorbeisausen. (Nein, „Saxophonspielerinnen in Schulmädchenuniformen“ wäre kein guter Name für eine Band.) In Minute 70 tritt ein Zwerg auf, womit ich sämtliche objektiven Merkmale eigentlich getrost über Bord werfen kann, denn Filme mit Zwergen finde ich eigentlich immer gut. Hier hat der Kleine allerdings nur gerade mal eine Minute Screentime. Anschließend erzählt Frau Lassander von ihren sexuellen Erfahrungen mit Katzen. Im Finale, als sich die beiden Gegenspieler nackt im Schwimmbecken gegenüberstehen, wird mit Musik und Schuß-Gegenschuß-Technik bewußt der Italowestern parodiert.
Für Fans des 60s/70s-Erotikthrillers ein ganz klares Muß. Der Titelsong mit schmissigen Fuzz-Gitarren, dargeboten von „Olympia“ ist auch ein Hit. Und kein Wunder, daß ich bei der großen Frauenskulptur mit begehbarer Mumu nicht nur an Blind Beast, sondern auch an Niki De Saint Phalle denken mußte, wurde das Ding nämlich nach Vorbild ihrer „Nanas“ gestaltet. (Um genau zu sein, der 1966 vor dem Stockholmer "Moderna Museet" installierten „Hon“.) Ihre Regiearbeit Daddy habe ich hier auch schon seit Ewigkeiten ungesehen rumliegen. Aber ich hab jetzt eher Lust auf was anderes.
#337
Geschrieben 06. August 2005, 16:48
Hong Kong 2003 Regie: Chi Chiu Lee
„Studying art is useless.“ Meta-Dialogzeile
Habe mehrere Reviews von dem Film gelesen, eins brachte Kafka ins Spiel, ein anderes fühlte sich an Lovecraft erinnert. Ein Film, der in Rezensenten diese beiden doch recht unterschiedlichen Assoziationen auslösen konnte, schien mir doch recht interessant zu sein, also ab dafür.
Es fängt vielversprechend an: Die Bilder im Vorspann, die nicht aus Fuesslis „Nachtmahr“ stammen, erinnern mich an jene aus La casa dalle finestre che ridono. Dann und wann schreit die Kamera und die Tonmischung aber bereits in der Exposition zu laut „Hallo, ich bin ein Kunstfilm!“ und der Wechsel der Szenerie von London nach Hong Kong ist auch eher mißlungen. Immerhin hat aber der Regisseur auch die Romanvorlage geschrieben.
Es stecken hier viele Ideen drin – die besoffene, Karaoke singende Mutter vor dem Altar zum Beispiel – aber die Umsetzung will nicht so recht funktionieren. Die Inszenierung macht einen zu hölzernen Eindruck. Zuweilen gelingen dem Regisseur aber sehr nette Kompositionen. Die Masturbation unter der Blumenbettdecke hat auch was. Das häufige Auftauchen einer Frau mit langen schwarzen Haaren, deren Gesicht man nicht sieht, hätte man allerdings besser sein gelassen.
Später kann ich der Handlung dann überhaupt nicht mehr folgen. Der Noiserock zum Abspann ist allerdings recht gut. Kein Film, der wirklich funktioniert oder zu fesseln vermag, aber doch ein sympathischer Versuch.
#338
Geschrieben 07. August 2005, 04:27
GB 1957 Regie: Gilbert Gunn
Michael Weldon sagt, das wäre die Spielfilm-Version einer BBC-SF-Serie, über eine solche konnte ich aber nichts finden. Forrest Tucker ist mal wieder (wie schon in Trollenberg Terror und Abominable Snowman) der Quoten-Ami. In einem ähnlich anthropologischen Ansatz wie in Quatermass and the Pit (nur bei weitem nicht so gut) ist hier mal wieder der Mensch das eigentliche Monster. Der einzige Außerirdische sorgt dann auch dafür, daß die Welt vor einer Flut mutierter Insekten gerettet wird, die entstanden waren, weil mal wieder so ein unbelehrbarer Wissenschaftler mit Magnetfeldern herumspielen mußte und damit ein Loch in die Ionosphäre (äh, ist das die Ozonschicht?) riß, durch welches kosmische radioaktive Strahlen ein britisches Wäldchen zu einem Ort des Grauens machten. Die Tricks sind größtenteils Makro-Aufnahmen, die zuweilen mit Rückprojektionen kombiniert wurden, dann aber nicht wirklich überzeugend wirken. Auch dieser Brit-SF-Beitrag ist wesentlich sorgfältiger und seriöser als die meisten US-Streifen vergleichbarer Natur aus dieser Zeit, zu den Highlights wie der Quatermass-Serie, Fiend without a Face oder The Earth dies screaming würde ich ihn aber nicht zählen.
Nachtrag: Es gab doch eine TV-Serie, allerdings nicht von der BBC, sondern von ATV.
