The Diarrhoea Diary
#391
Geschrieben 07. Januar 2006, 03:29
USA 1990 Regie: Jeffrey Mandel
Eine Herrenrasse aus Elfen und blonden Jungfrauen, die aus inzestuösen Vereinigungen stammen? Eine gezüchtete Elfenarmee, zum Töten ausgebildet? Hakenkreuze als Brustwarzen?
Wieder mal ein Film, der aus einem Parallel-Universum zu stammen scheint. Vielleicht nicht aus einem ganz so unvorstellbaren Parallel-Universum wie Troll 2, aber in puncto ehrfurchtgebietender Debilität nah dran. Dumme Dauerwellentussen gehen mit Opas verbotenem Buch in den Wald, um die „Anti-Christmas“ zu zelebrieren und verspritzen dabei blöderweise noch Blut. Das erweckt einen grauen, schleimigen Weihnachtselfen (der Filmtitel im Plural ist irreführend) der im Folgenden versucht, alle Leute umzubringen, die die blonde Blutspenderin ärgern. Aber das ist noch nicht alles, schließlich sind die beiden von ein paar überlebenden Nazis dazu auserkoren worden, zusammen eine neue Herrenrasse zu zeugen! Zurecht fragt der kleine Bruder: „Are we gonna be allright?“ – “No, William. Grampa is a Nazi.”
Die böse Mutter wird gespielt von Deanna Lund, die einst bei Dr. Goldfoot and the Bikini Machine mitwirkte und sich zwischenzeitlich Silikon-Implantate hat anfertigen lassen. Dan „Grizzly Adams/Der Mann in den Bergen“ Haggerty spielt einen obdachlosen Ex-Bullen und Teilzeit-Weihnachtsmann, der sich mit den Nazis kloppt. Eine Blaskapelle wird auf der Tonspur von einem Synthesizer gedoublet. Die Schlußpointe ist aus The Dunwich Horror geklaut. Die Welt neigt sich dem Ende zu. Ich würde gerne auch noch die deutsche Fassung dieses Wahnsinns sehen.
#392
Geschrieben 07. Januar 2006, 03:43
USA 1946 Regie: Sam Newfield
Fünf Jahre nach The Devil Bat schiebt die PRC ein Remake hinterher. George Zucco ersetzt den eigentlich nicht zu ersetzenden Bela Lugosi, aber dafür gibt’s immerhin ein Monster-Upgrade: Aus der Riesenfledermaus wurde die gefiederte Schlange Quetzalcoatl, und die macht schon gut was her. Nachdem sie jahrhundertelang Montezumas Schatz in einer Höhle bewacht hat, wird sie von Wissenschaftler Zucco getriezt und als fliegendes Rachewerkzeug mißbraucht. Die Story ist eigentlich gut genug, um nicht nur einmal erzählt zu werden, vor allem bietet sie genügend Höhepunkte, um die Langeweile zu vertreiben. Wobei Zuccos Federn als Todesomen nicht ganz so originell sind wie Lugosis Aftershave, aber egal: Hat trotzdem Spaß gemacht.
#393
Geschrieben 14. Januar 2006, 05:54
UdSSR 1979 Regie: Waleri Rubintschik
Wieder mal ein wundervoller Hinweis seitens metamovie. Trotz einiger klassischen unheimlichen Motive handelt es sich hier nicht wirklich um einen Horrorfilm, für einen Märchenfilm kommt das Ganze aber auch wesentlich zu erwachsen daher. Was den Film ziemlich heraushebt, ist seine Stimmung, die man zwar düster und melancholisch nennen könnte, aber hauptsächlich einfach „traurig“ zu sein scheint. Ein Student flüchtet sich während eines Unwetters auf ein abgelegenes Schloß und verliebt sich in die höchst zerbrechlich wirkende Schloßherrin. Bald kommen ihm auch die Geschichten zu Ohren, die sich um die Familie seiner Liebsten, das Schloß und den Sumpf drumrum ranken, und kurze Zeit später erfährt er sie bereits an eigenem Leibe...
Die rationale Auflösung ist zwar etwas enttäuschend, aber in Anbetracht von Enstehungsland und –zeit nicht sehr verwunderlich, nichtsdestotrotz verbreitet der Film über seine gesamte Laufzeit eine wundervolle traumähnliche Atmosphäre. Bei Innen- und Außenaufnahmen dominieren Brauntöne und die Kamerafrau nutzt zwar zuweilen recht plakative Mittel, macht aber einen feinen Job. Vor allem die Szene, in der der durch eine trostlose Landschaft wandernde Protagonist zum ersten Mal auf die „wilde Jagd“ trifft, ist zwar recht einfach gestaltet, aber verdammt effektiv. Und es gibt einige Sequenzen, die sich der kommunistischen Rationalität zu widersetzen scheinen – relativ zu Anfang sehen wir die Schloßherrin vollkommen nackt auf dem Speicher in einem Meer von weißen Hühnerfedern, während ihre Magd Beschwörungsformeln aufsagt. Ein Film, in den man versinken kann.
#394
Geschrieben 14. Januar 2006, 06:03
GB 1973 Regie: Lawrence Gordon Clark
Altes Problem: Literarische Lieblingsstoffe, die man schon jahrelang kennt und mehrmals gelesen hat, zum ersten Mal verfilmt sehen, das gibt meistens Probleme. Die Imagination ging da in unfassbare Höhen, und wenn dann jemand anders das Ganze in Bilder umsetzt, ist man nicht zu selten ob der Divergenzen enttäuscht. Konzeptionell und handwerklich gibt es an dieser „Ghost Story for Christmas“ fürs britische Fernsehen nichts auszusetzen, nur die Inszenierung passt mir irgendwie nicht. Es gibt ironische Züge in der literarischen Vorlage, und was die Figur des Hausherrn betrifft, sind diese auch gelungen, aber die Erscheinung des toten italienischen Jungen ständig mit einer frivol-lustigen Melodie zu begleiten, war eine weniger gute Idee. Rein vom Visuellen her können diese Szenen nämlich durchaus überzeugen. Die Gänsehaut, die die Geschichte (die der ansonsten souveräne Friedrich Polakovics aus irgendeinem Grunde als „Ein Herzensvetter“ übersetzte) in mir auslöste, stellt sich bei der Verfilmung nur an manchen Stellen ein. Schade, denn andere BBC-Geistergeschichten wie A Warning to the Curious oder The Signalman fand ich in dieser Beziehung durchaus gelungen. Diejenigen, die die literarische Vorlage nicht kennen, dürften aber von der Auflösung recht verblüfft sein. Und, wie gesagt, schlecht ist dieser Film ganz bestimmt nicht.