#339
Geschrieben 07. August 2005, 04:34
Österreich 1968 Regie: Eddy Saller
„Mir jedenfalls kam das Mittagessen hoch, als ich Annabella in all dem Rühr-Ei sah.“
Ein Film, über dessen Background ich gerne mehr wissen möchte. Wie hießen die gezeigten Bands? Ist der Song mit dem brüllenden Typen mal als 7“ erschienen? War Otto Mühl bei der Orgienszene involviert? Wo wurde das Ganze gedreht? Die Autos haben Frankfurter Kennzeichen, aber weitere Hinweise („Weserstraße“, „Grillparzer Keller“) lassen andere Städte vermuten; das soll hier wohl eine ähnlich diffuse Großstadt sein wie in Fritz Langs M, um auszudrücken: Das hier Gezeigte kann überall passieren. Ein junger Udo Kier ist der aufstrebende Gangster Alexander Pohlmann, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird. Sein Gegenspieler ist der Unterweltboß Kowalski (Rolf Eden). Größtenteils wechseln sich Actionszenen mit Nachtclubszenen (juhu, Fuzzgitarren bis zum Abwinken!) sowie einem Feme-Gericht (schon wieder M) ab. Zum Ende hin zunehmend belustigender Musikeinsatz und viel Ballerei. Den toten Udo Kier (huch, war das jetzt ein Spoiler?) kriegt man nur als Standbild zu sehen. Sieht aber trotzdem ganz gut aus. Die Geissel des Fleisches war aber noch mehr Spaß. Der Regisseur sollte später in Werken wie Heb hoch das Hemd, wenn’s Höschen klemmt einen noch determinierteren Pragmatismus zur Schau stellen.
#340
Geschrieben 07. August 2005, 04:41
Nigeria 1999 Regie: Teco Benson
Die Welt des nigerianischen Kinos ist eine abenteuerliche Welt und so muß man sich auch nicht wundern, wenn man die Filme offiziell auf abenteuerlichen Trägermedien in abenteuerlicher Qualität serviert bekommt. Auf dieser VCD sind in jedem einzigen Frame so viele Artefakte, daß ich mich wunderte, daß mein DVD-Player nicht während der Wiedergabe explodiert ist. Nun könnte man den Film ja abbrechen, einen Fluch gen Himmel stoßen und zähnefletschend versuchen, das Ganze umzutauschen, dann wüßte man aber auch noch nicht, ob nicht die ganze Auflage dieses Films so ausgesehen hat. Und außerdem hat man schon die ersten Minuten gesehen, in denen mit verschiedenem Gesichts-Make-Up verkleisterte Hexen durch einen blauen Himmel zum Sabbat flogen. Hier auf „Stop“ zu drücken, war eigentlich unmöglich. Beelzebub läßt nicht nur verschrumpelte Damen, sondern auch junge Männer und Kinder zu sich kommen. Der Blut-Vorrat ist erschöpft, Beelzebub (Beachtliche Leistung von Usifo Omiagbo, der sich offensichtlich ältere Horrorstars zum Vorbild genommen hat) braucht innerhalb der nächsten 24 Stunden so viel Blut wie möglich! Ergo strömt das Hexengesindel aus, um Unrat zu stiften. Im Verlauf dessen kommt es zunächst zu einer recht derben Splatterszene – die mich überrascht hat, denn in Witches war dergleichen gar nicht drin – bevor der nächste Hexentreff einberufen wird. Eine der Haupthexen möchte sich an ihrer Schwiegertochter rächen, da bekommt Beelzebub eine Idee, und läßt der Schwiegermutter einen riesigen Penis aus dem Bauch wachsen. Ich muß mich jetzt erst mal sammeln.
Puh. Bei der durch diese Verwandlung ermöglichten Vergewaltigung klaut Schwiegermutter dann gleich auch noch die Gebärmutter ihrer Rivalin, während ihr Enkelkind auf dem Fußballplatz Mitschüler umbringt. Danach – das muß man leider sagen – nimmt der Film sein Tempo erheblich zurück. Ähnlich wie bei Witches scheinen die Höhepunkte in der Mitte des Films zu liegen, das letzte Drittel ist sehr dialoglastig und das Finale auch eher unspektakulär. (Die Penis-Hexe, von guten Christenmenschen umzingelt, explodiert plötzlich und ein Deuteronium-Zitat läutet den Abspann ein.) Aber es hat sich alles in allem sehr gelohnt, herzlichen Dank noch mal an Smergo für den Tip!
Interessant fand ich dann noch, herauszufinden, daß dieser Film als Beispiel für die Rolle der Frau im sogenannten „Hallelujah Video Film“ in einem Aufsatz der wohl absoluten Koryphäe auf dem Gebiet des nigerianischen Films, Onookome Okome, verwendet wurde. Die ganzen Wunderlichkeiten, die sich dem nicht-afrikanischen Zuschauer hier offenbaren, werden dort wie selbstverständlich hingenommen. Es ist eine abenteuerliche Welt.
#341
Geschrieben 15. August 2005, 21:04
Deutschland 2005 Regie: Daniel Stieglitz
Puh, ich glaube fürs nächste FFF nehm’ ich mir Urlaub, denn nur einen halben Tag zur Verfügung zu haben ist schon eher unbefriedigend, und dieses Jahr war es sehr unbefriedigend (vom Treffen mit dj und maX einmal abgesehen ). Vom Bahnhof ins Kino gehetzt, hieß es erst mal warten, denn die Kopie von Happy End. war, O-Ton Angestellter, „zerschreddert“. Der anwesende Regisseur hatte aber Ersatz dabei, doch dieser stellte sich als DVD heraus. Die Auflösung war bei der Leinwandgröße dann extrem bescheiden. Nach dem unscharfen Vorspann gewöhnte man sich aber langsam dran, und ab ca. der Hälfte des Films ging mir auch der Hauptdarsteller nicht mehr auf den Sack. Nur der eine oder andere Off-Kommentar sorgte noch für unfreiwillige Komik. Alles in allem war der Film nicht übel, aber er hatte doch so einige Defizite, die dafür sorgten, daß er an einigen Stellen einfach nicht funktionieren wollte. So wurde die streckenweise recht gelungene Atmosphäre hin und wieder durch zu altbackene Stilmittel zerstört, und es half auch nicht, daß einige durch die Bilder schon offensichtlichen Zusammenhänge noch auf der Tonspur wiederholt wurden. Nun, es bleibt zu hoffen, daß die Verantwortlichen aus den Fehlern ihres Debüts lernen, denn grundsätzlich finde ich es sehr gut, daß in Deutschland auch solche Filme gemacht werden, und in Ansätzen waren hier auch gute Ideen zu entdecken.