#395
Geschrieben 15. Januar 2006, 20:45
USA 2005 Regie: Andrew Leman
Da kommt was auf uns zugekrochen: Ein Team von ambitionierten Amateuren, die mal eben die interessanteste Lovecraft-Verfilmung seit zwanzig Jahren abliefert. Der Clou: Man dreht das Ganze im Stil eines Stummfilms aus den 20er Jahren. Da braucht man sich nicht mit Dialogen herumzuärgern, kann absichtlich übertreiben und es nimmt einem auch keiner übel, wenn die Spezialeffekte nicht realistisch aussehen. Was sich wie ein Gag liest, wurde jedoch mit großer Sorgfalt umgesetzt. Vor allem die Sets sind großartig geraten, und es gibt sogar Massenszenen. Die Illusion eines 20er Jahre-Films gelingt nicht immer – mal sind die Frisuren zu modern, mal die Einstellungen zu scharf – aber es sah doch originalgetreuer aus, als ich erwartet hatte. Cthulhu selbst setzte man sympathischerweise mit Stop-Motion-Effekten um – laut Aussage der Macher wurde überhaupt nicht mit dem Computer gearbeitet. Der ein oder andere Hintergrund dünkt mich aber doch etwas digital bearbeitet. Die Schauspieler sind mit Bedacht ausgewählt, kein Teenager weit und breit, die Verantwortlichen, die aus dem Umfeld der HPLHS stammen haben schon ein paar Jahre auf dem Buckel und wissen genau, was sie tun. Sie fügten auch nichts zur literarischen Vorlage hinzu und gaben sich mit der Länge von 57 Minuten zufrieden; das dürfte die erste Lovecraft-Verfilmung sein, in der ins Drehbuch nicht noch ein „love interest“ hineingeschrieben wurde.
Die DVD-Umsetzung ist genauso sorgfältig und sympathisch wie der Film. Neben Schrift-Tafeln in 24 Sprachen (wobei man leider den Witz liegen ließ, dort noch eine Fiktive hinzuzufügen) gibt es den durchaus beachtlichen Score nicht nur in HiFi-Qualität, sondern auch in einer „mythophonic“-Variante, die so klingt, wie man die Tonqualität von derlei alten Filmen eher gewohnt ist. Der Film beweist – anders als Stuart Gordons uninspirierter Dreams in the Witch-House, der zwar liebenswert altmodische Elemente hat, aber wie eine zu spät gekommene „Night Gallery“-Episode wirkt – daß man heutzutage noch einiges aus dem großen alten Lovecraft herausholen kann. The Old Ones were, the Old Ones are, the Old Ones shall be.
#396
Geschrieben 15. Januar 2006, 23:59
Mexiko 1968 Regie: René Cardona
Weibliche Wrestler im knappen Batman-Outfit wollte man dem deutschen Publikum wohl damals noch nicht ohne weiteres zumuten, und so wurde aus der Hauptfigur eine Vampirtochter, klingt ja auch wesentlich wahrscheinlicher. Im Ring ist die aber dicker als im Bikini, oder trägt sie nur dicke Hosen? In der Stadt liegen Leichen ohne Gehirne rum. Vorzeichen der Apokalypse in Acapulco? Nein, aber Calypso am Strand und ein Mad Scientist nimmt was aus unbescholtenen Fischern heraus und setzt es in unbescholtene Fische ein. Auf einem kleinen Fischerboot steht „Small Fishing“ drauf. Als unsere Heldin beim Spionieren auf dem bösen Boot ertappt wird, schüttet sie Dr. Williams Säure ins Gesicht. So was kann ins Auge gehen, das sehen wahnsinnige Wissenschaftler nicht so gerne. Fünf Finsterlinge kriegen aber von Frau Fledermaus fies auf die Fresse. Aber immerhin ist das Experiment mal geglückt: Aus dem Fisch mit Menschenhirn ist ein kleines Männlein geworden, das, auf dem Seeboden ausgesetzt, Sea Monkey-mäßig plötzlich auf Schrecken vom Amazonas-Größe (in Orange, allerdings) wächst. Sein Kopf erinnert allerdings mehr an Die Fliege oder Guila(la), Frankensteins Teufelsei. Sein Rückenpanzer verrutscht schon mal. Wahnsinniger Wissenschaftler will weiblichen Wrestler wiederholt weichklopfen. Der Fischmann braucht eine Braut, verdammt! Und ja, wenn ein Fischmensch einen zu killen droht und die Bikinischlampe entführen will, dann schüttet man halt Benzin in den Golf von Mexiko und zündet das an, hilft ja sonst alles nichts. Im Finale offenbart sich das Monster als edler Wilder, und killt den wahnsinnigen W., um den weiblichen W. zu retten. Begleitet wird das ganze nicht vom Batman-Thema, sondern von einer Jazz-Version des „Baby Elephant Walk“ von Mancini und dem Dies Irae. (Jaja, man lernt nie aus.) Laut imdb stammt das von Cardona dem Älteren, die Reißschwenks über irgendwas als Verbindungsmittel von Szenen sehen aber eher nach der Handschrift des Jüngeren aus. Ich glaube, da blickt eh keiner mehr durch. Leider lag mir das Ganze nur in Spanisch vor, macht auf Deutsch möglicherweise noch mehr Spaß. Was schreiben Hahn und Jansen zu diesem Werk? Sie fassen es mal wieder falsch zusammen, und zwar so falsch, daß man noch nicht mal die deutschen Dialoge dafür verantwortlich machen kann, sondern auch ihre schlampige Recherche. Wo sind da bitte schön Muskelmänner? Dann schon fast lieber das Lexikon des internationalen Films, wo in der Besprechung immerhin ein schöner Satz drinsteht, aus dem man sich einen neuen Nutzertitel basteln kann.
#397
Geschrieben 21. Januar 2006, 03:18
Indonesien / Japan / Philippinen 1979 Regie: Liliek Sudjio
“Kill ‘em all. The living are just as guilty as the dead. They deserve to suffer.” (Gandhi)
Die Tochter des Bürgermeisters dreht bei ihrer Hochzeit durch und sieht Schlangen, wo keine sind. Kurze Zeit später wird der Heilpraktiker des Dorfes von einer unerklärlichen Macht durch die Luft geschleudert und stirbt, darauf hinweisend, daß die böse Macht aus dem Westen kommt. Des Bräutigams Ex-Freundin Murni (Suzzanna) kam einst aus dem Westen. Da die ja mehr oder weniger auch ein Motiv haben könnte, wird flugs ihr Haus und ihre Mutter angezündet und sie selbst verprügelt und eine Schlucht hinuntergeworfen. Dummerweise wird sie unten aber von einem Hexenmeister aufgefangen, der sie zum Werkzeug der Rache macht.
Der erste güldene Moment kommt nach etwa 20 Minuten, als der zweite Bösewicht stirbt, indem seine Haut an allen möglichen Stellen Bläschen bildet und aufplatzt. Der Oberböse und Quasi-Vergewaltiger der Titelheldin wird von einer grünen Schleimkugel getroffen und versucht anschliessend, sich umzubringen. Dies gelingt ihm schließlich, indem er sich stehend den Kopf abreißt. Und so kommt es, daß Suzzannas ehemaliger Galan zum Penanggalan wird, wenn auch diesmal ohne Gedärme untendran. (Anscheinend gibt es verschiedene Sorten von fliegenden Köpfen in Indonesien.) Zur Halbzeit sind schon alle Bösen tot, da kommt ein junger heiliger Mann aus der Stadt, trifft die badende Königin der schwarzen Magie beim Angeln und schenkt ihr Fische. Murni will eigentlich gar keinem mehr weh tun, aber der Hexenmeister, der ihr das Leben gerettet hat, verlangt ein kleines bißchen Dankbarkeit und so fügt sie auch dem Rest des Dorfes Murn-au zu. (Für diesen Kalauer schäme ich mich.) Eine männliche Schein-Schwangerschaft bildet ein weiteres Highlight. Die Dorfbewohner lassen wiederum keine Gelegenheit aus, doofe Schlußfolgerungen zu ziehen. Sie verdienen es, zu leiden. Der Hexenchef sagt Formeln auf, die Eifersucht nimmt ihren Lauf. Murni stellt dann fest, daß der gutaussehende Schnurrbart-Angler eigentlich ihr verschollener Bruder ist. OK, es ist ein bißchen unglaubwürdig, daß sie am Ende ihren Lehrmeister, der sie vorher mehr oder weniger total unter Kontrolle hatte, explodieren läßt. Auch hat der Film, im Unterschied zu Mystics in Bali oder Warrior ein paar Längen zu verzeichnen. Aber bislang bat mir noch jeder indonesische Genrefilm ausreichendes Entertainment, so auch dieser hier, dem auch noch das Verdienst zukommt, einst die Indonesien-Horror-Welle loszutreten. (Der früher entstandene Primitif hat zwar den Barry Prima-Bonus und die erstaunlichste Einbindung eines Kraftwerk-Songs aller Zeiten, zählt aber nicht so richtig, da es doch mehr ein Abenteuerfilm ist und keine Köpfe herumfliegen, sondern hauptsächlich Schlangen aus Bäumen auf die Protagonisten herunterpurzeln und angezogene Frauen vergewaltigt werden.)
#398
Geschrieben 22. Januar 2006, 03:44
Deutschland / Frankreich / Österreich 2003 Regie: Michael Haneke
Endzeitstimmung mit Michi, dem Bürgerschreck. Im Grunde genommen eine ästhetische Aktualisierung der Weltuntergangs-Filme der 60er und 70er Jahre, in der zeitgemäß die Ursache der Katastrophe noch stärker ausgeblendet wird. Es geht ums homo homine lupus, wie der Titel ja schon dezent andeutet. Hervorragende Kamera-Arbeit und ein brauchbares Ensemble. Die Huppert nervt mich allerdings in letzter Zeit etwas, am besten fand ich sie ja noch in Chabrols Biester.
#399
Geschrieben 22. Januar 2006, 03:46
USA 1940 Regie: Arthur Lubin
Etwas fehlgeschlagener Versuch eines Gangsterfilms mit Horror-Elementen: Lugosi hat als Gauner mal wieder eine viel zu kleine Rolle, der Gehirn-Plot wirkt alberner als vergleichbare andere der Zeit, was auch damit zusammenhängt, daß man hier „realistischer“ sein wollte als in den reinen Horrorfilmen, und so gibt’s noch nicht mal stilistische Noir-Nettigkeiten. Stanley Ridges spielt die eigentliche Hauptrolle, obwohl einem die Credits etwas anderes erzählen wollen. Curt Siodmak ist wohl die Feder ausgerutscht, auch Karloff kann das dürftige Drehbuch nicht retten. Der Publicity-Gag, Lugosi für seine Todesszene zu hypnotisieren, wirkt leider nicht mehr nach. Alles in allem recht enttäuschend.
#400
Geschrieben 22. Januar 2006, 03:52
USA 1953 Regie: Art Babbitt / Ted Parmelee
TRUE! – nervous – very, very dreadfully nervous I had been and am; but why will you say that I am mad?
Es ist kein Wunder, daß dieser Stoff der meistverfilmteste Poes ist, bietet die Prämisse doch zahlreiche Steilvorlagen für visuelles Erzählen. Daß das ganze dann auch noch aus der Perspektive eines Wahnsinnigen wiedergegeben wird, dürfte auch für den ein oder anderen Regisseur ein Anreiz gewesen sein. Und so verwundert es auch nicht, daß anders als etwa "Fall of the House of Usher" oder "The Black Cat" der Stoff weniger im Horrorgenre benutzt wurde, sondern hauptsächlich in experimentellen Kurzfilmen. Diese 7 Minuten kurze animierte Version ist ein Beispiel dafür: James Mason liest die wesentlichen Stellen der Erzählung, während sich stilisierte Bilder abspulen, die so frisch und gewagt wirken, daß man das Entstehungsdatum nicht wirklich glauben mag. Des alten Edgars manischer Stoff hat so einige kreative Gemüter angesteckt, da er aber für ein kurzes Format prädestiniert ist, ging vieles verloren oder wurde übersehen, wie eben dieses Beispiel oder meine Lieblingsversion mit einer intensiven Performance des großartigen Joseph Schildkraut.
#401
Geschrieben 22. Januar 2006, 03:56
Italien 1967 Regie: Sergio Grieco
Es treten auf:
ARGOMAN, DER PHANTASTISCHE SUPERMANN in Wirklichkeit Sir Reginald Hoover, der über Superkräfte verfügt wie telekinetische Strahlen aus den Augen. Seine Kräfte gehen für sechs Stunden verloren, wenn er fickt.
JENNABELLE, KÖNIGIN DER WELT rothaarige Größenwahnsinnige mit einem Dekolleté von Gottes Gnaden, klaut Kronjuwelen, drei Milliarden Francs, einen Riesendiamanten und mehrere Innenminister.
DER CHEF DER NUKLEARKRÄFTE EUROPAS wird auch geklaut.
INDISCHER DIENER schüttelt meistens mit dem Kopf.
Weiterhin:
Ein Luftkissenboot
Ein Bibel-Funkgerät
Ein Geigerzähler-Ring
Radioaktive Zigaretten
Betäubungsgas-Zigaretten
Frauenzerhackende Roboter
Eine Doppelgängermaschine
Reicht.
#402
Geschrieben 02. Februar 2006, 22:22
GB 1948 Regie: Oswald Mitchell
Der alte „Barnstormer“ Tod Slaughter gibt in einer seiner letzten Rollen den berühmten Leichendieb und Meuchelmörder Burke, dessen Name nach einer Klage der Nachfahren dessen Komplizens Hare in diesem Film kurz vor der Aufführung noch geändert werden musste. Der recht dialoglastige Film ist für Freunde von britischen Dialekten und Unterschichtenfiguren, sowie Slaughters übertriebener Old School-Theatralik durchaus kurzweilig, steht aber weit hinter John Gillings (der hier bereits das Drehbuch verfaßte) fulminant rabenschwarzer Version der Geschichte The Flesh and the Fiends zurück. Ärgerlich das Audio-Mastering der Alpha-DVD: Gegen das starke Rauschen der Tonspur hat man nichts unternommen, dafür aber ein Verfahren eingesetzt, das in den Stellen, wo nicht geredet wird, das Tonlevel komplett auf Null setzt. Man ist zwar bei diesen Billigscheiben schlimmes gewohnt, aber das war nun wirklich unerträglich wie schon lange nichts mehr.
#403
Geschrieben 02. Februar 2006, 22:25
Südkorea 2005 Regie: Shin-yeon Won
Eine verhexte Perücke erscheint auf den ersten Blick nicht wie ein glaubwürdiges Motiv für einen ernstzunehmenden aktuellen Horrorfilm. Die erwartete Lächerlichkeit wird aber gekonnt umschifft. Zwar finden sich zahlreiche Stilmittel des zeitgenössischen Asienhorrors, aber ansonsten werden Kitsch und Klischees vermieden. Das manifestiert sich vor allem in den Protagonisten: Eine Leukämiekranke wird von ihrer stummen Schwester für ihre voraussichtlich letzten Tage aus dem Krankenhaus nach Hause geholt. Man könnte diese für einen Horrorfilm seltene Konstellation natürlich etwas übertrieben nennen, sie wird aber von den natürlich wirkenden Darstellerinnen aufgefangen. Die Aufsplittung des im Genre üblichen Haupt-Opfers auf zwei verletzliche und durch ihre extremen Lebensumstände überhaupt nicht zur Identifikation taugende Figuren entrückt den Film aus der gewohnten Perspektive. Vor allem zwei Sequenzen stechen heraus: Es gibt einen sehr wirkungsvollen Schockmoment und ein sehr heftiges, tragisches Finale. Nach Shutter (der, alles in allem, doch noch ein Stück besser ist) mal wieder ein erfreulich außergewöhnlicher Beitrag zur Welle.