Im anschließenden Gespräch nahm der Regisseur dann direkt eine sehr defensive Haltung ein und sagte, er hätte ja keinen der Ring-Filme gesehen, bevor er das Drehbuch geschrieben hatte. Ich mußte ja die ganze Zeit eher an Stir of Echoes denken, der einen ähnlichen Plot und eine ähnliche Machart gehabt hat, aber ihn danach zu fragen hätte auch keinen Unterschied gemacht. Es war dann nicht mehr viel Zeit und kurzerhand wurde mitgeteilt, daß der eigentlich auf dem Programm stehende Death Tunnel ausfällt und stattdessen Shutter noch mal gezeigt wurde. Nu ja, wo ich schon mal da war, habe ich mir den dann noch mal angeguckt, und ich fand ihn auch beim zweiten Mal noch sehr gut, und im Kino ist das auch noch mal ein ganz anderer Ritt.
Zurück im Kölner Hauptbahnhof, wurde ich dann von einem Wulst rotbejackter Christenmenschen beinah vom Bahnsteig runtergedrängelt. Sündenerlaß macht wohl übermütig.
#342
Geschrieben 16. August 2005, 21:24
Italien / Deutschland 1970 Regie: Duccio Tessari
Der Titel läßt gotischen Horror oder Gialloeskes erwarten, indes kommt nur eine Nebelschwade drin vor und das hier ist eher ein Poliziotti, wenn auch ohne Verfolgungsjagden. Dafür gibts aber gewohnt feine Musik, Frank Wolff als sympathischen Polizisten, Spannung, ein sehr deftiges Ende und eine Menge nette Damen - darunter Eva Renzi, von der ich gerade höre, daß sie verstorben ist. R. I. P.
#343
Geschrieben 20. August 2005, 19:54
Türkei 1974 Regie: Metin Erksan
Es sieht fast so aus, als hätte man dem Kameramann dieses türkischen Remakes von The Exorcist kurz vorher zum Geburtstag ein Zoom-Objektiv geschenkt. Leider verstehe ich nicht, was die türkischen Flüche bedeuten und ob sie der amerikanischen Version entsprechen. Was „Deine Mutter lutscht Schwänze in der Hölle“ auf türkisch heißt, könnte man aber auch in der Dönerbude erfahren. Man sollte dann allerdings Mißverständnisse vermeiden oder zumindest schnell laufen können.
Während ich Friedkins Film bei der letzten Sichtung stellenweise etwas fad fand, hält diese Fassung einen an der Stange, auch wenn man kein Wort versteht. Die Macher hatten dann auch noch den Vorteil, daß der Original-Exorzist in der Türkei erst 1982 in die Kinos kam. Bei der Montage hat man streckenweise originelle Einfälle gehabt. Der Regisseur, der für Susuz Yaz 1964 den goldenen Bären aufgebunden bekam, ist auch bestimmt kein Stümper. Die Türken haben auf jeden Fall die besseren Treppen. Über die Schauspieler kann man auch nicht meckern, die Mutter (Meral Taygun) ist nicht nur eine hübsche Schnecke, sondern auch gut. OK, das entsetzte Gesicht des jungen Priesters sieht auf Dauer etwas übertrieben aus. Der hartgekochte Schnauzbart-Detektiv mit Hut ist evtl. auch ein Klischee zuviel. Was raucht der da eigentlich die ganze Zeit?
Wenn Pazuzu (Pazüzü?) erscheint, wird es allerdings schon etwas camp. Der Regisseur meinte mal, er hätte sich eher an der literarischen Vorlage von William Peter Blatty als an Friedkins Film orientiert. Möglicherweise kann er auch nichts dafür, daß man statt einer eigenen Musik den Score der US-Version verwendete, was der Glaubwürdigkeit dieser Aussage ein wenig zuwiederläuft, ebenso wie die mehr oder weniger eins zu eins übernommenen Besessenheits-Highlights. Daß hier ein auf das Christentum zugeschnittener Stoff in einen islamischen Zusammenhang transportiert wird, könnte man natürlich haargenau untersuchen, ist wohl auch schon gemacht worden. Ist mir aber grad egal.
#344
Geschrieben 22. August 2005, 21:00
Singapur 1974 Regie: Roger Sutton
Ein Pontianak ist wohl so eine Art Mischung aus Eulenmensch und weiblichen Vampir. (Wobei dieser hier eher Katzengeräusche von sich gibt.) Der Legende nach wird man zum Pontianak, wenn man als totgeborenes Kind nicht mit den nötigen Ritualen begraben wurde. Töten kann man einen Pontianak anscheinend nur, wenn man einen Nagel in seinen Kopf treibt. Von 1957 bis 1965 wurden in Singapur (das zwischenzeitlich mal zu Malaysia gehörte) sieben sehr populäre Pontianak-Filme produziert, der vorliegende stellt den Versuch dar, den Mythos in den Siebzigern und in Farbe wiederzubeleben.