#404
Geschrieben 04. Februar 2006, 03:39
Japan 1974 Regie: Toshio Masuda
Wie uns schon Godzilla vs. The Smog Monster eindringlich mitteilte, kann diese aus Materialismus bedingte Umweltverschmutzung uns irgendwann den Kopf kosten. Nach einer Anzahl unschöner Naturkatastrophen entdeckt ein japanischer Wissenschaftler, daß diese alle von Nostradamus vorhergesagt wurden. Leicht alarmiert, versammelt er eine Menge mächtiger Männer, um diesen zu erläutern, was denn passiert, wenn auch die weiteren Vorausahnungen des bärtigen Propheten eintreffen. Schreckliche Seuchen raffen ein Drittel der Menschheit dahin, Expeditionsteams in Afrika werden von mutierten Fledermäusen dezimiert, die allgemeine Radioaktivität steigt, das Klima wandelt sich, Motorradbanden stürzen sich in den Freitod, das Proletariat erhebt sich, der Himmel wird zu einem Parabolspiegel, Japanische Atomkraftwerke explodieren, Tokio geht kaputt, Generäle sind irritiert und zünden Atomraketen, New York geht kaputt, London geht kaputt, Paris geht kaputt, die Erde wird zum Mond. Die deutsche Version dieser entzückenden Zerstörungsorgie ist sehr zu empfehlen, alleine wegen des hysterischen Vortrags der Zeitungsmeldungen. Es wurde allerdings einiges herausgeschnitten, z.B. die nach der Zerstörung der Welt aus dem Erdboden kriechenden Mutantenkinder. Mutantenkinder haben einfach keine Lobby.
#405
Geschrieben 11. Februar 2006, 04:31
Spanien 1973 Regie: Carlos Aured
Ein Zimmer im ersten Stock eines abgelegenen Hauses in einem kleinen rheinländischen Ort nahe der holländischen Grenze. Ein BETRUNKENER und ein ANGEBERARSCH starren auf einen Bildschirm.
BETRUNKENER: Hmm, als Mumie habe ich den Herrn Naschy ja noch nie gesehen. Die Sets in der Rückblende sehen ja recht sparsam aus.
ANGEBERARSCH: Wenn man die Sets der Universal-Version in Farbe abgefilmt hätte, hätten die wohl ähnlich ausgesehen.
BETRUNKENER: OK, diese Videokassette hat wohl auch nicht das richtige Bildformat. Aha, ein perverser Pharao...war die Mumienfigur in dem Karloff-Film nicht mehr so ambu...ambi...ambivalent?
ANGEBERARSCH: Jepp, da hat die Universal in ihrem eigenen kinderfreundlichen Remake aber auch drauf geschissen. Oh, Stock Footage vom Big Ben. Das britische Museum sieht aber ein bißchen komisch aus…
BETRUNKENER: Na ja, wir beide sehen auch ein bißchen komisch aus.
(Kurzes Schweigen.)
BETRUNKENER: Ah, der Bösewicht trinkt Jungfrauen blöd, äh, Jungfrauenblut. Der englische Sprecher klingt, als hätte er eine Kartoffel in den Backen.
ANGEBERARSCH: Ja, oder er hat während des Synchronisierens nie die Kippe aus dem Mund genommen. Die Szene eben dünkt mich etwas geschnippelt.
BETRUNKENER: Ja, das war sehr abrupt. Den Typen mit dem durchdringenden Blick kenne ich irgendwoher, hat der auch in Franco-Filmen mitgespielt?
ANGEBERARSCH: Nicht zu knapp. Das ist Jack Taylor. Der war unter dem Pseudonym Grek Martin auch schon in den alten mexikanischen Nostradamus-Filmen...
BETRUNKENER: Davon mal einen gesehen?
ANGEBERARSCH: Leider nein. Die sollten auch mal ausgegraben und auf DVD veröffentlicht werden. Äh? Was war das denn gerade?
BETRUNKENER: Ein zermantschter Kopf in Großaufnahme. Dem Pharao gefallen die Jungfrauenkörper, die ihm sein Ururururururenkel kredenzt, nicht.
ANGEBERARSCH: Warum schneidet man einen Messerstich, aber so was nicht? Ein klassischer Gore-Effekt ala Herschell. Sieht unecht aus, wirkt aber äußerst rabiat...oh! Ich nehme alles zurück! Das Themse-Ufer im Hintergrund sieht nicht wie ein Matte-Painting aus. In etwa den gleichen Weg bin ich auch mal...
BETRUNKENER: Könnte auch ne Rückpro...
ANGEBERARSCH: (hört nicht hin) ...gegangen, und zwar nach einer Wieder-Aufführung von Dead of Night im NFT. 1998 war das. Das Kino war bis auf den letzten Platz besetzt, hauptsächlich Studenten und Dozenten vom bfi. Da hatten sie sogar noch einen der Schnitter...äh, Cutter des Films eine Einführung sprechen lassen, der im ersten Satz direkt betonte, schon etwas senil zu sein, und um Rücksicht bat, wenn er im Folgenden mitten im Satz den Überblick verlieren würde. Sehr sympathischer Mensch mit viel Humor. Im folgenden Gespräch verlor er dann auch tatsächlich mehrere Mal den Faden. Jedenfalls, als der Film vorbei war...
BETRUNKENER: Das hast du alles schon mal erzählt...
ANGEBERARSCH: (hört immer noch nichts) ...hab ich auf den Stadtplan geguckt, und die U-Bahn Station im Westen kam mir näher vor. War sie aber nicht. Also bin ich die Themse entlang in diese Richtung gegangen, aber da kam und kam keine U-Bahn-Station, also bin ich über die Waterloo Bridge, mitten in der Nacht, Richtung Embankment. Und die einzigen Personen, die mir entgegen kamen, waren ein junges Pärchen. Und die sprachen Deutsch miteinander. Na super. Man geht nachts die Themse entlang, denkt an Jack the Ripper und Sherlock Holmes und trifft ein Pärchen aus Duisburg. Ich habe aus dem Vorfall später einen Song gemacht, in dem „pedigreed German vermin“ als Textzeile vorkam, was ich sehr lustig fand.
(Kurze Pause.)
BETRUNKENER: Man kann dem Film immerhin nicht vorwerfen, daß in ihm nicht genügend Frauen ausgepeitscht werden.
ANGEBERARSCH: Stimmt so.
(Beide ab.)
#406
Geschrieben 19. Februar 2006, 03:33
Frankreich 1971 Regie: Bruno Gantillon
„Ich wollte mal eine andere Art von Film machen: Nur mit Frauen und einem Zwerg.“ Bruno Gantillon
Wunderhübscher Erotikfilm mit Märchen-Elementen und einer traumähnlichen Atmosphäre. Zwei durchs Hinterland reisende Studentinnen stellen fest, daß sie in einen überdimensionalen Kreisverkehr geraten sind und verbringen die Nacht in einer Scheune. Sie gleiten zwar durch andere Löcher wie Alice einst ins Wunderland, ein bißchen muß man aber schon an diese Vorlage denken. Der eilige Hase ist hier ein Zwerg mit Buckel und Mephisto-Schminke. Sein Weg führt in ein unfaßbar schönes Schloß an einem See, in dem Morgane, die das Geheimnis ewiger Jugend kennt, mit einem Haufen knackiger Mädels lebt. Dort lesen sie hauptsächlich Heidegger und spielen Schach. Quatsch, sie fummeln natürlich an sich herum, und das nicht zu knapp. Stilistisch nicht so versiert wie Rollin – der Vergleich drängt sich auf, wegen der vielen Szenen, in der junge Damen mit durchsichtigen Fummeln kerzenträgerhaltend durch Gänge eines alten Gebäudes wandeln – aber doch mit einem ausreichenden Gespür für die leicht neben der Realität schwebende Stimmung, die ein solcher Film benötigt. Feine Sache. Da braucht man sich auch nicht mehr zu fragen, was König Artus’ zottelige Halbschwester im englischen Titel des Films zu suchen hat.
#407
Geschrieben 19. Februar 2006, 03:38
Spanien/Italien 1970 Regie: José Luis Merino
Da hatte der englische Titelschmied offensichtlich eine Schwäche für Substantive. Sympathischer Gothic-Horror mit ein paar Defiziten. Gleich zu Beginn bekommt man ein knurrendes Pferd zu sehen. (Nun, offensichtlich sollen das Hunde sein, die da knurren, aber die standen wohl bei diesem Drehtag nicht zur Verfügung.) Erna Schürer ist so freundlich und zieht sich mehrmals aus. Der (vermeintliche) Gothic Villain erinnert mich an Brendan Fraser. Juhu, er ist auch Mad Scientist. Laut englischer Fassung befinden sich die Protagonisten in Ost-Europa, was einige von ihnen aber auch nicht davon abhält, mit Cockney-Akzent zu sprechen. Wo in der deutschen Fassung Schloß Monte Christo steht, weiß ich nicht, da ich die leider nicht kenne, letztes Mal stand es jedenfalls noch in England. Ist aber auch ziemlich egal. Regisseur Merino hatte vorher schon in einigen Genres gewildert, Sexfilm, Agentenfilm, Django und nach diesem hier kam ein Piratenfilm. Sein Ausflug in Old School-Horror-Gefilde wußte mir zu gefallen, auch wenn ich jetzt gar nicht mehr so genau weiß, worum es eigentlich ging. Das könnte man die hier rumstehenden leeren Bierflaschen befragen, vielleicht haben die das mitbekommen.
#408
Geschrieben 19. Februar 2006, 03:41
GB 1977 Regie: Lawrence Gordon Clark
Huch, mal eine “Ghost Story for Christmas” der anderen Art: Statt auf einem älteren Text aus der gemütlichen Vergangenheit basiert diese Episode auf einer eher modern zu nennenden Horrorgeschichte, obwohl die Ausgangssituation klassisch britische Motive verarbeitet. Ein Ferienhaus direkt an einer keltischen Kultstätte gebietet ja schon zur Vorsicht, aber man sollte es dann doch unterlassen, einen scheinbar nicht zur Gruppe gehörenden im Vorgarten liegenden Stein gewaltsam zu entfernen. Bereits als dieser nur kurz angehoben wird, kommt plötzlich ein starker Wind auf und irgendetwas fährt in die Mutter hinein und stigmatisiert sie. Es dauert nicht lange, bis sie an verschiedenen Stellen des Körpers unkontrolliert zu bluten anfängt, besonders oft unter der linken Brust – die zahlreichen Nacktszenen und das viele Blut sind für dieses Format recht überraschend. Obwohl die Auflösung klassischer Natur ist, wird sie nicht richtig ausformuliert – was sowohl die Protagonisten als auch den Zuschauer nur hilflos vor der irrealen Gewalt zurückläßt. Zurückhaltend inszeniert und mit wenig Dialog, funktioniert der Film auf jeder Ebene und vor allem das knallharte Ende hinterläßt einen tiefen Eindruck. Auch wenn ich die Serie hauptsächlich wegen dem sich im heimeligen Charme vergangener Tage versteckenden Grauens der M.R. James-Geschichten mag, war diese Folge keineswegs eine Enttäuschung. In diese Richtung hätte man später im „Hammer House of Horror“ auch gehen sollen, dann würden die meisten der Episoden nicht so reizlos wirken, wie sie es heute tun.
#409
Geschrieben 19. Februar 2006, 03:52
Mexiko 1933 Regie: Ramón Péon
Eine genuin mexikanische Geschichte, die es noch auf zahlreiche weitere Verfilmungen gebracht hat. So trat die Figur der "schreienden Frau" unter anderem später auch gegen Santo an, einer der Cardonas drehte 1960 ein Remake und auch im neuen Jahrtausend wurde sie bereits berücksichtigt. Basierend auf mehreren Legenden, wird die Geschichte in der Gegenwart angesiedelt, mit einem weiteren Plot (Kindesentführung) angereichert und durch zwei Rückblenden unterteilt. Die Momente, in denen die schreiende Frau sich mit Hilfe von Doppelbelichtung geisterhaft aus den leblosen Körpern verzweifelter Damen erhebt, sind alle sehr hübsch und atmosphärisch geraten. Im letzten Drittel ist ordentlich was los, aber vorher zieht es sich etwas, jedenfalls für jemanden, der wie ich die Dialoge nicht versteht.
Der Ton der schreienden Frau erinnert zuweilen ein wenig an eine Sirene (nicht wie die Fräulein auf den Felsen beim ollen Odysseus, sondern wie das Ding, das man hört, wenn die Stadt brennt). Der Übergang vom Türklopfen auf den von Trommeln dominierten Score war auch nett. Interessant auch das Ende: Auch wenn alles darauf hindeutet, der Frauenschrei sei von Verbrechern als Abschreckung inszeniert worden, stellt sich kurz vor dem „Fin“ heraus, daß es sich um einen echten Geist handelte, der das Kind entführen wollte. Alles in allem wirkt der Film an vielen Stellen recht veraltet – z.B. bei einer endlos scheinenden Sequenz, in der die Kamera langsam sämtliche Besucher einer Hochzeit abfilmt – aber man kann froh sein, überhaupt mal etwas aus dieser Periode des mexikanischen Horrorfilms sehen zu können.
#410
Geschrieben 28. Februar 2006, 23:46
GB 1946 Regie: David Lean
Als bekennender Freund von Dickens und britischen Filmen war ich ja hier schon ein wenig vorbelastet und nach einer brauchbaren BBC-Variante und der mediokren US-Version habe ich mir jetzt endlich auch mal diese Fassung gegönnt. Und was ich sah, war schlicht und einfach Perfektion. Ich weiß gar nicht, wo ich mit den lobenden Erwähnungen anfangen soll: Bei den fabelhaft stimmungsvollen ersten 20 Minuten im nebligen Sumpf, bei den bis in die kleinste Nebenrolle hundertprozentig überzeugendem Ensemble, bei dem den ganzen Film erwärmenden Kaminfeuer-Humanismus, dem Set Design, den Kamerafahrten und Schattenspielen...das ist alles gleichermaßen wundervoll. So wundervoll, daß ich mir den Anfang am nächsten Tag gleich noch einmal angesehen habe und mich zusammenreißen mußte, nicht gleich noch mal den ganzen Film zu gucken. Der einzige Kritikpunkt wäre das dann doch sehr hurtig durchgezogene Ende, aber der Dickens macht es einem mit seinen Wälzern auch nicht leicht bei der Verkürzung auf Spielfilmlänge. Interessant auf jeden Fall auch John Mills mal als jungen Mann zu sehen, den ich bislang nur von seinen Altersrollen kannte, sowie die Damen Martita Hunt und Freda Jackson, die später auch zusammen in einem meiner Lieblings-Hammerfilme Brides of Dracula auftraten. Jean Simmons als junge Estella hinterlässt einen tieferen Eindruck als Valerie Hobson in der erwachsenen Inkarnation der Figur, was aber auch mit der Entwicklung derselben im Plot zusammenhängen mag.