Ähnlich wie die Bevölkerung des Landes sind auch die Stilelemente sehr gemischt – am nächsten ist man noch dem indonesischen Film, aber auch indische und chinesische Einflüsse und Figuren sind nicht zu knapp vertreten. Irgendwer der Beteiligten muß wohl auch mal einen italienischen Fim gesehen haben, zumindest kommen mir Teile des zuweilen recht psychedelischen Scores sehr bekannt vor. Das komische Element ist ein Quacksalber-Duo, dessen Späße von einer geradezu entwaffnenden Albernheit sind. In der 35. Minute wird dann auch gesungen, doch möchte man dem Sänger abraten, den Pontianak zu heiraten, vor allem, weil sie nach seinem Antrag weder „Ja“ noch „Nein“, sondern gar nichts sagt und traurig guckt. Daß er dann in der Hochzeitsnacht einen der hysterischsten zeitgenössischen Popsongs, Daniel Boones „Beautiful Sunday“ laut aufdreht, kann ihn vor dem Verderben freilich auch nicht retten, führt aber in der unvermeidbar anschliessenden Begräbnisszene zu ähnlich hysterisch schluchzenden Overacting des lustigen Inders.
Parallel dazu gibt es aber eine Menge durchaus stimmungsvolle Gruselmomente, anscheinend verlangt das Publikum dort nach derlei Wechselbädern. Wenn z.B. der weißhaarige Pontianak (dessen Erscheinungsbild sich später noch vehement ändern soll) sich im Wald hinter Ästen verbirgt oder in Nahaufnahmen das Tragische der Gestalt sichtbar wird, ist das schon durchaus wirkungsvoll. Und langweilig ist der Film schon mal erst recht nicht.
Im Jahre 2000 griff die direct-to-video Independent-Produktion Return to Pontianak das Motiv noch einmal auf, ich möchte aber lieber auch mal einen Beitrag aus der ursprünglichen Serie sehen, was allerdings etwas schwierig werden könnte: Nachdem der Star der ersten Pontianak-Filme, Maria Menado, 1963 den Sultan von Pahang heiratete, erwirkte dieser ein Aufführungsverbot der Streifen, was einen der Produzenten so frustrierte, daß er der Legende nach Negative und Kopien der ersten beiden Filme in einen Fluß bei Kuala Lumpur warf. (Mehr dergleichen zu lesen in diesem feinen Buch.)
#345
Geschrieben 03. September 2005, 02:42
GB 1960 Regie: Seth Holt
Ein Wohnzimmer in den frühen 80er Jahren, um die Karnevalszeit herum: Entnervt beiße ich in eine Ausgabe der „TV Hören und Sehen“. Das darf doch nicht wahr sein! Da ist es Samstag Abend, die Eltern sind auf einer Rumsfallera-Veranstaltung entsorgt, und es laufen sogar zwei Gruselfilme im Fernsehen. Aber, sie laufen gleichzeitig!
Auf der ARD Der Leichendieb mit Karloff und Lugosi, auf dem ZDF Ein Toter spielt Klavier mit Christopher Lee. Weil der Videorekorder als Luxusartikel noch in weiter Ferne lag, habe ich mich dann für ersteren entschieden, was insofern keine schlechte Entscheidung war, als daß es der bessere Film der beiden ist. Andererseits winkte dieser aber auch in den Folgejahren mit Wiederholungen und Kaufkassetten, während der erste Hammer-Psychothriller erst mal im off verschwand, bis er vor einiger Zeit auf Premiere wieder auftauchte. Als junger Bursch hätte er mich vermutlich genauso umgehauen wie die Lewton-Produktion, allein schon wegen der wirklich schaurigen Wasserleiche, heutzutage krankt er aber an dem, was viele Psycho-Nachzügler ein wenig reizlos macht: Man ist auf das Plot-Twist and Shout vorbereitet und es ist einem irgendwie egal, wer jetzt schlußendlich der Böse ist, zudem läßt diese Plot-Beflissenheit dem Film kaum Zeit, einfach mal in schönen Bildern zu schwelgen, wie in den Gothicfilmen der Hammer-Produktion. Auch Clifton Parkers Score säuselt eher melodramatisch vor sich hin – es geht doch nichts über ein saftiges James Bernard-Krawumm! Aber ich schweife ab – schlecht ist der Film ganz bestimmt nicht. Lee hat zwar mal wieder erschreckend wenig Screentime, aber die ambivalente Stiefmutter (Ann Todd) ist sehr gut und vor allem die Strasberg ist nicht nur äußerst nett anzusehen, sondern spielt die Rollstuhlfahrerin auch makellos. (An dieser Stelle bitte einen Strasberg-Familienwitz vorstellen.) Das Poster mit ihrem schreienden Antlitz wurde übrigens von der MPAA zum besten Filmplakat des Jahres gekürt. Und jenes Bild ist schon seit längerem bekannter als der Film selbst, und wird es auch in Zukunft bleiben.
#346
Geschrieben 03. September 2005, 02:52
Deutschland 1979 Regie: Christian Anders / Antonio Tarruella
Ich habe Maribel Martin aus The Blood-Spattered Bride ja echt nicht wiedererkannt. Dunja Raiter auch nicht, aber die fand ich auch noch nie besonders gut. Der Darsteller des größenwahnsinnigen Zwerges van Bullock hätte wohl damals auch nicht gedacht, daß er 20 Jahre später mal ein Regular eines versponnenen Hollywood-Regisseurs wird. Und ich hätte auch nicht gedacht, daß mich ein hohes C noch mal so aus der Fassung bringen kann wie beim Titelsong. Und das sind nur einige Facetten dieser Achterbahnfahrt auf höchstem Unterhaltungsniveau! Der Höhepunkt scheint erreicht, als ein Japaner eine abwertende Äußerung über Japaner macht, aber nein, nein, der Spaß geht weiter, immer weiter, bis sich beim Abspann das hohe C erneut ins Rückenmark bohrt. Wenn auch ein wenig straighter in der Narration, ist das Ganze doch mindestens so unfaßbar wie Die Todesgöttin des Liebescamps. Verdammt, warum hat der Anders nicht noch mehr Filme gemacht.