Hach. Keine Frage, daß ich bald auch Leans Oliver Twist hinterherschieben werde, und am liebsten dann auch noch Cavalcantis Nicholas Nickleby, aber der ist leider nicht so einfach bzw. billig zu bekommen.
#411
Geschrieben 14. März 2006, 01:08
USA 1980 Regie: Max Kalmanowicz
„What about the kids?“ Meta-Dialogzeile
In einer geradezu übelriechenden heilen Welt kloppen sich die Kinder im Schulbus nicht, sondern singen Loblieder auf ihren Busfahrer zur Melodie von „O du lieber Augustin“. Er heißt aber Fred. Und er fährt in eine Giftwolke in der Nähe vom Friedhof. Der Sheriff findet den leeren Bus und neben den üblichen Schul-Utensilien eine Ausgabe von Newsweek, die „Hollywood’s Scary Summer“ ankündigt, mit einer Großaufnahme von Sigourney Weaver in Alien auf dem Cover. Daß plötzlich alle Schulkinder verschwunden sind, beunruhigt die Gemeinde dann doch ein wenig. Bald ist festzustellen, daß die lieben Kleinen zu einer Art Untoten mit schwarzen Fingernägeln geworden sind, deren Umarmung für einen Erwachsenen bedeutet, daß er in Sekundenschnelle qualmend verfault. Als der Sheriff sie alle erschießen will, wird er allerdings von der schwangeren Frau des anderen Helden, die man über den tatsächlichen Zusammenhang zu informieren unterlassen hatte, mehrmals auf den Kopf geschlagen. Schießen hilft eh nichts: Man muß den Kindern des Todes die Hände abhacken, damit sie auch wirklich des Todes sind.
Eigentlich überflüssig zu schreiben, daß es dem Film nicht gelingt, eine verstörende Angst vor Kindern zu wecken, wie das beispielsweise Village of the Damned, The Innocents oder Quien puede matar a un nino? geglückt ist. Dazu ist die Inszenierung zu uninspiriert. Es gelingen zwar ein paar anfangs unheimlich wirkende Momente, diese werden aber unnötig in die Länge gezogen und verfehlen ihr Ziel. Für Unterhaltung wird aber trotzdem gesorgt, und so verweilt die Kamera länger als unbedingt notwendig auf knapp bekleideten Damen, und es werden amüsante, für die Entstehungszeit des Films typische Figuren eingeführt. Mein Favorit ist das Pärchen am Swimming-Pool: Sie liegt dekadent nichtstuend oben ohne herum, während er Gewichte stemmt. Erst als der Sheriff sie fragt, fällt ihnen auf, daß ihr Kind gar nicht nach Hause gekommen ist. Bemerkenswert auch, daß von der im Prolog gezeigten Ursache der Katastrophe – Schlamperei in einem Atomkraftwerk irgendwo in New Jersey – später gar nicht mehr die Rede ist. Die bösen Kinder sind alle tot, und gut ist, interessiert uns nicht, wie das alles passieren konnte. Freilich gibt’s dank Überhang-Mandat der Siebziger kein Happy End. Der von einem Synthesizer dominierte Score läßt einen zu Anfang Schlimmes befürchten, fängt sich aber für kurze Zeit, um dann in der zweiten Hälfte leider doch nur noch aus Psycho-Variationen zu bestehen. Die Stimme des Nachrichtensprechers stammt von X. Ben Fackakt. Cooler Name. Ich kann jedenfalls nicht sagen, daß ich mich gelangweilt habe.
#412
Geschrieben 15. März 2006, 22:57
Brasilien 1976 Regie: Marcelo Motta
Man sollte sich vom Regisseursnamen nicht täuschen lassen, denn das hier ist mal wieder Coffin Joe von vorne bis hinten, obwohl er nur für Story, Produktion und als Darsteller in den Credits steht, aber reicht ja auch. Über den eigentlichen Regisseur im mal wieder handgemalten Vorspann ließ sich nicht viel in Erfahrung bringen, kam möglicherweise frisch von der Hochschule. Kann man sich jedenfalls vorstellen, denn so nahe an einem Experimentalfilm war noch keins der Werke mit Marins’ Beteiligung, die ich bisher gesehen habe. Es wirkt fast schon wie eine invertierte Version seiner früheren Filme: Wo dort in einzelnen Sequenzen vollkommen durchgedreht wurde (wie in der Höllensequenz von This Night i’ll possess your corpse oder dem LSD-Trip in Awakening of the Beast), wird hier im ersten und im letzten Drittel ein delirisches Inferno losgetreten, das nur in der Mitte ein wenig durch einen konventionellen Plot gebremst wird. Dieses mittlere Drittel gestaltet sich dann leider auch ein wenig fade, aber alleine für das, was man in den ersten zehn Minuten an Irrsinn geboten bekommt, lohnt sich schon der ganze Film. Ein Schnitt-Inferno von tanzenden Frauen, Close-Ups von entstellten Gesichtern, Coffin Joe steigt aus dem Sarg und spricht über Bilder eines unfaßbar billigen Modell des Sonnensystems (sind das Klöße, die da als Planeten herhalten müssen?) seine berühmten Monologe über Tod, Leben und den Menschendreck. Der Score ist mal wieder so heftig zusammengesetzt, das selbst progressive Remix-Musiker von heute heftig zusammenzucken würden und wird diesmal dominiert von Isao Tomitas Version von „Bilder einer Ausstellung“. (Hat das eigentlich irgendwer nicht im Musikunterricht durchgenommen?) Das Ave Maria kommt auch wieder vor, sowie eine Version von „Auld Lang Syne“ mit Saxophon, während eine piekfeine Abendgesellschaft sich blutig selbst richtet. Mal wieder einfach unfaßbar, das alles. Die Indizien verdichten sich, daß es sich bei José Mojica Marins tatsächlich um den Leibhaftigen in Person handelt.
#413
Geschrieben 26. März 2006, 01:26
GB 1970 Regie: Antony Balch
Ja, das ist bizarre. Wie der letztgenannte Titel wahrheitsgetreu wiedergibt, erzählt eine Mumie erotische Geschichten aus ihrem Grab. Schon recht bald legt sie dem Zuschauer eine mögliche Rezeptionshaltung nahe: „Imaging you are making love to this girl!“ (Das habe ich jetzt allerdings verkürzt wiedergegeben. Der komplette Text findet sich hier). Nach etwa 15 Minuten folgt die erste Episode, die ebenfalls Horror und Erotik-Elemente mischt, wenn auch etwas subtiler als zwischen einer Mumie und nackten Menschen hin und her zu schneiden. Das Ganze scheint eine Mischung aus dokumentarisch angelegten Fummelfilm und Amicus-Episodenhorror zu sein, ein möglicher deutscher Verleihtitel wäre wohl Der Sex-Report des Dr. Schreck gewesen. Die Pointe der zweiten Episode erscheint ein bißchen an den Schamhaaren herbeigezogen: Um sich an einem alten Sack zu rächen, heiratet eine junge Wissenschaftlerin ihn und gebährt ihm ein mißgestaltetes Kind ohne Überlebensschance? Was anfangs an die erotischen Geschichten Roald Dahls erinnerte, begibt sich auf die Horror-Schmuddelpfade etwa eines Charles Birkin. Nicht, daß ich unbedingt etwas dagegen hätte. Die folgenden Episoden schrauben den Horror dann etwas zurück und setzen eher auf Humor. Während sich eine Ledermaus auszieht, hört man eine ältere britische Dame im Radio über Obstgärten von Prominenten referieren, wobei Wörter wie „catsuit“, „bush“ oder „juicy flesh“ auffallen. Die „Evening Primrose“, hören wir, während wir die Beule in einer männlichen Unterhose sehen, bleibt tagsüber geschlossen und öffnet sich erst abends. Es folgt eine quietschbunte Comicverfilmung, eine Agentenparodie, die aber hauptsächlich aus einem erotischen Slapstickfilm besteht, den sich die Heldin im Kino ansieht. Anschließend kann ein Nerd, der noch keinen Sex hatte, leider nicht, ohne daß seine Schlange zuguckt. Als eine Hure ihn kopfschüttelnd verläßt, will er einen Brief an die Financial Times schicken. (Die müssen sich auch geändert haben, ne Rubrik „Sex mit Schlangen“ gibt’s da, glaube ich, nicht mehr.) Schließlich zeigt eine ältere Dame ihrem neuen Butler, wo in ihrem Gewächshaus die 17 Seelen von Männern zu finden sind, die sie ihnen einst beim Ficken gestohlen hatte. Zurück zur Rahmenhandlung. Die durchaus wirkungsvolle Stimme der Mumie stammt von Valentine Dyall, der vorher kleine Rollen in u.a. City of the Dead und The Haunting hatte und später auch den „Deep Thought“ in der Anhalterserie sprach. Der Film im Ganzen ist ebenso bescheuert wie kurzweilig. In seinen visuell besten Momenten geht es sogar ein wenig in die Richtung einer sinnlich-dekadenten Ästhetik wie in Borowczyks Contes Immoraux. Regisseur Balch, der später den ebenso unterhaltsamen Horror Hospital / Frankensteins Horrorklinik drehte, arbeitete vorher mit William Burroughs zusammen, der ihm bestimmt ein paar leckere Drogen abgegeben hat, was die eigenwillige Rahmenhandlung, den „War of the Sexes“ (junge Burschen mit Maschinengewehren treffen in einer Kulisse auf eine Gruppe Mädels und können sich nicht zwischen Schießen und Vögeln entscheiden) erklären könnte.
#414
Geschrieben 09. April 2006, 01:27
USA 1988 Regie: Philippe Mora
Christopher Walken ist Whitley Strieber, der Lichter sieht und eine Analsonde verpaßt bekommt. Es gibt zwei Arten von Aliens: Die einen eine frühe Ausprägung der Roswell-Seuche, die anderen blaue schrumpelige Zwerge mit Kapuzen, die auch schon mal Bossanova tanzen. (Nein, keine Schlümpfe.) Walken wirkt tatsächlich, als würde er in diese Welt nicht hineinpassen, was durch eine unpassende Synchronstimme noch verstärkt wird. Besonders am Ende fragt man sich, was der ganze Mist eigentlich soll. Aha, da erscheinen freundliche Außerirdische auserwählten Personen, sonst ist aber alles in Butter. Die blauen Schrumpelzwerge könnten aber durchaus auch kommenden Generationen noch Freude bereiten. Eric Claptons süß säuselnder Score eher nicht.
#415
Geschrieben 17. April 2006, 17:09
USA 1981 Regie: Jerry Warren
Vier Ballonfahrer und ihr Hund stürzen über dem Meer ab und können sich auf eine einsame Insel retten. Dort begegnen sie bald einer Truppe Mädels in Leopardenbikinis, die sich später als Nachfahren Außerirdischer herausstellen, und kurz darauf auch Sheila Frankenstein, die einst den Gehilfen ihres Urgroßvaters, Dr. Von Helsing (!) geheiratet hat, welcher im Labor 200jährig noch vor sich hinnuckelt und nur durch die Blutgruppe des im Kerker gefangen gehaltenen Kapitäns Jayson (Cameron Mitchell), der ständig Poe zitiert, am Leben gehalten werden kann. Zur Protektion haben sie sich auch eine Roboter-Zombie-Armee mit schwarzen Mützen und Sonnenbrillen erschaffen. Gesteuert wird das ganze vom Gehirn des Dr. Frankenstein in einem Glas, der auch ständig in der Form eines sinnlose Monologe haltenden John Carradine als Geist erscheint. Als zum spektakulären Finale auch noch Frankensteins Monster aus einem Tümpel steigt und im Labor herumstolpert, ist das geniale Gehirn in Gefahr, aber Dr. von Helsing hat glücklicherweise noch ein „Back-Up-Brain“ in Petto!
Wer jetzt denkt, eine solche Plotline wäre 1981 nur noch als Komödie möglich gewesen, der kennt Jerry Warren nicht! Nach einem zu seinen Ungunsten verlaufenem Rechtsstreit Wild World of Batwoman betreffend, zog er sich 1966 komplett auf seine Ranch zurück und hörte nicht nur auf, Filme zu drehen (einige seiner früheren Werke waren auch nur mit Bonusmaterial umgeschnittene mexikanische und chilenische Produkte), sondern sah sich auch überhaupt keine Filme mehr an. Seine Hauptdarstellerin Katherine Victor ermunterte ihn allerdings, noch mal was zu machen, da gerade Low Budget-Horrorfilme ganz gut liefen. Das Endprodukt umschifft dann auch gekonnt sämtliche Erneuerungsversuche des Genres seit ca. 1960 und ist in seiner Kombination aus dem erwähnten haarsträubenden Plot, dem anachronistisch aufbrausenden Score, dem sinnvernichtenden Schnitt und der grob aus dem Ruder laufenden Action-Choreographie absolut einzigartig und unglaublich. Die (separat in Mexiko gedrehten) Szenen mit Carradine stechen dabei besonders heraus und erinnern nicht von ungefähr an die Lugosi-Momente in Glen or Glenda. The Power! The Power! The Power!