#347
Geschrieben 03. September 2005, 03:04
GB 1957 Regie: William Lee Wilder / Charles Saunders
Ich fand ja schon den vom selben Team fabrizierten Frauenfresser recht bemerkenswert, aber wo dieser noch eher einem bösen, Alkohol-induzierten Alptraum nahe kam, ist das hier vorliegende frühere Werk das reinste Delirium. Der Millionär Karl Brussard, der nicht müde wird, zu erwähnen, daß er als Schuhputzer angefangen hat, hat einen unheilbaren Gehirntumor. Glücklicherweise lernt er jedoch einen Arzt kennen, der gerade entdeckt hat, wie man tote Köpfe wiederbeleben kann. Prompt sucht der kaputte Kapitalist nach einem Kopf, der den seinen ersetzen könnte. Von Natur aus recht unbescheiden, wählt er einen ganz besonderen – den des Nostradamus! Dieser fängt dann nach erfolgreicher Wiederbelebung munter an, weitere Vorhersagen zu machen. Das gefällt dem Ex-Schuhputzer aber gar nicht, schließlich will er ja in diesem Kopf weiterleben. Man stelle sich folgende Szene vor:
Langhaariger Kopf auf Laborplatte: I am Nostradamus.
Hysterischer George Colouris: Noooo! You are Karl Brussard!
Es ist ein Delirium. Könnte mal bitte jemand die deutsche Synchronfassung von damals ausgraben?
#348
Geschrieben 04. September 2005, 18:09
Thailand 2003 Regie: Thammarak Kamuttmanoch
Die Mitglieder einer thailändischen Boygroup, die hier so tun als wären sie Designer, werden von einer Welle böser Vorzeichen überrollt und erinnern sich an ein verletztes Hündchen. An sich gar nicht so doof, vermeidet der Film immerhin die überstrapazierten Ringu-Stilmittel. Ein bißchen kitschig und ereignislos ist das Ganze aber schon. Der Name des Regisseurs hat jedenfalls einen guten Klang, aber mir kam es so vor, als hätten im Vorspann die Pang-Brüder als Regisseure dagestanden. Das Ende stößt vor allem westliche Zuschauer etwas vor den Kopf, hat aber den Vorteil, nicht vorhersehbar zu sein. Und es wirkt so dreist daneben, daß es fast schon wieder gut ist. Spoiler: Hündchen! Es ist das Hündchen, es ist tatsächlich die ganze Zeit der Geist des Hündchens aus den Rückblenden! Reinkarnation, Baby!
#349
Geschrieben 04. September 2005, 18:12
Türkei 1983 Regie: Çetin Inanç
Ich hab ja jetzt mal absolut keine Ahnung, was der türkische Titel bedeutet. Und ob „En“ ein Artikel ist, den ich im Register hintanstellen muß. Was ich weiß, ist, daß das hier mal wieder eine Wündertute ist, die einen bei guter Laune hält. Cüneyt Arkin verprügelt alle Bösewichter Istanbuls und trifft Frauen mit dicken Schenkeln. Die Action-Szenen bieten amüsante Details: So wurde eine englisch beschriftete Fensterscheibe aus dem Stock Footage nachträglich per Herumkratzen auf dem Negativ unleserlich gemacht, und in Ermangelung eines Motorrads wird bei den Verfolgungsjagden auch schon mal ein Fahrrad an der Kamera vorbeigeschoben. Aber hey, der Film wurde fürs Kino gedreht, da kann nicht mal eben einer aufstehen und auf Standbild schalten. Warum dieses Werk in Deutschland beschlagnahmt werden mußte, kann ich mir wie so oft nicht erklären; vielleicht befürchtete man eine Desorientierung der Jugend durch die bewußtseinserweiternde Schnitt-Technik.
#350
Geschrieben 18. September 2005, 00:02
USA 1958 Regie: Richard E. Cunha
Vom Hurricane Emily (nein, nicht Katrina) an der amerikanischen Golfküste überrascht, strandet eine arrogante Millionärstochter mit großen Brüsten nebst Helden, chinesischen Sidekick und recht früh dezimierten polynesischen Koch auf einer unbekannten Insel, die offenbar Bombern als Übungsfeld dient. Doch sind es nicht Trommeln, die man da hört? Und wer hat die Speere in den Schiffskoch gesteckt? Bald wird am Strand auch eine Frauenleiche gefunden – mit dem Gesicht eines Dämonen! Was ist hier los? Da, schon wieder Trommeln! Schauen wir doch mal nach, was das ist. Ah, es sind die “Diana Nellis Dancers“ in knappen Dschungelfummeln mit einer leicht alkoholisiert wirkenden Choreographie. Doch diese wird jäh unterbrochen – von Deutschen in Nazi-Uniformen! Entsetzt müssen unsere amerikanischen Protagonisten beobachten, wie die exotischen Schönheiten für ihren Ungehorsam bestraft werden. „Frauenzimmers! Schweinehunds!“ Und da ist noch ein Käfig, voller Frauen mit Dämonengesichtern! Diese Nazis sind zu allem fähig! Vor allem der Oberfascho, ein ehemaliger KZ-Arzt, der sich auf Gewebetransplantationen spezialisiert hat und so um 1943 rum dazu vom Führer persönlich ein eigenes geheimes Labor auf einer Südseeinsel gestiftet bekam. Dort fand er bald heraus, daß sich mit Lava viel besser arbeiten läßt als mit Radioaktivität, vor allem sterben die Versuchsobjekte dann auch nicht so schnell. Dummerweise verbrennt sich aber Frau Doktor das Gesicht an der Lava, also wurden auf einer nahen polynesischen Insel ein paar Damen entführt, die mit den Charaktergenen (eine Entdeckung unseres Mad Scientists) von Frau Asbach gespritzt wurden und anschließend wie Lava Lover aussahen. Die Gene wurden dann noch mit Tiergenen gestreckt, deswegen fauchen die die ganze Zeit rum. Natürlich werden unsere Amis früher oder später gefangengenommen und mies behandelt. „Hast du Durscht? Hier ischt Wasser! Dasch isscht from Adolf!“ (Gestapomann schüttet Helden Wasser ins Gesicht und lacht.) Natürlich entkommen sie auch wieder, und das Labor fackelt ab. Verdammt, schon wieder gespoilert. Es wird nicht ganz klar, warum der Umstand, daß die Insel als Übungsgelände für Bomber dient, dem Doktor vorher nichts ausmachte, im Finale aber dann doch sein Lebenswerk zerstört. Das Budget reichte immerhin für die Miete von einem Papagei und mehreren Tauben und Schlangen aus, sowie jemanden, der „Verboten!“ auf ein Poster druckt. Alles in allem eine sehr kurzweilige Angelegenheit – vom abseitigen Plot und den amüsanten deutschen Wortfetzen abgesehen, findet auch die Trias aus Blondine, Chinese und Held ständig Zeit für das ein oder andere Witzchen, wenn sonst nicht viel passiert. Bleibt zu hoffen, die Auflösung von LOST hat auch irgendwas mit Nazis zu tun.
#351
Geschrieben 18. September 2005, 00:06
USA 1957 Regie: Herbert L. Strock
„Accidents will happen.“ Meta-Dialogzeile
Der Teenage-Werewolf und Teenage-Frankenstein-Produzent diesmal in der Welt der Blutsauger. Warum der Film nicht I was a teenage vampire geheißen hat, ist wohl eines der großen Rätsel der Filmgeschichte. Von Papi und der neuen Stiefmutter ins Mädcheninternat abgeschoben (Klaro, Mädcheninternate und Vampire harmonieren immer) hat es Nancy Perkins nicht leicht, sich an die neue Umgebung anzupassen. Zudem gibt’s hier eine Chemielehrerin, die eine Theorie beweisen muß: Wenn man/frau durch ein Experiment das Böse, das in jedem Menschen steckt, hervorholen könnte, würde die (männliche) Wissenschaft endlich einsehen, wie gefährlich die bösen Atombombenversuche sind. Von der Internatsdomina, die ihre Machtstellung bedroht sieht, wird Nancy dann mal direkt zum Versuchskaninchen befördert. Oha, die Chemielehrerin kann auch Hypnose und benutzt dazu ein Amulett aus den Karpaten. Und so fühlt sich Nancy kurze Zeit später dazu verpflichtet, einigen Leuten das Blut auszusaugen. Daß sie sich vor ihren vampirischen Taten mit viel Make-Up verwandeln muß, ist ein Defizit, daß der Film mit vielen der aktuellen Vampirfilme mit ähnlichem Zielpublikum gemein hat. Die wirklich übergroßen Fangzähnen haben aber was. Auch der eingefügte Song „Puppy Love“ (mehr Swing als Rock’n’Roll) ist prima und dessen Inszenierung und Choreographie erinnerte mich an den Anti-Realismus solcher Szenen aus dem indischen Kino. Läuft auch ansonsten ganz gut rein, der Film, und allzu lang ist er auch nicht.
Leider haben meine Chemielehrer mich nie hypnotisiert. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Ich...
Der Beitrag wurde bearbeitet von pasheko am 31.10.1957, 0:00 Uhr.
#352
Geschrieben 20. September 2005, 22:36
Italien 1972 Regie: Roberto Bianchi Montero
Auf die kommerziellen Absichten, die im deutschen Titel auf ein bestimmtes Zielpublikum schielen, sei hier mal geschissen, der Originaltitel scheint in dieser Beziehung auch nicht ohne. Klar, Farley Granger (Rope / Strangers on a train) watet hier durch ein Meer von Blut und Sleaze, und man hat später in eine Version noch HC-Sequenzen hereingeschnitten (gegen die der Hauptdarsteller größtenteils erfolgreich prozessierte), aber eigentlich handelt es sich hier um einen Giallo, der das Bumsfilm-Publikum quasi nur in zweiter Instanz mitnimmt. Ich war eigentlich schon beim Vorspann hin und weg – was ist das mal wieder für ein geiles Title Design und für ein bombastisch eingängiger Score, obwohl ich vom Komponisten noch nie etwas gehört hatte. Die erste Mordszene ist dann auch noch so eigenwillig inszeniert, wie man es wohl nur im Italien der 70er gemacht hat – volle Punktzahl. Danach schleppt es sich leider ein wenig auf schon von anderen Gialli ausgetretenen Pfaden, wobei man durch zahlreiche Nackt- oder Gore-Szenen (oder beides zusammen) definitiv vom Einschlafen abgehalten wird. Das Ende verpaßt einem dann aber noch einen ordentlichen Tritt in den Bauch. (Spoiler: Der Held / Inspektor schaut erst einmal seelenruhig dabei zu, wie der Mörder seine eigene - untreue - Ehegattin umbringt, bevor er einschreitet, um ihn zu stellen. Ja, die Welt war ein beschissenes Tal der Tränen in den 70ern. Eigentlich ist die Welt das immer noch, aber die heutigen Unterhaltungsfilme teilen einem das nicht mehr so unverblümt mit.