#416
Geschrieben 30. April 2006, 02:35
GB 1962 Regie: Sidney Hayers
Nachdem ich endlich mal den Roman (in der deutschen Fassung „Spielball der Hexen“ aus Pabels „Vampir”-Reihe) gelesen hatte, der hier schon recht lange herumlag, hatte ich noch mal Lust auf diesen britischen Klassiker, dessen letzte Sichtung auch schon einige Zeit her war. Im direkten Vergleich läßt sich dann auch sagen, daß die Änderungen, die der Film an der literarischen Vorlage vornimmt, durchaus clever sind. Und das Ding hat mich mal wieder von vorne bis hinten gefangengenommen. Sicherlich kein ganz so großer Geniestreich wie Night of the Demon, zu dem einige Parallelen bestehen (Skeptiker-Protagonist, von oben kommendes Grauen), aber doch dicht auf den Fersen. Neben einer eindringlichen Performance des jungen Peter Wyngarde gibt es zahlreiche feine Momente – hatte mich früher das imposante Finale am meisten beeindruckt, fand ich nun die Sequenzen um den Friedhof am Meer mindestens genauso stark. Fritz Leibers Roman wurde mehrfach verfilmt – Weird Woman von 1944 kenne ich leider noch nicht, und die Verfilmung von 1980, Witches' Brew scheint als Komödie angelegt zu sein – dabei zeigt Night of the Eagle, daß man das Motiv „Meine Frau ist eine Hexe“ auch mit einem durchaus hohen Gänsehaut-Faktor ohne Albernheiten durchziehen kann. Unheimlich, eindrucksvoll, gut. Der deutsche Titel klingt eigentlich gar nicht mal uncool, auch wenn er vermutlich nur deswegen entstanden ist, um irgendwie an Psycho (mit dem der Film herzlich wenig gemein hat) zu erinnern. Und jetzt bringt bitte mal jemand eine anständige DVD davon heraus.
#417
Geschrieben 06. Mai 2006, 03:01
Kanada / Frankreich / USA 2005 Regie: George A. Romero
Es ist alles so egal, so fürchterlich egal. Die Kamera hält zwar länger auf die Splatterszenen als mittlerweile üblich, aber drum herum gibt es einen Action-Plot und Figuren vom Reißbrett. Keinerlei Atmosphäre, keinerlei Inspiration oder Innovation, die Untoten werden buchstäblich zu Tode geritten. Allein Dennis Hopper hat eine witzige Szene; Asia ist wiederum viel zu selten im Bild, und die eigentlichen Hauptdarsteller sind austauschbare Marionetten. Auch wenn er sich wieder seinem erfolgreichsten Thema zuwendet, bestätigt sich, daß Romero seit Day of the Dead einfach nichts mehr auf die Reihe bekommt. So trennt sich die Spreu vom Weizen und er sollte eigentlich mit Craven und Carpenter durch die Lande ziehen, um noch ein paar Dollar einzusacken, solange die verblendeten Massenmedien sie immer noch für Meister des Horrorfilms halten. Vielleicht haben sie auch irgendwann ein Einsehen und hören auf, derartig geruchsneutrale Scheiße zu fabrizieren.
#418
Geschrieben 07. Mai 2006, 18:23
Argentinien 1967 Regie: Emilio Vieyra
Irgendwie die falsche Reihenfolge, in der ich mir die bisherigen Filme von Vieyra angeguckt habe, den Oberkracher Curious Dr. Humpp zuerst, dann Blood of the Virgins, der nicht ganz so irre war, aber doch noch einiges zu bieten hatte, und schließlich diesen hier, der über weite Strecken dann leider äußerst trocken daherkommt. Das „Organ“ im englischen Titel steht nicht für ein Organ, sondern für eine Orgel, und wenn ich besser spanisch könnte, würde ich auch genauer sagen können, ob der Originaltitel eine blutige Sandbank oder blutige Lust bedeutet, es kommt jedenfalls beides drin vor. Interessant jedenfalls, daß mit dem Monster hier schon einiges vorkommt, was sich später im Abominable Dr. Phibes wiederfindet, daß der Bösewicht seine Frauen-anlockende Orgelmusik auch auf selbstgepresster 7" in den Umlauf bringt (und einer der Polizisten einen coolen portablen 7"-only-Plattenspieler besitzt), und schließlich ein Wissenschaftler namens Dr. Bermudas wider Erwarten lange Hosen trägt. Die Monster-Szenen sind auch durchaus fein geraten, was man von den Sequenzen um die polizeiliche Ermittlungsarbeit (der Regisseur selbst gibt mal wieder den Polizisten) nicht gerade sagen kann, denn die ziehen sich ziemlich und machen leider den Großteil des Streifens aus.
#419
Geschrieben 14. Mai 2006, 04:43
Japan 1968 Regie: Hiroshi Matsuno
Huch! Wie geil war das denn jetzt? Ein eigenwilliger japanischer S/W-Horrorfilm, der durchaus einige Defizite in Plot und Spezialeffekten hat, dies aber wettmacht durch eine atemberaubende Stilsicherheit und einen arschgeilen Score. Im Prolog wird eine Schiffsladung guter Menschen von teilweise deformierten Fieslingen erschossen. Wir wechseln zu einer Insel, die ganz in der Nähe der Tragödie liegt, dort wohnen die Schwester eines der Opfer, ihr Freund, ein freundlicher Priester, und anscheinend auch ein paar der Fieslinge. Letztere leben dort aber nicht mehr lange, werden sie doch von scheinbar übernatürlichen Kräften mit und mit dezimiert. Mag der Tod durch Gummifledermaus und die an Toho-Monsterfilme erinnernden Schiffsmodelle eher erheiternd wirken, hat der Film noch genügend Momente zu bieten, in denen man zurückschreckt und die Kippe aus dem Maul verliert. Selbst nach 2/3 des Films weiß man nicht, wo die Reise wirklich hingeht, da der Film ständig die Richtung zu wechseln scheint – der ein oder andere Twist läßt einen sprachlos zurück. Derweil kann man sich fast jeden zweiten Frame einrahmen, und auf dem Score ergänzen sich Fuzz-Gitarre und Mundharmonika, daß es eine Freude ist. Im Finale gibt es dann auch noch einige visuelle und inszenatorische Überraschungen. Das war ein Freudenfest. Das war geil.
#420
Geschrieben 17. Mai 2006, 00:32
USA 1939 Regie: Lewis Milestone
Ein Jahr bevor er als bemitleidenswerter Lykanthrop Larry Talbot zum Star wurde, spielte Lon Chaney Jr. eine andere tragische Figur, die noch viel mehr unter die Haut geht und lieferte möglicherweise die beste Performance seiner Karriere ab. Aber es ist nicht nur sein zurückgebliebener Lennie, der dem Film Kraft gibt, es ist wie so oft das Zusammenspiel mehrerer Faktoren: Da ist der junge Burgess Meredith als sein ständig leicht angenervter Kumpel, unter dessen linkischen Blick aber immer ein Herz aus Gold hervorscheint, sowie ein auch sonst makelloses Ensemble, das die gebrochenen Figuren Steinbecks mit genau dem richtigen Maß an Individualität füllt. Neben dem tragischen Handlungsverlauf sind vor allem diese Figuren der Motor des Films – einem heutigen Publikum mögen sie zwar trotz ihrer Ambivalenz unglaubwürdig erscheinen, aber von den Klischees, die in manch anderen Filmen der Periode noch zu spüren sind, ist hier meilenweit nichts zu sehen – auch eine Figur wie der von Leigh Whipper dargestellte Farbige Crooks, der aufgrund der allgemein akzeptierten Diskriminierung in einer separaten Scheune übernachten muß und der gebildeteste auf der ganzen Ranch zu sein scheint, war zu diesem Zeitpunkt in Hollywood beileibe noch nicht an der Tagesordnung. Das hier hat zwar all die nostalgischen Merkmale, wegen derer man sich alte Hollywoodstreifen gerne anschaut, man spürt aber gleichsam den frischen Wind, der diese Produktion umweht hat.
Hmm, das war jetzt ein recht gefühlduseliger Eintrag, was daran liegen mag, daß mich seit längerer Zeit kein Finale emotional so tief berührt hat. Zum Glück liegen hier noch genügend Taschentücher herum.
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