#353
Geschrieben 26. September 2005, 20:59
Belgien / Frankreich / Luxemburg 2004 Regie: Fabrice du Welz
Ein junger Sänger/Alleinunterhalter, der vor allem bei alten Damen sehr beliebt ist, bleibt mit seinem Bus im Wald stecken und landet schließlich in einer abgelegenen Herberge mit skurrilem Wirt. Ja, OK, kennt man, kann aber hier und da immer mal wieder als Ausgangssituation für was Feines dienen. Und so baut sich das Ganze recht vielversprechend auf, umschifft die einen Backwoods-Klischees und übertreibt die anderen, hält einen aber die ganze Zeit bei der Stange. Vor allem ist der Film hervorragend fotografiert und hat fabelhafte Locations, die mich doppelt ansprechen, da sie so aussehen wie ein Flecken in Belgien in dem ich schon das ein oder andere Wochenende verbracht habe. Sicher gibt es auch Referenzen an die amerikanischen Vorbilder des Subgenres wie Texas Chainsaw Massacre (die Szene am Tisch) oder Deliverance (der Nebel im Sumpf), mit dem Auftritt von Brigitte Lahaie in einem sehr passenden Bit-Part verneigt man sich aber zugleich herzerwärmend vor europäischen Traditionen. Ein Problem des Films ist, daß er teilweise mehr verspricht, als er einlöst, vor allem nach der kurzen Sequenz, in der der Herbergsvater Bartel die merkwürdigen Kinder in den roten Jacken im Wald sieht, denkt man, hinter all dem müßte noch mehr stehen, aber der Film hört dann doch eher unvermittelt auf. Alles in allem aber sehr sympathisch und keinesfalls langweilig.
#354
Geschrieben 01. Oktober 2005, 01:29
Philippinen 1979 Regie: Eddie Nicart
Eine philippinische James-Bond-Persiflage mit einem Kleinwüchsigen als Hauptdarsteller? Hey ho, let’s go. Nach einem Vorspann mit einem erstaunlichen Standbild des fliegenden Weng-Wengs kämpft er als Agent 00 erstmal gegen eine Zuhälterbande, die schon seit mehreren Wochen versuchen, Lola mit der großen Oberweite zu erschießen. Anschließend kriegen hemmungslose Heroindealer, die selbst vor Kindergärten nicht zurückschrecken, von der „petite potato“ (O-Ton US-Dubbing) ordentlich auf den Sack. Aber ganz zu Anfang ist bereits Dr. Van Bohlen entführt worden, damit er dem Oberbösewicht Mr. Giant (jawohl) erzählen soll, wie man eine N-Bombe bauen kann. (Was jetzt genau eine N-Bombe sein soll, wollen wir hier mal nicht vertiefen. Jedenfalls stehen die häßlichen hassenswerten Heroindealer im Sold von Mr. Giant.) Wenig-Wenig hat natürlich auch Geheimwaffen, unter anderem die berüchtigten X-Ray Specs. Durch die Garderobe der Damenwelt blicken zu können, kann für einen Superagenten auf jeder Mission nur von Vorteil sein. [Ordinäre Version des letzten Satzes] Durch die Fummel von Weibern blicken zu können, findet natürlich jeder Superagent geil. [/Ordinäre Version des letzten Satzes] OK, nachher kann er damit auch Killer sehen, die sich hinter einem Vorhang verstecken. Auch schick, wie er vor dem Schießen immer auf dem Boden in eine Zimmerecke rutscht. Und er hat auch einen Super-Regenschirm, mit dem er Mary Poppins-like ein Hochhaus herunterfliegen kann. Meine Lieblings-Einstellung: Agent 00 erscheint, aus der Perspektive eines Schnapsladens gefilmt, auf der anderen Seite der Schaufensterscheibe an der leeren Stelle eines Spirituosen-Ensembles. (Spirituosen-Ensemble wäre auch ein guter Name für...ich glaube, ich wiederhole mich.) Er hat auch einen tödlichen Hut, wie er schon beim Original-James Bond vorkam, und sogar eine Fernbedienung dafür in seinem Ring. Je länger ich den Film sehe, desto weniger denke ich allerdings, daß es eine reine Komödie ist. Dazu sind der narrative Aufbau und die surrealen Kampfszenen viel zu straight inszeniert. Den ein oder anderen Witz gab es auch in den „echten“ James Bond-Filmen. Daß die Doppelagentin Irma am Schluß sterben muß, läßt einen auch eher hilflos zurück. Der Held schaut traurig aus der Wäsche und geht zum Strand. Fade out. Eine Komödie ist das nicht.
Politisch korrekter Zusatz: In der Wirklichkeit ist die Kriminalität in Manila bestimmt auch nicht zum Lachen.
#355
Geschrieben 02. Oktober 2005, 03:02
Mexiko 1969 Regie: Carlos Enrique Taboada
In einem Plot, der nicht nur wegen der Frisur der Hauptdarstellerin an The Innocents erinnert, vermengen sich auch noch Motive von Poe und Hawthorne. Heraus kommt ein wieder mal ästhetisch vollkommen überzeugender Horrorfilm mit Gothic-Elementen in der Tradition von Fisher, Corman und Bava. Eine Hauslehrerin wird engagiert, um in einem entlegenen Landhaus die kleine Sylvia zu unterrichten. Diese wird von ihrem Vater für anormal gehalten, da sie die ganze Zeit mit ihrem imaginären Spielkameraden Hugo spricht. Aber wie imaginär ist Hugo wirklich? Es steht immerhin eine Steinstatue von ihm mit einem Buch im Garten. Und dann und wann ragen Schatten ins Bild, die nicht zu den abgebildeten Lebenden gehören können. Das Ende ist dann auch durch und durch phantastisch, genauso wie es sein muß. Seufz. Ich kann mich nur wiederholen: Die intelligenten, originellen und stilistisch formidablen Horrorfilme Taboadas müssen unbedingt einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Neben der Ergänzung um verständliche Untertitel wäre auch eine neue Abtastung sehr erfreulich. (Das mir vorliegende Videotape dieses Films ist an vielen Stellen viel zu dunkel.) Übrigens arbeitet man in Mexiko anscheinend gerade an einem Remake. Warum auch nicht.
#356
Geschrieben 02. Oktober 2005, 04:32
USA 2002 Regie: Vincenzo Natali
Fängt vielversprechend mit einer Philip K. Dickschen Prämisse an, wird dann aber nach der Hälfte zum Agentenfilm, genau wie Total Recall damals zum Actionfilm wurde. Den Verhoeven-Schinken fand ich aber alles in allem trotzdem irgendwie unterhaltsamer. OK, die Hauptfigur hier ist alles, war Arnold Schwarzenegger nicht ist, und es findet sich auch zumindest ein magischer Moment, wo man kurz denkt: „Oha, ich komme nicht mehr mit, welche Identität ist jetzt welche?“ was dem Film nur zum Vorteil gereicht, aber die darauffolgende MacGuffin-Jagd und vor allem das (vorsicht, spoiler) Friede, Freude, Eierkuchen-Ende stehen im krassen Gegensatz zur durchaus brauchbaren ersten Hälfte des Films. Klar kann ich mir auch vorstellen, daß es schön ist, Lucy Liu zu ficken, aber ich habe mir dann doch etwas weniger konventionelles gewünscht. So wie ich nach wie vor auf den ultimativen H. P. Lovecraft – Film warte, hoffe ich auch, daß mal ein ultimativer Philip K. Dick-Film gedreht wird – verdammt, zu UBIK hat er sogar bereits das Drehbuch geschrieben und es erfordert nur ein wenig Mut, diesen verwirrenden Stoff auf die Leinwand zu bringen.
#357
Geschrieben 02. Oktober 2005, 04:54
USA 2005 Regie: Hideo Nakata
Hm, über den ersten Ami-Ringelpiez konnte man ja eigentlich nicht meckern, es sei denn, man ist sehr kritisch, und klar, den Film hätte es eigentlich nicht gebraucht, wenn denn die Bereitschaft des westlichen Publikums hinsichtlich anderer Kulturkreise toleranter ausgeprägt wäre und die großen Studios nicht jeden originellen Film, der es noch nicht bis zur breiten Masse geschafft hat, abfangen würden, um ihn magenfreundlicher aufzubereiten. Was ich damit sagen will: The Ring hat mir eigentlich ziemlich gut gefallen. Schaut man sich aber jetzt das „eigenständige“-US-Sequel an, denkt man die ganze Zeit „Kappes“, also, ich zumindest. Filme über alleinerziehende Mütter mit merkwürdigen Kindern stehen in meiner Hassliste kurz unter Musicals. Davon abgesehen, scheint das Werk von vorne bis hinten nicht zu wissen, wo es eigentlich hin will...egal, schmeißen wir einfach mal von allem etwas rein, irgendwem wird es schon gefallen. Naomi Watts liefert erneut eine sympathische Performance ab, kann aber das verkorkste Dummbatzen-Drehbuch auch nicht retten.
#358
Geschrieben 02. Oktober 2005, 04:58
USA 1943 Regie: James P. Hogan
Die Verwandlungsszenen, in denen sich der liebenswerte Student in den wahnsinnigen Grabschänder verwandelt, werden nur mit Gesichtsmakeup und einer geschickten Beleuchtung ausgeführt und sind recht überzeugend. George Zucco als Mad Scientist ist auch eine Bank. Auf den heutigen Zuschauer wirkt das ganze freilich schon etwas cheesy, aber dieser Film versucht immerhin mal etwas Neues, Originelles zu bieten. Dieser Tagebucheintrag nicht.
#359
Geschrieben 02. Oktober 2005, 05:23
GB 1947 Regie: Denis Kavanagh
Die einzige derzeit erhältliche Fassung dieses Films geht nur kanpp über 50 Minuten - ich kann mir nicht vorstellen, daß der Film ursprünglich in dieser Kürze geplant war. Aber er funktioniert auch so: Vor allem die Geistererscheinungen sind mit dem nötigen Fingerspitzengefühl inszeniert, so daß sie auch heute noch bedrohlich erscheinen. Die Auflösung kommt ein wenig abrupt, aber das mag mit evtl. Schneidevorgängen zu tun haben. Ein schönes Beispiel des oft ignorierten Horrorfilms der 40er Jahre, der zwar nicht an die Lewtons heranreicht, aber doch wesentlich ambitionierter ist als das, was einem die Universal zu dieser Zeit als Horrorfilm präsentierte. Die literarische Vorlage von Edward George Bulwer-Lytton dürfte eine der meist verbreiteten Geistergeschichten aller Zeiten sein, habe sie in sieben verschiedenen Anthologien hier vorliegen.
#360
Geschrieben 03. Oktober 2005, 16:47
Spanien 1964 Regie: José Antonio Nieves Conde
Schon ein wenig in Jahre gekommene Abenteurer suchen in einer griechischen Höhle nach einem Schatz, finden aber zunächst nur einen Steinzeitmenschen und ein versteinertes Ei. Or is it? Die Zahl der Abenteurer nimmt im weiteren Verlauf erheblich ab. Wohl aus Kostengründen entschied man sich, das prähistorische Monster auch noch unsichtbar zu machen. Das hat auch den Vorteil, daß die Todesszenen auch heute noch durchaus creepy herüberkommen – vor allem der Mord an der Haushälterin ist sehr wirkungsvoll inszeniert. Der Rest drumrum schleppt sich allerdings eher träge dahin, aber immerhin gibt’s für den Aficionado Soledad Miranda und Ingrid Pitt in frühen Rollen zu begutachten, die auch in schwarz-weiß nett anzusehen sind.
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